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(einheitlicher Betrieb - selbstständige Betriebsabteilung)


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer Entscheidungsdatum 26.05.2010
Aktenzeichen 15 Sa 71/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. November 2009 – 65 Ca 64290/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen des hiesigen Berufungsverfahrens noch darüber, ob der Beklagte für die Zeit von Dezember 2003 bis Dezember 2004 für zwei Arbeitnehmer Betragszahlungen an die Klägerin zu erbringen hat. Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des B. (im Folgenden: ZVK). Die Berechtigung der Forderung hängt davon ab, ob der Beklagte neben einem Baubetrieb, bei dem mindestens vier Arbeitnehmer beschäftigt waren, einen eigenständigen Betrieb „Pflegearbeiten an Haus und Hof“ unterhält.

Unter dem 28. Februar 2002 hat der Beklagte ein Gewerbe „Pflege und Arbeiten an Haus und Hof“ angemeldet (Kopie Bl. 53 d. A.). In der hier fraglichen Zeit waren in diesem Bereich jeweils zwei Mitarbeiter beschäftigt. Anfangs waren dies ein gelernter Maler und ein gelernter Maurer, wobei der gelernte Maurer später durch einen Fliesenleger ersetzt wurde. Unter dem 8. April 2008 erstellte die Bundesagentur für A. einen Prüfbericht für ein Dienstleistungsunternehmen des Beklagten, wobei von der Beschäftigung nur eines einzigen Arbeitnehmers ausgegangen wurde (Kopie Bl. 58 ff. d. A.). In diesem Bericht wurde festgehalten, dass bis zum 31. Dezember 2004 für das Dienstleistungsunternehmen baufremde Leistungen überwogen haben. Der Beklagte beschäftigt mindestens vier Arbeitnehmer im Baubereich. Zwischen den Parteien ist auch unstreitig, das bei Berücksichtigung dieser vier Arbeitnehmer und der zwei weiteren Arbeitnehmer aus dem Bereich „Pflege und Arbeiten an Haus und Hof“ der Beklagte einen Baubetrieb unterhält, in dem zu über 50 % der Arbeitszeit Bauarbeiten im Sinne des VTV ausgeführt werden.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, es läge ein einheitlicher Betrieb vor. Dies ergebe sich schon aus der einheitlichen Leitung. Auch in dem Bereich „Pflege an Haus und Hof“ würden überwiegend Bautätigkeiten erbracht.

Die ZVK hat zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.807,46 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er betreibe zwei unterschiedliche Gewerbe. Dies ergebe sich schon daraus, dass er zwei Steuernummern beantragt und erhalten habe. Die Arbeitszeit der Arbeitnehmer aus dem Baubetrieb sei nicht einrechenbar. Die weiteren zwei Arbeitnehmer würden nicht zu 50 % Bauleistungen erbringen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 19. November 2009 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Betrieb des Beklagten werde im streitgegenständlichen Zeitraum vom Geltungsbereich des VTV erfasst, da überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten ausgeübt würden. Die ZVK habe dargelegt, dass es sich bei dem Betrieb des Beklagten um einen einheitlich strukturierten Betrieb gehandelt habe. Soweit der Beklagte erklärt habe, er betreibe zwei eigenständige Betriebe, die voneinander getrennt seien, sei er hierfür wegen der Sachnähe verpflichtet, dies detailliert darzulegen. Der Vortrag des Beklagten habe nicht überzeugt. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass beide Betriebe durch die gleiche Person betrieben, jedoch nicht einheitlich geleitet werden. Hinzu komme, dass unstreitig ein gelernter Maler und ein gelernter Maurer beschäftigt gewesen waren.

Dieses Urteil ist dem Beklagten am 7. Januar 2010 zugestellt worden. Die Berufung erfolgte am 12. Januar 2010. Am 1. März 2010 ging die Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht ein.

Der Beklagte behauptet, die Steuernummer für das Baugeschäft lautet 075/271/00709. Er habe unterschiedliche Aufträge bearbeitet. Die Arbeitnehmer seien bei verschiedenen Unternehmen angestellt gewesen. Ein Austausch der Arbeitnehmer habe nicht stattgefunden. Auf die Rechnungen aus dem Jahre 2005 komme es nicht an. Der Beklagte ist weiterhin der Ansicht, es lägen zwei verschiedene Betriebe vor.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.11.2009 zum Az. 65 Ca 64290/08 die Klage abzuweisen.

Die ZVK beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bestreitet, dass der Arbeitnehmer J. mit baufremden Leistungen betraut worden sei. Bei den ausgeübten Malerarbeiten handele es sich um so genannte „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“, die ebenfalls dem VTV-Bau unterfielen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist. Sie ist angesichts der Beschwer auch statthaft. Sie hat jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin angenommen, dass der Beklagte gem. §§ 18 Abs. 1, 22 Abs. 1 VTV-Bau verpflichtet war, für den Zeitraum Dezember 2003 bis Dezember 2004 Sozialkassenbeiträge in Höhe von 7.807,46 € an die Klägerin zu zahlen. Dies ergibt sich daraus, dass der Beklagte einen einheitlichen Baubetrieb unterhält, in dem die Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend Bautätigkeiten erbringen.

Ein Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. VI des VTV-Bau ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (BAG vom 25.01.2005 - 9 AZR 44/04 - NZA 2005, 1365). Demgegenüber setzt eine selbständige Betriebsabteilung im Sinne dieser Norm voraus, dass sich der maßgebliche Bereich nicht nur durch eine besondere personelle Einheit, organisatorische Abgrenzbarkeit, eigene technische Betriebsmittel und einen autonomen, spezifischen Zweck heraushebt, sondern darüber hinaus eine auch für Außenstehende wahrnehmbare räumliche und organisatorische Abgrenzung erfahren hat. Eine bloße betriebsinterne Spezialisierung dergestalt, dass getrennte Arbeitsgruppen jeweils bestimmte Aufgaben versehen, genüge für die Annahme einer selbständigen Betriebsabteilung nicht (BAG a. a. O.; BAG vom 24.11.2004 - 10 AZR 169/04 - NZA 2005, 362). Insofern richtet sich der Betriebsbegriff nicht nach dem Betriebsverfassungsgesetz, sondern nach demjenigen in Abschnitt VI des VTV-Bau (BAG a. a. O.). Im Hinblick auf das Kündigungsschutzgesetz hat das BAG festgestellt, dass mit und in einem Betrieb mehrere Zwecke verfolgt werden können, so dass es in erster Linie auf die Einheit der Organisation, nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung ankomme. Erforderlich sei ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbstständig treffen zu können (BAG vom 15.03.2001 - 2 AZR 151/00 - NZA 2001, 831).

Bei Anwendung dieser Grundsätze unterhält der Beklagte bezogen auf die zwei Arbeitnehmer keinen eigenständigen Betrieb, sondern einen einheitlichen Betrieb mit sechs Arbeitnehmern, der jedoch verschiedene Betriebszwecke verfolgt. Die Einheitlichkeit des Betriebes ergibt sich vorliegend schon daraus, dass der Beklagte als Leiter beider Bereiche auftritt. Hierin ist das zentrale Moment zu sehen. Demgegenüber tritt die Zwecksetzung zurück, selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten unterstellt, die beiden Arbeitnehmer hätten im Wesentlichen Dienstleistungen erbracht. Insofern reicht eine bloße betriebsinterne Spezialisierung, z. B. nach getrennten Arbeitsgruppen für jeweils bestimmte Aufgaben, nicht aus (BAG vom 25.01.2005 a. a. O.). Soweit der Beklagte darauf verweist, dass er für das Baugeschäft eine eigene Steuernummer erhalten habe, ist festzustellen, dass diese Steuernummer (075/271/00709) durchgängig für die Rechnungen verwendet wurde, die den Haus- und Hofservice betreffen (Kopien Bl. 61 ff. d. A.).

Bei Anwendung der obigen Kriterien kann nicht einmal festgestellt werden, dass der Haus- und Hofservice eine selbständige Betriebsabteilung darstellt. Insofern fehlt eine für Außenstehende wahrnehmbare räumliche Abgrenzung, denn der Dienstleistung- und Baubereich werden unter derselben Adresse betrieben. Darüber hinaus kommt es - entgegen der Auffassung des Beklagten - auf den steuerrechtlichen Gewerbebegriff (vgl. hierzu Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 11.03.2010 - 13 K 324/06 - juris) nicht an, denn nach zutreffender Auffassung des BAG ist der Betriebsbegriff „eigenständig“ anhand des § 1 Abs. 2 Abschn. VI VTV-Bau zu klären. Im Übrigen ist es lebensfremd, bei einer Beschäftigung von nur sechs Arbeitnehmern unter der gleichen Adresse zwei getrennte Betriebe anzunehmen.

Auch der Beklagte räumt ein, dass eine Gewichtung als Baubetrieb nur dann in Betracht käme, wenn beide Betriebe als Einheit betrachtet werden müssten (Seite 3 des Schriftsatzes vom 12.10.2009). Dies ist - wie oben gezeigt - jedoch der Fall.

Der Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insofern ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.