Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 13. Senat | Entscheidungsdatum | 07.12.2017 | |
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Aktenzeichen | L 13 VE 21/10 | ECLI | ECLI:DE:LSGBEBB:2017:1207.L13VE21.10.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 HHG, § 30 BVG, § 31 BVG, VGM |
1. Liegen bei einem Versorgungsberechtigen mehrere Krankheitsbilder vor, die jedoch unter eine einheitliche in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) genannte Funktionsbeeinträchtigung fallen, so ist insoweit auch nur ein Einzel-GdS zu bilden.
2. Die Kausalbeziehung zwischen dem Erstschaden und dem vorgenannten Einzel-GdS bemisst sich einheitlich nach der Lehre von der wesentlichen Bedingung, und zwar auch dann, wenn die unterschiedlichen, im Einzel-GdS erfassten Krankheitsbilder in jeweils unterschiedlichem Maß auf die Schädigung zurückgehen.
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2010 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2007 verpflichtet, der Klägerin für die anerkannten Schädigungsfolgen mit Wirkung vom 6. Februar 2004 Beschädigtenrente nach einem GdS von 50 zu gewähren.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in vollem Umfang zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt Versorgung aufgrund eines Grades der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 infolge Internierung in einem polnischen Arbeitslager nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit dem Häftlingshilfegesetz (HHG).
Die 1942 geborene Klägerin ist verheiratet und hat 2 erwachsene Söhne. Sie war zuletzt als Angestellte im Schreibdienst des K R beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde im beiderseitigen Einvernehmen zum 30. Juni 2002 beendet. Die Klägerin als auch ihr Mann sind Rentenbezieher.
In der Zeit von April 1945 bis zum 24. Juni 1949 war die Klägerin zusammen mit ihrer Mutter in einem polnischen Arbeitslager in der Stadt Plawinek sowie zuletzt in einem Zentrallager in Potolice interniert. Mit Bescheinigung des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt - Berlin nach § 10 Abs. 4 HHG vom 06. Oktober 1994 bescheinigte dieses der Klägerin, dass sie wegen des von ihr erlittenen Gewahrsams in Polen im vorgenannten Zeitraum zum Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG gehöre und dass Ausschließungsgründe nach § 2 HHG nicht vorlägen.
Auf den Versorgungsantrag der Klägerin vom 06. Dezember 1994 ließ der Beklagte die Klägerin durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. G begutachten. Nach körperlicher Untersuchung der Klägerin gelangte die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 21. Oktober 1996 zu der Einschätzung, dass als Schädigungsfolge der erlittenen Inhaftierung eine neurotische Fehlentwicklung mit phobischen Ängsten im Sinne einer Entstehung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - bis zum 20. Dezember 2007 geltende Bezeichnung für GdS - von 20 anzuerkennen sei. Der gutachtlichen Einschätzung folgend anerkannte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 10. Februar 1997 eine entsprechende Schädigungsfolge nach dem HHG in Verbindung mit dem BVG. Die MdE betrage jedoch weniger als 25 von 100, so dass Anspruch auf Gewährung einer laufenden Rente nicht bestehe. Ab dem 01. März 1994 bestehe Anspruch auf Heilbehandlung.
Mit weiteren im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens ergangenen bestandskräftigen Bescheiden vom 28. Januar 2000 anerkannte der Beklagte unter teilweiser Rücknahme der zwischenzeitlich erlassenen Bescheide vom 10. Februar 1997 und 30. Januar 1998 eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit Ängsten und psychosomatischen Beschwerden mit einer MdE von 30 v. H. ab dem 01. März 1994 und entsprechendem Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtengrundrente.
Auf den Verschlimmerungsantrag der Klägerin vom 17. März 2000 ließ der Beklagte die Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dbegutachten. Der Sachverständige gelangte nach körperlicher Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 10. September 2001 zu der Einschätzung, dass eine Verschlimmerung des weiterhin bestehenden Vollbildes einer PTBS eingetreten sei. Schadensunabhängig habe sich eine depressive Symptomatik auch mit Blick auf die (unbefriedigende) Arbeitsplatzsituation entwickelt. Die MdE sei mit 40 v. H., der Grad der Behinderung (GdB) im schwerbehinderten-rechtlichen Sinne mit 60 (seelische Störungen - Einzel-GdB 50 -, Hirndurchblutungsstörungen mit hirnorganischer Leistungbeeinträchtigung — Einzel-GdB 30 -, Refluxkrankheit — Einzel-GdB 10 - ) zu bewerten. Der gutachtlichen Einschätzung folgend stellte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. November 2001 eine entsprechende Schädigungsfolge mit Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einer MdE von 40 v. H. ab dem 01. März 2000 fest.
Auf den weiteren Verschlimmerungsantrag der Klägerin vom 06. Februar 2004 zog der Beklagte Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte bei und ließ die Klägerin sodann durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H begutachten. Diese gelangte nach körperlicher Untersuchung der Klägerin in ihrem Gutachten vom 01. Dezember 2006 zu der Einschätzung, dass sich im Vergleich zur Voruntersuchung vom September 2001 das Ausmaß der PTBS nicht verändert habe. Nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit, stehe bei der Klägerin eher die Perspektivlosigkeit, die Hoffnungslosigkeit und die als sehr unzufrieden erlebte eheliche Beziehung im Vordergrund.
Mit Bescheid vom 12. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2007 lehnte der Beklagte daraufhin den Verschlimmerungsantrag (nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem BVG) ab.
Die Klägerin hat daraufhin am 20. März 2007 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie ihr Begehren auf eine Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 50 weiterverfolgt.
Nach Beiziehung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte und insbesondere einer nervenärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl. med. M vom 24. August 2007 sowie von versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten ist die Klägerin auf Veranlassung des Beklagten und mit ihrem Einverständnis durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S begutachtet worden. Der Sachverständige ist nach körperlicher Untersuchung der Klägerin vom 21. Oktober 2008 in seinem Gutachten vom 05. November 2008 zu der Einschätzung gelangt, dass es zu einer deutlichen Zunahme der früher hauptsächlich depressiven Symptomatik mit Blick auf den Konflikt am Arbeitsplatz gekommen sei. Auslösende Ursache sei der Konflikt mit dem neuen Vorgesetzten der Klägerin gewesen, der sie an einen der polnischen Aufseher während der Internierung erinnert habe. Ein rein kausaler Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der Zunahme der Symptomatik in den letzten Jahren läge sicher nicht vor. Es sei von einer Verschiebung der Wesensgrundlage auszugehen. Die altersbedingt allmählich nachlassenden Kompensationsmöglichkeiten in Verbindung mit einem durch Berentung eingeengten Aktions- und Aktivitätsradius hätten der Chronifizierung der depressiven und psychosomatischen Symptome und der Zunahme der Angstsymptomatik und der phobischen Symptomatik Vorschub zu geleistet. Die Schädigungsfolgen nach dem HHG seien unverändert mit 40 festzustellen. Die seelische Störung im schwerbehindertenrechtlichen Sinne sei indes nunmehr mit einem GdB von 60 zu bewerten, so dass der Gesamt-GdB mit 80 festzustellen sei. Der gutachtlichen Einschätzung folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2009 den GdB mit 80 neu fest.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. April 2010 hat das Sozialgericht Berlin die vorliegende Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung eines GdS von 50 für die anerkannte Schädigungsfolge einer PTBS mit Ängsten und psychosomatischen Beschwerden. Unter Berücksichtigung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) sowie der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 stehe zur Überzeugung der Kammer in Auswertung der vorliegend eingeholten Gutachten fest, dass das Ausmaß der psychischen Schädigung infolge der Inhaftierung in einem polnischen Arbeitslager zutreffend mit einem GdS von 40 zu bewerten sei. Eine weitere Begutachtung sei aufgrund des eingeholten Gutachtens des Dr. S entbehrlich.
Gegen den ihr am 07. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04. Juni 2010 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge eingetreten sei. Von einer Verschiebung der Wesensgrundlage könne nicht ausgegangen werden, da eine Besserung oder Zurückbildung der ursprünglichen schädigungsbedingten Störung nicht eingetreten sei bzw. sich nicht feststellen lasse. Hierzu sei die Einholung eines Gerichtsgutachtens erforderlich. Unzutreffend sei es, soweit davon ausgegangen werde, dass Arbeitsplatzkonflikte der wesentliche Grund für die Zunahme der bestehenden Beschwerden sei. Insoweit ginge die Beweislast letztlich jedenfalls zu Lasten des Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für die anerkannten Schädigungsfolgen eine Beschädigtenrente entsprechend einer MdE/GdS von 50 ab dem 6. Februar 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat ein medizinisches Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K eingeholt, das dieser am 20. April 2017 schriftlich erstattet hat. Darin ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, die Klägerin habe zunächst an einem posttraumatischen Belastungssyndrom gelitten, das jetzt zu einer Persönlichkeitsänderung infolge Extrembelastung geworden sei. Darüber hinaus leide die Klägerin auch an einer Depression, die jedoch mit Wahrscheinlichkeit schädigungsunabhängig eingetreten sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie hat in der Sache auch Erfolg.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 4 Abs. 1 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) in Verbindung mit §§ 30, 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und nicht, wie in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG). Denn die Klägerin begehrt keine Versorgung aufgrund der Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen nach Maßgabe des § 1 StrRehaG, sondern deshalb, weil sie zum Personenkreis des § 1 HHG zählt und Ausschlussgründe nach § 2 HHG nicht bestehen, was durch die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG vom 06. Oktober 1994 festgestellt worden ist. Da mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2007 der Antrag der Klägerin vom 06. Februar 2004, mit dem sie einen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge PTBS und die Gewährung entsprechend höherer Versorgungsbezüge geltend macht, abschlägig beschieden wird, mithin eine Verschlimmerung der zuletzt mit Bescheid vom 13. November 2001 festgestellten Schädigungsfolge der PTBS auf der Grundlage des HHG abgelehnt wird, erstreckt sich der Inhalt des angefochtenen Bescheides auch auf die Ablehnung von höheren Leistungen nach dem HHG.
Die Voraussetzungen der vorgenannten Anspruchsgrundlage sind erfüllt. Bei der Klägerin hat ein schädigendes Ereignis in Gestalt der Inhaftierung stattgefunden, es ist auch ein Primärschaden in Gestalt eines psychischen Traumas eingetreten, zwischen beiden bestand – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – haftungsausfüllende Kausalität. Dieser Primärschaden, nämlich das psychische Trauma, hat bei der Klägerin auch zu Schädigungsfolgen im Sinne einer Funktionsbeeinträchtigung nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG), dargelegt in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizinverordnung, geführt. Bei der Klägerin liegen psychische Störungen vor, die nach B 3.7 als Störungen im Funktionsbereich „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen“ zu qualifizieren sind. So bestand bei der Klägerin zunächst eine posttraumatische Belastungsstörung mit vorwiegend depressiv-somatisierter Symptomausprägung (ICD-10:F43.1).
Inzwischen ist die posttraumatische Belastungsstörung, wie der Sachverständige Dr. K überzeugend herausgearbeitet hat, in eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10:F 62.0) übergegangen. Außerdem besteht bei der Klägerin eine chronifizierte depressive Störung, derzeit in mittelgradiger Ausprägung, mit somatischen Symptomen (ICD-10:F 34.11).
Auch wenn danach bei der Klägerin zwei verschiedene Krankheitsbilder vorliegen, nämlich eine Persönlichkeitsänderung und eine depressive Störung, die jeweils gesondert nach ICD-10 zu klassifizieren sind, handelt es sich bei beiden Krankheitsbildern zusammengenommen um eine einheitliche Störung im Sinne der VMG. Die Funktionsbeeinträchtigungen sind nämlich den in der VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und bezogen auf jedes einzelne Funktionssystem mit einem Einzel-GdB bzw. Einzel-GdS zu bewerten (vgl.: Oppermann, in: Knickrehm, § 69 SGB IX Rdnr. 22). Dies bedeutet, dass der Persönlichkeitsänderung einerseits und der Depression andererseits nicht jeweils gesonderte Einzel-GdS zugeordnet werden können, wie es der Sachverständige aus medizinischer Sicht vorgeschlagen hat, sondern dass aus Rechtsgründen die Funktionsbeeinträchtigungen, die sowohl durch die Persönlichkeitsänderung als auch durch die Depression hervorgerufen werden, insgesamt mit einem Einzel-GdS nach dem VMG zu belegen ist. Hierbei hat der Senat keine Zweifel, dass der Einzel-GdS jedenfalls den von der Klägerin geltend gemachten Wert von 50 erreicht; es kann dahingestellt bleiben, ob – wie es der Sachverständige vorgeschlagen hat – für die Funktionsbeeinträchtigung nach B 3.7 der VMG sogar den Wert von 80 erreicht.
Schließlich hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass zwischen dem Primärschaden – also dem psychischen Trauma – und den jetzigen Funktionsbeeinträchtigungen nach VMG B 3.7 ein Kausalzusammenhang besteht. Maßgeblich ist im sozialen Entschädigungsrecht die Lehre von der wesentlichen Bedingung. Danach gilt als Ursache im Rechtssinn nicht jede Bedingung, gleichgültig mit welcher Intensität sie zum Erfolg beigetragen hat und in welchem Zusammenhang sie dazu steht. Als Ursachen sind vielmehr nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Das ist der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges als annähernd gleichwertig anzusehen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2014, B 9 V 6/13 R, zitiert nach Juris Rdnr. 18). Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme auch weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge als Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges – verglichen mit den mehreren übrigen Umständen – annährend gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens soviel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (BSG a.a.O. mwN).
Nach diesen Kriterien steht für den Senat im vorliegenden Fall zweifelsfrei fest, dass die Schädigung mindestens eben soviel Bedeutung hat für den Eintritt der psychischen Störungen der Klägerin wie alle übrigen Umstände zusammengenommen. So hat der Sachverständige Dr. K im Einzelnen herausgearbeitet, dass die bei der Klägerin bestehende Persönlichkeitsveränderung ausschließlich schädigungsbedingt ist. Bei der Depression wirken dagegen Schädigungsumstände und nicht schädigungsbedingte Umstände zusammen, wobei der Sachverständige ein leichtes Überwiegen der nicht schädigungsbedingten Umstände annimmt. Das Gewicht der Persönlichkeitsänderung bewertet der Sachverständige hypothetisch mit einem Einzel-GdS von 40, das der Depression mit einem Einzel-GdS von 60. Werden jedoch beide Folgen – wie im vorliegenden Falle nach den obigen Ausführungen erforderlich – zusammengenommen, so ist festzustellen, dass der Anteil der schädigungsbedingten Umstände bei dem Gesamtbild der Funktionsbeeinträchtigungen nach VMG B 3.7 mindestens genauso schwerwiegt wie alle sonstigen Umstände, wahrscheinlich sogar eine überwiegende Bedeutung besitzt. Danach ist die Kausalität zu bejahen, die gesamte Funktionsbeeinträchtigung nach VMG B 3.7 mit einem hier festzustellenden GdS von mindestens 50 ist schädigungsbedingt im Sinne des sozialen Entschädigungsrechts anzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich.