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Asylrecht aus Kartenart 2, 5Umverteilung


Metadaten

Gericht VG Potsdam 6. Kammer Entscheidungsdatum 25.06.2013
Aktenzeichen 6 L 229/13.A ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 51 Abs 1 AsylVfG, § 123 Abs 1 S 1 VwGO

Leitsatz

Einer Heiratsbescheinigung der afghanischen Botschaft kommt jedenfalls ohne Weiteres kein Beweiswert hinsichtlich des Bestehens einer von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe zu.

Tenor

Der Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin wird abgelehnt.

Der Antrag auf einstweilige Umverteilung der Antragstellerin nach ... wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1.

Die nach eigenen Angaben 1989 in Herat geborene Antragstellerin meldete sich am 11. September 2012 in ... als Asylsuchende. Hierbei gab sie u.a. an, ledig zu sein. Am 13. September 2012 meldete sie sich nach ihrer asylrechtlichen Umverteilung in das Land Brandenburg in ... und gab nunmehr an, verheiratet zu sein. Sie wurde in der Erstaufnahmeeinrichtung ... untergebracht und verpflichtet, hier zu wohnen. Am 17. September 2012 brachte sie bei der Außenstelle ... des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag an; hierbei erklärte sie wiederum, verheiratet zu sein.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14. September 2012 beantragte die Antragstellerin bei der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg, zu ihrem Ehemann, Herrn ..., nach ... umverteilt zu werden. Hierzu reichte sie eine „Heiratsbescheinigung“ der afghanischen Botschaft ... vom 25. September 2012 nach, derzufolge die Antragstellerin sowie Herr ... am 30. April 2009 in Herat die Ehe geschlossen haben. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2012 wurde die Antragstellerin dem Landkreis ... zugewiesen und beauflagt, im Übergangswohnheim ..., zu wohnen.

Herr ... ist nach eigenen Angaben 1988 in Herat geboren. Sein bei der Außenstelle ... des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge angebrachter Asylantrag war mit inzwischen bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 12. März 2011 abgelehnt worden; seit dem 4. Juni 2012 ist er im Besitz einer Duldung.

Der Antragsgegner, an den der Umverteilungsantrag weitergeleitet worden war, lehnte diesen mit Bescheid vom 9. April 2013 ab. Die religiös-traditionell geschlossene Ehe ersetze nicht die in Deutschland ausschließlich vor den Standesämtern zu beurkundenden Eheschließungen. Angesichts dessen könne die „Heiratsbescheinigung“ nicht akzeptiert werden und überwiege das öffentliche Interesse an der in der Zuweisungsentscheidung nach Brandenburg zum Ausdruck kommenden gleichmäßigen Verteilung der Asylbewerber auf alle Bundesländer.

2.

Der Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin wird abgelehnt, da ihr Eilrechtsschutzantrag aus den nachstehenden Gründen nicht die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht aufweist (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO).

3.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis dann getroffen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der zu Grunde liegende materielle Anspruch, der Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, der Anordnungsgrund, glaubhaft gemacht sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 294, 920 Abs. 2 ZPO).

Das Verwaltungsgericht Potsdam ist nach § 52 Nr. 2 Satz 3 Halbsatz 1 VwGO für die Entscheidung zuständig. Bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf länderübergreifende Umverteilung einer Asylbewerberin nach § 51 AsylVfG handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz. Die Antragstellerin hat derzeit ihren zugewiesenen Wohnsitz in einer Gemeinschaftsunterkunft in Hennigsdorf, mithin im Gerichtsbezirk des hiesigen Verwaltungsgerichts.

Zwar mag ein Anordnungsgrund darin erblickt werden können, dass die Antragstellerin zur grundrechtlich verbürgten (Wieder-)Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit Herrn ... auf eine zeitnahe Zusammenführung mit diesem am selben Wohnort angewiesen sei. Indes hat die Antragstellerin den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 51 Abs. 1 AsylVfG ist der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Die Vorschrift dient dem Schutz die Kernfamilie und ist Ausdruck des aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Schutzes von Ehe und Familie. Die Antragstellerin begehrt auch die Herstellung der Haushaltsgemeinschaft mit ihrem Ehegatten. Sie hat mit der „Heiratsbescheinigung“, die ihr von der afghanischen Botschaft ... ausgestellt worden sein soll, aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht, mit Herrn ... tatsächlich verheiratet zu sein sowie dass es sich hierbei nicht lediglich um eine leicht zu erhaltende, allein asyltaktischen Zwecken dienende Gefälligkeitsbescheinigung zwecks Erschleichens eines anders nicht zu erlangenden Aufenthaltsstatus´ handelt. Denn immerhin hatte sie bei ihrer Erstmeldung als Asylsuchende am 11. September 2012 noch selbst bekundet, ledig zu sein. Herr ... hatte sich in seinem Asylverfahren ebenfalls als ledig ausgegeben, undzwar sowohl bei der Erstbefragung am 15. April 2010 als auch bei seiner Anhörung am 4. Mai 2010. Mit diesen Bekundungen ist die Angabe in der „Heiratsbescheinigung“ nicht vereinbar, sie beide hätten (bereits) am 30. April 2009 in Herat die Ehe geschlossen. Jedenfalls im Eilrechtsschutzverfahren lässt sich unabhängig von der Frage, ob eine in Afghanistan traditionell geschlossene Ehe überhaupt eine solche i.S.v. Art. 6 Abs. 1 GG sein kann, die Wahrheit der offenkundig ungereimten Angaben sowohl der Antragstellerin als auch des angeblichen Ehemannes nicht erweisen. Einer „Heiratsbescheinigung“ der afghanischen Botschaft kommt jedenfalls ohne Weiteres kein Beweiswert hinsichtlich des Bestehens einer von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe zu. Angesichts des Umstandes, dass solcherlei Eheerklärungen leichtfertig und aus taktischen Erwägungen ohne Weiteres in den Raum gestellt werden können, ist der zutreffenden Erwägung des Antragsgegners in seinem ablehnenden Bescheid zu dem öffentlichen Interesse an der gleichmäßigen Verteilung der Asylbewerber zu folgen.

4.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.