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Haftungsbescheid vom 02.01.2013 über Lohnsteuer


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 13.05.2014
Aktenzeichen 9 K 9297/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Der Beklagte erließ nach vorheriger schriftlicher Anhörung am 2. Januar 2013 gegenüber dem Kläger als ehemaligem Geschäftsführer einer B… GmbH i. L. mit Sitz in C… einen auf § 191 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 69 AO gestützten Haftungsbescheid betr. Lohnsteuern etc. über insgesamt 95 256,22 EUR. Der Kläger legte gegen den Bescheid fristgerecht Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb und vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 16. September 2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die im Haftungsbescheid aufgeführten Steuerrückstände nicht der tatsächlich geschuldeten Lohnsteuer entsprechen würden.

Der Kläger, vertreten durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten D… (Steuerberater), erhob mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2013 Klage gegen den Beklagten mit dem Antrag, „den Haftungsbescheid vom 2. Januar 2013 ersatzlos aufzuheben“. Er kündigte die Nachreichung einer Klagebegründung bis zum 15. November 2013 an.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2013 forderte der Vorsitzende des 9. Senats des FG Berlin-Brandenburg StB D… auf, die Klage bis zum 25. November 2013 zu begründen.

Mangels Reaktion der Klägerseite auf das Schreiben des Senatsvorsitzenden forderte der Berichterstatter des Senats StB D… mit Telefaxschreiben vom 3. Dezember 2013 auf, gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - den Gegenstand des Klagebegehrens bis zum 10. Februar 2014 zu bezeichnen. In diesem Schreiben wurde StB D… darauf hingewiesen, dass das Gericht nach dem bisherigen Vortrag nicht in der Lage sei, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen. Dies sei aber Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage (Hinweis auf Beschluss des Großen Senates des BFH vom 26. November 1979 GrS 1/78, BStBl II 1980, 99,102). Die Fristsetzung habe ausschließende Wirkung, d. h. bei Versäumung der Frist sei die Klage endgültig unzulässig, wenn nicht wegen unverschuldeter Fristversäumung in entsprechender Anwendung des § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werde. Das Telefaxschreiben ist StB D… laut Sendeprotokoll vom 3. Dezember 2013 an jenem Tag um 11 Uhr 42 zugegangen. Eine Reaktion der Klägerseite auf diese Fristsetzung blieb aus.

Mittels Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2014 wies der Unterzeichner als Berichterstatter des Senats die Klage wegen Nichteinhaltung der Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ab. Daraufhin stellte StB D… fristgerecht Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schriftsatz vom 25. März 2014, beim FG eingegangen am 4. April 2014, übersandte StB D… dem Gericht die Klagebegründung. Wegen der Einzelheiten der Argumente wird auf den vorgenannten Schriftsatz sowie den ergänzenden Schriftsatz des jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12. Mai 2014 verwiesen.

StB D… hat mit Schriftsatz vom 21. Februar 2014 bestritten, das Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 25. Oktober 2013 und das Telefaxschreiben des Berichterstatters vom 3. Dezember 2013 erhalten zu haben.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 2. Januar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung fünf Bände Haftungs- und Steuerakten betr. die B… GmbH i. L. (StNr. …) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig, da der Kläger den „Gegenstand des Klagebegehrens“ i. S. von § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Ausschlussfrist (Fristablauf: 10. Januar 2014) bezeichnet hat.

Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage den „Gegenstand des Klagebegehrens“ (früher: Streitgegenstand) bezeichnen. Demgemäß muss der Kläger, will er die Abweisung der Klage als unzulässig vermeiden, angeben, worin seiner Ansicht nach die ihn treffende Rechtsverletzung liegt, inwiefern also der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. November 1979 GrS 1/78, BStBl II 1980, 99). Da das Gericht nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht über das Klagebegehrens hinausgehen darf, obliegt es dem Kläger, den Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu bestimmen. Das Gericht muss in der Lage sein, das Klagebegehren zu ermitteln, um die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis bestimmen zu können (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 17. Januar 2002 VI B 114/01, BStBl II 2002, 306 m. w. N.).

Wie weit das Klagebegehren im Einzelnen zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Falles ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt (BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 306, unter II.4.).

Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des BFH ist es für die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens in Bezug auf einen Haftungsbescheid nicht ausreichend, dass der Kläger den angefochtenen Verwaltungsakt benennt und einen Klageantrag auf Aufhebung dieses Verwaltungsaktes stellt, wenn nicht der besondere Sachverhalt gegeben ist, dass „unter Berücksichtigung des Inhalts des Verwaltungsaktes keine hinreichende Zweifel bestehen, dass mit der Klage dieser Bescheid dem Grunde nach angefochten werden soll“ (z. B. durch Negieren des Vorliegens allgemeiner Haftungsvoraussetzungen bei einem Haftungsbescheid, vgl. dazu allgemein BFH-Beschlüsse vom 19. März 1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818, vom 17. Januar 2002 VI B 114/01, BStBl II 2002, 306, vom 6. Dezember 2002 VIII B 219/02, BFH/NV 2003, 782 und vom 25. Januar 2011 VII B 125/10, nicht veröffentlicht; Brandis, in: Tipke/Kruse, AO-FGO, 16. Aufl., § 65 FGO Rz. 13; Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO-FGO, 10. Aufl., § 65 FGO Rz. 79 sowie Stöcker, in: Beermann/Gosch, AO-FGO, § 65 FGO Rz. 69; von Groll, in: Gräber, FGO, § 65 Rz. 47, jeweils m. w. N.).

Im vorliegenden Fall hat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Klageschrift vom 21. Oktober 2013 außer dem Klageantrag nur noch ausgeführt, „die Besteuerungsgrundlagen beruhten auf Schätzungen“. Mit dieser Äußerung hat der Klägerbevollmächtigte nicht zu erkennen gegeben, dass er eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers durch den Beklagten als ehemaligen B… GmbH i. L.-Geschäftsführer dem Grunde nach negiert. Somit reichen diese Ausführungen nicht aus, um der Muss-Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO in Bezug auf die „Bezeichnung des Klagebegehrens“ Genüge zu tun.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass StB D… das streitgegenständliche Telefaxschreiben vom 3. Dezember 2013 an jenem Tag zugegangen ist, denn das dem Gericht vorliegende Sendeprotokoll vom selben Tag weist keine Störung bei der Übertragung des Faxes auf und StB D… hat eine solche schriftsätzlich auch nicht geltend gemacht (vgl. dazu die Ausführungen des Gerichts im Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2014 sowie im richterlichen Erörterungsschreiben vom 14. April 2014).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.