Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.08.2018 | |
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Aktenzeichen | 6 Sa 335/18 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2018:0810.6SA335.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 15 AGG, § 7 AGG, § 16 AGG, § 612a BGB |
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18.01.2018 - 2 Ca 838/17 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts wird dahingehend berichtigt, dass die Klägerin 7/10 und Beklagte 3/10 der erstinstanzlichen Kosten tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten zuletzt über eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nach einer aus Sicht der Klägerin diskriminierenden Kündigung vom 15. Mai 2017.
Die 47 Jahre alte Klägerin war vom 01.08.2016 bis zum Ablauf der Befristung am 31.07.2017 bei der Beklagten als Online-Redakteurin mit einem Bruttomonatsentgelt von 2.500,-- € beschäftigt. Die Klägerin ist ihrem erblindeten Ehemann unterhaltsverpflichtet.
Die Beklagte ist ein Unternehmen, in dem Online-Redakteure in verschiedenen Sprachen im Internet Beiträge einstellen. Sie beschäftigt ständig mehr als 10 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Die Klägerin ist Englisch Muttersprachlerin. Sie macht für die Beklagte auch Übersetzungen vom Deutschen ins Englische und war im englischen Team eingesetzt.
Im April 2017 erhoben die Klägerin und mindestens vier Kolleginnen Einwände gegen ein Video, das die Beklagte veröffentlichte. Hierin ging es um einen Mann, der schilderte, dass er sich von seiner Frau und Mutter seiner Kinder getrennt hatte, da diese zugenommen und hängende Brüste hat. Die Klägerin äußerte in einer Mail vom 10.04.2017, dass sie diesen Film als frauenverachtend empfindet. Auch die Kolleginnen äußerten sich zum Teil per Mail, zum Teil mündlich gegenüber der Beklagten entsprechend. Im April 2017 fand hierzu ein Meeting statt. An dem Meeting nahmen die Vorgesetzte der Beklagten, Frau M. O., sowie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen P. M., J. Q., M. B., N. C. A., Na C., S. R., L. I., Ji K., F. C., S. B., S. C. und die Klägerin teil. Sämtliche beteiligten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Ausnahme der Vorgesetzten Frau M. O., hatten sich sowohl im Voraus als auch teilweise während des Meetings gegen eine Veröffentlichung des Videos ausgesprochen. Bis auf die Mitarbeiterinnen M. B., N. C. A., R. und Ji K. sind noch alle, die an dem Meeting teilgenommen haben, bei der Beklagten tätig.
Nach dem Meeting erhielt Frau R., Muttersprachlerin englisch und holländisch, am letzten Tag der Probezeit eine Kündigung. Das Arbeitsverhältnis von Frau N. C. A. - brasilianisch-portugiesisches Team - endete durch Eigenkündigung vom 28.03.2017 zum 30.04.2017. Frau A. beabsichtigte, nach Kanada umzuziehen. Das Arbeitsverhältnis von Frau M. B. endete durch Eigenkündigung vom 17.05.2017. Frau B. teilte in einem Brief vom 30. August 2017 an die Klägerin mit, dass sie nach ihrer Kritik an dem Video zwei volle Stunden von den Vorgesetzten über ihre Beiträge zu dem Meeting aggressiv verhört wurde. Auf das Schreiben vom Frau B. (Bl. 125 - 126 d. A.) wird verwiesen.
Das Arbeitsverhältnis von Frau Ji K. endete durch Eigenkündigung im April.
Die Klägerin beauftragte im März 2017 das Videoteam der Beklagten mit der Herstellung eines Videos, das als Scherz zum 1. April gedacht war. Die Produktion dieses Videos war weder mit der Vorgesetzten noch mit der Leiterin Videoproduktion abgesprochen. Die Zustimmung der Vorgesetzten bei der Beklagten ist Voraussetzung für Aufträge zur Videoproduktion. Das Video wurde nicht veröffentlicht.
Im internen Bereich der Beklagten änderte die Klägerin im Vorfeld der Kündigung in einer Vielzahl von Fällen die Namen und Beschreibungen für den von anderen Mitarbeitern produzierten Text. Diese Umbenennungen führten zu zusätzlichen Arbeitszeiten, da die Namen vor der Veröffentlichung wieder geänderten werden mussten. Auf einen Vorschlag ihrer Vorgesetzten antwortete die Klägerin: „Machen wir jemals etwas richtig? Sieht so aus, als ob das nie bemerkt würde.“
Mit Schreiben vom 15.05.2017 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 15.06.2017 und stellte sie unverzüglich frei.
Am 16.05.2017, einen Tag nach Ausspruch der Kündigung der Klägerin, wurden Gespräche mit zwei weiteren Bewerberinnen für das englische Team geführt, die zum Probearbeiten eingeladen wurden. Zum 12.06.2017 stellte die Beklagte einen neuen Online-Redakteur für das englische Team ein.
Mit der am 02.06.2017 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die Kündigung und gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2017.
Die Beklagte trug im Kündigungsschutzprozess erstinstanzlich vor, dass das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen wirksam beendet worden sei. Sie habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Arbeitsplatz der Klägerin abzubauen. Die Sozialauswahl sei vorgenommen worden. Freie Arbeitsplätze, die der Klägerin hätten angeboten werden können, hätten nicht bestanden.
Mit Schreiben vom 12.07.2017 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten außergerichtlich Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG geltend.
Mit der im Kammertermin vom 31.08.2017 dem Arbeitsgericht Potsdam übergebenden Klageerweiterung begehrte die Klägerin Zahlung von Entschädigung und Schadensersatz wegen Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts nach § 15 AGG.
Das Arbeitsgericht Potsdam stellte mit Teilurteil vom 31.08.2017 fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht zum 15.06.2017 beendet worden ist, sondern durch die Befristung zum 31.07.2017 geendet hat (Bl. 128 - 137 d. A.). Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg erfolglos (Urteil LAG Berlin-Brandenburg, 6 Sa 1581/17 vom 04.05.2018, Bl. 248 - 262 d. A.). Die Beklagte hatte gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Potsdam keine Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Schadensersatz– und Entschädigungsklage hat die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen, ein Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz ergebe sich daraus, dass die Beklagte mit dem Ausspruch der Kündigung nicht nur gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstoßen, sondern sie damit auch nach dem Geschlecht diskriminiert habe. Die Kündigung vom 15.05.2017 sei erfolgt, weil sie ihre ablehnende Haltung hinsichtlich der Veröffentlichung frauenfeindlicher Filme geäußert habe. Auch die Arbeitsverhältnisse ihrer vier Kolleginnen, die sich gegen das Video ausgesprochen hatten, seien kurz danach beendet gewesen, die Eigenkündigungen der Kolleginnen B., de C. A. und K. seien von der Beklagten veranlasst gewesen, da diese eine Atmosphäre geschaffen hatte, in der Frauen nicht mehr arbeiten wollten.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, Indizien für eine frauenfeindliche Kündigung seien insbesondere der enge zeitliche Zusammenhang der Kündigung mit ihrer Äußerung zu dem Video, die weitere Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit allen entsprechend handelnden Mitarbeiterinnen und die Tatsache, dass aus Sicht der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Parteien ohnehin durch Befristung zum 31.07.2017 beendet gewesen wäre. Die Erforderlichkeit einer betriebsbedingten Kündigung sei vor diesem Hintergrund noch weniger nachvollziehbar. Es liege daher eine Benachteiligung nach § 16 Abs. 3 AGG und nach § 7 AGG vor, die zu einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG führt; hilfsweise bestehe sowohl ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG als auch nach § 16 AGG i. V. m. § 21 AGG. Ohne die Kündigung hätte das Arbeitsverhältnis mindestens bis zum 31.07.2017 fortbestanden, sie wäre nicht gezwungen gewesen, ein arbeitsgerichtliches Verfahren einzuleiten, um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durchzusetzen.
Die Klägerin hat behauptet, Frau B. habe nicht aus familiären Gründen gekündigt, sondern weil ihr von ihrer Vorgesetzten, Frau G. und Frau O. wegen ihrer Kritik an dem Video eine unprofessionelle und undankbare Haltung vorgeworfen wurde. Frau B. habe, um Probleme bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, gegenüber der Beklagten gesagt, sie kündige aus anderen Gründen. Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe zur Probezeitkündigung von Frau R. träfen nicht zu, da Frau R. sowohl Niederländerin als auch Irin und ihre Muttersprache ebenfalls englisch sei.
Die Klägerin hat erstinstanzlich, soweit für das vorliegende Verfahren von Belang, beantragt,
4. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von 7.500,00 € aber nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
sowie hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge 1. und/oder 2.
( Kündigungsschutzantrag und Entfristungsantrag )
5. die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin im Rahmen des Schadensersatzes einen Betrag von 3.750,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung gewesen, dass das Video nicht frauenfeindlich sei, da allein 11.000 positive Kommentare hierzu gepostet worden seien.
Sie hat behauptet, eine Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts liege nicht vor. Auch sei sie nicht wegen ihres Einwandes gegen das Video benachteiligt worden. Ein Zusammenhang mit der Kündigung sei allein deshalb nicht zu erkennen, da sie erst einen Monat später gekündigt worden sei.
Die Beklagte hat behauptet, eine frauenfeindliche Atmosphäre habe es in dem Betrieb nicht gegen. Die Mitarbeiterin Frau B. habe mit dem Hinweis gekündigt, der Fahrweg sei ihr aus familiären Gründen zu lang. Die Mitarbeiterin Frau Ji K. habe erklärt, sie könne neben dem Studium keine weitere Tätigkeit mehr ausüben. Das Arbeitsverhältnis von Frau R. sei beendet worden, da die niederländische Website der Beklagten eingestellt wurde und die Englischkenntnisse von Frau R. aus Sicht der muttersprachlichen Mitarbeiter in der englischen Abteilung nicht ausreichend gewesen seien.
Die Kündigung der Klägerin sei betriebsbedingt erfolgt. Die Beklagte habe beschlossen, den Arbeitsplatz der Klägerin mit einer Person zu besetzen, die nicht nur Texte von deutscher in englische Sprache übersetzt, sondern auch umgekehrt. Hierfür sei die Klägerin nur sehr eingeschränkt in der Lage gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftätze nebst Anlagen verwiesen.
Mit Schlussurteil vom 18.01.2018 hat das Arbeitsgericht Potsdam die Klage abgewiesen. In der Kostenentscheidung hat die Kammer handschriftlich festgehalten, dass die Klägerin 7/10 und die Beklagte 3/10 der Kosten zu tragen haben. Im Protokoll und im Tenor des zugestellten Urteils ist die Kostentragungspflicht der Klägerin 1/10 und der Beklagten 3/10 angegeben.
Das Arbeitsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stünde keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu, da sie nicht wegen ihres Geschlechts von der Beklagten benachteiligt worden sei. Die Klägerin habe keine Indizien hierzu vorgetragen. Der Umstand, dass die Klägerin ohne hinreichende Begründung gut einen Monat nach ihrer Meinungsäußerung zum Videobeitrag gekündigt worden sei, stelle keinen zeitlich hinreichend kausalen Zusammenhang dar. Auch die anderen Kündigungen, die zum überwiegenden Teil Eigenkündigungen gewesen seien, seien kein hinreichendes Indiz. Die Kammer hat des Weiteren festgestellt, selbst wenn es einen Zusammenhang zwischen der Meinungsäußerung und der Kündigung gegeben habe, liege keine Diskriminierung wegen des Geschlechts vor. Allein die Tatsache, dass Frauen eher sexistisches Verhalten kritisieren als Männer, führe nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung. Ein Anspruch aus § 16 AGG sei nicht gegeben, da § 16 AGG keinen immateriellen Schadensersatz vorsehe.
Gegen das der Klägerin am 28.02.2018 zugestellte Schlussurteil wendet sich diese mit ihrer am 09.03.2018 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen und nach Verlängerung am 30.05.2018 begründeten Berufung. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin nur noch Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend gemacht.
Die Klägerin führt aus, die Diskriminierung sei durch die unberechtigte Kündigung der Beklagten erfolgt. Sie habe sehr wohl Indizien für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vorgetragen. Die sogenannte betriebsbedingte Kündigung sei erfolgt, weil sie sich gegen das Video gewandt habe. Dass die Beklagte die Kritik am Video reglementieren wolle, zeige sich bereits daran, dass Frau B. massiv unter Druck gesetzt wurde und Frau R. zum Ende der Probezeit gekündigt wurde. Darüber hinaus seien mehrfach Filme mit frauenfeindlichen Inhalten publiziert worden, gegen die sich die Klägerin, Frau B. und Frau Ji K. gewandt hätten. Ein Kausalzusammenhang zwischen Meinungsäußerung zu den frauenfeindlichen Filmen und der Kündigung liege vor.
Die Klägerin ist der Ansicht, ein Ausschluss des Entschädigungsanspruchs durch § 2 Abs. 4 AGG liege nicht vor.
Die Klägerin beantragt,
das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18.01.2018 - 2 Ca 838/17 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von 7.500,-- € aber nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und führt aus, die Kündigung der Klägerin sei aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich, da die Klägerin (unbestritten) auf Kosten der Beklagten ein Video produziert habe, das nicht verwendet werden konnte. Darüber hinaus sei der Tonfall der Klägerin gegenüber ihrer direkten Vorgesetzten, Frau M. O., sehr negativ gewesen. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Kritik der Klägerin an dem Video und der Kündigung sei nicht gegeben.
Die Beklagte ist der Auffassung, eine Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Arbeitnehmern läge nicht vor. Inwieweit bei der Kündigungsentscheidung die Frage des Geschlechts der Klägerin selbst eine Rolle gespielt haben solle, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Dies sei auch nicht ersichtlich, das sich sowohl (von der Klägerin unbestritten) männliche als auch weibliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gegen das Video gewandt hatten und ein Großteil hiervon weiterhin bei der Beklagten beschäftigt sei.
Die Beklagte ist der Auffassung, durch die Kündigung sei der Klägerin ein Schaden nicht entstanden, da die Kündigung aufgrund des Teilurteils vom 31.08.2017 für unwirksam erklärt wurde und das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zum 31.07.2017 beendet wurde. Ein Schadensersatz stehe der Klägerin gem. § 15 Abs. 1 AGG i. V. m. § 21 AGG nicht zu.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 30.05.2018 (Bl. 276 - 285 d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 02.07.2018 (Bl. 304 - 315 d. A.) verwiesen.
I.
Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht gem. §§ 64 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs der Klägerin nach § 15 Abs. 2 AGG abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung nicht zu.
1.
Der Klageantrag ist zulässig und insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin durfte die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, so dass eine Bezifferung des Zahlungsantrages nicht erforderlich ist. Notwendig ist allein, dass die Klägerin Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 23; LAG Berlin-Brandenburg 16. September 2015 - 23 Sa 1045/15 - Rn. 28, juris). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 7.500,00 € beziffert und einen Sachverhalt sowie die Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses dargelegt, die dem Gericht die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht.
2.
Die Klage ist jedoch hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG nicht begründet. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG durch die rechtswidrige Kündigung der Beklagten vom 15.05.2017 liegt nicht vor.
Der Vortrag der Klägerin lässt zwar eine Benachteiligung vermuten, die die Beklagte nicht widerlegen konnte, die Klägerin konnte jedoch nicht substantiiert vortragen, dass diese Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts erfolgt ist.
a)
Der Anwendungsbereich des AGG ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 AGG eröffnet, da die Parteien Arbeitnehmerin und Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis waren.
b)
Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch rechtzeitig gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geltend gemacht und ihre Klage innerhalb der Klageerhebungsfrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG erhoben.
Gem. § 15 Abs. 4 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Gem. § 61 b Abs. 1 ArbGG ist eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung zu erheben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Die Klägerin hat mit Zustellung der Kündigung vom 16.05.2017 von der sie beeinträchtigenden Maßnahme Kenntnis erlangt und innerhalb von zwei Monaten am 12.07.2017 ihren Anspruch gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Mit Klageerweiterung vom 29.08.2017, der Beklagten im Termin vom 31.08.2018 übergeben, hat sie die nach § 61 b Abs. 1 ArbGG einzuhaltende Frist von drei Monaten nach Geltendmachung eingehalten.
c)
Die Bestimmung des § 2 Abs. 4 AGG, wonach für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten, schließen einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht aus.
Nach § 2 Abs. 4 AGG gelten für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz. Der Wortlaut dieser verabschiedeten Gesetzesfassung geht auf einem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags zurück (BT-Drs. 16/2022 S. 6). Der Regierungsentwurf hatte noch vorgesehen, dass für Kündigungen „vorrangig“ die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes zu gelten hätten (BT-Drs. 16/1780 S. 7). Für die Beurteilung von Kündigungen hat dies in der Rechtslehre den Streit ausgelöst, ob § 2 Abs. 4 AGG auch primär rechtswidrig die Kündigung aus dem Anwendungsbereich des AGG ausklammere oder ob mit der Norm nur ein doppelter Kündigungsschutz vermieden werden soll. Für Kündigungen hat die Rechtsprechung diesen Streit dahingehend aufgelöst, dass die Diskriminierungsverbote des AGG einschließlich der im Gesetz vorgesehenen Rechtfertigungen für unterschiedliche Behandlungen bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Kündigungsschutzgesetzes in der Weise zu beachten sind, als sie Konkretisierungen des Sozialwidrigkeitsbegriffs darstellen. Verstößt eine ordentliche Kündigung gegen Benachteiligungsverbote des AGG, so kann dies zur Sozialwidrigkeit der Kündigung nach § 1 KSchG führen (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 15; LAG Berlin-Brandenburg 16. September 2015 - 23 Sa 1045/15 - Rn. 34, juris).
Ungeachtet der Unwirksamkeit einer diskriminierenden Kündigung sperrt § 2 Abs. 4 AGG weitergehende Ansprüche auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht. Es ist nicht systemwidrig, Ansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG auf Entschädigung wegen Schäden, die nicht Vermögensschäden sind, auch im Fall einer sozial nicht gerechtfertigten, diskriminierenden Kündig grundsätzlich zuzulassen. So sind auf § 823 Abs. 1 BGB gestützte Entschädigungen für erlittene immaterielle Schäden bei der Geltendmachung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer unwirksamen Kündigung nicht ausgeschlossen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass erklärte Kündigungen oft Bezüge zu den Anknüpfungsmerkmalen des AGG aufweisen. Im Normalfall wird eine ungerechtfertigte Belastung durch die Überprüfung der Kündigung anhand der Bestimmungen des allgemeinen und des besonderen Kündigungsschutzes ausgeräumt. Eine merkmalbezogene Belastung im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung führt jedenfalls dann zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, wenn die Belastung - wie bei einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung - über das Normalmaß hinausgeht (BAG 12. Dezember 2013 - 8 AZR 838/12 - Rn. 19; LAG Berlin-Brandenburg 16. September 2015 - 23 Sa 1045/15 - Rn. 35, juris, zur Kündigung einer Schwangeren in Kenntnis der Schwangerschaft).
d)
Durch die Kündigung hat die Klägerin eine weniger günstige Behandlung erfahren als die übrigen vergleichbaren Arbeitnehmer der Beklagten, denen nicht gekündigt wurde.
Dabei geht die Kammer davon aus, dass der Protest der Klägerin gegen das Video zumindest mitursächlich für ihre Kündigung war. Hierfür spricht zum einen der zeitliche Zusammenhang. Der Protest der Klägerin und ihrer Kolleginnen war schriftlich am 10.04.2017, die Kündigung am 15.05.2017 erfolgt, somit einem Monat später. Die Beklagte hatte in der I. Instanz nur völlig schlagwortartig die betriebsbedingte Kündigung mit nicht einmal vier Zeilen begründet. Darüber hinaus hätte die Beklagte erstinstanzlich, wenn sie sich selbst über die Wirksamkeit der Kündigung geirrt hätte, nach einem Gespräch mit dem Prozessvertreter oder spätestens nach der Güteverhandlung, die Kündigung zurücknehmen können. Dies hat die Beklagte nicht getan, sondern vielmehr hat sie sich mit Teilurteil vom 31.08.2017 verurteilen lassen, obwohl sie oder zumindest ihr Prozessvertreter nicht ernsthaft in Erwägung ziehen konnte, dass die Kündigung Bestand haben könnte. Dies zeigt, dass es bei der Kündigung nicht um rechtliche Erwägungen ging, sondern darum, Druck auf die Klägerin aufzubauen.
In der II. Instanz hat die Beklagte erst im Rahmen des Entschädigungsverfahrens verhaltensbedingte Gründe dargelegt, die allerdings von der Klägerin nicht bestritten wurden. Diese Gründe vermögen eine fristgemäße Kündigung nicht begründen. Zum einen fehlt hier eine Abmahnung, zum anderen ist der Vortrag der Beklagtenseite hierzu nicht schlüssig. Die Beklagte hat vorgetragen, es gäbe keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Kritik der Klägerin und der übrigen Arbeitnehmerinnen an dem Video am 10.04.2017 und der Kündigung. Der von der Beklagten geschilderte Vorfall hinsichtlich der Produktion eines Videos, der von dieser als Kündigungsgrund angegeben wurde, war jedoch weit vor diesem Zeitraum, d. h. im März 2017. Wenn ein Vorfall aus April 2017 keinen zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung am 15.05.2017 haben soll, so ist nicht im Mindesten ersichtlich, weshalb ein Vorfall, der noch einen Monat davor lag, eine Kündigung begründen soll.
Der etwas lässige Ausspruch der Klägerin „Machen wir jemals etwas richtig? Sieht so aus, als ob das nie bemerkt würde“ ist völlig harmlos und nicht im mindesten nachvollziehbar, dass er eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung begründen könnte. Der darüber hinausgehende Vorwurf des respektlosen Benehmens gegenüber der Vorgesetzten ist unsubstantiiert.
Die von der Beklagten dargelegten Kündigungsgründe vermögen auf keinem Fall eine Dringlichkeit der Kündigung zum 15.6.2017 begründen, da das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung sechs Wochen später, d. h. am 31.07.2017 geendet hätte. Zur Dringlichkeit hatte die Beklagte nichts vorgetragen. Insbesondere der widersprüchliche Vortrag der Beklagten zu den Kündigungsgründen erstinstanzlich und zweitinstanzlich kann den Verdacht der Klägerin, die Kündigung sei wegen der Kritik an dem Video erfolgt, nicht entkräften.
e)
Ein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Kündigung und dem Merkmal Geschlecht liegt jedoch nicht vor.
Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, u. a. wegen des Geschlechts.
Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und des in § 1 AGG genannten Grundes muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Für den Kausalzusammenhang ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund im Sinne von § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist, es muss nicht, gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens gewesen sein. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einem Grund im Sinne von § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 26. Januar 2017 - 8 AZR 736/15 - Rn. 25; BAG 11. August 2016 - 8 AZR 4/15 - Rn. 62; BAG 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 53; LAG Berlin-Brandenburg 13. Juli 2017 - 10 Sa 491/17 - Rn. 44, juris).
aa)
Ein direkter Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem Geschlecht der Klägerin besteht nicht und wurde von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die Klägerin ist nicht gekündigt worden, weil sie eine Frau ist.
bb)
Die ungerechtfertigte Kündigung ist auch nicht eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin als Frau.
Mittelbare Diskriminierung knüpft nicht an das Merkmal des § 1 AGG an, sondern an Kriterien, die grundsätzlich auch von Nichtmerkmalsträgern erfüllt sein können. Ob es um eine merkmalsabhängige Benachteiligung geht, hängt davon ab, ob es Merkmale gibt, die von Gruppenmitgliedern erheblich häufiger als von anderen Personen erfüllt werden. Gerade die Gruppenzugehörigkeit ist Ursache der Benachteiligung im Sinne des § 7 AGG (ErfK-Schlachter, § 3 AGG Rn. 9; Däubler/Bertzbach - Schrader, § 3 Rn. 49 ).
Zur Feststellung einer mittelbaren Diskriminierung ist grundsätzlich die Bildung einer Vergleichsgruppe notwendig. Zum Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung gehört, dass benachteiligte und begünstigte Personen einem Vergleich sachlogisch zugängig sind (Däubler/Bertzbach-Schrader, § 3, Rn 53).
Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz von Benachteiligung vorgelegen hat (BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 31).
Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Beweislast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des so genannten Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27; EuGH, 25. April 2013 - C-81/12 [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 m. w. N.; BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 32).
In Anwendung dieser Grundsätze liegt eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts nicht vor.
Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass an dem Meeting im April 2017 insgesamt mindestens 12 Personen teilgenommen haben, hiervon 4 Männer und 8 Frauen, die sich bis auf die Vorgesetzte alle gegen das Video ausgesprochen haben. Lediglich die Klägerin und Frau R. sind gekündigt worden. Die Tatsache, dass ein Drittel der anwesenden Kritiker Männer waren und diese sich ebenso wie die Frauen gegen das Video ausgesprochen haben, zeigt, dass sich nicht nur Frauen gegen frauenfeindliche Videos wehren. Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass es in der Regel öfter Frauen sind, die sich gegen geschlechtsdiskriminierende Handlungen des anderen Geschlechts zur Wehr setzen bzw. diese kritisieren, der vorliegende Fall zeigt jedoch, dass auch Männer nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten dieses Video kritisiert haben. Von den 8 Frauen, die das Video kritisiert haben, sind lediglich zwei Frauen gekündigt worden. Die Tatsache, dass drei weitere Frauen das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet haben und insbesondere der sehr aufschlussreiche Brief von Frau B. mag zwar dafür sprechen, dass bei der Beklagten eine recht frauenfeindliche Stimmung herrscht, ist jedoch kein ausreichendes Indiz für eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen des Geschlechts. Ein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung (Kündigung) und dem Merkmal Frau ist nicht gegeben.
3.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 16 AGG i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG.
a)
Es mag dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein Fall des Maßregelungsverbots nach § 16 AGG vorliegt.
§ 16 Abs. 1 AGG verbietet die Benachteiligung von Beschäftigten wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach dem 2. Abschnitt des AGG, somit nach § 10 bis § 16 AGG. Die Klägerin ist jedoch nicht wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach § 10 bis § 16 AGG gekündigt worden, sondern wegen ihres Protestes gegen Videos.
Die Klägerin hat auch nicht nach § 16 Abs. 2 AGG eine benachteiligende Verhaltensweise zurückgewiesen, die als Grundlage für eine diskriminierende Entscheidung, nämlich die Kündigung herangezogen wurde. Vor Ausspruch der Kündigung gab es keine benachteiligende Handlung der Beklagten, die die Klägerin zurückgewiesen hat.
b)
§ 16 AGG gibt jedoch keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Rechtsfolge eines Verstoßes nach § 16 AGG ist, dass die Maßnahme rechtswidrig ist. Der Arbeitnehmer kann deshalb Beseitigung und Unterlassen verlangen (Däubler/Bertzbach-Deinert, § 16 Rn. 43). Die Maßregelung an sich ist noch keine Benachteiligung i.S.d. § 3 AGG und kann daher insoweit keine Schadensersatzansprüche oder Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG auslösen (BAG 18. Mai 2017 – 8 AZR 74/16 – Rn 85).
§ 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG knüpfen an das Benachteiligungsverbots des AGG an, welches in § 7 AGG geregelt ist. § 16 AGG enthält hingegen kein Benachteiligungsverbot, sondern ein Maßregelungsverbot, das von § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG nicht in Bezug genommen wird. Dies wird auch durch die in § 16 Abs. 3 AGG getroffene Regelung bestätigt, die für das Maßregelungsverbot ausdrücklich die entsprechende Anwendung von § 22 AGG anordnet. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn § 22 AGG ohne Weiteres auch auf Ansprüche Anwendung fände, die keine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes und damit keinen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraussetzen (BAG 18. Mai 2017 - 8 AZR 74/16 - Rn. 86; BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 79 ).
c)
Auch wenn die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG verstoßen hätte, stünde der Klägerin auch nach anderen Anspruchsgrundlagen, so § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB und nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG keine Entschädigung zu.
Zwar darf ein Verstoß gegen § 16 AGG schon im Hinblick darauf, dass mit dieser Bestimmung das Verbot der Viktimisierung der unionsrechtlichen Vorgaben umgesetzt wird (hier: Art. 11 der Richtlinie 2000/78/EG), nicht folgenlos bleiben. Dem entspricht das innerstaatliche Recht in Deutschland. Neben etwaige Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung und auf Unterlassung bleiben darüber hinaus insbesondere -ebenso wie bei einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB - Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 und aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG ( BAG 18. Mai 2017 – 8 AZR 74/16 – Rn 88; BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 48 ).
Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Beklagte bei einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 16 AGG aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 oder aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 16 AGG zum Ersatz eines immateriellen Schadens verpflichtet ist. Die für die immateriellen Schadensersatzansprüche außerhalb der Beweiserleichterungen des AGG darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht vorgetragen, dass insoweit die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung vorliegen.
III.
Die Klägerin hat gem. § 97 Abs.1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittel zu tragen. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung konnte von der Berufungskammer korrigiert werden, da es sich um einen Übertragungsfehler von dem erstinstanzlichen handschriftlichen Urteilstenor auf das Protokoll und die Urteilsabschrift handelte ( Zöller – Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 319 Rn 22 ).
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 72 Abs. 2 ArbGG vorlag. Insbesondere handelt es sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung ohne grundsätzliche rechtliche Bedeutung. Die Kammer ist der obergerichtlichen Rechtsprechung gefolgt, ohne dass eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ersichtlich wäre.