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Wasser- und Bodenverband; Gewässerunterhaltungsverband; Gewässerunterhaltungsbeitrag; Gemeinde; Gewässerunterhaltungsumlage; Grundstückseigentümer; Durchgriffsrüge; Wechsel von Verbandsmitgliedern; Verbandsbeirat; Heilungsregelung; Verbandsgebiet; Gewässereinzugsgebiete; Abweichungen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 07.10.2015
Aktenzeichen OVG 9 N 199.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 93 VwGO, § 124 VwGO, § 124a VwGO, § 1 GUVG BB, § 2 GUVG BB, § 2a GUVG BB, § 80 WasG BB

Tenor

1. Soweit das Verfahren die Gewässerunterhaltungsumlage für das Jahr 2009 betrifft, wird es abgetrennt und unter dem Aktenzeichen OVG 9 N 62.15 fortgeführt.

Insoweit wird der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 10. September 2013 abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens insoweit trägt die Klägerin; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 56,08 Euro festgesetzt.

2. Soweit das Verfahren die Gewässerunterhaltungsumlage für das Jahr 2010 betrifft, wird auf den Antrag des Beklagten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. September 2013 zugelassen. Die Kostenentscheidung insoweit bleibt dem Berufungsverfahren vorbehalten.

Gründe

I.

Der Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 23. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2011 für die Jahre 2009 und 2010 jeweils zu einer Gewässerunterhaltungsumlage von 56,08 Euro heran. Mit Urteil vom 10. September 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage in Bezug auf 2009 abgewiesen, ihr in Bezug auf 2010 stattgegeben. Das Urteil ist der Klägerin und dem Beklagten jeweils am 8. November 2013 zugegangen. Die Klägerin hat am 28. November 2013 die Zulassung der Berufung hinsichtlich der Klageabweisung in Bezug auf 2009 beantragt und ihren Zulassungsantrag erstmals am 8. Januar 2014 begründet. Der Beklagte hat am 25. November 2013 die Zulassung der Berufung hinsichtlich der Klagestattgabe in Bezug auf 2010 beantragt und seinen Zulassungsantrag erstmals am 7. Januar 2014 begründet.

II.

1. Das Verfahren wird gemäß § 93 Satz 1 VwGO aus Gründen der Übersichtlichkeit hinsichtlich des Veranlagungsjahres 2009 abgetrennt.

2. Der hinsichtlich der Klageabweisung in Bezug auf das Veranlagungsjahr 2009 gestellte Berufungszulassungsantrag der Klägerin hat keinen Erfolg. Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Danach ist die Berufung hinsichtlich des Veranlagungsjahres 2009 nicht zuzulassen.

a) Die fristgerechten Darlegungen der Klägerin wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hinsichtlich der Klageabweisung für das Veranlagungsjahr 2009. Die Klägerin hat keinen tragenden Rechtssatz und auch keine erhebliche Tatsachenfeststellung schlüssig angegriffen.

aa) Die Klägerin macht im Wege der Durchgriffsrüge geltend, die Erhebung der Gewässerunterhaltungsumlage für 2009 sei rechtswidrig, weil bereits die Festlegung des Gewässerunterhaltungsbeitrages für 2009 auf Verbandsebene wegen einer seit dem 1. Januar 2009 gesetzeswidrigen Satzungsregelung zu den Verbandsmitgliedern und deren Stimmrechten rechtswidrig sei. Das greift nicht. Zwar hat sich der Mitgliederbestand der Wasser- und Bodenverbände im Land Brandenburg mit Wirkung vom 1. Januar 2009 dahin geändert, dass vorher vorgesehene Mitgliedschaften von Grundstückseigentümern grundsteuerbefreiter Grundstücke weitgehend entfallen sind (vgl. Art. 2 Nr. 2, Art. 7 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften vom 23. April 2008, GVBl. I. S. 62, 90). Entgegenstehende Satzungsvorschriften sind insoweit nichtig geworden. Das hat aber nicht zur Unwirksamkeit der Verbandssatzungen insgesamt geführt. Außerdem hat es nicht per se Auswirkungen auf einen - wie hier - schon im Jahr 2008 beschlossenen Verbandsbeitrag für 2009 gehabt.

bb) Die Klägerin macht im Wege der Durchgriffsrüge geltend, die Erhebung der Gewässerunterhaltungsumlage für 2009 sei rechtswidrig, weil bereits die Festlegung des Gewässerunterhaltungsbeitrages für 2009 auf Verbandsebene wegen fehlender Beteiligung eines Verbandsbeirats rechtswidrig sei. Das greift nicht. Der Landesgesetzgeber hat zwar mit Wirkung vom 1. Januar 2009 einen § 2a in das Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden eingefügt und damit vorgesehen, dass die Gewässerunterhaltungsverbände ab dem 1. Januar 2009 über Verbandsbeiräte verfügen, die bestimmte Mitwirkungsrechte unter anderem im Zusammenhang mit der Aufstellung der Gewässerunterhaltungspläne und der Haushaltspläne der Verbände haben (Art. 2 Nr. 3, Art. 7 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften vom 23. April 2008, GVBl. I S. 62, 90). Der erkennende Senat hat indessen bereits mit Beschluss vom 30. August 2011 - OVG 9 N 4.11 - juris, entschieden, dass es auch im Lichte dieser Gesetzesänderung nicht zu beanstanden ist, wenn der Haushaltsplan eines Gewässerunterhaltungsverbandes für 2009 noch im Jahr 2008 - ohne Mitwirkung eines Verbandsbeirats - beschlossen worden ist und dass insbesondere die genannte Gesetzesänderung hierfür keine Sperrwirkung entfaltet hat. Der Berufungszulassungsantrag der Klägerin gibt keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Weder hat der Senat in seinem Urteil vom 21. März 2012 - OVG 9 B 63.11 - juris, etwas ausgeführt, was den Beschluss vom 30. August 2011 überholt hätte, noch ist sonst ersichtlich, warum die Gewässerunterhaltungsverbände gehindert gewesen sein sollten, im Jahr 2008 - mit den damaligen Mitgliedern - bereits einen Haushaltsbeschluss für 2009 zu treffen, ohne dass dieser im Jahr 2009 noch einmal eine Bestätigung und im Zuge dessen doch eine Mitwirkung des Verbandsbeirats benötigt hätte. Das gilt ungeachtet des zum Jahreswechsel eintretenden Mitgliederwechsels und der ab dem 1. Januar 2009 bestehenden Notwendigkeit eines Verbandsbeirats. Es entspricht einem an sich wünschenswerten Zustand, dass der Haushaltsplan für ein bestimmtes Kalenderjahr bereits vor dem Beginn dieses Kalenderjahres beschlossen wird. Selbst wenn das hier auch oder sogar nur geschehen sein sollte, um noch einmal einen Beitragssatz ohne Beiratsbeteiligung beschließen zu können, liegt darin kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten oder ein Verstoß gegen die Sperrwirkung der vom Gesetzgeber bereits beschlossenen Gesetzesänderung; denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Gesetz überhaupt eine entsprechende Sperrwirkung entfaltet hat.

cc) Die Klägerin macht im Wege der Durchgriffsrüge geltend, die Erhebung der Gewässerunterhaltungsumlage für 2009 sei rechtswidrig, weil bereits die Festlegung des Gewässerunterhaltungsbeitrages für 2009 auf Verbandsebene wegen fehlender Deckungsgleichheit von Verbandsgebiet und den Einzugsgebieten der vom Wasser- und Bodenverband zu unterhaltenden Gewässer rechtswidrig sei. Das greift nicht. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin ist unsubstantiiert. Es lässt nicht ansatzweise erkennen, worin die behaupteten Abweichungen bestehen und welche konkreten Auswirkungen sie auf den Gewässerunterhaltungsbeitrag haben.

dd) Die Klägerin macht im Wege der Durchgriffsrüge geltend, die Erhebung der Gewässerunterhaltungsumlage für 2009 sei rechtswidrig, weil bereits die Festlegung des Gewässerunterhaltungsbeitrages für 2009 auf Verbandsebene wegen kalkulatorischer Einbeziehung von Schöpfwerkskosten rechtswidrig sei. Das greift nicht. Dabei kann offen bleiben, ob überhaupt Schöpfwerkskosten in den Gewässerunterhaltungsbeitrag eingegangen sind, was der Beigeladene bestreitet. Die Klägerin geht davon aus, dass in dem Gewässerunterhaltungsbeitrag von 7,50 Euro/ha kalkulatorisch 0,15 Euro/ha Schöpfwerkskosten enthalten sind. Die Überschreitung des Zulässigen läge danach bei 2,04 % und damit unter einer insoweit anzuerkennenden Bagatellgrenze von jedenfalls 3 % (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 7. Juli 2015 - OVG 9 B 18.13 -, juris, Rdnr. 31).

b) Die Rechtsache weist mit Blick auf die fristgerechten Darlegungen der Klägerin keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Insoweit wird auf das Vorstehende Bezug genommen.

c) Der Rechtssache kommt mit Blick auf die fristgerechten Darlegungen der Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die erstinstanzliche Entscheidung eine bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung gewesen ist, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung in einem Berufungsverfahren im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.

aa) Die sinngemäß von der Klägerin angesprochene Frage, ob und inwieweit es auf Grund geltenden Rechts zulässig sei, dass das Verbandsgebiet des Wasser- und Bodenverbandes "_____im Jahr 2009 von den Gewässereinzugsgebieten der vom Verband zu unterhaltenden Gewässer abgewichen sei, vermittelt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass die Umlagefähigkeit des Gewässerunterhaltungsbeitrages nicht daran scheitert, dass Verbandsgebiete der Wasser- und Bodenverbände im Land Brandenburg jeweils an der Landesgrenze enden oder die Einzugsgebiete mehrerer Gewässer II. Ordnung zu einem Verbandsgebiet zusammengefasst worden sind (vgl. Urteil des Senats vom 17. Juni 2015 - OVG 9 B 20.13 -, juris, Rdnr. 22). Weiter ist geklärt, dass die Umlagefähigkeit nicht daran scheitert, dass auch sonst aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gewisse Abstriche von der Deckungsgleichheit zwischen Verbandsgebiet und Gewässereinzugsgebieten gemacht werden (vgl. a. a. O., Rdnr. 21 und 23). Schließlich ist geklärt, dass eine insoweit nicht gerechtfertigte Abweichung des Verbandsgebiets von den Gewässereinzugsgebieten nur dann die Rechte eines Grundstückseigentümers verletzt, wenn sich die Abweichung gerade zu dessen Lasten auswirkt (Beschluss vom 1. April 2014 - OVG 9 N 12.14 -, juris, Rdnr. 8). Es ist nicht ersichtlich, dass der vorliegende Fall Gelegenheit zu weiterer grundsätzlicher Klärung gibt.

bb) Die sinngemäß von der Klägerin angesprochene Frage, auf welche Verbandssatzung [die Übergangsbestimmung des] § 1 Abs. 3 Satz 8 GUVG abstelle, vermittelt der Sache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Angesichts des Vorstehenden ist schon ihre Entscheidungserheblichkeit nicht dargetan.

d) Aus den fristgerechten Darlegungen des Klägerin ergibt sich nicht, dass das erstinstanzliche Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Insbesondere besteht keine Abweichung hinsichtlich der Frage, ob im Jahr 2008 ohne Beiratsbeteiligung der Gewässerunterhaltungsbeitrag für 2009 beschlossen werden durfte; das ist auch nach Ansicht des erkennenden Senats der Fall.

Die Kostenentscheidung insoweit folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

3. Der hinsichtlich der Klagestattgabe in Bezug auf das Veranlagungsjahr 2010 gestellte Berufungszulassungsantrag des Beklagten ist zulässig und begründet. Hinsichtlich der Klagestattgabe bestehen mit Blick auf die fristgerechten Darlegungen des Beklagten ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat insoweit maßgeblich darauf abgestellt, dass die Mitwirkung eines im Jahr 2009 nur "faktisch" (aber nicht auf satzungsrechtlicher Grundlage) gebildeten Verbandsbeirats an der Festlegung des Verbandsbeitrages für 2010 dem § 2a GUVG in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung nicht gerecht geworden und eine spätere Heilung durch den Wasser- und Bodenverband nicht geglückt sei. Der Beklagte hält dem mit seinem fristgerechten Zulassungsvorbringen zu Recht entgegen, dass der rückwirkend auf den 1. Januar 2009 an den § 2a GUVG angefügte Absatz 5 (Art. 1 Nr. 3, Art. 2 Abs. 2 des Änderungsgesetzes vom 5. Dezember 2013, GVBl. I Nr. 39) nachträglich die Mitwirkung eines nur faktisch gebildeten Verbandsbeirats ausreichen lässt. Soweit § 2a Abs. 2 Satz 1 GUVG es satzungsrechtlicher Regelung überlassen hat, wie viele Vertreter die in der Bestimmung genannten Interessenverbände jeweils in den Verbandsbeirat entsenden dürfen, lässt § 2a Abs. 5 GUVG im Nachhinein jede gewählte faktische Lösung ausreichen (vgl. hierzu LT-Drs. 5/8122, Anlage 2).