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Entscheidung 5 O 26/10


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 5. Zivilkammer Entscheidungsdatum 13.04.2012
Aktenzeichen 5 O 26/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.158,09 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restlichen Werklohn für die Errichtung von Lärmschutzwänden an der Bundesautobahn A 10, insbesondere macht die Klägerin Ersatz der durch einen „gestörten Bauablauf“ entstandenen Mehraufwendungen geltend.

Die Beklagte baute im Jahr 2001 die Bundesautobahn A 10 (Berliner Ring) zwischen dem Autobahndreieck Schwanebeck und der Anschlussstelle Berlin-Marzahn sechsspurig aus. Im Zusammenhang mit dieser Baumaßnahme war die Errichtung von Lärmschutzwänden entlang der Bundesstraße 158 (ca. 300 Meter) und der Autobahn (ca. 1,4 Kilometer) geplant.

Die Arbeiten für die Errichtung der Lärmschutzwände schrieb die Beklagte am 10. September 2001 aus. Neben dem sich aus dem der Ausschreibung anliegenden Leistungsverzeichnis und der Baubeschreibung ergebenden Leistungsumfang für die eigentlichen Arbeiten war auch die Übertragung der Ausführungsplanungen an die Bieter Gegenstand der Ausschreibung.

Eine der Leistungspositionen - die Pos. 01.01.0010 bis 0020 Baustelle einrichten und räumen - war in der Ausschreibung pauschal und einmalig mit 14.000,- DM angesetzt (und später auch so vereinbart). Nach den Ausschreibungsunterlagen sollte die Bauausführung im Januar 2002 beginnen. Für den die Arbeiten wurden 120 Tage nach Baubeginn veranschlagt.

In der zum Gegenstand der Ausschreibung gemachten Baubeschreibung heißt es unter 1.4 „Gleichzeitig laufende Bauarbeiten“:

„Ein aktueller Bauablauf der Gesamtmaßnahme ist durch den AN Lsw beim AG abzufordern. Die Errichtung der Lärmschutzwände läuft zeitgleich mit dem Streckenbau sowie Erd-, Begrünungs- bzw. Beräumungsarbeiten in den Randbereichen …

Mögliche Behinderungen und erforderliche Abstimmungen während der Bauausführung sind in die die Einheitspreise einzukalkulieren und bei der Bauausführung zu berücksichtigen. Zeitverzögerungen aus mangelnder Abstimmung werden nicht anerkannt.“

Unter 3.2 „Bauablauf Reihenfolge und Abwicklung der Arbeiten“ heißt es in der Baubeschreibung:

„Es ist grundsätzlich Sache des AN, die Reihenfolge und Abwicklung der Arbeiten mit dem AG festzulegen.“

Die Klägerin beteiligte sich an der Ausschreibung. Gegenstand des Angebots war auch ein von der Klägerin erstellter Bauzeitenplan vom 30. November 2001 (Balkenplan für die Ausführung der vertraglich vereinbarten Leistungen) (Anlage 34 zum Gutachten des Professor Mitschein vom 23. Juni 2005, Anlagenband Klägerin II). Die Klägerin erhielt am 5. November 2001 den Zuschlag allerdings unter teilweise von den Ausschreibungsunterlagen abweichenden Bedingungen. Die Zuschlagssumme belief sich auf 2.235.865,20 €.

Gegenstand der Modifikationen war vor Allem der zeitliche Ablauf. So wurde vereinbart, dass die Arbeiten nicht im Jahr 2002 - wie ursprünglich geplant - sondern erst im Jahr 2003 beginnen sollten. Wörtlich heißt es in der Vereinbarung:

„Aufgrund von Verzögerungen beim Streckenbau der A 10 im Bereich der Lärmschutzwand Blumenberg, linke RF, wird in Abänderung der besonderen Vertragsbedingungen, Ziffer 2 - Vertragsfristen, zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer die Bauausführung der Lärmschutzwand Blumenberg, linke RF, frühestens ab Januar 2003 vereinbart.

Der Baubeginn wird infolge dessen, nach gesonderter Übereinkunft mit dem Dezernat Baudurchführung des Brandenburgischen Autobahnamtes, festgelegt. Durch diese Vereinbarung wird die Auftragssumme vorerst nicht beeinflusst.“

Zu dieser Änderung vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin die Fertigelemente für die Lärmschutzwände - wie bei der Angebotsabgabe geplant - bereits Anfang des Jahres 2002 produziert. Diese sollten dann - abweichend von den ursprünglichen Planungen - vorab an die Beklagte übereignet und bezahlt werden. Den Inhalt eines entsprechenden Gespräches zwischen den Parteien am 7. November 2001 fasst der Geschäftsführer der Klägerin in einem Schreiben ab die Beklagte vom 29. November 2001, Anlage B 8, Bl.: 123 d. A., unter anderem wie folgt zusammen:

„Die Lärmschutzwand lässt sich nach theoretischen Werten ab sofort planen und die Produktion der Einzelteile der Lärmschutzwand als Stahlbetonfertigteile, Stahlstützen usw. bis zum Baubeginn vor Ort ab frühestens Januar 2003 vorfertigen.

Die Vergütung der vorgefertigten Lärmschutzwandteile erfolgt auf der Grundlage der VOB. Entsprechend Ihrem Wunsch als formgerechte Übereignung z.B. auf einer separaten Lagerfläche innerhalb unseres Werkes.

Bezüglich der Formulierung der Vereinbarung, dass die Ausführung der Lärmschutzwand Blumberg frühestens ab Januar 2003 vereinbart ist, bezieht sich die Formulierung „Ausführung“ auf örtliche Arbeiten und das Wort „frühestens“ ab auf den Monat Januar, jedoch im Jahr 2003.“

Zu dieser Vorgehensweise erteilte die Beklagte ihre Zustimmung. Entsprechend gingen die Parteien in der Folgezeit auch vor. Die Klägerin erstellte die Lärmschutzwandelemente und übereignete diese aufgrund eines Sicherungsübereignungsvertrages vom 10./19. Juli 2002 an die Beklagte. Auch in diesem Vertrag, Anlage B 13, Bl.: 170 d. A., - mit Ergänzung zu dieser Sicherungsvereinbarung, Bl.: 174 d. A. -, wird vereinbart, dass die Bauteile auf dem Werksgelände der Klägerin gelagert werden.

Die daraus resultierenden Mehrkosten wurden später, am 12. Februar 2003 verhandelt und entsprechend einer Nachtragsvereinbarung vom 20. Juni 2003 auch tatsächlich bezahlt. Für die Aufbewahrung der Betonteile wurde ein Außenlager geschaffen in dem diese bis zum Einbau eingelagert wurden.

Am 20. Februar 2003 fand eine weitere Besprechung zwischen den Parteien zu den „Baufreiheitsterminen in Abhängigkeit mit der Streckenbaumaßnahme“ statt, Anlage K 8, Bl.: 50 d. A. Dort wurden den AN die folgenden Termine mitgeteilt:

„1. Bereich:

parallel zu B 158 Länge ca. 285 m Gründung und Montage ab 16.06.2003 …

2. Bereich:

A 10 linker Fahrbahnrand

        

Herstellung der Gründungen und Montage von der TOB des Streckenbaus Zeitraum 01.07. bis 30.08.2003 auf einer Länge von 1140 m …

3. Bereich:

in Abhängigkeit der Fertigstellung des Lärmschutzwalles restliche Gründungen ca. 170 m und Montage einschließlich Erdbau für Kabeltrasse am linken Fahrbahnrand ab 01.12.2003

Der AG bittet den AN auf, den Bauablaufplan entsprechend den oben benannten Baufreiheitsterminen zu erarbeiten und einzureichen.“

Bei einer Bauanlaufberatung am 3. Juni 2003 wurde der Klägerin die Baufreiheit für den 1. Bereich (B 158) für die 26. Kalenderwoche erteilt. Zum 2. Bereich (A 10 von TOB des Streckenbaus ab 01.07.2003) wurde mitgeteilt, dass während der Arbeiten eine „technologische Pause“ zum Zeitpunkt des Einsatzes des Betonfertigers für den Streckenbau entstehe. Am 25. Juni 2003 erfolgt vor Ort die Baufeldübergabe für die Arbeiten an der B 158. Am 4. Juli 2003 wurde die Klägerin von der Beklagten darauf hingewiesen, dass sie sich mit dem Beginn der Arbeiten in Verzug befände und draus resultierende Kosten zu ihren lasten gehen würden. Im weiteren Verlauf des Jahres 2003 und in 2004 führte die Klägerin die Arbeiten aus. Am 7. August 2003 übersandt die Beklagte der Klägerin ein Faxschreiben in dem es heißt:

„Durch Fehler in der Entwurfsplanung wurde die LSW zwischen Station 3+600 und 3+700 der A 10 falsch eingeordnet. (…): wie telefonisch vereinbart, ist der Fehler wie folgt zu beheben:

1. Abstand LSW-Achse zur Autobahnachse A 10 neu 32,32 m (Parallelverschiebung der Achse)

2. Kürzung des Feldes zwischen Pfosten 53 und 54 von 6,00 m auf 5,00 m (Verschiebung aller Pfosten südlich des Pfostens 54 (einschl..) um 1,0 in Richtung A 10)

3. Kürzung einer Windplatte W 001 einer Sockelplatte S 004 um je 1 m gemäß Skizzen durch schneiden gemäß Zeichnungsausschnitt. Geschnittene Bewährung beschichten (1 GB + 1 ZB + 1 DB)Fugenband durch aufgeklebtes EPDM-Profil ersetzen“.

Am 18. August 2003 zeigte die Klägerin der Beklagten eine Baubehinderung an, weil sich eine Gasleitung als ein Hindernis für die Rammrohrgründung dargestellt habe. Es sei daher abweichend von der Planung eine Flachgründung mittels Stahlbeton-Einzelfundament erforderlich geworden.

Ebenfalls am 18. August 2003 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Angebot zum Abschluss eines 3. Nachtrages - Pos NT 3 – 02.03.0001 Rücktransport in Kranbahnhalle - für die Verladung und den Versandt der bereits vorgefertigten Stahlbetonelemente über 71.097,44 DM. Die Beklagte lehnte dieses jedoch am 19. September 2003 ab. In dem Schreiben heißt es:

„beiliegend übersenden wir Ihnen Ihr Nachtragsangebot Nr. 3 vom 18.08.2003 unbearbeitet zurück. Wie bereits in der Baubesprechung am 02.09.2003 mitgeteilt, erkennen wir diese Leistungen nicht an. Das Verladen und der Transport der vorgefertigten Stahlbetonelemente sind Leistungen aus dem Hauptvertrag … vom 05.11.2001. Alle zur Vorfertigung der Stahlbetonelemente nötigen Leistungen wurden mit der Nachtragvereinbarung vom 20.06.2003 zum Vertragsgegenstand. Nachträgliche Forderungen werden von Seiten des AG nicht akzeptiert.“

Am 17. Dezember 2003 vereinbarten die Parteien, dass die Kabelschachtanlagen und die Kabelschutzrohre vor der Lärmschutzwand geändert werden. Dazu unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein zusätzliches Angebot. Die Beklagte erkannte dieses Angebot an, strich jedoch die Position für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses für diese Änderungen (1.200,- DM).

Bei der Vertragsdurchführung kam es zu weiteren Änderungen der Planungen und des Auftrages. So wurden die folgenden ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht ausgeführt:

Pos. 01.05.0020 Lichtzeichenanlage mit automatischer Steuerung

Pos. 01.05.0030 Lichtzeichenanlage innerhalb Arbeitszeit

Pos. 01.08.0055 Geotextil als Filterschicht

Pos. 01.15.0030 Treppenstufen aus Beton

Pos. 01.18.0010 Betonfundament für Rohrgeländer

Pos. 01.18.0020 Pfostenaussparungen aushüllen

Pos. 01.18.0030 Beton für Ortbetonfundament

Pos. 01.21.0010 Stahlgeländer

Pos. 01.43.0080 dauerhaften Höhenfestpunkt

Am 30. September 2003 wurde ein Teilstück - Abschnitt LSW Blumenberg an der B 158 Kilometer 0,436 bis 0,727 - von der Beklagten abgenommen. Am 11. Mai 2004 nahm die Beklagte ein weiteres Teilstück - Abschnitt LSW A 10 Kilometer 3,75 bis 4,93 linke Seite - ab. Unter dem 30. Juni 2005 legte die Klägerin Schlussrechnung über einen offnen Betrag in Höhe von 802.198,95 DM (410.157,81 €). Die Beklagte prüfte die Schlussrechnung mit Prüfvermerk vom 1. Dezember 2005 und kürzte den offenen Rechnungsbetrag auf 82.058,40 €; diesen Betrag zahlte die Beklagte an die Klägerin. Insgesamt legte die Klägerin Rechnungen über 2.687.771,99 DM.

In der Folgezeit kam es zu Verhandlungen der Parteien über die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen, wobei verschiedene streitige Positionen bereinigt wurden. Am 30. Juni 2005 legte die Klägerin unter Berücksichtigung der erledigten Streitigkeiten eine weitere Rechnung über die noch streitigen Positionen, die Gegenstand der Klage sind.

Die Klägerin begehrt ausstehenden Werklohn und Erstattung von Mehraufwand wegen Verzögerungen der Bauausführung nach den folgenden Positionen:

1.) Zu Pos. 01.01.0010 bis 0020 Baustelle einrichten und räumen

14.000,- DM

2.) Zu Pos. 01.44.0010 Nullpositionen

3.980,72 DM

3.) Zu Pos NT 3 – 02.03.0001 Rücktransport in Kranbahnhalle

61.290,90 DM

4.) Zu Pos. NT 5-02.05.0006 Nachtragserstellung

1.200,- DM

5.) Zu Pos. NT7 -02.07.0010 gestörter Bauablauf

368.315,- DM

Summe 

448.786,62 DM

Nebst 16 % Mehrwertsteuer

71.805,86 DM

Gesamtsumme

520.592,487 DM

        

(soll sein: 266.174,71 €)

Die Klägerin behauptet, durch die Änderungen der zeitlichen Planungen durch die Beklagte vor und während der Bauausführung sei es zu Mehraufwendungen gekommen, die von der Beklagten zu vergüten seien.

1.) Zu Pos. 01.01.0010 bis 0020 Baustelle einrichten und räumen trägt die Klägerin vor, wegen des zwischenzeitlichen Einsatz des Betonfertigers (technologische Pause), der nicht geplant gewesen sei, habe die Beklagte (durch ihren Sachgebietsleiter Herrn Friedrich), nachdem die Baustelle bereits eingerichtet gewesen sei, angeordnet, dass alle Beteiligten Bauunternehmen, so auch die Klägerin, die Baustelle zu verlassen hätten. Nach dem Einsatz des Betonfertigers habe sie, die Klägerin die Baustelle erneut einrichten müssen. Daher sei die Position Baustelle einrichten und räumen zweimal angefallen (was unstreitig ist und hier nur aus Gründen der Übersichtlichkeit dargestellt wird).

Eine Verzögerung der Arbeiten sei ausschließlich durch die Beklagte zu verantworten.

2.) Zu den Nullpositionen ist die Klägerin der Ansicht, dass sie für die nachträglich weggefallenen Position, die ursprünglich Gegenstand des Leistungsverzeichnisses waren, sogenannte „Nullmengen“ verlangen könne. Diese würden die sich aus den Deckungsanteilen für Baustellengemeinkosten und die allgemeinen Geschäftskosten ergeben, die sie für die weggefallenen Positionen einkalkuliert habe.

3.) Die Klägerin behauptet, bei der Vereinbarung über die Vorproduktion und Einlagerung der Fertigelemente für die Lärmschutzwand in 2002 seien die zusätzlichen Kosten für den Transport in das Außenlager nicht berücksichtigt worden. Ihr Angebot vom 3. September 2002 habe lediglich die Kosten für Aufwendungen für die Verwahrung der Stahlbetonträger, nicht jedoch die Kosten für den Rücktransport betroffen. Daher seien diese Kosten auch nicht Gegenstand der auf diesem Angebot beruhenden Vereinbarung vom 20. Juni 2003. Sie ist der Ansicht, sie könne diese Transportkosten zusätzlich in Rechnung stellen.

4.) Zu Pos. NT 5-02.05.0006 Nachtragserstellung behauptet die Klägerin, die Beklagte habe sie bei der Baubesprechung am 17. Dezember 2003, bei der die Änderung der Kabelschachtanlagen und die Kabelschutzrohre vor der Lärmschutzwand vereinbart wurde, aufgefordert dazu ein zusätzliches Leistungsverzeichnis zu erstellen.

5.) Zu Pos. NT7 - 02.07.0010 - gestörter Bauablauf über 368.315,- DM - behauptet die Klägerin, ihr seien wegen der von der Beklagten zu verantwortenden Störungen Mehrkosten in Höhe von 188.316,- € entstanden.

Die Klägerin legt die Vereinbarungen in dem Gespräch am 7. November 2001 dahingehend aus, dass dort ein Termin für den Beginn der Arbeiten im Januar 2003 - und zwar auf den 2. Januar 2003 - zwischen den Parteien verbindlich vereinbart worden sei. Das (unstreitig vereinbarte) „frühestens“ könne nur in diesem Sinne verstanden werden. Schon weil es aus Gründen, die die Beklagte zu vertreten habe, zu diesem Termin nicht zur Arbeitsaufnahme gekommen sei, müsse diese für die Bauzeitverzögerungen und damit verbundenen Mehrkosten einstehen. Im Übrigen, so meint die Klägerin, sei der Bauzeitplan vom 30. November 2001 Vertragsgegenstand geworden, so dass sich die Beklagte an diesen habe halten müssen und wegen einer Vielzahl von Verzögerungen die dadurch verursachten Mehrkosten zu tragen habe.

Unter näheren Darlegungen behauptet die Klägerin, über die Änderungen der Bauzeiten in den Besprechungen am 20. März 2003 und 3. Juni 2003 hinaus sei es zu weitern, von der Beklagten zu vertretenden Verzögerungen gekommen:

a)

So habe ihr etwa die Beklagte am Tage der Baufeldfreigabe für den 1. Abschnitt, am 25. Juni 2003, ein neues Baugrundgutachten für den Bereich entlang der B 158 übergeben. Aus diesem Gutachten habe sich ergeben, dass tatsächlich andere Bodenwerte vorhanden seien, als ursprünglich vereinbart gewesen sei. Daher hätte sie, die Klägerin, die statischen Berechnungen und Zeichnungen für den Rammrohrbereich überarbeiten müssen.

b)

Im Übrigen seien Vorleistungen bei den durch die Beklagte zu erbringenden Erdarbeiten noch nicht abgeschlossen gewesen. Auf diese Baubehinderungen habe sie die Beklagte bereits am 4. Juli 2003 hingewiesen.

c)

Sie habe auch keine überdimensionierten Bohrpfähle geplant. Nach ihren ursprünglichen Planungen sei für eine ein Meter hohe Lärmschutzwand eine Bohrpfahllänge von 1,85 m ausreichend gewesen. Der Prüfingenieur der Beklagten habe jedoch eine Mindestbohrpfahllänge von 2.50 m und eine Anpassung an die geotechnischen Bedingungen im Land Brandenburg gefordert.

Allerdings habe sich später ergeben, dass die geotechnischen Bedingungen im Land Brandenburg auf das Vorhaben nicht anwendbar seien, so dass ihre ursprüngliche Planung, die der Klägerin, zutreffend gewesen seien.

d)

Ein Prüfbericht zu den statischen Unterlagen habe nicht wie erwartet am 11. Juni 2003 sondern erst am 8. Juli 2003 vorgelegen.

e)

Die Bohrpfahlbemessung habe erst im August 2003 geklärt werden können, die Neuberechnung habe erst am 21. August 2003 vorgelegen. Daher habe sich der Baubeginn für die 2. Phase auf den 21. August 2003 verzögert.

f)

Nach Aufnahme der Arbeiten an der B 158 hätten die Erdarbeiten wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse nicht fortgesetzt werden können. Daher sei der Mobilbagger abtransportiert und später wieder zurückgebracht worden.

g)

Die Montage der Wand- und Sockelplatten an der B 158 habe auch deshalb ein erhöhten Zeitbedarf benötigt, weil die Plattenmontage in zeitlich getrennten Abschnitten erfolgen musste und die Arbeiten mehrfach umgesetzt worden seien.

h)

Wegen der am 18. August 2003 angezeigten Baubehinderung (Gasleitung) sei abweichend von der ursprünglichen Planung eine Flachgründung mittels Stahlbeton-Einzelfundament erforderlich geworden.

g)

Darüber hinaus hätten die Arbeiten zwischen dem 5. Oktober 2003 und dem 26. November 2003 wegen des Einsatzes des Betonfertigers nicht fortgesetzt werden können (unstreitig).

Als sie am 1. Dezember 2003 die Arbeiten wieder aufnehmen wollte, habe sie festgestellt, dass zwischenzeitlich der Wall fertig gestellt worden war, einschließlich Mutterboden und Aufbringen von Saatgut. Die Arbeiten der Sockelplattenmontage hätten dann vom 23. März 2004 bis 30. März 2004 erneut unterbrochen werden müssen.

Hinsichtlich der der Klägerin durch den „gestörten Bauablauf“ entstandenen Mehrkosten nimmt diese Bezug auf ein Gutachten des Prof. Andreas Mitschein von der Fachhochschule Münster, zunächst Gutachten vom 23. Juni 2005, Anlage K 23, Anlageband Klägerin II, dann überarbeitete Fassung vom 18. September 2009, Anlage K 34, Bl.: 273 d. A.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 266.174,71 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, sämtliche Verzögerungen im Bauablauf habe die Klägerin zu vertreten.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass der Bauablaufplan der Klägerin vom 30. November 2001 nie Vertragsbestandteil geworden ist. Maßgeblich sei vielmehr die im Zusammenhang mit der Zuschlagserteilung getroffene Vereinbarung über die Verzögerung der Baumaßnahme insgesamt. Mit der Vereinbarung vom 7. November 2001 sei klar gewesen, dass der tatsächliche Baubeginn noch nicht feststehe und von weiteren noch nicht vorhersehbaren Umständen abhänge. Nur so könne das „frühestens“ verstanden werden.

Auch die weiteren Verzögerungen seien von der Klägerin zu vertreten. Dazu behauptet sie, die Beklagte habe insbesondere bei der Ausführungsplanung Fehler gemacht. So habe sie nach der Baubesprechung am 20. Februar 2003 die Bohrpfähle überdimensioniert geplant. Die Prüfung und dadurch erforderliche Korrektur habe zu der von der Klägerin zu verantwortenden mehrmonatigen Verzögerung des Baubeginns geführt.

Eine endgültige Festlegung der Ausführungsplanung habe erst am 31. Juli 2003 getroffen werden können, teilweise wurden die geschuldeten Ablaufpläne erst im August 2003 vorgelegt. Insoweit habe sich die Klägerin mit den Bauarbeiten in Verzug befunden. Bei rechtzeitigem Baubeginn wäre die Herstellung der Lärmschutzwand vor dem Beginn der Betonfertigung abgeschlossen gewesen, so dass der Einsatz des Betonfertigers zu keinen Unterbrechungen der Arbeiten geführt hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil, nur zu der Position Baustelle einrichten und räumen begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

1.) Zu Pos. 01.01.0010 bis 0020 Baustelle einrichten und räumen

Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung für die zweite Einrichtung der Baustelle in Höhe des zu dieser Position vereinbarten Betrages. Die Baustelleneinrichtung wurde aufgrund des der Ausschreibung zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisses mit 14.000,- DM vereinbart. Die Klägerin wurde von der Beklagten angewiesen, die Bauarbeiten für den Einsatz des Betonfertigers zu unterbrechen. Aufgrund der damit verbundenen „technologische Pause“ musste sie die Baustelle nach den Betonarbeiten unstreitig neu einrichten, so dass diese Position zweimal entstanden und entsprechend zu vergüten ist.

Auf den Streit der Parteien, wer die Verzögerungen zwischen der Baufeldübergabe am 25. Juni 2003 und dem tatsächlichen Einsatz des Betonfertigers zu vertreten hat, insbesondere, auf die Frage, ob die Klägerin nun Pfähle unterdimensioniert geplant hatte oder der Ingenieur der Beklagten eine falsche Anweisung gegeben hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Eine Verpflichtung der Klägerin, vor dem Einsatz des Betonfertigers mit den Arbeiten fertig zu werden, bestand nicht.

Wie die Kammer bereits in dem Hinweisbeschluss vom 17. Juni 2009 ausgeführt hat, lässt sich nicht feststellen, dass eine verbindliche Terminskette Vertragsbestandteil geworden ist - worauf sich die Beklagte an anderer Stelle gerade beruft - (dazu näher unten bei 5.) „gestörter Bauablauf“ zu § 6 Nr. 6 VOB/B), daran hat sich nichts geändert. Aber auch im Übrigen lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die Bauarbeiten in dieser Zeit verzögert hat. Insoweit trägt sie vor, dass sie mit den Arbeiten zeitnah nach der am 30. Juni 2003 begonnen hat, nachdem die Voraussetzungen für die Arbeitsaufnahme geschaffen waren. Eine verbindliche Abrede der Parteien, dass diese innerhalb der ursprünglich im Ausschreibungsverfahren in´s Auge gefassten Dauer der Gesamtmaßnahme von 120 Tagen fertig zu stellen ist, bestand nicht. Gerade aufgrund der Modifikation über den zeitlichen Ablauf der Baumaßnahme mit der Vereinbarung vom 7. November 2001 und weil der Bauzeitplan der Klägerin vom 30. November 2001 - nach Vortrag der Beklagten - eben nicht Vertragsbestandteil geworden ist, kann auch eine Vereinbarung über die Gesamtdauer der Arbeiten mit 120 Tagen nicht angenommen werden (auch dazu näher unter „gestörter Bauablauf“ zu § 6 Nr. 6 VOB/B).

Schließlich ist auch die Beklagte nicht davon ausgegangen, dass es realistisch ist, die von Klägerin geschuldeten Arbeiten vor dem Einsatz des Betonfertigers am 5. Oktober 2003 abzuschließen. Denn bereits bei der Anlaufberatung am 3. Juni 2003, somit noch vor der Baufeldfreigabe, stand für alle Beteiligten fest, das es zu dieser „technologischen Pause“ wegen des Betonfertigers mit der entsprechenden Arbeitsunterbrechung - und damit auch zu dem zweiten Einrichten der Baustelle - kommen werde; dort wurde die Unterbrechung durch die Beklagte angeordnet.

2.) Zu Pos. 01.44.0010 Nullpositionen

Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf Zahlung einer separat berechneten Vergütung für sog. Nullpositionen in Höhe von 3.980,72 DM. Unstreitig sind die den neun streitgegenständlichen Positionen zugrunde liegenden Arbeiten nicht erbracht worden. Unstreitig ist aber auch, dass diese Positionen nicht wegen einer Änderung des Planentwurfs oder aufgrund einer Anordnung des Auftraggebers (ohne besondere Anordnung, Klageerwiderung Seite 4 unten), sondern wegen tatsächlicher Gegebenheiten nicht zur Ausführung gekommen sind. Die VOB/B regelt einen solchen Fall nicht ausdrücklich (dazu OLG Bamberg Urteil vom 15. Dezember 2010, 3 K 122/10).

Ein Anspruch auf Zahlung für Nullpositionen ergibt sich direkt weder aus § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B noch aus § 8 Nr. 1 VOB/B.

Ein Anspruch aus § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B scheitert bereits daran, dass eine Preiserhöhung nur dann in Betracht kommt, wenn der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Hier weist die Beklagte zutreffend drauf hin, dass sich der Umfang der Leistungen der Klägerin von ursprünglich 2.235.865,20 DM auf eine Schlussrechnungssumme von 2.687.771,99 DM erhöht hat, was für einen entsprechenden Ausgleich spricht. Insoweit hat die Klägerin auch nicht vereinzelt gegenüber gestellt, dass der Wegfall der neun genannten Positionen ohne Kompensation an anderer Stelle erfolgt ist.

Allerdings könnte die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Vergütung von sog. Nullpositionen in entsprechender Anwendung des sich aus § 2 Nr. 4, § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B bzw. § 649 Satz 2 BGB ergebenden Rechtsgedankens haben. Da ein Auftragnehmer davon ausgehen kann, dass die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Sachpositionen grundsätzlich auch zur Ausführung kommen, und er deswegen die Kalkulation der einzelnen Positionen im Hinblick auf die Gesamtkalkulation des Bauvorhabens ausrichtet, erscheint es in der Tat unbillig, dass er im Falle der Nullmenge überhaupt keine Vergütung für die gleichwohl angefallenen und bereits einkalkulierten Baustellengemeinkosten und allgemeinen Geschäftskosten erhalten soll. Aus diesem Grunde bietet sich der in § 649 Satz 2 BGB und in § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B verkörperte Rechtsgedanke an, eine Vergütung unter Abzug der ersparten Aufwendungen und des anderweitigen Erwerbs zu gewähren.

Allerdings ist auch insoweit die für die Nullpositionen anzusetzende Vergütung nicht für sich alleine geschuldet sondern in Relation zu den anderweitigen Mehrungen und Minderungen des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B zu setzen. Auch insoweit werden die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Baustellengemeinkosten dadurch kompensiert, dass in anderen Leistungspositionen Mehrungen auftreten und sich dementsprechend die Vergütung nach Schlussrechnungssumme hinsichtlich der Zuschlagssumme um mehr als 450.000,- DM erhöht hat. Das OLG Bamberg führt dazu in der genannten Entscheidung aus:

Die in § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B getroffene Regelung, dass eine Ausgleichsberechnung durch Gegenüberstellung aller Mehrungen und Minderungen vorzunehmen ist, ist deshalb letztlich eine Ausprägung des in § 649 Satz 2 BGB bzw. § 8 Nr.1 Abs. 2 VOB/B geregelten Grundsatzes, dass sich der Auftragnehmer neben ersparten Aufwendungen auch den anderweitigen Erwerb hat anrechnen zu lassen. Insbesondere Mehrungen desselben Auftrags sind nichts anderes als anderweitiger Erwerb (vgl. hierzu auch KG IBR 2006, 537).

Dementsprechend hält auch Kapellmann/Schiffers, Vergütung, Nachträge und Behinderungs- folgen beim Bauvertrag, 5. Aufl. 2006, Rdnr. 529 zwar eine Vergütung für weggefallene Positionen in analoger Anwendung des § 8 Nr.1 VOB/B für gerechtfertigt, aber gleichwohl § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B im Hinblick auf die vorzunehmende Ausgleichsberechnung für anwendbar (aaO Rn. 539/540).

Die Klägerin verlangt ausdrücklich die Vergütung nach § 8 Nr. 1 VOB/B für die Nullpositionen, ohne sie in Relation zu den übrigen Positionen (Mehrungen) im Rahmen einer Ausgleichsberechnung zu stellen. Ihre eigene als Anlage vorgelegte sog. Ausgleichsberechnung führt lediglich die streitgegenständlichen Nullpositionen auf. Sie berücksichtigt gerade nicht die übrigen Positionen mit Mehrungen und Minderungen.

So liegt der Fall auch hier.

3.) Zu Pos NT 3 – 02.03.0001 Rücktransport in Kranbahnhalle

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Grund einen Anspruch auf Kosten, für Rückführung der vorgefertigten Betonfertigelemente. Das entsprechende Angebot der Klägerin zu dieser Position hat die Beklagte am 19. September 2003 ausdrücklich abgelehnt, so dass eine vertragliche Grundlage für den Anspruch nicht besteht.

Im Übrigen ist es unstreitig, dass die Parteien eine Vereinbarung dahingehend getroffen haben, dass die Klägerin die Fertigelemente für die Lärmschutzwände bereits Anfang des Jahres 2002 produziert, diese dann vorab an die Beklagte übereignet sowie bezahlt werden.

Bei den entsprechenden ursprünglichen Abreden gingen die Parteien davon aus, dass die Elemente auf dem Gelände der Klägerin gelagert werden, wofür die jetzt geltend gemachten Kosten nicht entstanden wären: „Die Vergütung der vorgefertigten Lärmschutzwandteile erfolgt auf der Grundlage der VOB. Entsprechend Ihrem Wunsch als formgerechte Übereignung z.B. auf einer separaten Lagerfläche innerhalb unseres Werkes.“ Auch in dem Sicherungsübereignungsvertrages vom 10./19. Juli 2002 wird vereinbart, dass die Bauteile auf dem Werksgelände der Klägerin gelagert werden. Es ist bereits nicht vorgetragen, aus welchen Abreden es sich überhaupt ergibt, dass die Beklagte die Mehrkosten für die von der genannten Abrede abweichende Errichtung eines Außenlagers aufzukommen haben soll. Jedenfalls aber kann sich daraus, dass sich aus den dem Vertrag vom 20. Juni / 01. Juli 2003 zugrunde liegenden Angebot Kosten für den Rücktransport nicht ausdrücklich aufgeführt werden, die Klägerin ohne vertragliche Abrede solche Kosten zusätzlich geltend machen. Vielmehr ergibt sich bereits nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass mit der genannten Vereinbarung sämtliche Kosten im Zusammenhang mit den besonderen Abreden über die Vorfertigung der Elemente - die im Übrigen im Interesse der Klägerin erfolgten - abgegolten sind. Denn der Rücktransport muss ebenso zu den gesondert vereinbarten Leistungen gehören, wie der Hintransport und die Lagerung selbst, denn er war „für die Erbringung des werkvertraglichen Erfolges notwendig“.

4.) Zu Pos. NT 5-02.05.0006 Nachtragserstellung

Eine vertragliche Vereinbarung über die kostenauslösende Erstellung eines zusätzlichen Leistungsverzeichnisses hat die Klägerin nicht darlegen können. Insoweit ist unstreitig, dass es im Dezember 2003 zu einer Änderung der Planungen und der Bauausführung im Bereich der Kabelschachtanlagen und der Kabelschutzrohre sowie zu einem entsprechenden zusätzlichen Auftrag an die Klägerin gekommen ist. Der entsprechende Nachtrag wurde durch die Beklagte anerkannt und bezahlt. Dass die Klägerin jedoch in diesem Zusammenhang mit der Erstellung eines kostenpflichtigen Leistungsverzeichnisses beauftragt war, behauptet sie selbst nicht ausdrücklich. Eine vertragliche Grundlage zu einer solchen Leistung lässt sich auch sonst nicht finden. Ein Protokoll, welches einen solchen Auftrag belegt, liegt bisher nicht vor, wer einen solchen Auftrag erteilt haben soll, ist nicht dargelegt.

5.) Zu Pos. NT7 -02.07.0010 gestörter Bauablauf

Die Klägerin hat auch insoweit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine Mehrvergütung wegen Verzögerungen bei der Bauausführung, weder aus § 2 Nr. 5 VOB/B noch aus § 6 Nr. 6 VOB/B.

Die Voraussetzungen des § 2 Ziff. 5 VOB/B, worauf sich die Klägerin dem Gutachten Mitschein folgend ursprünglich berufen hat, liegen nicht vor. Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung, nach der Anordnungen des Auftraggebers zur Änderung der Bauzeit grundsätzlich zu einem Anspruch des Auftragnehmers gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B auf Vereinbarung eines neuen Preises begründen können (vgl. auch BGH, NJW 1968, 1234 und BauR 1985, 561; OLG Koblenz, NJW-RR 1988, 851; OLG Hamm, Urteil vom 14. April 2005; Kapellmann/Messerschmidt-Kapellmann, VOB Teil A und B, § 2VOB/B, Rdn. 185; Kemper, NZBau 2001, 238; Diehr, BauR 2001, 1507; Thode, ZfBR 2004, 214). Voraussetzung hierfür ist jedoch - entsprechend dem Wortlaut der Regelung - dass die Bauzeitverlängerungen auf einer anderen Anordnung des Auftraggebers im Sinne der genannten Vorschrift beruhen. Es kann hier dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen eine Anordnung des Auftraggebers im Sinne der Bestimmung vorliegt (vgl. zum Meinungsstand Thode, ZfBR 2004, 324); insbesondere ob nur vertragsgemäße Anordnungen des Auftraggebers, die zu einer Bauzeitverlängerung führen, darunter fallen oder ob auch vertragswidrige Eingriffe des Auftraggebers, die zu einer Bauzeitverlängerung führen, bzw. sonstige faktische Baubehinderungen oder Zwangslagen - auch, wenn sie nicht vom Auftraggeber veranlasst oder zu vertreten sind - eine Anordnung des Auftraggebers darstellen können und dementsprechend einen vertraglichen Mehrvergütungsanspruch begründen können (dazu OLG Hamm 14. April 2005).

Denn im vorliegenden Fall ergib sich aus dem Vortrag der Klägerin weder, dass ein verbindlicher Bauzeitplan vorgelegen hat (dazu bereits unter 1.) Zu Pos. 01.01.0010 bis 0020 Baustelle einrichten und räumen und unten zu § 6 Nr. 6 VOB/B), noch dass es andere Anordnungen des Auftraggebers im Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B überhaupt gab. Eine solche andere Anordnung setzt eine einseitige Maßnahme des Auftraggebers voraus, die die vertragliche Leistungspflicht verändert und damit eine neue Verbindlichkeit des Auftragnehmers begründet. Solche konkreten Anordnungen trägt die Klägerin vereinzelt nicht vor.

Vielmehr ergeben sich die Verzögerungen bei der Baudurchführung aus einer Reihe verschiedener Umstände, die ihre Ursache in der ohnehin bestehenden und bereits in 2001 absehbaren - und vertraglich berücksichtigten - Verzögerung der Baumaßnahme insgesamt sowie aufgrund der sich bei der Baudurchführung ergebenden Änderungen der tatsächlichen Gegebenheiten haben. Zwar können solche Anordnungen unter Umständen auch konkludent erfolgen (so bejaht die Rechtssprechung etwa die Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B bei Verzögerung im Vergabeverfahren, so etwa die bereits erörterte Entscheidung des BGH vom 11. Mai 2009 VII ZR 11/08). Allerdings dürften Verzögerungen im Bauablauf nicht ohne Weiteres ausreichend sein, den Anspruch auf Ermittlung eines neuen Preises auf der Grundlage der ursprünglichen Preiskalkulation des Auftragnehmers, die dieser ggf. offenbaren muss, unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten herzuleiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten nach § 6 Nr. 6 VOB/B ist nicht hinreichend dargelegt. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass eine Behinderung tatsächlich vorlag und sie dem Auftraggeber unverzüglich angezeigt worden ist oder dass sie offenkundig bekannt war. Weiter ist erforderlich, dass die Behinderung adäquat-kausal durch hindernde Umstände verursacht worden ist, die auf der Verletzung einer vertraglichen Pflicht durch den Auftraggeber beruhen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, 35; BGH, Urteil vom 21. März 2002, BauR 2002, 1249). Die klagende Partei muss diese Behinderungen in einem Rechtsstreit, in dem sie Schadensersatz verlangt, möglichst konkret darlegen. Insoweit dürfen zwar keine zu hohen Anforderungen an die Darlegungslast gestellt werden (BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 - VII ZR 286/84, BGHZ 97, 163, 166). Das bedeutet jedoch nicht, dass allein die Darlegung einer Verzögerung an sich genügt. Vielmehr ist in der Regel eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderungen und die Darstellung, dass dadurch vereinbarte Bauabläufe und Fristen gestört werden unumgänglich. Diese muss auch diejenigen unstreitigen Umstände berücksichtigen, die gegen eine Behinderung sprechen, wie z.B. nicht vorhersehbare neue Erkenntnisse über die örtlichen Gegebenheiten oder die wahrgenommene Möglichkeit, einzelne Bauabschnitte vorzuziehen. Erst der möglichst konkrete Vortrag zur Behinderung erlaubt die Beurteilung, inwieweit eine Anzeige erforderlich oder wegen Offenkundigkeit entbehrlich war und inwieweit auf sie zurückzuführende Schäden für den Auftragnehmer entstanden sind.

Soweit ein Auftragnehmer mangels einer ausreichenden Dokumentation der Behinderungstatbestände und der sich daraus ergebenden Verzögerungen zu einer den Anforderungen entsprechenden Darstellung nicht in der Lage ist, geht das grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftraggebers.

Der Auftragnehmer hat in einem Prozess auch schlüssig darzulegen, dass er durch eine Pflichtverletzung des Auftraggebers behindert worden ist. Es reicht grundsätzlich nicht aus, eine oder mehrere Pflichtverletzungen vorzutragen. Der Auftragnehmer muss vielmehr substantiiert zu den dadurch entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist in der Regel eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich. Demjenigen Auftragnehmer, der sich durch Pflichtverletzungen des Auftraggebers behindert fühlt, ist es zuzumuten, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie deren Dauer und Umfang ergeben. Ist ein Auftragnehmer mangels einer ausreichenden Dokumentation der Behinderungstatbestände und der sich daraus ergebenden Verzögerungen zu einer den Anforderungen entsprechenden Darstellung nicht in der Lage, geht das grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftraggebers (Urteil vom 21. März 2002 - VII ZR 224/00, BauR 2002, 1249 = NZBau 2002, 381 = ZfBR 2002, 562; BGH Urteil vom 24. Februar 2005 BauR 2005, 857).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat schon nicht substantiiert darlegen können, dass zwischen den Parteien verbindliche Termine und detaillierte Ablaufplanungen vereinbart waren. Zum Vertragsbestandteil gewordene Ablaufplanungen hat die Klägerin nicht vorgelegt. Soweit sie sich auf Abreden zum Bauablauf aus den Ausschreibungsunterlagen beruft (Beginn der Ausführung Januar 2002, Vollendung der Ausführung nach Werktagen Spätestens 120 Werktage nach Baubeginn in Ziff. 2 der besonderen Vertragsbedingungen), sind diese wegen der unstreitigen Abreden über die Verschiebung des Baubeginns um mehr als ein Jahr unbestritten nicht verbindlich geworden. Es stand bereits bei Zuschlagserteilung im November 2001 fest, dass die im Zusammenhang mit der Ausschreibung der Arbeiten und der Auftragserteilung ursprünglich geplanten Fristen hinsichtlich der Bauausführung nicht Gegenstand des Vertrages zwischen den Parteien geworden sind. Kern des vorliegenden Rechtsstreits ist es gerade, dass der zeitliche Ablauf bereits bei Zuschlagserteilung erheblich jedoch übereinstimmend durch die Parteien abgeändert wurde. Demnach stand nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im November 2001 fest, dass sich „Beginntermin der Ausführung vor Ort“ um einige Monate verschieben werde und die Arbeiten in zeitlich voneinander getrennten Abschnitten zu erfolgen haben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste auch die Klägerin, dass die ursprünglich in´s Auge gefasste Ausführungsfrist von 120 Werktagen nicht (mehr) realistisch ist. Insoweit stand für beide Parteien fest, dass es verbindliche Ausführungsfristen nicht gab.

Auch der von der Klägerin genannte „Bauzeitplan LSW Blumberg“ vom 30. November 2001 (Balkenplan für die Ausführung der vertraglich vereinbarten Leistungen) ist zu keinem Zeitpunkt Vertragsgegenstand geworden. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - die ursprünglichen Planungen aus 2001 ohnehin modifiziert wurden, hat die Klägerin auch insoweit nicht dargelegt, dass die Beklagte einen solchen Ablaufplan jemals als verbindlich akzeptiert hatte bzw. dieser zu der vertraglich vorgesehenen Festlegung des Bauablaufs geworden ist. Denn es ist gerade unstreitig, dass der zeitliche Ablauf aufgrund der ohnehin bestehenden Probleme auf der Baustelle schon Ende 2001 abweichend von den Ausschreibungsunterlagen gestaltet werden muss. Unter diesen Umständen kann auch der ursprüngliche Bauzeitplan ohne eine entsprechende ausdrückliche Willenserklärung der Beklagten keine Verbindlichkeit erlangen.

Maßgeblich hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der Arbeiten ist insoweit die vertragliche Vereinbarung, dass es Sache des Auftragnehmers ist, die Reihenfolge und Abwicklung der Arbeiten mit dem Auftraggeber festzulegen (Ziff. 3.2 der Leistungsbeschreibung). Die Vereinbarung schließt es aus, dass die Klägerin einseitig Beginn, Bauablauf und Ausführung bestimmen kann.

Nach den Erörterungen vor allem in der letzten mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2012 steht auch fest, dass die Parteien für den Baubeginn auch zum Januar 2003 keine verbindliche Abrede getroffen haben. Das Verständnis der Klägerin, dass mit den insoweit unstreitig gewordenen Abreden der Parteien bei der Besprechung am 7. November 2001 der verbindlicher „Vorgangs-Starttemin für die vor Ort auszuführenden Leistungen“ auf den 2. Januar 2003 vereinbart wurde, findet in dem tatsächlichen Inhalt der Gespräche keine Grundlage. Insoweit ist unstreitig (geworden), dass die tatsächlichen Vereinbarungen der Parteien bei dieser Besprechung den Inhalt hatten, dass der Monat Januar 2003 als der „früheste“ Baubeginn festgelegt wurde und weitere Abreden über einen (verbindlichen) Beginn der Ausführung nicht erfolgt sind. Die Abrede eines „frühesten“ Baubeginns beinhaltet jedoch gerade keine Verbindlichkeit hinsichtlich eines bestimmten Datums, wie etwa den 2. Januar 2003, oder des genannten Monats, wie die Klägerin dies verstehen will. Schon nach der sprachlichen Fassung bedeutet frühestens nur „nicht früher“, lässt aber hinsichtlich des Moments „später“ im Prinzip alles offen.

Gegen eine solche verbindliche Festlegung spricht aber auch der zeitliche Ablauf der Vertragsgespräche und die sich aus den Änderungsvereinbarungen ergebenden Interessenlagen beider Parteien. Für die Parteien stand im November 2001 fest, dass sich die Arbeiten massiv um etwa ein Jahr verzögern. Unter diesen Umständen ist es eher abwegig, dass bei einer mündlichen Besprechung am 7. November 2001 ein verbindlicher Arbeitsbeginn auf einen 14 Monate später liegenden Zeitpunkt vereinbart wird. Vielmehr wussten die Parteien im November 2001, dass die Arbeiten äußerst komplex sind und hinsichtlich des Baubeginnes von Umständen abhängen, die zu einem so frühen Zeitpunkt noch nicht kalkulierbar sind und auch von der Beklagten nur bedingt beeinflusst werden können.

Jedenfalls aber wäre die Abrede über den frühesten Baubeginn so wage, dass es jedenfalls zeitnah einer weiteren Abstimmung zwischen den Parteien über den tatsächlichen Baubeginn bedurft hätte (wie es im Juni 2003 auch geschehen ist). Eine solche verbindliche Abrede vor Februar 2003 hat die Klägerin jedoch im nicht darlegen können. Eine Besprechung über den Baubeginn und die Ausführungsfristen erfolgte tatsächlich erst am 20. Februar 2003. Allerdings wurden auch dort keine verbindlichen Fristen für die Arbeiten festgelegt. Vielmehr wurden der Klägerin nur erkennbar unverbindliche Baufreiheitstermine in Abhängigkeit mit der Streckenbaumaßnahme genannt.

Unter diesen Umständen stellt sich der Vortrag der Klägerin zu vereinzelten Zeitverzögerungen bei der Bauausführung als unsubstantiiert dar, weil eine Bezugnahme auf vereinbarte Ausführungsfristen fehlt. Die „Störung S 01: Verschiebung des Beginntermins vom 2.01.2003 auf den 16.06.2003“ liegt - wie ausgeführt - ohnehin nicht vor. Mit den weiteren „Störungen“ (neues Baugrundgutachten, Erdarbeiten nicht fertig, Umplanung der Bohrpfähle, verspäteter Prüfbericht, Unterbrechung wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse an der B 158, abschnittsweise Vorgehen, Gasleitung Station 23, falsche Bohrachse, Rammpfahlgründung und Einsatz Straßenfertiger) schildert die Klägerin im Kern eine Reihe von Problemen und Verzögerung, was nach der genannten Rechtsprechung der Obergerichte gerade nicht ausreicht um den Anspruch nach § 6 Nr. VOB/B zu begründen.

An der erforderlichen konkreten bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderungen und Darstellung, dass dadurch vereinbarte Bauabläufe und Fristen gestört werden fehlt es.

Im Übrigen war nach der vertraglichen Vereinbarung klar, dass es zu bestimmten Behinderungen kommen werde, weil die Bauarbeiten mit anderen Gewerken gleichzeitig laufen: „Ein aktueller Bauablauf der Gesamtmaßnahme ist durch den AN Lsw beim AG abzufordern. Die Errichtung der Lärmschutzwände läuft zeitgleich mit dem Streckenbau sowie Erd-, Begrünungs- bzw. Beräumungsarbeiten in den Randbereichen“. Insoweit liegt es in der Natur der Sache, dass es bei den entsprechenden Abstimmungen zu Verzögerungen kommt. Auch führen solche Umstände nach der vertraglichen Vereinbarung nicht zu einer Erhöhung der Vergütung: „Mögliche Behinderungen und erforderliche Abstimmungen während der Bauausführung sind in die die Einheitspreise einzukalkulieren und bei der Bauausführung zu berücksichtigen. Zeitverzögerungen aus mangelnder Abstimmung werden nicht anerkannt“.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 Ziff 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Gegenstandswert: 266.174,71 €