I.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 14. Januar 2008 gegen 21.40 Uhr auf der Kreuzung der Bundesstraße B …8 mit der Bundesstraße B …7 mit einem Feuerwehreinsatzfahrzeug ereignete, dessen Halter der Beklagte war. Das Feuerwehrfahrzeug war mit eingeschaltetem Blaulicht bei rotem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren und mit dem Fahrzeug der Klägerin kollidiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Einsatzfahrzeug sei zwar bei roter Ampel in die Kreuzung eingefahren, der Fahrzeugführer habe sich jedoch auf Sonderrechte nach §§ 35, 38 Abs. 1 StVO berufen können. Es stehe aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass das Fahrzeug zu einem Einsatz unterwegs gewesen sei. Ebenso sei bewiesen, dass das Martinshorn und das Blaulicht seit der Abfahrt vom Gerätehaus eingeschaltet gewesen seien. Außerdem stehe fest, dass sich der Fahrer des Einsatzfahrzeuges vorsichtig in den Kreuzungsbereich hinein getastet habe. Auf dieser Tatsachengrundlage komme eine Haftung des Beklagten nicht in Betracht, weil der Fahrzeugführer unter Inanspruchnahme von Sonderrechten gemäß §§ 35, 38 StVO von den Vorschriften der StVO befreit gewesen sei.
Mit der Berufung rügt die Klägerin eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung. Sowohl aus der Aussage des Führers des Einsatzfahrzeuges, der eine Geschwindigkeit von 10 - 20 km/h angegeben habe, als auch aus dem auf den Lichtbildern dokumentierten Zustand der Unfallfahrzeuge ergebe sich, dass sich das Einsatzfahrzeug nicht in die Kreuzung hineingetastet haben könne. Das Landgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass die Sicht der Klägerin auf das Feuerwehrfahrzeug durch Büsche und Bäume am Straßenrand beeinträchtigt gewesen sei. Weiter rügt sie, dass das Landgericht dem Beklagten zwar ein „Hineintasten“ zugute gehalten, jedoch keine Festlegung dazu getroffen habe, bei welcher Geschwindigkeit dies überhaupt anzunehmen sei. Schließlich rügt die Klägerin, dass das Landgericht ihrem Beweisantritt auf Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens zur Feststellung der Kollisionsgeschwindigkeiten nicht nachgegangen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten abändernd zu verurteilen, an sie
1. 8.762,12 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2008 und
2. weitere 718,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2008
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und die Beweiswürdigung des Landgerichts.
Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 24. November 2009 durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. S… vom 15. März 2010.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
1) Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte ihrer bei dem Verkehrsunfall vom 14. Januar 2008 entstandenen materiellen Schäden aus § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 17 StVG. § 7 StVG steht selbstständig neben dem Amtshaftungsanspruch und wird durch § 839 BGB nicht verdrängt (vgl. BGH NJW 1991, 1171).
a) Der Unfall hat sich im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG bei dem Betrieb des Feuerwehrfahrzeugs ereignet, dessen Halter der Beklagte war. Die Haftung des Beklagten ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, denn der Unfall war nicht durch höhere Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG verursacht.
b) Die Haftung des Beklagten ist auch nicht nach § 17 Abs. 3 Satz 1 StVG ausgeschlossen, denn der Unfall ist nicht durch ein für den Fahrer des Einsatzfahrzeuges unabwendbares Ereignis verursacht worden. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Fahrer des Feuerwehrfahrzeugs jede nach den Umständen des Einzelfalls erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
Im Ergebnis der durch das Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass das Feuerwehrfahrzeug zur Unfallzeit Sonderrechte nach §§ 35 und 38 StVO in Anspruch nahm. Die Feststellung des Landgerichts, dass sich das Feuerwehrfahrzeug auf einer Einsatzfahrt befand, greift die Klägerin nicht an, sodass sie zu Grunde zu legen ist. Die Feststellung des Landgerichts, dass sich das Fahrzeug der Kreuzung mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn näherte, ist entgegen der Ansicht der Klägerin ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Zeugen Sch…, E… und K… haben bestätigt, dass das Martinshorn während der gesamten Fahrt eingeschaltet war. Die Zeugen B… und Bo… sagten aus, dass das Feuerwehrfahrzeug sie etwa 300 m vor der Kreuzung mit eingeschaltetem Martinshorn überholt habe. Dies ist ein Indiz für die Richtigkeit der Angaben der Zeugen Sch…, E… und K…. Dazu, ob das Martinshorn auch bei der Einfahrt des Einsatzfahrzeugs in die Kreuzung eingeschaltet war, konnten die Zeugen G…, B… und Bo… keine Angaben machen, weil sie nach ihren Aussagen jeweils das Autoradio eingeschaltet hatten. Soweit die Klägerin sich mit der Berufung dagegen wendet, dass das Landgericht die Angabe der Zeugen Sch…, E… und K… zu Grunde gelegt hat, obwohl die Zeugen G…, B… und Bo… hierzu keine Angaben machen konnten, ist dies im Ansatz nachvollziehbar, zumal der Zeuge G… unmittelbar vor der Ampel an der Haltelinie stand als die Einsatzfahrzeuge von rechts kamen und davon auszugehen ist, dass er als Polizeibeamter nicht so laut Radio hörte, dass er keine Warnsignale außerhalb seines Fahrzeugs mehr wahrnehmen konnte. Andererseits spricht der Umstand, dass die drei Zeugen insoweit keine Erinnerung mehr haben, nicht zwingend gegen die Aussage der Besatzung des Einsatzfahrzeugs. Da die Zeugen B… und Bo… jedenfalls bestätigt haben, dass das Martinshorn 300 m vor der Kreuzung eingeschaltet war, müsste der Fahrer des Fahrzeugs das Signalhorn ausgerechnet vor der roten Ampel wieder ausgeschaltet haben, was nicht plausibel erscheint. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen Sch…, E… und K… begründen würden, sind nicht ersichtlich. Die unterschiedlichen Angaben dieser Zeugen zu der Geschwindigkeit, mit der das Fahrzeug in die Kreuzung einfuhr, und die Abweichung ihrer Angaben von den durch den Sachverständigen Dr. S… ermittelten Werten begründen keine Zweifel an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit dieser Zeugen. Bei den von ihnen genannten Geschwindigkeiten handelte sich notwendig um geschätzte Werte. Eine solche Schätzung ist stark beeinflusst vom jeweiligen subjektiven Befinden und Empfinden der Zeugen in der konkreten Situation. Für einen Versuch der Zeugen, den Ausgang des Rechtsstreits durch eine dem Beklagten günstige Aussage zu beeinflussen, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Unterschiedlichkeit ihrer Angaben spricht darüber hinaus dagegen, dass die Zeugen ihre Aussagen abgesprochen hatten.
Die Tatsache, dass das Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht in die Kreuzung einfuhr, verringerte jedoch die von dem Fahrer des Fahrzeugs zu beobachtende Sorgfalt nur insofern, als ihm die Inanspruchnahme von Sonderrechten gemäß §§ 35 und 38 StVO erlaubte, trotz für ihn roter Ampel in die Kreuzung einzufahren. Weder § 35 StVO noch § 38 StVO erlauben dem Einsatzfahrer ein Fahren ohne Rücksicht auf die sonstigen Verkehrsteilnehmer. Auch bei einer Sonderrechtsfahrt sind gemäß § 35 Abs. 8 StVO die öffentliche Sicherheit und Ordnung gebührend zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 38 StVO führt auch nicht zur Umkehrung des Vorfahrtsrechts. Sie lässt vielmehr die Regelung der Vorfahrt an Kreuzungen unberührt, gestattet also auch nicht ohne weiteres, bei rotem Ampellicht weiterzufahren. Die allgemeinen Maßstäbe werden aber dahingehend abgewandelt, dass die andern Verkehrsteilnehmer auf ihr Vorfahrtsrecht vorübergehend verzichten müssen, wenn sie die besonderen Zeichen bemerkt haben.Das nach § 38 StVO mit Sonderrechten ausgestattete Fahrzeug darf daher nur dann bei rotem Ampellicht in die Kreuzung einfahren, wenn sich sein Fahrer vergewissert hat, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug wahrgenommen und sich auf die Absicht, die Kreuzung zu überqueren, eingestellt haben (vgl. BGH NJW 1975, 648; Thüringer OLG MDR 2007, 884 m. w. N.).
Der Beklagte hat hierzu nur vorgetragen, dass sich das Einsatzfahrzeug mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung hineingetastet habe. Hineintasten bedeutet hier, dass der Fahrer mit so geringer Geschwindigkeit fährt, dass er in der Lage ist, sofort anzuhalten, wenn er ein vorfahrtberechtigtes Fahrzeug erkennt, dessen Fahrer sich nicht erkennbar auf die Absicht des Einsatzfahrzeugführers eingestellt hat, die Kreuzung bei rotem Ampellicht zu überqueren (vgl. zum Begriff des Hineintastens BGH NJW 185, 2757, 2758). Die Darstellung des Beklagten, das Einsatzfahrzeug sei mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, ist durch das überzeugende und auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. S… widerlegt, wonach das Einsatzfahrzeug eine Kollisionsgeschwindigkeit von jedenfalls 30 km/h gehabt haben muss, nachdem es zuvor auf minimal 22 km/h abgebremst worden sein kann. Die Tatsache, dass es zu der Kollision kam, obwohl nach den durch die Fotos in dem Sachverständigengutachten dokumentierten Sichtverhältnissen am Unfallort das Fahrzeug der Klägerin bereits mindestens 7 Sekunden für den Fahrer des Einsatzfahrzeugs sichtbar war, spricht ebenfalls dagegen, dass der Fahrer des Einsatzfahrzeugs die unter den gegebenen Umständen größtmögliche Sorgfalt angewendet hat.
c) Auch die Klägerin haftet gemäß § 7 Abs. 1 StVG als Halterin ihres Fahrzeugs für die bei dem Betrieb ihres Fahrzeugs entstandenen Schäden. Auch ihre Haftung ist weder nach § 7 Abs. 2 StVG noch nach § 17 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, denn auch sie hat schon nicht dargelegt, dass sie den Unfall auch bei Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt nicht hätte vermeiden können. Auch sie konnte das Einsatzfahrzeug nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen spätestens 7 Sekunden vor der Kollision sehen und hätte sich aufgrund des Blaulichts und des Martinshorns darauf einstellen müssen, dass das Einsatzfahrzeug unter Missachtung der Ampelsignale in die Kreuzung einfuhr. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass ihre Sicht auf das Feuerwehrfahrzeug durch Hecken- und Baumbewuchs teilweise verdeckt gewesen sei, ergibt sich aus den in dem Sachverständigengutachten enthaltenen Fotos vom Unfallort, dass diese Sichtbehinderung unerheblich war. Die Fotos, die zwei Jahre nach dem Unfall zur selben Jahreszeit gefertigt wurden, lassen erkennen, dass der heutige Bewuchs mit im Winter unbelaubten Sträuchern und kleinen Laubbäumen die Sicht aus der Fahrtrichtung der Klägerin nach rechts auf die querende Straße kaum beeinträchtigt. Die Klägerin selbst trägt in ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten vor, dass die Sichtverhältnisse zum Unfallzeitpunkt ähnlich beziehungsweise gleich gewesen seien. Vor dem Hintergrund, dass das Blaulicht des Einsatzfahrzeugs in der zur Unfallzeit gegen 21.40 Uhr herrschenden Dunkelheit besonders auffällig gewesen sein muss und zwischen den dünnen Ästen durchscheinen konnte, besteht kein ernsthafter Zweifel an der Feststellung des Sachverständigen, dass die Klägerin das Einsatzfahrzeug bereits in den 7 Sekunden vor der Kollision hätte sehen können. In dieser Zeitspanne wäre es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, sich auf die Situation einzustellen und entsprechend ihrer aus § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO folgenden Pflicht auf ihr Vorfahrtsrecht zu verzichten.
d) Die Verpflichtung des Beklagten zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängen gemäß § 17 Abs. 1 StVG von den Umständen, insbesondere von den jeweiligen Verursachungsbeiträgen ab. Dabei sind zu Lasten einer jeden Partei nur solche Umstände zu Grunde zu legen, die unstreitig oder bewiesen sind oder sonst feststehen.
Zu Lasten des Beklagten war die Betriebsgefahr des Einsatzfahrzeugs zu berücksichtigen, die sich in dem Unfall verwirklicht hat. Die Betriebsgefahr war dadurch erhöht, dass das Fahrzeug über die rote Ampel in die vorfahrtberechtigte Fahrbahn gesteuert wurde. Darüber hinaus ist zu Lasten des Beklagten durch das Sachverständigengutachten bewiesen, dass der Fahrer des Einsatzfahrzeugs das Fahrzeug der Klägerin mindestens in den letzten 7 Sekunden vor der Kollision sehen konnte und sein Fahrzeug nach einem Abbremsen auf 22 km/h innerhalb der letzten Sekunde auf eine Kollisionsgeschwindigkeit von 30 km/h beschleunigte. Damit hat der Fahrer des Einsatzfahrzeugs gegen die Pflicht verstoßen, sich in die Kreuzung hineinzutasten und sich zuvor zu vergewissern, dass die Klägerin sein Fahrzeug wahrgenommen und sich auf die Absicht, die Kreuzung zu überqueren, eingestellt hatte. Diese Sorgfaltspflichtverletzung stellt sich jedoch als verhältnismäßig geringfügig dar, da der Fahrer vor Erreichen der Kreuzung deutlich abgebremst hatte und angesichts der örtlichen Sichtverhältnisse annehmen durfte, dass das Blaulicht lange vor Erreichen der Kreuzung weit sichtbar war, sodass zu erwarten war, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer darauf einstellten.
Zu Lasten der Klägerin war ebenfalls die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs zu berücksichtigen, die sich in dem Unfall verwirklicht hat. Zu Lasten der Klägerin ist weiter bewiesen, dass das Einsatzfahrzeug für sie mindestens in den letzten 7 Sekunden vor der Kollision sichtbar war. Da das Fahrzeug des Beklagten unstreitig das Blaulicht eingeschaltet hatte und es zur Unfallzeit am Unfallort dunkel war, waren das Fahrzeug des Beklagten und das Sondersignal deutlich erkennbar. Die Klägerin hatte damit lange Zeit, sich darauf einzustellen, dass sie gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO die Fahrbahn für das Einsatzfahrzeug frei zu machen hatte. Indem sie dies nicht tat, verstieß sie in erheblichem Maß gegen die in der Situation gebotene Sorgfalt. Nicht bewiesen ist dagegen, dass die Klägerin die am Unfallort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten hätte. Auf der Grundlage der nachvollziehbaren Berechnungen des Sachverständigen Dr. S… kann mit ausreichender Sicherheit nur davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug der Klägerin mit jedenfalls 70 km/h bewegt wurde. Insoweit ist der Klägerin daher kein schuldhafter Verkehrsverstoß nachgewiesen.
Im Ergebnis der Abwägung der zu Lasten der jeweiligen Partei zu berücksichtigenden Umstände wiegen die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge beider Parteien gleich schwer, sodass der Beklagte und die Klägerin jeweils für die Hälfte der entstandenen Schäden einzustehen haben.
e) Die Höhe des materiellen Schadens der Klägerin beläuft sich unstreitig auf die Summe aus dem Wiederbeschaffungswert für ihren Pkw von 7.900,00 € abzüglich dessen Restwertes von 780,00 €, der Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €, den Kosten des Schadensgutachtens in Höhe von 443,14 €, den Kosten für den Abschleppdienst und Standgebühren von 143,98 € und den Abmeldekosten von 30,00 €, zusammen 7.762,12 €. Die davon durch den Beklagten zu ersetzende Hälfte beträgt 3.881,06 €.
2) Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf billige Entschädigung - Schmerzensgeld - für ihre aus dem Unfall entstandenen immateriellen Schäden aus §§ 839 Abs. 1 Satz 1, 253 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG.
Zwar gilt dann, wenn der Amtsträger Sonderrechte nach §§ 35, 38 StVO in Anspruch genommen hat, die Privilegierung nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. BGH NJW 1991, 1171). Ein Ersatzanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht daher grundsätzlich nur dann, wenn der Kläger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass keine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht. Hier ist jedoch ohne weiteres ersichtlich, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht gegeben ist, sodass es einer entsprechenden Darlegung der Klägerin nicht bedarf.
Der Beklagte haftet der Klägerin nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG, weil der Fahrer des Einsatzfahrzeugs ihr in Ausübung hoheitlicher Befugnisse fahrlässig einen Schaden zugefügt hat.
Die angemessene Höhe der Entschädigung wird bestimmt durch ihre Ausgleichs- und die Genugtuungsfunktion. Im Rahmen der Ausgleichsfunktion war zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstreitig mehrere kleine Hautabschürfungen an der rechten Wange bis zum Ohr und an der linken Schulter, kleine Hämatome am linken Oberarm und eine Thoraxprellung erlitten hatte. Sie war unstreitig zwei Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Soweit die Klägerin darüber hinaus behauptet hat, sie habe noch mehrere Monate nach dem Unfall über Kopfschmerzen geklagt bzw. über einen längeren Zeitraum ein „Pieken“ im Kopf verspürt, war dies nicht zu berücksichtigen, denn dieser Vortrag ist hinsichtlich der Dauer und der Stärke der Schmerzen schon nicht ausreichend substantiiert und trotz mehrfachen Bestreitens durch den Beklagten auch nicht unter Beweis gestellt worden. Unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion war zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst den Unfall in Höhe eines Anteils von 50 % mitverursacht bzw. verschuldet hat und auf Seiten des Fahrers des Einsatzfahrzeugs nur eine verhältnismäßig geringe Sorgfaltspflichtverletzung vorlag. Unter diesen Umständen erscheint eine Entschädigung in Höhe von 500,00 Euro den immateriellen Schäden der Klägerin angemessen.
3) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 718,40 € aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB, denn ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Klägerin diese Kosten auch entstanden sind. Der Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vom 12. August 2008 bestritten, dass diese Kosten in Rechnung gestellt und von der Klägerin bezahlt worden sind. Daraufhin hat die Klägerin nicht weiter dazu vorgetragen, sodass davon auszugehen ist, dass dies nicht der Fall war. Ein gerichtlicher Hinweis war gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erforderlich, weil es sich insoweit um eine Nebenforderung handelt.
4) Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen auf den zugesprochenen Betrag seit Rechtshängigkeit aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Danach waren die Kosten nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens hinsichtlich der Hauptforderung zwischen den Parteien zu teilen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
IV.
Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf 8.762,12 Euro entsprechend der weiterverfolgten Hauptforderung.