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Recht der Landesbeamtenhier: Rücknahme der Ernennung zum hauptamtl. Bürgermeister


Metadaten

Gericht VG Potsdam 2. Kammer Entscheidungsdatum 20.02.2013
Aktenzeichen VG 2 L 233/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 22 KomVerf BB, § 53 KomVerf BB, § 55 Abs 1 KomVerf BB, § 56 KomVerf BB, § 55 Abs 1 KomWG BB 2006, § 56 KomWG BB 2006, § 63 KomWG BB 2006, § 81 KomWG BB 2006, § 12 Abs 1 Nr 1 BeamtStG, § 121 Abs 3 BG BB 2009, § 53 Abs 1 BG BB 2009, § 80 Abs 3 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 20 VwVfG, § 21 VwVfG, § 28 VwVfG, § 35 Abs 1 VwVfG

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 19.615,67 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahr 1957 in ... geborene Antragsteller absolvierte nach einer Ausbildung zum Zerspanungsfacharbeiter mit Abitur von 1976 - 1979 ein Studium an einer Offiziershochschule der NVA, das er als Hochschulingenieurökonom abschloss. Von 1979 an diente er als Kommandeur verschiedener Aufklärungs- und Fallschirmjägereinheiten der NVA; 1990 erfolgte seine Entlassung im Dienstrang eines Majors. Seit 1991 war er beruflich als Geschäftsführer und Verkaufsleiter eines Autohauses, als Mitarbeiter einer Filiale eines Bauträgers sowie als Mitarbeiter bzw. Berater von verschiedenen Verbraucherzentralen tätig.

Im Jahr 2007 bewarb sich der Antragsteller um das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters der Antragsgegnerin. Im Wahlkampf aufkommende Vorwürfe, er habe mit dem Ministerium für Staatsicherheit (MfS) zusammengearbeitet, wies er gegenüber Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung (SVV) in Einzelgesprächen, in Sitzungen der Fraktionen sowie in öffentlichen Wahlveranstaltungen als unrichtig zurück.

Der Antragsteller wurde in der Stichwahl am 11. Februar 2007 (erster Wahlgang vom 14. Januar 2007) mit 69,4 % der abgegebenen Stimmen zum hauptamtlichen Bürgermeister der Antragsgegnerin gewählt. Mit Wirkung zum 2. März 2007 wurde er durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von 8 Jahren zum Bürgermeister ernannt. Zudem wurde er mit Wirkung zum 2. März 2007 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen; mit Wirkung zum 1. Januar 2010 erfolgte seine Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16.

Im November 2011 beschloss die SVV die Einrichtung eines zeitweiligen Ausschusses zur Überprüfung ihrer Mitglieder auf Mitarbeit beim MfS. Seitdem wurde dieses Thema insbesondere mit Blick auf den Antragsteller umfänglich debattiert. Ausweislich des vorläufigen Abschlussberichts des Ausschusses existierte für den Antragsteller ein Recherchebericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU). Die Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses bewertete die Unterlagen dahingehend, dass beim Antragsteller eine Mitarbeit beim MfS als „IMS“ (Inoffizieller Mitarbeiter für Staatssicherheit) bzw. „FIM“ (Führungs-IM) gegeben sei; eine Minderheit des Ausschusses vertrat die Auffassung, dass der Antragsteller mit dem MfS im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit als Offizier der NVA zusammengearbeitet habe und er ohne sein Wissen und ohne Verpflichtungserklärung als „IM“ geführt worden sei. In ihrer Sitzung am 23. Februar 2012 befasste sich die SVV mit dem Abschlussbericht des Ausschusses und beschloss mehrheitlich die Feststellung, dass der Antragsteller „Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR war“. Diesen Beschluss beanstandete der Antragsteller, so dass in einer für den 14. März 2012 angesetzten Sitzung der SVV, in der über die dienstrechtlichen Folgen dieser Beschlussfassung beraten werden sollte, hierzu nicht entschieden wurde.

Die SVV der Antragsgegnerin wiederholte in ihrer Sitzung vom 12. April 2012 zunächst unter TOP 5 - im öffentlichen Teil - den Beschluss zur Feststellung, dass der Antragsteller Inoffizieller Mitarbeiter für den Staatssicherheitsdienst gewesen sei und fasste - im nicht-öffentlichen Teil – unter Tagesordnungspunkt 15 den Beschluss:

1. Die Ernennung von Herrn ... zum Bürgermeister der Stadt ... wird wegen arglistiger Täuschung über eine für die Beamtenernennung wesentliche Eigenschaft nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Beamtenstatusgesetzes mit sofortiger Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

2. Der stellvertretende Bürgermeister wird beauftragt, den aufgrund des Beschlusses zu 1. zu erlassenden Verwaltungsakt mit Rechtsbehelfsbelehrung Bürgermeister ... im Anschluss an die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung gegen Empfangsbekenntnis auszuhändigen. …

Zudem beschloss die SVV unter Tagesordnungspunkt 16, dem Antragsteller die Ausübung seiner Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes mit sofortiger Wirkung zu verbieten.

Der Antragsteller beanstandete diese Beschlüsse unmittelbar unter Berufung auf § 55 BbgKVerf als rechtswidrig, so dass durch die Beteiligten zunächst von der aufschiebenden Wirkung der Beanstandungen ausgegangen wurde.

Nach einem Hinweis der Kommunalaufsichtsbehörde - Schreiben des Landrats des Landkreises Prignitz vom 2. Mai 2012 - wurde mit vom stellvertretenden Vorsitzenden der SVV, Herrn ..., unterzeichneten Bescheid der SVV der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2012 die Ernennung des Antragstellers zum Bürgermeister im Beamtenverhältnis auf Zeit wegen arglistiger Täuschung zurückgenommen. Zur Begründung wurde auf den Beschluss der SVV in der Sitzung vom 12. April 2012 hingewiesen und weiter ausgeführt, dass der Antragsteller bei seiner Kandidatur zum Bürgermeister, vor und nach der Wahl wiederholt auf Nachfragen sowohl gegenüber Stadtverordneten als auch in der Öffentlichkeit wahrheitswidrig erklärt habe, nicht Inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR gewesen zu sein. Aus einem Gutachten von Sebastian Stude „Personelle Kontinuität und Elitenaustausch in den brandenburgischen Kommunen zwischen 1990 und 2010“ ergebe sich, dass nach den Erkenntnissen des BStU das MfS den Antragsteller als Angehörigen der NVA innerhalb der Hauptabteilung I (Abwehrarbeit in der NVA und den Grenztruppen) seit 1983 in verschiedenen IM-Kategorien in mehreren Militärbezirken der DDR geführt habe, ohne den IM-Vorgang bis zum Ende der DDR archiviert zu haben. Ungeachtet dessen, dass der IM-Vorgang „... “ nicht auffindbar sei, seien in überlieferten Akten mehrere personenbezogene, handschriftliche und unterschriebene Berichte des IMS „... “ gefunden worden. Zudem habe die „IM-Karriere" von „... “ zuverlässig recherchiert werden können; ein MfS-interner Auskunftsbericht aus dem Jahr 1983 mit detaillierten Personenangaben belege die inoffizielle Zusammenarbeit des Antragstellers alias „... “ mit dem MfS. Die in Ansehung dessen wahrheitswidrigen Aussagen des Antragstellers seien bedeutend für das von ihm wahrgenommene Amt und relevant für seine Ernennung zum Bürgermeister gewesen, was ihm, dem Antragsteller, auch bekannt gewesen sei. Der Antragsteller könne sich nicht darauf berufen, keine Kenntnis von seiner Funktion als IM gehabt zu haben. Er sei verpflichtet gewesen, jedenfalls die objektiven Umstände durch Nachfrage beim BStU zu ermitteln. Es hätte ihm auch klar gewesen sein müssen, dass Berichte, die gegenüber dem MfS unter Verwendung eines Tarnnamens abgegeben worden seien, keine offiziellen Kontakte darstellten. Der Antragsteller habe in größerer Anzahl mit besonderem Fleiß gegenüber dem MfS berichtet. Da er wahrheitswidrige Erklärungen gegenüber den Entscheidungsträgern der Antragsgegnerin und der Öffentlichkeit in Kenntnis deren Bedeutung für die Bürgermeisterwahl abgegeben habe, habe er arglistig getäuscht.

Hiergegen legte der Kläger unter dem 3. Mai 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, dass die Rücknahme der Ernennung rechtlich unzulässig sei, weil das Beamtenverhältnis der direkt gewählten kommunalen Wahlbeamten auf Zeit nach § 53 Abs. 2 BbgKVerf unmittelbar kraft Gesetzes durch die Wahl und deren Annahme begründet werde. Da es für die Begründung dieses Beamtenverhältnisses nach § 121 Abs. 3 Satz 1 LBG keiner Ernennung bedürfe, könne das Beamtenverhältnis auch nicht mittels Rücknahme der Ernennung beendet oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der Bescheid sei daher nichtig. Zudem leide der Bescheid an erheblichen Rechtsfehlern, so sei er, der Antragsteller, nicht hinreichend angehört worden und ihm sei keine vollständige Akteneinsicht, auch nicht durch den BStU, gewährt worden. Zudem sei die von der SVV angenommene arglistige Täuschung nicht gegeben. Es sei bereits nicht ersichtlich, über welche wesentliche Eigenschaft er getäuscht haben solle; die von der SVV angenommenen Rechtspflichten bestünden nicht. Soweit dabei auf §§ 20, 21 StUG abgestellt werde, seien diese Vorschriften verfassungswidrig. Die Unterstellung, er sei wissentlich und willentlich für das MfS tätig gewesen, werde zurückgewiesen; im Übrigen habe er vor der Wahl öffentlich kundgetan, in welchem Zusammenhang Kontakte zum MfS bestanden und sich realisiert hätten. Eine Registrierung als IM sei ihm nicht bekannt gewesen.

Mit wiederum vom stellvertretenden Vorsitzenden der SVV, Herrn ..., unterzeichneten Schreiben der SVV der Antragsgegnerin vom 4. Mai 2012 ordnete diese die sofortige Vollziehung des Bescheides über die Rücknahme der Ernennung vom 3. Mai 2012 an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme der Ernennung das Interesse des Antragstellers an der Weiterführung des Amtes überwiege. Durch die arglistige Täuschung sei das Vertrauensverhältnis gegenüber der Stadtverwaltung, der SVV und den Bürgern zerstört. Eine gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich. Personen, die als Bürgermeister ein besonderes Amt ausfüllten und dieses mit unlauteren Mitteln erlangt hätten, sollten nicht die Möglichkeit erhalten, länger zu amtieren und damit der Stadt in Ansehung des Amtes erheblichen Schaden zuzufügen.

Mit Antrag vom 4. Mai 2012 hat der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Rücknahme der Ernennung im Bescheid vom 3. Mai 2012 begehrt und zunächst die Begründung seines Widerspruches wiederholt.

Nachdem der Antragsteller die Formwirksamkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung gerügt hatte, fertigte der stellvertretende Bürgermeister der Antragsgegnerin den Bescheid über die Rücknahme der Ernennung vom 3. Mai 2012 am 12. Juni 2012 erneut aus, unterzeichnete diesen und gab ihn dem Antragsteller bekannt. Zudem gab der stellvertretende Bürgermeister der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12. Juni 2012 die Anordnung der sofortigen Vollziehung erneut dem Antragsteller bekannt. Hiergegen legte der Antragsteller unter dem 19. Juni 2012 wiederum Widerspruch ein, mit dem er u. a. die fehlerhafte Bekanntgabe rügte, da der Bescheid ihm persönlich, nicht jedoch seinem legitimierten Prozessbevollmächtigten zugestellt worden sei. In der Sitzung vom 20. Juni 2012 beschloss die SVV der Antragsgegnerin nochmals, die sofortige Vollziehung der Rücknahme der Ernennung anzuordnen, deren Ausfertigung durch den stellvertretenden Bürgermeister vom 2. Juli 2012 – mit neuer erweiterter Begründung − dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 11. Juli 2012 zugestellt wurde. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 19. September 2012 führte diese zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung zudem weiter aus, dass der Antragsteller unter Ausnutzung seiner dienstlichen Befugnisse die Ansetzung und Durchführung einer Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. März 2012 behindert und eine ihn betreffende Beschlussfassung der SVV vereitelt habe, was ebenfalls den Sofortvollzug der angegriffenen Bescheide erforderlich mache.

Unter Einbeziehung des weiteren Bescheides bzw. der wiederholten Anordnungen der sofortigen Vollziehung in den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes trägt der Antragsteller vor: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei rechtswidrig, insbesondere nicht von den Beschlüssen der SVV vom 12. April 2012 gedeckt. Angesichts des Ausnahmecharakters hätte die Entscheidung über die sofortige Vollziehung durch gesonderte Willensentschließung ausdrücklich erfolgen müssen. Hierfür sei nicht der amtierende stellvertretende Vorsitzende der Gemeindevertretung, sondern die oberste Dienstbehörde berufen, zumal der stellvertretende Vorsitzende der Gemeindevertretung die Antragsgegnerin nicht vertreten könne.

Der Bescheid vom 3. Mai 2012 sei rechtswidrig. Er sei vom hierfür nicht zuständigen amtierenden Vorsitzenden der SVV verfügt worden. Dies verstoße gegen die Kompetenzregelung zur Vertretung der Gemeinde gemäß §§ 53 und 56 BbgKVerf. Die Beschlüsse hätten vom allgemeinen Stellvertreter des Bürgermeisters der Antragsgegnerin umgesetzt werden müssen. Der Rücknahmebescheid und die Anordnung des Sofortvollzugs vom 12. Juni 2012 seien bereits nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben, denn die Bescheide hätten wegen der Vertretungsvollmacht an seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müssen.

Auch der neuerliche Bescheid sei wie der Ursprungsbescheid rechtswidrig. Denn der SVV-Beschluss vom 12. April 2012 über die Rücknahme der Ernennung sei nach § 55 Abs. 1 BbgKVerf beanstandet worden mit der Folge, dass er unwirksam sei. Die Umsetzung dieses Beschlusses missachte die aufschiebende Wirkung der Beanstandung. Der beanstandete Beschluss sei nicht erneut durch die SVV gefasst worden; er gelte daher als aufgehoben. Die Rücknahmeverfügung vom 12. Juni 2012 beziehe sich allein auf den beanstandeten Beschluss vom 12. April 2012.

Der Bescheid vom 12. Juni 2012 und die Anordnung der sofortigen Vollziehung seien darüber hinaus auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem ausgeschlossenen Amtsträger erteilt worden seien. Der stellvertretende Bürgermeister, Herr ..., sei gemäß §§ 20, 21 VwVfG ausgeschlossen, weil er in der Bürgermeisterwahl Mitbewerber und Konkurrent gewesen sei und durch die Vollziehungsanordnung unmittelbar begünstigt werde, denn er erwerbe mit der Amtsführung die Zulagenberechtigung und einen Prestigegewinn. Zudem sei mit den von ihm vorgenommenen Verwaltungsentscheidungen nachträglich die Korrektur der Wahlentscheidung von 2007 beabsichtigt; daher sei er auch befangen.

Die Bescheide seien zudem wegen mangelnder Anhörung formell rechtswidrig; er, der Antragsteller, habe nicht hinreichend Gelegenheit erhalten, auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens durch eine Stellungnahme Einfluss zu nehmen. Hinsichtlich des Bescheides vom 3. Mai 2012 sei schon nicht die zuständige Behörde tätig gewesen. Die Abfassung der Beschlüsse und die Umstände bei der Sitzung bei der SVV am 12. April 2012 hätten keine Anhörung zugelassen; der politischen Mehrheit der SVV sei es auf seine umfassende Stellungnahme nicht angekommen. Seit 2011 sei es lediglich um die Frage gegangen, ob er, der Antragsteller, IM des MfS gewesen sei, nicht jedoch um die vorgenommenen beamtenrechtlichen Maßnahmen. Auch eine hinreichende Einsicht in vom BStU vorgelegten Unterlagen sei ihm nicht gewährt worden.

Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Ernennung seien nicht gegeben. Die Unterlagen des BStU hätten den Bescheiden nicht zu Grunde gelegt werden dürfen, weil die maßgeblichen Rechtsgrundlagen gemäß §§ 20, 21 StUG verfassungswidrig seien. Die zeitliche Verlängerung und Erweiterung der Überprüfungsmöglichkeit kommunaler Wahlbeamter aufgrund des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3106, 2012 I S. 442) widerspreche dem allgemeinen Verjährungsgrundsatz und dem freien Zugang zu öffentlichen Ämtern gem. Art. 33 Abs. 2 GG. Zudem griffen die Bestimmungen in sein Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG und sein Grundrecht auf Datenschutz nach Art. 11 BbgVerf unverhältnismäßig ein.

Er, der Antragsteller, bestreite, unter dem Decknamen „... “ mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben. Soweit die Antragsgegnerin sich auf den Bericht des BStU vom 22. November 2010 berufe, gebe sie ein unzutreffendes Bild wieder. Es gebe keine ausdrückliche Verpflichtungserklärung, der Schluss, es sei trotzdem zu einer wissentlichen und willentlichen inoffiziellen Zusammenarbeit gekommen, sei unzutreffend. Die Antragsgegnerin stelle insoweit lediglich Vermutungen an und müsse selbst einräumen, dass es offenbar mehrere Sachverhaltsvarianten geben könne. Von einem Decknamen wisse er erst seit dem Bericht des BStU. Auch der Recherchebericht liefere nur Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, die Anhalte böten, jedoch keinen hinreichenden Beleg. Ein Rückschluss aus der karteimäßigen Erfassung und der Zuordnung von Namen und Adressen auf eine wissentliche und willentliche Zusammenarbeit mit dem MfS verbiete sich. Insoweit fehle es den Auskünften des BStU an der Kompetenz für eine Aussage über mögliche dienstliche Verpflichtungen und Gepflogenheiten in der NVA, insbesondere zur Geheimhaltung im Rahmen militärischer Aufklärung. Auch Herr ..., sein ehemaliger Vorgesetzter, könne eine wissentliche und willentliche Zusammenarbeit durch ihn, den Antragsteller, mit dem MfS, nicht belegen. Der von der Antragsgegnerin vorgenommene Schriftvergleich in Bezug auf die handschriftlich abgefassten Berichte des IM „... “ sei bereits unzulässig, da es hierfür an seiner erforderlichen Zustimmung fehle.

Er, der Antragsteller, habe sich hingegen im Vorfeld der Wahl zu den dienstlichen Kontakten als Offizier einer Spezialaufklärungseinheit der NVA mit Vertretern des MfS in Zusammenhang mit Ermittlungen seitens der Militärstaatsanwaltschaft in den Jahren 1983 bis 1985/86 öffentlich erklärt.

Eine arglistige Täuschung liege nicht vor. Bei der Direktwahl des Bürgermeisters dürfe die Wählbarkeit nicht wegen früherer inoffizieller oder hauptamtlicher Tätigkeit für das MfS eingeschränkt werden. Auch vor der Rechtsänderung des Kommunalrechts sei die Wahl und nicht die Ernennungsurkunde konstitutiv für das kommunale Beamtenverhältnis gewesen. Jedenfalls fehle es für die Annahme einer arglistigen Täuschung an der notwendigen Kausalität zwischen einer angeblichen falschen Beantwortung von Fragen vor der Wahl und der Aushändigung der Ernennungsurkunde aufgrund der Äußerung des Wählerwillens im Wahlakt. Eine Rechtspflicht zur Auskunft über seine Vergangenheit habe nicht bestanden. Auch § 21 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b StUG befasse sich nicht mit für die Wahl und Ernennung erheblichen Umständen. Im Übrigen habe er keine unwahren Äußerungen gegenüber der Ernennungsbehörde, die zudem 2008 gewählt worden sei, getätigt, da er gar nicht danach gefragt worden sei. Etwaige Äußerungen im Wahlkampf gegenüber Bürgern oder Vertretern von Parteien seien keine Angaben gegenüber der Ernennungsbehörde, daher habe er bei dieser auch keinen Irrtum erzeugen können. Angesichts der wirksamen Wahl sei die SVV auch nicht befugt gewesen, irgendwelche für die Ernennung relevante Angaben abzufordern oder hinsichtlich der Ernennung eine eigene Willensentschließung herbeizuführen. Allein die Wahl und die Feststellung deren Gültigkeit – nicht aber Angaben zu seiner Biografie − hätten seine Ernennung zum kommunalen Wahlbeamten durch die SVV bewirkt. Auch aus den Regelungen über die Möglichkeit zur Wahlanfechtung ergebe sich keine Kompetenz der SVV hinsichtlich ihrer Willensbildung über die beamtenrechtliche Ernennung des gewählten Bürgermeisters zum kommunalen Wahlbeamten. Ebenso sei es falsch, eine Ursächlichkeit von etwaig falschen Angaben zu einer früheren Tätigkeit für die Wahl anzunehmen und zu unterstellen, dass ein Wahleinspruch gegen die Bürgermeisterwahl nicht ohne Erfolgsaussichten gewesen wäre, wenn er solche Tätigkeit vor seiner Ernennung am 1. März 2007 offenbart gehabt hätte.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche vom 3. Mai 2012 bzw. vom 19. Juni 2012 und einer ggf. nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der Ernennung zum hauptamtlichen Bürgermeister der Antragsgegnerin wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend begründet und von den Beschlüssen der SVV gedeckt sei, wonach die Ernennung mit sofortiger Wirkung zurückgenommen werde. Im Übrigen genüge eine ihr, der Antragsgegnerin, zurechenbare Anordnung der sofortigen Vollziehung. Die Anordnung selbst habe nicht von der SVV stammen müssen; jedenfalls sei dies mit dem Beschluss der SVV vom 20. Juni 2012 vorsorglich, d. h. unter inhaltlicher Aufrechterhaltung und Bestätigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 4. Mai 2012, nachgeholt worden.

Bereits die vom stellvertretenden Vorsitzenden der SVV ausgefertigte Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 5. Mai 2012 sei auch formwirksam. Nach der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2006 − 4 B 11.06 −, dürfe in dienstrechtlichen Angelegenheiten gegenüber Wahlbeamten auch der Vorsitzende des Wahlgremiums Bescheide und Verfügungen bekanntgeben und erlassen. Jedenfalls sei ein etwaiger Fehler mit der erneuten Bekanntgabe der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den stellvertretenden Bürgermeister vom 12. Juni 2012 geheilt.

Die durch den stellvertretenden Vorsitzenden der SVV erlassenen Bescheide vom 3. Mai 2012 seien wirksam. Insoweit habe genügt, dass der Verwaltungsakt nicht durch die diesen selbst erlassende Behörde bekanntgegeben werde. Der stellvertretende Bürgermeister sei in der Sitzung der SVV vom 12. April 2012 anwesend gewesen und mit der Bekanntgabe der Entscheidung beauftragt worden. Jedenfalls sei auch ein darin liegender etwaiger Mangel geheilt, da der stellvertretende Bürgermeister die Bescheide vom 3. Mai 2012 am 12. Juni 2012 erneut ausgefertigt, unterschrieben sowie dem Antragsteller bekanntgegeben habe.

Die Bescheide hätten auch von dem stellvertretenden Bürgermeister, Herrn ..., ausgefertigt werden dürfen. Dieser sei nicht ausgeschlossen. An dem Erhalt der Zulage für die Zeit der Ausübung der Amtsgeschäfte des hauptamtlichen Bürgermeisters würde sich nichts geändert haben, wenn ein anderer Stellvertreter des amtlichen Bürgermeisters die Bescheide ausgefertigt hätte. An der Entscheidung der SVV vom 12. April 2012 sei er nicht beteiligt gewesen. Der nochmalige Erlass der Verfügung vom 12. Juni 2012 durch Herrn ... sei auch nicht ursächlich für die Zahlung der tariflichen Zulage, die ihm bereits aufgrund der Entscheidung der SVV vom 12. April 2012 über die Rücknahme der Ernennung des Antragstellers zugestanden habe. Auch bestehe keine Besorgnis der Befangenheit oder hinsichtlich der unparteiischen Amtsführung. Herr ... sei bereits seit 2005 Erster Stellvertreter des hauptamtlichen Bürgermeisters und an diesem Aufgabenkreis habe sich durch die Kandidatur im Jahr 2007 nichts geändert.

Das Anhörungsgebot sei nicht verletzt. Der Antragsteller habe bei jeder Sitzung der SVV die Gelegenheit gehabt und genutzt, Erklärungen in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht abzugeben. Insbesondere sei der Antragsteller zu keiner Zeit gehindert gewesen, sich schriftlich selbst und durch seinen Bevollmächtigten gegenüber der SVV oder dem MfS-Überprüfungsausschuss zu äußern. Der Antragsteller habe auch hinreichend Gelegenheit gehabt, in der Sitzung des MfS-Überprüfungsausschusses vom 15. Dezember 2011 die BStU-Unterlagen einzusehen.

Die Rücknahme der Ernennung verstoße auch nicht gegen die vom Antragsteller erklärte Beanstandung des Beschlusses der SVV vom 12. April 2012. Der Beanstandung komme nur Wirkung im Innenverhältnis zwischen den Gemeindeorganen zu. Das Beanstandungsrecht schütze den Bürgermeister vor dem Konflikt, einen aus seiner Sicht rechtswidrigen Beschluss auszuführen. Da der Antragsteller aber als Bürgermeister, dessen Ernennung zurückgenommen worden sei, nicht für die Ausführung des Beschlusses zuständig gewesen sei, habe auch keine Konfliktsituation mehr bestanden, zu deren Auflösung es einer Beanstandung bedurft hätte.

Die Befugnis zur Rücknahme der Ernennung stehe ihr, der Antragsgegnerin, nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG zu. Zwar sei für die Begründung des Beamtenverhältnisses der direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten die Aushändigung einer Ernennungsurkunde heute nicht mehr erforderlich, § 121 Abs. 3 S. 1 LBG i. d. F. des Gesetzes zur Neuordnung des Beamtenrechts im Land Brandenburg vom 3. April 2009, GVBl. 2009, Seite 26. Das Urkundenerfordernis sei allerdings erst durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform der Kommunalverfassung und zur Einführung der Direktwahl der Landräte sowie zur Änderung sonstiger kommunalrechtlicher Vorschriften (Kommunalrechtsreformgesetz) vom 18. Dezember 2007 (GVBl I 2007, 286), in Kraft getreten zum 1. März 2008, abgeschafft worden. Die Rechtsänderung habe für die Begründung des Beamtenverhältnisses auf Zeit bei dem Antragsteller jedoch keine Auswirkungen.

Der Antragsteller habe falsche Angaben zur Zusammenarbeit mit dem MfS gemacht. Die SVV habe keine Zweifel gehabt, dass der Antragsteller als IM „... “ mit dem MfS wissentlich zusammengearbeitet und wenigstens in einem Fall an Unterdrückungsmaßnahmen zulasten anderer Angehöriger der NVA mitgewirkt habe. Einer schriftlichen Verpflichtungserklärung habe es insoweit nicht bedurft. Durch das Geburtsdatum und die Personenkennzahl, Geburtsort und die Wohnanschrift auf der Registrierungskartei des MfS sei nachgewiesen, dass der Antragsteller als IM geführt worden sei. Durch die vom BStU übersandten Unterlagen sei die Zusammenarbeit des Antragstellers mit dem MfS nachgewiesen. Das Bestreiten einer wissentlichen Zusammenarbeit als IM durch den Antragsteller sei unglaubwürdig. Der Antragsteller habe weder abgestritten noch eingeräumt, Urheber der mit „... “ handschriftlich unterzeichneten Berichte gewesen zu sein. Doch seien seine Einlassungen auch widersprüchlich. Nach den unwidersprochenen Ausführungen des betroffenen Opfers und ehemaligen Vorgesetzten des Antragstellers, Herr ... ..., in dessen Vortrag in ... vom 30. April 2012 habe der Antragsteller wissentlich mit dem MfS zusammengearbeitet, was sich auch aus der Opferakte des Herrn ... ergebe. Auf einem Vermerk über den Maßnahmenplan des MfS zur weiteren operativen Bearbeitung des Herrn ... sei ersichtlich, dass „Oltn. ... “ bereits als IM-Vorlauf gearbeitet habe. Die von dem Antragsteller angeführten militärstaatsanwaltschaftlichen Untersuchungen seien indes nicht Gegenstand der Treffberichte des MfS gewesen; dabei handele es sich um eine Legendenbildung. Eine derartige Untersuchungsgruppe habe es nicht gegeben. Die handschriftlichen Berichte seien unter Berücksichtigung der übermittelten Unterlagen dem Antragsteller zuzurechnen. Auch ein Schriftprobenvergleich lasse jedenfalls eine Ähnlichkeit der Schrift erkennen. Danach habe der Antragsteller bereits vor dem Wahltag falsche Angaben zur Zusammenarbeit mit dem MfS gemacht; er habe die Zusammenarbeit mit dem MfS nicht nur verheimlicht, sondern ausdrücklich abgestritten.

Damit habe er auch über ernennungsrelevante Umstände arglistig getäuscht. Dabei reiche aus, wenn der zu Ernennende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst seien oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch das Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem an der Ernennung maßgeblich beteiligten Mitarbeiter der Ernennungsbehörde einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer günstigen Entschließung zu bestimmen. Der Antragsteller habe gewusst, dass er dem MfS als Inoffizieller Mitarbeiter zugearbeitet habe. Er habe durch seine Äußerungen gegenüber einzelnen Mitgliedern der SVV und in Sitzungen der Fraktionen sowie mit seinen Äußerungen gegenüber der Tagespresse auf die Willensentschließung der Ernennungsbehörde eingewirkt. Dabei genüge auch eine Täuschung gegenüber Dritten, sofern diese auf die Willensentschließung der Ernennungsbehörde Einfluss nehmen könne. Hier sei eine Einflussmöglichkeit auf die Mitglieder der SVV bereits deshalb gegeben, weil sie durch ihre Partei oder Wählergruppe bzw. einzelne wahlberechtigte Personen zum Wahleinspruch bei der Bürgermeisterwahl berechtigt gewesen seien, § 55 Abs. 1, § 63 BbgKWahlG i. d. F. der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl. I S. 198) i. d. F. des Gesetzes vom 20. April 2006 (GVBl I S. 46). Damit sei aufgrund der Möglichkeit des Einspruchs ein Einfluss auf die Ernennung und die Verbindlichkeit des zu Grunde liegenden Wahlverfahrens möglich gewesen. Durch seine falschen Angaben habe der Antragsteller auch seine Ernennung als Beamter auf Zeit bewirkt. Die Täuschung sei bereits dann ursächlich, wenn die Behörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Abstand genommen hätte. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass falsche Angaben einzelner Wahlbewerber vor der Wahl das Ergebnis des Wahlgangs in rechtlich erheblicher Weise beeinflussen könnten. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 8. April 2003 - 8 C 14.02 -, juris Rn. 20, sei jedenfalls von geringeren Voraussetzungen beim Nachweis einer Kausalität der Täuschung für das Wahlergebnis auszugehen. Es verbiete sich auch jede Spekulation darüber, ob der Antragsteller auch zum Bürgermeister gewählt worden wäre, wenn er vor der Wahl seine inoffizielle Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst offenbart hätte. Jedenfalls liege auch mit Blick auf die Person des Vorgängers des Antragstellers im Bürgermeisteramt, der als inoffizieller Mitarbeiter eine besondere Sensibilität bei der Wahlbevölkerung für dieses Thema hervorgerufen hatte, die Ergebnisrelevanz des Biografiemerkmals nahe.

Zwar sehe das Kommunalwahlrecht keine Einschränkung der Wählbarkeit vor, wenn Bewerber inoffizielle oder hauptamtliche Mitarbeiter des MfS gewesen seien. Jedoch verdeutliche § 21 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b StUG die Möglichkeit zur Überprüfung kommunaler Wahlbeamter auf Anzeichen einer Mitarbeit beim MfS. Ein Bekanntwerden der IM-Tätigkeit vor Aushändigung der Ernennungsurkunde hätte einen weiteren Prüfungsaufwand bei der Antragsgegnerin und der Kreisverwaltung ergeben. Dass dem Antragsteller die Ernennungsurkunde vor dem 1. März 2007 ausgehändigt worden wäre, erscheine daher wenig wahrscheinlich. Bei Erhebung eines Wahleinspruches, der sich auf die vom Antragsteller vor der Stichwahl gemachte falsche Angabe zu seiner Zusammenarbeit mit dem MfS bezogen hätte, wäre dem Antragsteller keine Ernennungsurkunde ausgehändigt worden; § 82 Abs. 6 BbgKWahlG in der im März 2007 maßgeblichen Fassung vom 20. April 2006 (GVBl I Seite 46). Zum anderen wäre die Aushändigung der Ernennungsurkunde unterblieben, wenn die erforderliche Mehrheit in der SVV nach Offenbarung der Zusammenarbeit des Antragstellers mit dem MfS ein bereits vor der Aushändigung der Ernennungsurkunde mögliches Abwahlverfahren nach § 80 BbgKWahlG eingeleitet hätte. Gegen die Verzögerung seiner beamtenrechtlichen Ernennung hätte der Antragsteller keine Rechtsbehelfe einlegen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

Der zulässige, insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Antrag ist unbegründet. Weder erweist sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Ernennung als unwirksam oder formell fehlerhaft (1.), noch überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des in Rede stehenden Verwaltungsaktes (2.).

1.

Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO rechtmäßig im öffentlichen Interesse besonders angeordnet.

Dabei können die vom Antragsteller anfänglich vorgetragenen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Schreiben 4. Mai 2012 dahinstehen, gleichviel, ob sie sich diesbezüglich auf einen – nach seiner Ansicht – aufgrund seiner Beanstandung nicht vollziehbaren Verwaltungsakt, einen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung fehlenden Beschluss der SVV oder die Ausfertigung durch den stellvertretenden Vorsitzenden der SVV beziehen.

a) Dabei ist im Ansatz davon auszugehen, dass Gegenstand der Anordnung der sofortigen Vollziehung der von der SVV der Antragsgegnerin am 12. April 2012 gefasste Beschluss über die Rücknahme der Ernennung des Antragstellers zum hauptamtlichen Bürgermeister (ebenso wie zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte) ist, denn dieser Beschluss selbst ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts.

Gemäß § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i. V. m. § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Mit dem Beschluss über die Rücknahme der Ernennung hat die SVV (als oberste Dienstbehörde) in einem Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts angeordnet, dass die Ernennung zum Beamten zurückgenommen wird und das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung rückwirkend beendet ist. Diese Verfügung ist auf unmittelbare Rechtswirkung „nach außen“ gerichtet; mit dem Beschluss durch die SVV wird unmittelbar das Dienstverhältnis des Antragstellers, nämlich seine infolge der Ernennung zum Beamten erworbene beamtenrechtliche Stellung im Sinne einer zweckgerichteten, d. h. auf Außenwirkung bestimmten Entscheidung im Einzelfall geregelt. Der unter TOP 15 gefasste Beschluss der SVV vom 12. April 2012 regelt hinreichend klar im Sinne eines Entscheidungssatzes die Rücknahme der Ernennung des Antragstellers zum Bürgermeister der Stadt ... mit sofortiger Wirkung für die Vergangenheit. Dass darüber hinaus der stellvertretende Bürgermeister mit der Aushändigung des „zu erlassenden Verwaltungsakts“ und der Aushändigung gegen Empfangsbekenntnis beauftragt wird, steht der Einordnung des Beschlusses als Verwaltungsakt nicht entgegen. Die Bescheide sind lediglich die schriftliche Ausfertigung dieser Verfügung einschließlich der Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Gegenstand des verfügenden Teils des Verwaltungsaktes sind.

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2006 − 4 B 11.06 −, juris Rn. 18.

b) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit dem Beschluss der SVV vom 12. April 2012 verfügten Rücknahme der Ernennung des Antragstellers beruht auch auf dem Willen der SVV als der den Verwaltungsakt erlassenden obersten Dienstbehörde. Dies dürfte hier bereits deshalb der Fall sein, weil der Text des Beschlusses der SVV ausdrücklich die Rücknahme der Ernennung „mit sofortiger Wirkung für die Vergangenheit“ anordnet. Da die Rücknahme der Ernennung mit Wirkung für die Vergangenheit geregelt wurde, kann dem Zusatz (der sofortigen Wirkung) sinnvoller Weise nur der Aussagegehalt zukommen, dass die Rücknahme auch sofort vollziehbar sein soll. Auch dies bedarf indes keiner vertieften Erörterung, da jedenfalls die SVV in der Sitzung vom 20. Juni 2012 ausdrücklich beschlossen hat, die sofortige Vollziehung der Rücknahme der Ernennung anzuordnen, und diese Anordnung nach Ausfertigung unter dem 2. Juli 2012 dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 11. Juli 2012 zugestellt wurde.

c) Die nach der Beschlussfassung durch die SVV am 12. April 2012 zunächst mit Schreiben vom 3. Mai 2012 und nachfolgend wiederholend mit Schreiben 12. Juni 2012 und nochmals mit Schreiben vom 2. Juli 2012 schriftlich erlassenen Anordnungen der sofortigen Vollziehung – die der Antragsteller jeweils in das Verfahren einbezogen hat − bezogen sich auch auf einen vollziehbaren (und wie unter 2. darzustellen ist nicht nichtigen) Verwaltungsakt. Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers bewirkte die von ihm im Anschluss an die Beschlussfassung über die seine Person betreffenden Beschlüsse der SVV in der Sitzung vom 12. April 2012 vorgenommene Beanstandung nicht deren Suspendierung.

Zwar hat gemäß § 55 Abs. 1 der Brandenburgischen Kommunalverfassung (BbgKVerf) der Hauptverwaltungsbeamte Beschlüsse der Gemeindevertretung zu beanstanden, wenn er der Auffassung ist, dass sie rechtswidrig sind (Satz 1), und kommt der Beanstandung aufschiebende Wirkung zu (Satz 3), mit der Folge, dass der Beschluss, soweit er nicht erneut gefasst wird, als aufgehoben gilt (Satz 5).

Hier konnte indes die vom Antragsteller als hauptamtlichen Bürgermeister der Antragsgegnerin vorgenommene Beanstandung der fraglichen Beschlüsse der SVV keine aufschiebende Wirkung entfalten. Allerdings handelt es sich bei der in § 55 BbgKVerf geregelten Beanstandungspflicht um ein Rechtsinstitut, das aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz folgt, die Binnenkontrolle der gemeindlichen Selbstverwaltung hinsichtlich ihrer rechtmäßigen Ausübung zu sichern hat und an die Organfunktion des Hauptverwaltungsbeamten anknüpft. Demgemäß wird angenommen, dass die kommunalverfassungsrechtlichen Regelungen über ein Mitwirkungsverbot nach § 22 BbgKVerf − aufgrund derer der Antragsteller an der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung ausgeschlossen war – nicht greifen.

Vgl. Grünewald in Muth, Potsdamer Kommentar - Kommunalrecht in Brandenburg, Stand Oktober 2012, § 55 BbgKVerf Rn. 3, 6.

Gleichwohl war der Antragsteller von der Ausübung der Beanstandung hinsichtlich der ihn persönlich betreffenden Beschlüsse ausgeschlossen. Ob dies – wofür wohl bereits Überwiegendes spricht − schon aus dem allgemeinen Rechtsgedanken des Verbots der Mitwirkung in eigenen Angelegenheiten und dem Ausschluss wegen der Besorgnis der Befangenheit, wie er etwa in den Regelungen des § 22 BbgKVerf und in den Vorschriften über den Ausschluss von Personen von der Mitwirkung im Verwaltungsverfahren gemäß § 20 VwVfG oder den vergleichbaren Vorschriften des Prozessrechts, § 54 VwGO i. V. m. § 41 f. ZPO, zum Ausdruck kommt, zu folgern ist, bedarf vorliegend keiner Vertiefung. Denn jedenfalls war es dem Antragsteller nach § 53 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes vom 3. April 2009 (GVBl. I S. 26), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2010 (GVBl. I Nr. 13) – LBG –,

vgl. dazu, dass beamtenrechtliche Mitwirkungsverbote trotz Verneinung eines kommunalverfassungsrechtlichen Mitwirkungsverbotes bestehen: Muth, a. a. O., Rn. 6,

verboten, die hier in Rede stehenden Beschlüsse als Bürgermeister zu beanstanden. Denn nach § 53 Abs. 1 LBG darf ein Beamter keine Amtshandlungen vornehmen, die sich gegen ihn selbst oder einen Angehörigen im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg richten oder die ihm oder einem Angehörigen einen Vorteil verschaffen würden. Mit der Amtshandlung der Beanstandung verschaffte sich der in eigener Person betroffene Antragsteller – wie tatsächlich auch vorübergehend geschehen und tatsächlich angestrebt − jedoch jedenfalls den (unmittelbaren) Vorteil, zumindest vorläufig von der verfügten Rücknahme seiner Ernennung bzw. dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte verschont zu bleiben.

d) Der der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zugrundeliegende Verwaltungsakt war dem Antragsteller auch mit dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2012 bekanntgegeben worden; jedenfalls ist die Bekanntgabe mit dem tatsächlichen Zugang und der Kenntnisnahme des erneut unter dem 12. Juni 2012 erstellten Bescheids bewirkt worden.

Bekanntgabe ist die zielgerichtete Mitteilung einer Entscheidung an den Betreffenden, d. h. der Verwaltungsakt muss mit dem Willen der entscheidenden Verwaltung dem Betreffenden eröffnet werden. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes liegt stets vor, wenn die Behörde dem Adressaten von seinem Inhalt tatsächlich Kenntnis verschafft hat, selbst wenn dabei die förmlichen Zustellungsvoraussetzungen nicht eingehalten sind. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts, die auch die Bekanntgabe im Wege der förmlichen Zustellung einschließt, muss nicht notwendig durch die den Verwaltungsakt erlassende, auch nicht durch die für seine Bekanntgabe zuständige Behörde erfolgen. Sie kann auch auf andere Weise, insbesondere durch Vermittlung einer anderen Behörde vorgenommen werden, sofern dies nur mit Wissen und Wollen der erlassenden bzw. zuständigen Behörde geschieht. Eine gesetzliche Ermächtigung für die Beauftragung des so genannten Erklärungsboten ist dabei nicht erforderlich.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Mai 1997 – 1 B 129.96 –, Juris Rn. 6.; BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 – 7 C 38.90 –, juris, Rn. 18.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2006 – 4 B 11.06 –, juris, Rn. 29.

In Anwendung dessen ist die Bekanntgabe der Rücknahme der Ernennung schon mit dem tatsächlichen Zugang des vom stellvertretenden Vorsitzenden der SVV gezeichneten Bescheids vom 3. Mai 2012 beim Antragsteller bewirkt worden. Der Antragsteller hat die Bescheide tatsächlich erhalten. Es lag auch der erforderliche Bekanntgabewille der entscheidenden Behörde – hier der SVV – vor; dies ergibt sich schon aus der im Beschluss ausdrücklich enthaltenden Anweisung, den Verwaltungsakt auszufertigen und bekannt zu geben. Zudem spricht nach Lage der Dinge auch alles dafür, dass der für die Ausfertigung gemäß §§ 53, 56 BbgKVerf zuständige stellvertretende Bürgermeister als amtierender Hauptverwaltungsbeamter mit der Bekanntgabe des Beschlusses mittels Bescheid durch den stellvertretenden Vorsitzenden der SVV einverstanden war, dies also mit seinem Wissen und Wollen geschah.

Jedenfalls ist aber ein etwaiger Bekanntgabefehler mit der erneuten Bekanntgabe des Bescheides durch den stellvertretenden Bürgermeister der Antragsgegnerin unter dem 12. Juni 2012 geheilt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte die (erneute) Ausfertigung auch durch den stellvertretenden Bürgermeister, Herrn ..., vorgenommen werden. Namentlich bestanden in dessen Person keine Ausschlussgründe nach § 1 BbgVwVfG i. V. m. §§ 20, 21 VwVfG. Zwar darf gemäß
§ 20 Abs. 1 S. 2 VwVfG in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde nicht tätig werden, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Der stellvertretende Bürgermeister hat jedoch durch die Ausfertigung des von der SVV als Behörde getroffenen Beschlusses über die Rücknahme der Ernennung des Antragstellers keinen Vorteil im Sinne der Vorschrift erlangt oder erlangen können. Auch sofern zutreffen sollte, dass mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Bürgermeisters durch seinen Stellvertreter für diesen ein Zulagenanspruch entsteht und ein Prestigegewinn einhergeht, ist dies letztlich allein die Folge des Beschlusses der SVV, an dem der stellvertretende Bürgermeister nicht beteiligt war. Mit der Wirksamkeit der Rücknahme der Ernennung des Antragstellers verwirklicht sich für den stellvertretenden Bürgermeister allein die diesem – vorliegend bereits seit 2005 – obliegende Pflicht der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Hauptverwaltungsbeamten im Falle dessen Verhinderung; vgl. § 56 BbgKVerf. Aus gleichen Gründen – nämlich mangels Mitwirkung an dem Beschluss − war der stellvertretende Bürgermeister nicht wegen Befangenheit im Sinne von § 21 VwVfG an der Fertigung des Bescheides ausgeschlossen; die vom ausdrücklichen Willen der SVV getragene Ausfertigung des Beschlusses kann insoweit nicht Gegenstand parteiischer Amtsführung sein.

Dass der Bescheid vom 12. Juni 2012 dem Antragsteller persönlich, nicht aber seinem Verfahrensbevollmächtigten zugegangen ist, lässt im Übrigen die Wirksamkeit der Bekanntgabe unberührt.

e) Schließlich genügt auch die Begründung, welche die Antragsgegnerin für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahme gegeben hat, den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

Die behördliche Begründung muss danach schlüssig und substantiiert sein sowie zur Darlegung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung auf den konkreten Fall abstellen,

vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. April 2007 – 10 S 2.07 –; Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 13. Juni 2004 – 3 B 136/04 –, LKV 2005, 505/506.

Mit ihren zuletzt mit Schreiben vom 19. September 2012 ergänzten Erwägungen zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass es sowohl der Bevölkerung als auch dem Dienstherrn nicht zuzumuten sei, einen Inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, der seine Ernennung durch bewusst falsche Angaben hierüber erwirkt hat, auch nur vorübergehend weiter mit der Wahrnehmung des Amtes des hauptamtlichen Bürgermeisters zu betrauen und das Vertrauensverhältnis des Dienstherrn zu dem Antragsteller zerstört sei, begründet die Antragsgegnerin ihre Anordnung schlüssig, substantiiert und bezogen auf den konkreten Einzelfall. Insbesondere hat sie im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO den angeordneten Sofortvollzug der hier angefochtenen Verfügung einzelfallbezogen und ordnungsgemäß begründet. Die Begründung setzt sich mit den abzuwägenden Interessen des Antragstellers und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Verfügung auseinander; eine lediglich formelhafte oder schlicht auf die Begründung in der Sache Bezug nehmende Begründung der Sofortvollzugsanordnung liegt danach nicht vor.

2.

Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet worden ist, hier hinsichtlich der Rücknahme der Ernennung, wiederherstellen, wenn das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der erlassene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da dann an dessen Vollziehung ein öffentliches Interesse regelmäßig nicht bestehen kann. Demgegenüber überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers, wenn sich der Verwaltungsakt nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist, die Klage also voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, und in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zusätzlich ein besonderes Vollzugsinteresse hinzutritt.

Hier erweist sich der Rücknahmebescheid der Antragsgegnerin als offensichtlich rechtmäßig. Diese hat die Entscheidung, die Ernennung des Antragstellers zurückzunehmen, zutreffend auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) gestützt.

Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG ist eine Ernennung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde.

a) § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG ist hinsichtlich der Ernennung des Antragstellers zum hauptamtlichen Bürgermeister der Antragsgegnerin auch anwendbar.

Zwar ist für die Begründung der direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten die Aushändigung einer Ernennungsurkunde seit dem Inkrafttreten des § 121 Abs. 3 S. 1 LBG i. d. F. des Gesetzes zur Neuordnung des Beamtenrechts im Land Brandenburg vom 3. April 2009, GVBl. 2009 S. 26, nicht mehr erforderlich. Das bis dahin bestehende Urkundenerfordernis ist jedoch erst durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform der Kommunalverfassung und zur Einführung der Direktwahl der Landräte sowie zur Änderung sonstiger kommunalrechtlicher Vorschriften (Kommunalrechtsreformgesetz) vom 18. Dezember 2007 (GVBl I 2007, 286), in Kraft getreten zum 1. März 2008, abgeschafft worden. Die Rechtsänderung bewirkt keine Rückwirkung hinsichtlich solcher Beamtenverhältnisse auf Zeit, für deren Begründung die Ernennung durch Urkunde notwendig war.

Die im Zeitpunkt der Ernennung des Antragstellers zum hauptamtlichen Bürgermeister maßgeblichen Vorschriften beschränkten die Möglichkeit des Amtsverlustes auch nicht auf wahlrechtlich relevante Umstände; nach § 82 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Kommunalwahlen im Land Brandenburg in der im März 2007 maßgeblichen Fassung vom 20. April 2006 (GVBl I Seite 46) blieben Verlustgründe nach anderen gesetzlichen Vorschriften vielmehr unberührt.

b) Die hier mit Beschluss der SVV vom 12. April 2012 verfügte Rücknahme ist formell rechtmäßig.

Hinsichtlich der Einhaltungen der – hier auf die Ausfertigung der Bescheide bezogenen − formellen Anforderungen wird auf die Ausführungen zu 1.) verwiesen.

Die Rücknahme ist auch nicht wegen einer mangelnden Anhörung gemäß
§ 1 BbgVwVfG i. V. m. § 28 VwVfG formell rechtswidrig. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nicht von einer unzureichenden Anhörung auszugehen. Namentlich hatte er hinreichend Gelegenheit, sich nicht nur hinsichtlich der Umstände seiner Zusammenarbeit mit dem MfS zu äußern, sondern es war ihm bereits seit der Sitzung der SVV vom 23. Februar 2012 bekannt, dass auf der Grundlage des Feststellungsbeschlusses, der Antragsteller sei Inoffizieller Mitarbeiter des MfS gewesen, über dienstrechtliche Folgen dieser Entscheidung durch die SVV als oberste Dienstbehörde beschlossen werden würde. Demgemäß waren entsprechende Beschlussvorlagen für die Tagesordnungspunkte 15 bzw. 16 der Sitzung der SVV am 12. April 2012 vorgesehen.

Jedenfalls ist die Verletzung der Anhörungspflicht gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG unbeachtlich, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird, was voraussetzt, dass der Beteiligte − nachträglich − eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 14.09 –, juris Rn. 37; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 12. Aufl., 2011, § 45 Rn. 26.

Wenngleich für die Nachholung der Anhörung Äußerungen und Stellungnahmen der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich keine nachträgliche Anhörung im Sinne dieser Regelung darstellen mögen, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bereits mit seinem Widerspruch vom 3. Mai 2012 und nochmals mit Widerspruch vom 19. Juni 2012 umfänglich zur verfügten Rücknahme seiner Ernennung Stellung genommen hat und dass die SVV jedenfalls in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2012 gerade in Ansehung der vom Antragsteller auch zur Begründung seiner Widersprüche vorgetragenen Begründung die sofortige Vollziehung der Rücknahme der Ernennung angeordnet hat. Die nochmalige Befassung der SVV mit dem Sachverhalt im Rahmen der Beschlussfassung über die Anordnung der sofortigen Vollziehung reicht jedenfalls für das hinsichtlich der Heilung des Anhörungsmangels notwendige kritische Überdenken der Ausgangsentscheidung aus. Denn die Bestätigung der sofortigen Vollziehung setzt aus behördlicher Sicht die Überzeugung voraus, dass der zugrundeliegende Verwaltungsakt nach wie vor rechtmäßig ist.

Ungeachtet dessen wäre der Mangel der Anhörung auch ein nach § 1 VwVfGBbg i. V. m. § 46 VwVfG unbeachtlicher Verfahrensfehler. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies wäre hier angesichts der nach § 12 BeamtStG zwingend vorgesehenen Rücknahme der Ernennung der Fall,

vgl. OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 13. November 2001
– 3 B 46/01.Z –, S. 8 ff. BA.

Der weitere Einwand des Antragstellers, dass ihm eine hinreichende Anhörung deshalb nicht ermöglicht worden sei, weil ihm der Auskunftsbericht des BStU vom 22. November 2010 nicht zugänglich gemacht worden sei, trifft offensichtlich bereits tatsächlich nicht zu. Denn in seiner Stellungnahme zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen der inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS vom 11. Dezember 2011 führt der Antragsteller aus, dass ihm die Mitteilungen von 2010 im Oktober 2011 übergeben worden seien. Zudem ergibt sich aus dem beigezogenen Verwaltungsvorgang, dass dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 15. Dezember 2011 durch den MfS-Überprüfungsausschuss die Einsichtnahme in die vom BStU übermittelten Unterlagen gewährt wurde. Darauf, ob dem Antragsteller (auf einen gestellten Antrag) eine Akteneinsicht durch den BStU ermöglicht wurde, kommt es für das hiesige Verfahren nicht an.

c) Auch in der Sache unterliegt die Rücknahmeverfügung der Antragsgegnerin keinen durchgreifenden Bedenken. Sie hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller sie arglistig über seine inoffizielle Tätigkeit für das MfS getäuscht hat und dass diese Täuschung für die Ernennung des Antragstellers kausal war.

Eine Täuschung im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG liegt vor, wenn der Ernannte durch Angabe unwahrer oder Verschweigen wahrer Tatsachen bei Bediensteten der Ernennungsbehörde einen Irrtum über einen Umstand hervorgerufen oder aufrechterhalten hat in dem Bewusstsein, die Ernennungsbehörde hierdurch zu einer günstigen Entschließung zu bestimmen. Dabei ist das Verschweigen von Tatsachen eine Täuschung, wenn die Ernennungsbehörde nach Tatsachen gefragt hat oder der Ernannte auch ohne Befragung weiß oder in Kauf nimmt, dass die verschwiegenen Tatsachen für die Entscheidung der Ernennungsbehörde erheblich sind oder sein können. Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, dass die unwahre oder verschwiegene Tatsache für die Entscheidung der Ernennungsbehörde von Bedeutung ist,

vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 2 C 23.96 –, juris Rn. 14.; Beschluss vom 16. Oktober 1979 – 2 B 61.79 –, juris Rn. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2006 – 4 B 11.06 –, juris, Rn. 41.

Hier hat der Antragsteller unwahre Angaben hinsichtlich seiner seit 1983 erfolgten Zusammenarbeit mit dem MfS gemacht. Auch zur Überzeugung der Kammer ist angesichts der vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen, dass der Antragsteller nicht nur die von ihm eingeräumten dienstlichen Kontakte als Offizier der NVA zum MfS hatte, sondern in einer darüber hinausgehenden Weise wissentlich und willentlich mit dem MfS zusammengearbeitet hat. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des BStU vom 22. November 2010 und den hiermit übersandten Unterlagen, wonach der Antragsteller – nach einem entsprechenden Vorlauf, der seinen Klarnamen ausweist – von April 1983 bis Dezember 1985 als Inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS), von Dezember 1985 bis Dezember 1986 Inoffizieller Mitarbeiter zur Führung anderer Inoffizieller Mitarbeiter bzw. Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (FIM) und ab Dezember 1986 wieder als IMS unter dem Decknamen „... “ geführt worden ist, durch das MfS als Inoffizieller Mitarbeiter in dem seit 1983 gegen den damaligen Kompaniechef des Antragstellers, Herrn ... ..., geführten operativen Vorgang „Demagoge“ eingesetzt worden war und hierbei in Treffen mit dem Führungsoffizier berichtet und handschriftliche Berichte mit der Zeichnung „... “ verfasst hat.

Das hier geführte Verfahren bietet keinen Anlass, dem Einwand des Antragstellers nachzugehen, die zeitliche Verlängerung und Erweiterung der Überprüfungsmöglichkeit kommunaler Wahlbeamter im Gesetz über die aufgrund des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3106, 2012 I S. 442) seien wegen Widerspruchs zum allgemeinen Verjährungsgrundsatz und zum Gebot des freien Zugangs zu öffentlichen Ämtern verfassungswidrig und verletzten sein Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung. Vorliegend kommt es hierauf schon nicht an, da die Erkenntnisse über die inoffizielle Zusammenarbeit des Antragstellers mit dem MfS sich unabhängig von dem bereits im November 2010 erstellten Recherchebericht des BStU ebenso aus dem für die in Enquete-Kommission des Landtages Brandenburg erstellten Gutachten von Sebastian Stude „Personelle Kontinuität und Elitenaustausch in den brandenburgischen Kommunen zwischen 1990 und 2010“ sowie insbesondere aus den bereits dem Herrn ... ... in den 1990er Jahren eröffneten Unterlagen des MfS aus dem gegen ihn geführten operativen Vorgang „Demagoge“ ergeben. Im Übrigen schlösse ein Vorhalte- oder Verwertungsverbot der Unterlagen des BStU die Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung und Unwürdigkeit auch nicht aus, da zum Zeitpunkt der Ernennung die zugrunde liegenden Sachverhalte dem Betroffenen hätten vorgehalten und verwertet werden können.

OVG Bautzen, Urteil vom 22. Juli 2009 – 2 A 359/08 −, juris Rn. 26.

Bei der Gesamtschau der Umstände bestehen keine Zweifel an der Zuordnung der Person des Antragstellers zum Vorgang IM „... “. Die Zuordnung seiner Person ist nach den vorliegenden Unterlagen aufgrund von Geburtsdatum, Personenkennzahl, Geburtsort und Wohnanschrift auf der Registrierungskartei des MfS nachgewiesen. Das Fehlen einer Verpflichtungserklärung ist insoweit unschädlich. Denn auch aus den weiteren Umständen ergibt sich, dass kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass der Antragsteller als Inoffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig war. Aus dem Maßnahmenplan des MfS zur weiteren operativen Bearbeitung des Herrn ... vom 22. November 1982 ist ersichtlich, dass im Rahmen der Bearbeitung dieses Vorgangs die Werbung eines IMS aus der Führung der Kompanie erfolgen sollte und hierzu vermerkt ist, dass „Oltn. ... “ bereits als IM-Vorlauf arbeitete. Im zeitlichen Zusammenhang dazu findet sich ein Treffbericht vom 20. Dezember 1982 zwischen dem ausweislich der Kartierung des MfS für den später als IMS „... “ zuständigen Führungsoffizier Schleicher mit „Oltn. ... “ zum Vorgang OPK „Demagoge“. Ausweislich eines Treffberichtes vom 3. Februar 1983 wurde der Vorlauf dann mit dem IMS-Kandidaten „... “ fortgeführt, der im April 1983 zum IM-Vorgang umregistriert wurde. Dieser zeitliche wie sachliche Zusammenhang sowie die Auswertungen weiterer Treffberichte und vorhandener handschriftlicher Berichte, die mit dem Decknamen „... “ gezeichnet sind, begründen hinreichend die Annahme, dass der Antragsteller wissentlich und willentlich mit dem MfS als Inoffizieller Mitarbeiter zusammengearbeitet hat. Ebenso wird die Annahme, dass es sich bei dem Antragsteller um den Inoffiziellen Mitarbeiter „... “ handelt, durch die Einlassung des Herrn ... in dessen Anhörung vom 27. Juni 2012 gestützt, der die handschriftlichen IM-Berichte aufgrund der Handschrift eindeutig als vom Antragsteller verfasst wiedererkannte.

Die von dem Antragsteller hiergegen zur Entkräftung angeführten angeblichen militärstaatsanwaltschaftlichen Untersuchungen gegen den Herrn ..., in deren Rahmen er Befragungen durch den ihm als MfS-Mitarbeiter bekannten Oberleutnant Schleicher (Abteilung 2000) eingeräumt hat, vermögen hingegen keinen vernünftigen Zweifel an dem vorstehenden Befund zu begründen. Es bestehen keinerlei Anzeichen, dass überhaupt gegen Herrn ... die vom Antragsteller behaupteten militärstaatsanwaltschaftlichen Untersuchungen geführt wurden. Weder die insoweit vom Antragsteller behaupteten strafbaren Handlungen (Diebstahl von Reifen und Antennentechnik sowie Verstöße gegen Geheimhaltung) noch die staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen sind – was jedoch zu erwarten gewesen wäre – auch nur ansatzweise in den Treffberichten erwähnt, auch die weitere Einlassung des Antragstellers in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 2011 zur Mitteilung des BStU vom 22. November 2010, wonach sein in dieser Sache verdächtiger Kompaniechef, Hauptmann ..., infolge verschiedener Verurteilungen aus dem Dienst entlassen worden sei, ist unzutreffend. Dies bedarf indes keiner Vertiefung. Denn jedenfalls ergibt sich aus dem Umfang und dem Inhalt der dem Antragsteller zuzuordnenden Berichte, dass es sich insoweit um eigenständige und von etwaigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unabhängige Berichte handelt, die nicht im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen stehen, sondern einem operativen Vorgang des MfS zur Überwachung des Herrn ... dienten. Ebenso wenig hatte der Inhalt der Berichte einen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Antragstellers als Offizier einer Fallschirmjäger- und Aufklärungseinheit, die jedenfalls die Erstellung von Berichten über persönliche Umstände von Vorgesetzten nicht umfasst haben.

In Ansehung des vorstehenden Befundes hat der Antragsteller bereits vor dem Wahltag im Zusammenhang mit seiner Kandidatur unwahre Angaben gemacht, da er die inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS nicht nur verheimlicht, sondern ausdrücklich abgestritten hat. Der Antragsteller hat über diese Umstände auch arglistig getäuscht. Mit der Auffassung der Antragsgegnerin reicht es dabei aus, wenn der zu Ernennende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch das Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem an der Ernennung maßgeblich beteiligten Mitarbeiter der Ernennungsbehörde einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer günstigen Entschließung zu bestimmen.

Die arglistige Täuschung war auch ursächlich für seine Ernennung. Rechtserheblich ist in diesem Zusammenhang allein, ob die Ernennungsbehörde ohne die Täuschung insbesondere unter Berücksichtigung ihrer damaligen Verwaltungspraxis von der Ernennung des Antragstellers zum Beamten auf Zeit abgesehen hätte, wobei genügt, dass die Behörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Abstand genommen hätte. Von einer Ursächlichkeit der Täuschung ist daher bereits auszugehen, wenn die Behörde ohne sie den Beamten jedenfalls nicht, wie geschehen, alsbald ernannt, sondern zunächst weitere Prüfungen und Erwägungen angestellt und erst auf dieser vervollständigten Grundlage ihre Entscheidung getroffen hätte. Von der für die Rücknahme einer Ernennung eines Beamten bei arglistiger Täuschung über MfS-Tätigkeit vorausgesetzte Kausalität ist mit anderen Worten dann auszugehen, wenn die Täuschung eine logische Bedingung für die Ernennung war, das heißt, wenn die Ernennungsbehörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt, abgesehen hätte. Die Rechtmäßigkeit der Rücknahme setzt nicht die Feststellung voraus, wie eine auf solcher Grundlage ergangene ablehnende Entscheidung ausgefallen und dass sie rechtsfehlerfrei gewesen wäre.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 1985 – 2 C 30.84 –, juris, Rn. 29 m. w. N.; Beschluss vom 29. Juli 1998 – 2 B 63.98 -, juris Rn. 5; OVG Bautzen, Beschluss vom 23. Juli 2012 – 2 A 443/10 –, juris Rn. 6.

So liegen die Dinge hier. Der Antragsteller hat weder vor der Wahl noch nach der Wahl seine inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS offenbart. Er hat vielmehr durch seine Äußerungen gegenüber einzelnen Mitgliedern der SVV und in Sitzungen der Fraktionen sowie durch seine Äußerungen gegenüber der Tagespresse den Eindruck erweckt und aufrechterhalten, dass er jenseits dienstlicher Kontakte nicht mit dem MfS zusammengearbeitet habe. Damit hat er nicht nur auf die Willensbildung der Wähler eingewirkt, sondern mit der Aufrechterhaltung dieser Täuschung nach der Wahl auch auf die Endentscheidung der Ernennungsbehörde eingewirkt, ihn unmittelbar nach Annahme der Wahl zum Bürgermeister beamtenrechtlich zu ernennen. Die Antragsgegnerin führt insoweit zutreffend aus, dass die Einflussmöglichkeit der Mitglieder der SVV jedenfalls hinsichtlich des Zeitpunkts der Ernennung des Antragstellers bereits deshalb gegeben war, weil sie durch ihre Parteien oder Wählergruppe bzw. einzelne wahlberechtigte Personen zum Wahleinspruch bei der Bürgermeisterwahl berechtigt waren, § 55 Abs. 1 i. V. m. § 63 BbgKWahlG i. d. F. der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl. I S. 198) i. d. F. des Gesetzes vom 20. April 2006 (GVBl I S. 46). Der Wahleinspruch – der binnen zwei Wochen einzulegen gewesen wäre − hätte jedenfalls die Durchführung eines Wahlprüfungsverfahrens nach § 56 i. V. m. § 63 BbgKWahlG erforderlich gemacht, mit der Folge, dass bereits deshalb die Ernennungsvoraussetzung der Feststellung der Gültigkeit der Wahl jedenfalls nicht bereits in dem Zeitpunkt vorgelegen hätte, indem der Antragsteller ernannt worden ist. Zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, im Falle der Offenbarung der Zusammenarbeit des Antragstellers mit dem MfS ein bereits vor der Aushändigung der Ernennungsurkunde mögliches Abwahlberufungsverfahren nach § 81 BbgKWahlG von der Mehrheit der Stadtverordneten einzuleiten. Auch dies hätte jedenfalls die Verzögerung der beamtenrechtlichen Ernennung des Antragstellers bedingt. Insoweit besteht mit Blick auf die konkreten Umstände im Zusammenhang mit der Wahl und der Ernennung des Antragstellers auch eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Falle der Offenbarung der MfS-Tätigkeit des Antragstellers nach der Wahl einzelne Mitglieder der SVV die vorgenannten Möglichkeiten ergriffen hätten und in deren Folge die SVV als Ernennungsbehörde im Falle einer Wahlprüfung bzw. der Initiierung der Abberufung jedenfalls von der schnellstmöglichen Ernennung des Antragstellers abgesehen hätte. Denn bereits die Wahlbewerbung zum hauptamtlichen Bürgermeister im Jahr 2007 war geprägt – auch wegen der Person des Amtsvorgängers − durch die Auseinandersetzung mit dem Thema einer (inoffiziellen) Tätigkeit der Bewerber für das MfS. Namentlich waren bezogen auf den Antragsteller entsprechende Anzeichen im Rahmen des Wahlkampfes unmittelbar vor der Stichwahl anonym gestreut worden und hatte sich der Antragsteller hiergegen ausdrücklich und offensiv gewandt. Insbesondere war er – ausweislich des im Verwaltungsvorgang enthaltenen Ausdrucks des von ihm im Wahlkampf unterhaltenen Internetauftritts http://www.fred-... .de/aktuell/060207 − dem erhobenen Vorwurf entgegengetreten, er spekuliere darauf, dass „…ihm nach der Wahl nichts passieren könne, weil er auch im möglichen Fall des Bekanntwerdens einer Stasi-Tätigkeit rechtmäßig im Amt bleiben könne“. Damit war die unlautere Aufrechterhaltung des noch unmittelbar vor der Stichwahl ausdrücklich vermittelten Eindrucks, keine inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS geleistet zu haben, auch ursächlich für die Ausreichung der Ernennungsurkunde durch die SVV.

Ist die Rücknahme der Ernennung des Antragstellers nach alledem offensichtlich rechtmäßig, besteht auch ein zusätzliches Interesse an ihrer sofortigen Vollziehbarkeit. Insoweit schließt sich die Kammer den hierzu von der Antragsgegnerin in der Rücknahmeverfügung und in der Erwiderungsschrift angeführten überzeugenden Erwägungen an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes. Der sich danach ergebende Betrag war aufgrund der Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren.