Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 16.10.2012 | |
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Aktenzeichen | 11 U 102/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 20. April 2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 3 O 221/10 - werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 15 % und die Beklagte zu 85 % zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten im Berufungsverfahren hat die Klägerin zu 15 % zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Klägerin im Berufungsverfahren hat die Beklagte zu 85 % zu tragen.
Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist 49.395,59 €.
I.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes der ersten Instanz sowie der darin gestellten Sachanträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil der Klägerin einen Anspruch aus § 765 Abs. 1 BGB auf Zahlung in Höhe von 42.122,47 € zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein wirksamer Bürgschaftsvertrag liege vor. Die Bürgschaft sei nicht mangels Sicherungsabrede kondizierbar. Die Regelung zur Sicherheitsleistung in den besonderen Vertragsbedingungen der Klägerin benachteilige auch in der Zusammenschau von Nr. 6.1 und 6.2 die Beklagte nicht unangemessen im Sinne des § 307 BGB. Die durch die Bürgschaft gesicherte Forderung der Klägerin bestehe. Die Klägerin habe gegen die Insolvenzschuldnerin ursprünglich werkvertragliche Gewährleistungsansprüche gehabt, die sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Ablehnung der Mangelbeseitigung durch die Streithelferin der Beklagten mit Schreiben vom 9.7.2004 in einen Schadensersatzanspruch gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 InsO umgewandelt hätten. Damit sei auch die Bürgschaft auf diesen Schadensersatzanspruch begrenzt. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von § 103 Abs. 2 S. 1 InsO lägen vor, weil es an der mangelfreien Herstellung des Werkes fehle und die Werklohnforderung der Insolvenzschuldnerin nicht vollständig beglichen worden sei, mithin der Vertrag von beiden Vertragsparteien nicht vollständig erfüllt worden sei. Die nicht erbrachten Leistungen seien rein insolvenzmäßig abzuwickeln. Die gesicherte Forderung bestehe jedenfalls in Höhe des Höchstbetrages der Bürgschaft. In den insolvenzrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 InsO flössen alle wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien unter Einschluss von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen als unselbständige Positionen in der Form ihres Bestehens zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Der Gewährleistungsanspruch der Klägerin sei daher mit einem etwaigen Werklohnanspruch der Insolvenzschuldnerin zu verrechnen. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe der Mangelbeseitigungskosten aus § 635 BGB a.F. habe zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden. Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 InsO komme es allerdings auf die streitige Frage, ob ordnungsgemäße Mangelanzeigen der Klägerin vorlägen, nicht mehr an. Die Insolvenzschuldnerin habe die Werkleistung nicht mangelfrei erbracht. Das Landgericht war auf Grund von im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten sowie im Ergebnis ergänzender Anhörung des Sachverständigen sowie dessen weiterer Stellungnahmen davon überzeugt, dass Ausführungsfehler der Insolvenzschuldnerin vorlägen, die Beseitigungskosten jedenfalls in Höhe der Bürgschaftssumme verursachten. Die Insolvenzschuldnerin habe die mangelhafte Ausführung auch zu vertreten. Der Sachverständige habe grobe Ausführungsfehler benannt, so dass die Leistung nicht den Regeln der Technik entsprochen habe. Ein fehlendes Verschulden habe die Beklagte demgegenüber nicht dargelegt. Die Klägerin könne Zahlung des vollen Höchstbetrages der Bürgschaft verlangen. Die Beklagte habe ausweislich der Bürgschaftsvereinbarung sowohl eine Vertragserfüllungs- als auch eine Gewährleistungsbürgschaft übernommen. Zwar könne die Klägerin nach Abnahme der Bauarbeiten grundsätzlich nur noch aus der Gewährleistungsbürgschaft, mithin nur in Höhe von 3 % der Auftragssumme, vorgehen. Dies gelte jedoch nicht, soweit Mängel bereits bei der Abnahme gerügt und Ansprüche insoweit vorbehalten, vorliegend also in der Anlage zur Abnahmeniederschrift aufgeführt worden seien. Dies sei hier der Fall. Ein zu berücksichtigender Anspruch auf Restwerklohn der Insolvenzschuldnerin bestehe nicht, da die hierzu geltend gemachten Nachträge unbegründet seien. Der Anspruch gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Die hilfsweise von der Streithelferin der Beklagten erklärte Aufrechnung gehe ins Leere, da der Anspruch auf Restwerklohn im Rahmen des § 103 Abs. 2 S. 1 InsO zu berücksichtigen gewesen sei und ein aufrechenbarer Anspruch insoweit nicht mehr bestehe. Auf die Wirksamkeit des im Bürgschaftsvertrag enthaltenen Aufrechnungsausschlusses sei es daher nicht mehr angekommen. Ein aufrechenbarer Anspruch auf Zinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten habe nicht bestanden, da Verzug insoweit nicht mehr habe eintreten können. Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten bestehe nicht, da die Klägerin weiterhin aus der Vertragserfüllungsbürgschaft vorgehen könne und insoweit auch nicht gehalten gewesen sei, die Bürgschaft zurückzugeben. Der Zinsanspruch der Klägerin aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB bestehe erst ab 1.2.2008, da Verzug vor diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen habe. Das Schreiben vom 15.8.2005 sei keine Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB gewesen. Die Klage sei unbegründet, soweit die Klägerin Ersatz der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens begehre. § 767 Abs. 2 BGB sei keine selbständige Anspruchsgrundlage. Eine Haftung über den Höchstbetrag der Bürgschaft hinaus sei nicht möglich. Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sei als Teil der Kosten des Rechtsstreits im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden.
Wegen der Gründe im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagte mit der Berufung und die Klägerin mit der Anschlussberufung.
Die Beklagte rügt mit der Berufung, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft ihren Antrag übergangen, der Klägerin aufzugeben, die zum Bauvertrag gehörenden Vertragsbedingungen und Ausschreibungsunterlagen vollständig vorzulegen. Außerdem habe das Landgericht ihr, der Beklagten, verfahrensfehlerhaft keine Gelegenheit mehr gegeben, vor Erlass des Urteils zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.3.2011, eingegangen am gleichen Tag - dem Tag, bis zu dem im schriftlichen Verfahren Schriftsätze eingereicht werden konnten, sowie dem Schriftsatz der Streithelferin der Beklagten vom 23.3.2011 Stellung zu nehmen. Diese Schriftsätze habe sie, die Beklagte, erst zusammen mit dem Urteil erhalten und deshalb keine Möglichkeit gehabt, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu beantragen. Außerdem genüge die Begründung des Urteils des Landgerichts nicht der gesetzlichen Verpflichtung. Es habe sich nicht ansatzweise mit der von ihr, der Beklagten, angeführten Rechtsprechung auseinandergesetzt.
Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht einen Anspruch der Klägerin aus § 635 BGB a.F. hergeleitet. Diese Bestimmung sei nicht anwendbar gewesen, weil die Parteien die VOB/B zum Gegenstand ihres Vertragsverhältnisses gemacht hätten. Die Beklagte meint außerdem unverändert, die Sicherungsabrede halte - anders als vom Senat bereits in dem Verfahren 11 U 86/08 entschieden - der richterlichen Inhaltskontrolle nicht stand. In den Entscheidungsgründen dieses Urteils habe sich der Senat auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Höhe der Sicherheit (durch Kumulation würden 8 % erreicht) zu einer unangemessenen Benachteiligung führe. Diese Rechtsauffassung werde von ihr, der Beklagten, nicht mit der Berufung angegriffen. Der Senat habe aber keine Veranlassung gesehen, sich in seinem Urteil vom 17.2.2009 mit der Frage zu beschäftigen, ob die Unangemessenheit der von der Beklagten angegriffenen Sicherungsabrede nicht aus einem zeitlichen Moment folge. Durch die Formulierung, wonach der Auftragnehmer die Umwandlung der Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft davon abhängig mache, dass bis zur Schlusszahlung „alle bis dahin erhobenen Ansprüche“ erfüllt sein müssten, habe sich die Auftragnehmerin völlig in das Belieben des Auftraggebers stellen müssen, soweit die Geltungsdauer der Vertragserfüllungsbürgschaft betroffen sei. Durch die einschränkungslose Formulierung, dass „alle“ Ansprüche erfüllt sein müssten, sei nämlich auch eine inhaltliche Beliebigkeit vereinbart, die für den Auftragnehmer das Entstehen des Umwandlungsanspruchs völlig unkalkulierbar mache. Die Sicherungsabrede halte ferner der richterlichen Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie intransparent sei. In Nr. 6.1 und Nr. 6.2 der Besonderen Vertragsbedingungen werde nicht geregelt, welche Rechtsqualität die Bürgschaft haben müsse. Insoweit werde bei der Vertragserfüllungsbürgschaft auf Nummer 33.1 ZVB und für die Gewährleistungsbürgschaft auf Nummer 33.2 ZVB verwiesen. Wenn die ZVB nicht Vertragsbestandteil geworden sei und auch dem Auftragnehmer nicht übergeben worden oder ihm sonst bekannt geworden sei, dann verweise die Sicherungsabrede auf ein unbekanntes Dokument und überlasse die rechtliche Ausgestaltung der Bürgschaft in vollem Umfang dem Belieben des Auftraggeber. Gehe man demgegenüber davon aus, dass dem Auftragnehmer mit dem Auftragsschreiben vom 2.7.2001 das Muster der Bürgschaftsurkunde übergeben worden sei und der Auftragnehmer aus diesem Muster die inhaltliche Ausgestaltung der Bürgschaft habe erkennen können, so sei die Formulierung in der Bürgschaftsurkunde selbst Bestandteil der Sicherungsabrede geworden und unterliege damit der richterlichen Inhaltskontrolle. Dann ergebe sich die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zusätzlich daraus, dass die Klägerin durch Vorgabe des Bürgschaftsmusters verlangt habe, dass die Bürgin einschränkungslos auf die Einrede der Aufrechnung aus § 770 BGB verzichte. Bei der Gesamtschau aller Bestimmungen in den Nummern 6.1 und 6.2 der Besonderen Vertragsbedingungen und bei der Berücksichtigung der Rechtsfolgen dieser Klauseln komme hinzu, dass die Klägerin sich Zahlung aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern außer bei Inanspruchnahme für Gewährleistung vorbehalten habe und dadurch noch ein zusätzliches Druckmittel in der Hand habe. Diese zusätzliche Privilegierung in Verbindung mit den übrigen angegriffenen Bestandteilen der Klausel führe, so meint die Beklagte, dazu, dass die Sicherungsverschaffungsabrede insgesamt unwirksam sei und die Bürgschaft daher herausgegeben werden müsse.
Wegen der Unwirksamkeit der Sicherungsabrede könne sie, die Beklagte, auch den Einwand der Aufrechnung ihrer Streithelferin mit offenen Werklohnforderungen als eigene Rechtsverteidigung vorbringen, was damit geschehe. Hinsichtlich der Gegenforderung habe das Landgericht übersehen, dass eine Mithaftungsquote von 30 % zu beachten sei. Die Ausführungen des Sachverständigen seien, worauf die Streithelferin bereits hingewiesen habe, nicht nachvollziehbar. Einerseits würden Beseitigungskosten von 129.600 € beziffert, andererseits würden vier betroffene Kreuzungsbereiche angegeben, bei denen die Addition der auf den jeweiligen Kreuzungsbereich entfallende Anteil einen weit höheren Betrag ergebe. Ziehe man den selbst nach Auffassung des Landgerichts betroffenen Kreuzungsbereich mit der Mithaftungsquote ab und stelle dann die Gegenforderung und die Zinsen in die Berechnung ein, so werde der Höchstbetrag der Bürgschaft unterschritten.
Die Streithelferin der Beklagten meint, wie in der Berufungsbegründung der Beklagten ausgeführt halte die Sicherungsabrede einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht stand. Hinreichende konkrete Mängelanzeigen der Klägerin lägen nicht vor. Die Klägerin könne deshalb im Hinblick auf etwaige Gewährleistungsansprüche keine Zahlungsansprüche herleiten. Grundsätzlich könnten Mangelbeseitigungskosten nur für den erwähnten Kreuzungsbereich …allee/…weg berücksichtigt werden, für andere Kreuzungsbereiche mangels wirksamer Mangelanzeigen nicht. Von der Insolvenzschuldnerin zu vertretende Mängel lägen nicht vor, wie sich auch aus dem Gutachten ergebe; danach habe die im Gutachten erwähnten schwerwiegenden Mängel die Insolvenzschuldnerin nicht zu vertreten. Der Sachverständige habe sehr pauschal eine Mitverschuldensquote der Bauleitung/Bauüberwacherin der Klägerin von 30 % angesetzt. Da Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin Bedenken gegen die Art der Ausführung angezeigt hätten, sei bei dem Kreuzungsbereich …allee/…weg wie auch bei den anderen Kreuzungsbereichen zumindest diese Mitverschuldensquote der Klägerin anzusetzen. Von den Kosten für den Kreuzungsbereich …allee/…weg in Höhe von 45.296,43 € verbliebe bei Ansetzung einer Mitverschuldensquote von 30 % ein Restbetrag in Höhe von 31.707,50 €. Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wären Mängel gemäß § 13 Nr. 5 VOB/B anzuzeigen gewesen. Gegebenenfalls hätte festgestellt werden müssen, welche Mängel zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegen hätten und wie hoch die Mängelbeseitigungskosten gewesen wären. Vorliegende Mangelanzeigen wären zumindest ein entsprechendes Indiz gewesen. Aus den Feststellungen im Gutachten vom 22.3.2007 könne nicht darauf geschlossen werden, dass diese Mängel bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegen hätten. Die Mängel, die der Sachverständige im Gutachten aufgeführt habe, seien nicht angezeigt worden und hätten nicht vorgelegen - gegebenenfalls im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Deshalb könnten nicht die Kosten - für alle Kreuzungsbereiche - in Ansatz gebracht werden. Die festgestellten Mängel seien auf Planungsfehler zurückzuführen, die von der Arbeitsgemeinschaft Dipl.-Ing. R… M… - Bauplan R… GmbH zu vertreten seien.
Die Insolvenzschuldnerin habe der Klägerin die Schlussrechnung vom 10.12.2002 über den Gesamtbetrag in Höhe von 89.624,34 € gestellt. Aus dieser Rechnung ergebe sich noch eine offene Forderung in Höhe von 66.124,34 € nebst Zinsen. Damit sei bereits hilfsweise die Aufrechnung mit der streitgegenständlichen Forderung aus der Bürgschaft erklärt worden.
Die Klägerin sei nicht mehr berechtigt, sich aus der Bürgschaft (über die volle Höhe) zu befriedigen. Es handele sich um eine Vertragserfüllungsbürgschaft. Zwischenzeitlich sei die Gewährleistungsfrist längst abgelaufen. Die Abnahme habe längst stattgefunden. Nach den vertraglichen Regelungen sei die Klägerin daher nicht mehr berechtigt, eine Sicherheit in Höhe von 5 % der Vertragssumme (Vertragserfüllung) zurückzuhalten, sondern maximal einen Betrag von 3 % bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist. Die Klägerin sei übersichert. 3 % der Vertragssumme wären lediglich 25.273,48 €. Eine Vertragserfüllungsbürgschaft sichere keine Gewährleistungsansprüche ab.
Sie, die Streithelferin, habe daher die Klägerin dazu aufgefordert, eine Enthaftungserklärung dahin abzugeben, dass die Bürgschaft auf einen Betrag in Höhe von 25.273,48 € begrenzt sei. Sie habe mit Schriftsatz vom 13.3.2009 hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages 16.848,99 € ihr Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Anschließend sei die Klägerin dazu aufgefordert worden, zu erklären, dass hinsichtlich des Betrages von 16.848,99 € keine Ansprüche mehr hergeleitet würden. Entsprechende Erklärungen habe die Klägerin nicht abgegeben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 20.4.2011 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
sowie im Wege der Anschlussberufung,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 49.395,59 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2008 zu zahlen.
Die Klägerin meint, das Urteil des Landgerichts sei rechtlich überwiegend nicht zu beanstanden; sie greift das Urteil mit der Anschussberufung lediglich im Umfang von 7.273,12 € an. Das Landgericht habe die Vorgaben des Urteils des Senates vom 17.2.2009 vollständig umgesetzt. Die wiederholt vorgetragenen Einwendungen der Beklagten habe der Senat bereits behandelt und festgehalten, dass diese Einwendungen einem Anspruch der Klägerin nicht entgegenstünden. Dem sei das Landgericht zu Recht gefolgt. Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Landgericht sei, dass die Mängelbeseitigungskosten für alle Kreuzungsbereiche zusammen bei etwa 200.000 € lägen, unter Abzug der Mehrkosten gemäß RStO 01 zu jedem Kreuzungsbereich bei insgesamt brutto 129.600 €. Der Sachverständige habe auch nochmals bestätigt, dass keine Planungs- bzw. Ausschreibungsfehler vorlägen. Er habe lediglich bestätigt, dass Bauüberwachungsfehler mit einer Quote von 30 % zu berücksichtigen seien. Etwaige Bauüberwachungsfehler seien nicht dem Auftraggeber im Wege des Mitverschuldens zuzurechnen. Selbst wenn die vom Sachverständigen angenommenen Mengen und Massen teilweise zu hoch sein sollten und es auf die von der Beklagten und ihrer Streithelferin angegebenen Mengen ankommen sollte, so lägen die Mängelbeseitigungskosten immer noch viel höher als der eingeklagte Betrag. Hinsichtlich des Restwerklohnanspruches der Insolvenzschuldnerin seien lediglich zwei Nachtragsangebote streitig gewesen. Die Beklagte habe diese Ansprüche nicht ansatzweise begründet.
Die mit der Anschlussberufung weiterhin geltend gemachten Kosten des selbständigen Beweissicherungsverfahrens würden von § 767 Abs. 2 BGB erfasst.
Im Übrigen verteidigt die Klägerin das Urteil des Landgerichts gegen die Berufungsangriffe. Verfahrensfehler des Landgerichts bestünden nicht.
Der Streithelfer der Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf den Inhalt gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten 2 OH 25/05 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten und die zulässige Anschlussberufung der Klägerin sind unbegründet.
Berufung der Beklagten
1.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 517 ff. ZPO).
2.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil die Beklagte zur Zahlung von 42.122,47 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.
2.1. Soweit die Beklagte Verfahrensfehler des Landgerichts rügt, sind sie jedenfalls für die Berufungsentscheidung unerheblich, weil sie - unterstellt, sie hätten vorgelegen - im Berufungsverfahren behoben worden wären. Eine vom Landgericht unterlassene Auseinandersetzung mit der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung führt nicht dazu, dass das Urteil des Landgerichts als ohne gesetzlich vorgeschriebene Begründung versehen anzusehen wäre.
2.2. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 42.122,47 € aus § 765 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Bürgschaftsvertrag vom 17.7.2001 zu.
a) Ein Bürgschaftsvertrag ist zwischen den Parteien unstreitig ausweislich der Bürgschaftsurkunde vom 17.7.2001 (Anlage K3, Bl. 58) geschlossen worden. Die Beklagte als Bürgschaftsgeberin kann die Bürgschaft auch nicht wegen unwirksamer in den Besonderen Vertragsbedingungen Nr. 6.1. und NR. 6.2. getroffenen Sicherungsabreden mit Erfolg kondizieren.
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.2.2009 im Verfahren 11 U 86/08 die Regelung in Nr. 6 der Besonderen Vertragsbedingungen als wirksam erachtet (UA S. 6 unter 2.a., Abs. 2). Diese rechtliche Erwägung ist für das Urteil tragend. Der Senat hätte nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache kommen können, wenn sie entscheidungsreif gewesen wäre. Entscheidungsreif wäre sie gewesen, wenn die Sicherungsabrede unwirksam und deshalb die Bürgschaft für die Beklagte kondizierbar gewesen wäre. Die Beklagte hätte sich dann mit Erfolg durch Erhebung der Einrede des Nichtbestehens der Pflicht zur Stellung der Bürgschaft gegen die Geltendmachung der Bürgschaftsforderung durch die Klägerin berufen können. Der Senat hat allerdings die Wirksamkeit der Sicherungsabrede ausdrücklich nur unter dem von der Beklagten vorgebrachten Gesichtspunkt geprüft, dass nach Abnahme gegebenenfalls vorübergehend eine Erhöhung der Sicherheit auf 8,0 v.H. eintreten könnte und dieser Umstand zu einer unangemessenen Belastung des Auftragnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB führen würde. Das ändert aber nichts daran, dass der Senat, die Wirksamkeit der Sicherungsabrede uneingeschränkt bejaht und deshalb die Kondizierbarkeit der Bürgschaft verneint hat. Ob eine Klausel gegen § 307 BGB verstößt, ist Rechtsfrage, keine Tatfrage (Palandt-Grüneberg, BGB, 71. A., Rn. 9 zu § 307 BGB).
bb) Nachdem das Urteil 11 U 86/08 des Senates auf der Rechtsauffassung beruht, die Sicherungsabrede sei wirksam, ist er daran nunmehr gebunden. Das ergibt sich aus § 563 Abs. 2 ZPO, der im Falle der Aufhebung eines erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache durch das Oberlandesgericht sinngemäß Anwendung findet. Hat also das Berufungsgericht ein landgerichtliches Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen und hat keine Partei dagegen Revision eingelegt, so ist das Berufungsgericht an seine der Aufhebung des landgerichtlichen Urteils zugrunde gelegten Rechtsauffassung auch selbst gebunden (BGH, Urteil vom 23.6.1992, XI ZR 227/91, LS und Rn. 16; MüKo-Wenzel, ZPO, 3.A., Rn. 5 zu § 318; Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. A., Rn. 14 zu § 318, Zöller-Heßler, a.a.O., Rn. 3 zu § 563 ZPO). Die Bindung entfällt allerdings bei einer Änderung des Sachverhalts (MüKo-Wenzel, a.a.O., Rn. 13, 18 zu § 563; Zöller-Vollkommer, Rn. 14 zu § 318 ZPO). Eine Änderung des Sachverhalts müsste sich dann entweder bereits in erster Instanz ergeben haben, von der der Senat auszugehen hätte oder die Sachverhaltsfeststellungen des Landgerichts werden als unrichtig/unvollständig angegriffen (Berufungsgrund gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 ZPO), so dass der Senat eigene zu einer Änderung des Sachverhalts führende Feststellungen treffen könnte und müsste. Neue rechtliche Argumente gegen die Wirksamkeit der Sicherungsabrede reichen also nicht aus, um die Bindungswirkung des Urteils 11 U 86/08 aufzuheben.
cc) Die von der Beklagten und deren Streithelferin in der Berufung angeführten Gründe sind lediglich neue rechtliche Argumente gegen die Wirksamkeit der Sicherungsabrede und können deshalb die Bindung des Senates an das Urteil 11 U 86/08 nicht aufheben. Weder hat sich der dem Urteil 11 U 86/08 zugrundeliegende Sachverhalt geändert, noch sind die Sachverhaltsfeststellungen des Landgerichts als unrichtig oder unvollständig angegriffen worden.
(1) Mit dem Argument, dass die Höhe der Sicherheit (durch Kumulation werden 8 % erreicht) zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, hat sich der Senat ausdrücklich im Urteil 11 U 86/08 auseinandergesetzt. Der Senat ist gemäß § 563 Abs. 2 ZPO analog an seine Entscheidung 11 U 86/08 gebunden, in der er eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten wegen der Höhe der Sicherheit verneint hat. Die Beklagte macht dieses Argument mit der Berufung ausdrücklich auch nicht mehr rechtlich geltend.
(2) Die Beklagte macht nunmehr rechtlich geltend, die Unangemessenheit der Sicherungsabrede folge aus einem zeitlichen Moment. Durch die Formulierung, wonach der Auftragnehmer die Umwandlung der Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft davon abhängig macht, dass bis zur Schlusszahlung „alle bis dahin erhobenen Ansprüche“ erfüllt sein müssen, habe sich die Auftragnehmerin völlig in das Belieben des Auftraggebers stellen müssen, soweit die Geltungsdauer der Vertragserfüllungsbürgschaft betroffen ist. Das ist allerdings lediglich ein - anderes - rechtliches Argument gegen die Wirksamkeit der Sicherungsabrede. Zudem weist die Beklagte selbst zutreffend darauf hin, dass sie dieses Argument in dem noch vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.1.2009 am 19.1.2009 vorab per Fax am 19.1.2009 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage und mithin bereits vor Erlass des Urteils des Senats 11 U 86/08 am 17.2.2009 vorgetragen hat. Die zeitliche Komponente klang zudem zumindest an im Schriftsatz der Streithelferin der Beklagten vom 5.12.2008. Dieses - wiederholte - rechtliche Argument gegen die Sicherungsabrede begründet keine Änderung des Sachverhalts und hebt deshalb die Bindung des Senates an sein Urteil 11 U 86/08 nicht auf.
(3) Weiter wendet die Beklagte gegen die Wirksamkeit der Sicherungsabrede deren Intransparenz ein. Aus dem Verweis in Nr. 6.1 und Nr. 6.2 auf Nr. 33.1 ZVB bzw. 33.2 ZVB wird für den Fall, dass die ZVB nicht Vertragsbestandteil geworden und auch dem Auftragnehmer nicht übergeben worden oder ihm sonst bekannt geworden seien, darauf geschlossen, dass die Sicherungsabrede auf ein unbekanntes Dokument verweise und die rechtliche Ausgestaltung der Bürgschaft in vollem Umfang dem Belieben des Auftraggebers überlasse. Die Klägerin habe zur Existenz dieser ZVB bisher nur geschwiegen. Das trifft zwar zu, war aber auch schon vor Erlass des Urteils 11 U 86/08 der Fall. Die Sachlage hat sich mithin nach Erlass des Urteils 11 U 86/06 nicht geändert. Der Einwand der Intransparenz stellt deshalb lediglich ein nicht auf einen neuen Sachverhalt gestütztes rechtliches Argument gegen die Sicherungsabrede dar, so dass es die Bindungswirkung des Urteils 11 U 86/08 nicht aufheben kann.
(4) Die Beklagte macht weiter geltend: Für den Fall, dass davon ausgegangen würde, die inhaltliche Ausgestaltung der Sicherungsbürgschaft der Auftragnehmer wäre aus dem ihr übergebenen Exemplar des Musters der Bürgschaftserklärung erkennbar gewesen, ergäbe sich die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede aus Folgendem: Durch die Vorlage des Bürgschaftsmusters habe die Klägerin verlangt, dass die Bürgin einschränkungslos auf die Einrede der Aufrechnung nach § 770 BGB verzichte. Die Klausel unterscheide nicht danach, ob die zur Aufrechnung geeignete Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sei. Eine Klausel aber, mit der der Auftraggeber in AGB-mäßiger Weise vorschreibe, dass der Vertragserfüllungsbürge und der Gewährleistungsbürge des Auftragnehmers auf die Einrede der Aufrechenbarkeit einschränkungslos zu verzichten hätten, halte der richterlichen Inhaltskontrolle nicht stand. Dazu bezieht sich die Beklagte auf eine Entscheidung des OLG Jena (4 W 485/09). Auch das ist lediglich ein - neues - rechtliches Argument, dass auf dem bisherigen Sachverhalt beruht. Auch dieses Argument kann deshalb die Bindungswirkung des Urteils 11 U 86/08 nicht aufheben.
(5) Schließlich verweist die Beklagte noch auf die Formulierung im Bürgschaftsformular „Die Zahlung erfolgt, außer bei Inanspruchnahme für Gewährleistung, auf erstes Anfordern.“. Damit habe die Klägerin ein zusätzliches Druckmittel in der Hand. Auch dies ist nur ein - neues - rechtliches Argument, dass keinen neuen Sacherhalt begründet und mithin die Bindungswirkung des Urteils 11 U 86/08 nicht aufhebt.
b) Zu Recht und aus zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, hat das Landgericht auch das Bestehen der durch Bürgschaft gesicherten Forderung dem Grunde und der Höhe nach bejaht. Allerdings steht der Klägerin ein durch Bürgschaft gesicherter Anspruch gegen die Insolvenzschuldnerin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe der Mangelbeseitigungskosten nicht aus § 635 BGB a.F. zu, sondern aus § 13 Nr. 7 VOB/B, weil sie einen VOB/B-Vertrag geschlossen hat. Inhaltlich ergibt sich daraus aber keine Änderung.
aa) Ohne Erfolg macht die Streithelferin der Beklagten unverändert geltend, es liege keine hinreichend konkrete Mangelanzeige der Klägerin vor. Vor diesem Hintergrund könne die Klägerin im Hinblick auf etwaige Gewährleistungsansprüche keine Zahlungsansprüche herleiten. Grundsätzlich könnten nur etwaige Mangelbeseitigungskosten für den Kreuzungsbereich …allee/…weg berücksichtigt werden, da es für andere Bereiche keine wirksame Mangelanzeige gegeben habe. Das Vorliegen von Mängeln sowie der Insolvenzschuldnerin anzulastende Mängel seien stets bestritten worden. Dazu nimmt die Streithelferin der Beklagten auf das Gutachten P… Bezug.
(1) Der Senat hat in seinem Urteil 11 U 86/08 darauf abgestellt, dass die Streithelferin der Beklagten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Beseitigung von Mängeln abgelehnt hat. Das habe zur Folge gehabt, dass sich die ursprünglich werkvertraglichen Ansprüche in einen insolvenzrechtlichen Schadensersatzanspruch aus § 103 Abs. 2 S. 1 InsO umgewandelt hätten. In diesen seien die wechselseitigen Forderungen der Parteien des Werkvertrages als unselbständige Abrechnungsposten in der Form eingegangen, wie sie zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden hätten. Ob zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäße Mangelanzeigen vorgelegen hätten, sei vor diesem Hintergrund unbeachtlich (UA S. 7). Der Senat ist gemäß § 563 Abs. 2 ZPO an diese Rechtsauffassung gebunden.
(2) Unabhängig von Vorstehendem räumt die Streithelferin der Beklagten ein, dass jedenfalls eine ordnungsgemäße Mängelanzeige hinsichtlich der schwerwiegenden Mängel im Kreuzungsbereich …allee/…weg vorlag. Tatsächlich sind auch in der Anlage zur Abnahmeniederschrift vom 10.10.2002 (Anlage A1, Bl. 785 ff.) unter dem Abschnitt „B. Mängel“ als Punkt 26 diese Mängel bezeichnet, wenn es dort heißt „Die beschädigte Pflasterfläche (Materialfehler) im Kreuzungsbereich „…weg“ ist aufzunehmen und neu herzustellen.“ Deshalb sind auch nach Auffassung der Streithelferin der Beklagten jedenfalls die vom Sachverständigen für diesen Kreuzungsbereich veranschlagten Kosten für die Mängelbeseitigung zu berücksichtigen. Diese belaufen sich schon auf den den zugesprochenen Klagebetrag übersteigenden Betrag von ca. 45.500 € brutto. Selbst unter Herausrechnung der Kosten für die Umstellung der Bauweise zur Herstellung der Kreuzung nach dem neuesten Stand der Technik und nicht nur im von der Insolvenzschuldnerin geschuldeten - zwischenzeitlich veralteten - Stand der Technik sind für diesen Kreuzungsbereich bereits 30.300 € zu berücksichtigen.
(3) Zudem sind generell - alle Kreuzungsbereiche betreffende - Absackungen in der Anlage zur Abnahmeniederschrift festgehalten (Punkt 9). Der Kreuzungsbereich W… ist in Punkt 7 erwähnt (beschädigter Bordstein), die L…straße in Punkt 4 (Fugenachse, Absackungen Fahrspuren). Pfützenbildung durch Absackungen ist in Punkt 10 für die Einmündungsbereiche „W…“ und „K…-Platz“ erwähnt, in den Punkten 25 und 26 der Kreuzungsbereich …weg. Schließlich werden in Punkt 29 im Bereich „Parkstraße“ als Mängel zerbrochene und deshalb auszutauschende Tiefbordsteine und die anzugleichende Pflasterung erwähnt. Damit liegen hinsichtlich aller Kreuzungsbereiche eine die Inanspruchnahme aus der Vertragserfüllungsbürgschaft rechtfertigende Mängel, wegen derer sich die Klägerin bei Abnahme Rechte vorbehalten hat, vor. Demzufolge sind auch die vom Sachverständigen für alle Kreuzungsbereiche bezifferten Mängelbeseitigungskosten zu berücksichtigen, nicht nur die für den Kreuzungsbereich …allee/…weg.
bb) Die vom Sachverständigen A… festgestellten Mängel lagen bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor.
Dem Bürgschaftsgläubiger steht gegen den Bürgschaftsschuldner für Kostenerstattung und Schadensersatz wegen Mängeln am Bauwerk ein Rechnungsposten nur dann zu, wenn dieser bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauunternehmers begründet war, d.h. die vom Bauunternehmer zu erbringende Leistung von Anfang an Fehler aufwies (BGH, Urteil vom 16.1.1986, VII ZR 138/85, Rn. 14 - zitiert nach juris). Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen A… ist erwiesen, dass die festgestellten Mängel, die von der Klägerin auch bei Abnahme gerügt worden sind, zu diesem Zeitpunkt vorlagen. Zudem und unabhängig davon lag die Mangelursache - vom Sachverständigen festgestellte grobe Ausführungsfehler - zu diesem Zeitpunkt vor.
cc) Entgegen der Auffassung der Streithelferin der Beklagten sind die vom Sachverständigen A… festgestellten Mängel auch von der Insolvenzschuldnerin zu vertreten. Es handelt sich hierbei nicht um von der AR… zu vertretende Planungsfehler. Zu Recht war das Landgericht auf Grund der gutachterlichen Feststellungen hiervon überzeugt. Der Sachverständige hat sich eindeutig dahin geäußert, dass Planungsmängel nicht vorliegen. Soweit er in seiner Anhörung von Planungsmängeln sprach, bezog sich dies auf Bauüberwachung, und dies nur auf den Kreuzungsbereich …allee/…weg.
dd) Ohne Erfolg macht die Streithelferin der Beklagten außerdem weiterhin geltend, Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin hätten Bedenken gegen die vom Mitarbeiter des Planungsbüros J… angewiesene Art der Ausführung im Kreuzungsbereich …weg mündlich angemeldet.
(1) Die zur Haftungsbefreiung führende Anzeige von Bedenken hatte gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B schriftlich zu erfolgen. Das ist nicht geschehen.
(2) Hier reichte auch nicht ausnahmsweise die mündliche Anzeige von Bedenken aus.
Befolgt der Auftraggeber trotz ausreichender und zuverlässiger mündlicher Belehrung die Hinweise des Auftragnehmers nicht, so kann sich der Auftragnehmer hinsichtlich der hieraus ergebenden Mängel der Leistung auf dessen mitwirkendes Verschulden berufen (Heiermann/Riedl/Rusam-Riedl/Mansfeld, VOB, 12. A., Rn. 60 zu § 4 VOB/B). Allerdings müssen die Bedenken auch dem richtigen Adressaten mitgeteilt werden: das ist der Auftraggeber grundsätzlich selbst. Zwar können die Bedenken auch dem Architekten des Auftraggebers mitgeteilt werden. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn es sich um Fehler handelt, die der Architekt begangen hat oder wenn sich dieser mitgeteilten Bedenken verschließt (Heiermann/Riedl/Rusam-Riedl/Mansfeld, a.a.O., Rn. 62 zu § 4 VOB/B; Ingenstau/Korbion, VOB, 17. A., Rn. 73 zu § 4 Abs. 3 VOB/B). So liegt es hier.
(3) Etwaige Bauüberwachungsfehler des bauleitenden Architekten, um die es sich nach der Feststellung des Sachverständigen handelt, könnten hier der Klägerin als Auftraggeberin nicht im Wege des Mitverschuldens zugerechnet werden. Der bauleitende Architekt ist kein Erfüllungsgehilfe des Bauherrn gegenüber dem ausführenden Unternehmen, so dass der Unternehmer aus der mangelhaften Bauaufsicht des Architekten kein zu Lasten des Bauherrn gehendes mitwirkendes Verschulden herleiten kann (Werner/Pastor, Bauprozess, 13. A., Rn. 2492).
(4) Ohne dass es darauf noch ankäme, würde im Übrigen selbst ein zugunsten der Beklagten und deren Streithelferin zu unterstellendes Mitverschulden von maximal 30 % hinsichtlich der Kosten Kreuzungsbereich …weg (30.300 €), das sind 9.090 €, nicht entscheidend in das Gewicht fallen.
ee) Ohne Erfolg verteidigen sich die Beklagte und die Streithelferin mit der von der Streithelferin Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung mit der offenen Werklohnforderung in Höhe von 66.124,34 €, mit verzugsbedingten Rechtsanwaltskosten sowie mit Zinsen. Die Hilfsaufrechnung greift nicht durch.
(1) Ein eventueller Restwerklohnanspruch der Insolvenzschuldnerin würde schon nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil in den insolvenzrechtlichen Anspruch gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 InsO als unselbständiger Rechnungsposten mit einfließen.
(2) Ein Restwerklohnanspruch besteht überdies aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht, soweit er auf den 8. Nachtrag (Mehrkosten für eine witterungsbedingte Verzögerung) gegründet ist. Der 8. Nachtrag macht bereits den wesentlichen Teil der Restwerklohnforderung aus (92.392,97 DM = 47.239,78 €).
(3) Auf eine sich aus dem 9. Nachtrag (Massemehrungen) ergebende Restwerklohnforderung kommt es schon nicht an.
Der Sachverständige hat die Mängelbeseitigungskosten auf 129.600 € beziffert. Damit übersteigen diese den Bürgschaftshöchstbetrag bei weitem. Der von der Beklagten und deren Streithelferin geltend gemachte Restwerklohnanspruch beträgt 66.124,34 €. Nach Abzug des unbegründeten Nachtrages 8 in Höhe von 47.239,78 € verbleiben 18.884,56 €. Selbst wenn dieser Betrag als unselbständiger Rechnungsposten zur Ermittlung des Anspruchs aus § 103 Abs. 2 S. 1 InsO eingestellt werden würde, verblieben Mängelbeseitigungskosten in den Höchstbetrag der Bürgschaft deutlich übersteigender Höhe von 110.715,44 €
Ohne dass es danach noch darauf ankommt, haben die Beklagte und deren Streithelferin zudem einen Restwerklohnanspruch nicht schlüssig dargelegt.
Der 9. Nachtrag ist von der Klägerin komplett gestrichen worden (133.643,51 DM = 68.330,84 €). Die Klägerin hat andererseits aber zugunsten der Insolvenzschuldnerin in anderen Positionen Massen erhöht, so dass sie unter anderen Titeln teils deutlich höhere Vergütungen als von der Insolvenzschuldnerin ermittelt berechnet hat. Die Streithelferin durfte sich unter diesen Umständen nicht lediglich pauschal darauf berufen, die in der Schlussrechnung berechneten Leistungen seien so erbracht worden. Es fehlt vielmehr an der substantiierten Auseinandersetzung mit der Abrechnung der Klägerin und der substantiierten Darlegung, welche Leistungen über die von der Klägerin abgerechneten hinaus sie erbracht haben will.
ff) Soweit die Streithelferin der Beklagten ihren Vortrag dazu wiederholt, dass die Klägerin nicht mehr berechtigt sei, sich aus der Bürgschaft (über die volle Höhe) zu befriedigen, sondern maximal das Recht zum Einbehalt eines Betrages von 3 % habe, hat dies die Streithelferin der Beklagten bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Die Tatsache, dass der Senat im Urteil 11 U 86/08 diesen Umstand nicht als den Anspruch der Klägerin einschränkend behandelt hat, führt dazu, dass er auch jetzt wegen der Bindungswirkung des Urteils 11 U 86/08 außer Betracht bleiben muss. Der Senat ist in diesem Urteil ausdrücklich von einer Inanspruchnahme aus der Vertragserfüllungsbürgschaft ausgegangen. Im Übrigen handelt es sich auch nach vorstehenden Ausführungen um Vertragserfüllungsansprüche hinsichtlich bei Abnahme erwähnter Mängel.
gg) Ein Zurückbehaltungsrecht steht der Beklagten aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu.
Anschlussberufung der Klägerin
Die Anschlussberufung der Klägerin ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die verwiesen wird, unbegründet.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Senat ist nicht wegen Abweichens von der Entscheidung des BGH vom 5.5.2011, VII ZR 179/10, gehalten, die Revision zuzulassen. Der Entscheidung des BGH lag jedoch ein anderer Fall zugrunde. Im Fall des BGH war die Vertragserfüllungsbürgschaft erst nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung durch den Auftragnehmer in eine Gewährleistungsbürgschaft umzuwandeln, während im vorliegenden Streitfall der Auftragnehmer schon nach Empfang der Schlusszahlung die Umwandlung der Vertragserfüllungs- in die Gewährleistungsbürgschaft verlangen konnte. Zudem war für den BGH letztlich entscheidend, ob der Auftragnehmer die Belastung mit einer Sicherheit von 10 % für die Zeit bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung unangemessen benachteiligt, nachdem die im Klauselwerk der Klägerin vorgesehene Möglichkeit, die Vertragserfüllungsbürgschaft abzulösen, als dem Auftragnehmer nicht zumutbar außer Betracht zu bleiben hatte. Das hat der BGH bejaht. Um eine solche Belastung mit einer Sicherheit von 10 % geht es im vorliegenden Fall nicht.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GKG.