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Entscheidung 6 K 82/07


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 6. Kammer Entscheidungsdatum 03.03.2010
Aktenzeichen 6 K 82/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2006 verpflichtet, der Klägerin Ausbildungsförderung in der sich aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ergebenden Höhe für ihr Studium an der University of Namibia im Zeitraum April 2006 bis Juli 2006 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Klägerin zu 3/7 und der Beklagte zu 4/7.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin studierte seit dem Wintersemester 2001/02 an der Universität Trier Betriebswirtschaftslehre und Geographie. Für dieses Studium bewilligte ihr das Amt für Ausbildungsförderung in Trier Leistungen nach dem Bundesausbildungs-förderungsgesetz (BAföG). Im Sommersemester 2005 absolvierte die Klägerin ein Auslandspraktikum in Kenia. Für diesen Zeitraum bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 29. September 2005 Ausbildungsförderung.

Im Wintersemester 2005/06 setzte die Klägerin ihr Studium an der Universität Trier fort. Das Inlandsamt Trier gewährte ihr hierfür mit Bescheid vom 30. November 2005 weiterhin Ausbildungsförderung und setzte zugleich das Ende der Förderungs-höchstdauer von März 2006 auf September 2006 herauf.

Am 8. Februar 2006 beantragte die Klägerin beim Beklagten Ausbildungsförderung für ein Auslandsstudium an der University of Namibia im Zeitraum Februar bis Dezember 2006. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 22. März 2006 ab, da die Förderung einer Auslandsausbildung nach § 16 Abs. 1 BAföG grundsätzlich nur für einen zusammenhängenden Zeitraum gewährt werde und bereits der Aufenthalt der Klägerin in Kenia gefördert worden sei. Hiergegen legte die Klägerin am 4. April 2006 Widerspruch ein und trug nachfolgend zur besonderen Bedeutung des weiteren Auslandsaufenthalts vor. Daraufhin bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2006 Ausbildungsförderung für die Monate Februar und März 2006, wobei erläuternd hinzugefügt wurde, dass die Förderung damit "bis zum Ende der ursprünglichen Förderungshöchstdauer" erfolge. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13. Juli 2006 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, die Förderungshöchstdauer sei hinsichtlich des nunmehr betriebenen Auslandsstudiums noch nicht abgelaufen, zumal sie während ihres Aufenthalts in Kenia beurlaubt gewesen sei. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2006 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an: Die Förderungshöchstdauer der Klägerin sei entsprechend der Regelstudienzeit Ende März 2006 abgelaufen. Eine Beurlaubung der Klägerin an der Universität Trier im Sommersemester 2005 habe keine Auswirkungen auf die Förderungshöchstdauer, da es sich nicht um ein Urlaubssemester im Sinne des BAföG gehandelt habe. Das Gleiche gelte für die Erhöhung der Förderungshöchstdauer durch das Inlandsamt Trier. Die Nichtberücksichtigung der Zeiten einer Ausbildung im Ausland gemäß § 5 a BAföG gelte nach dem Wortlaut dieser Vorschrift allein für eine Ausbildung im Inland, erweitere also nicht den Förderzeitraum einer Auslandsförderung.

Die Klägerin hat am 22. Januar 2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, es habe sich bei dem Sommersemester 2005 um ein nicht zu berücksichtigendes Urlaubssemester gehandelt, so dass über den März 2006 hinaus Ausbildungs-förderung zu gewähren gewesen sei. Auch während des Aufenthalts in Namibia sei sie an der Universität Trier beurlaubt gewesen. Zeiten einer förmlichen Beurlaubung würden eine Unterbrechung der Ausbildung darstellen. Auf § 5 a BAföG komme es deshalb im Ergebnis gar nicht an.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2006 zu verpflichten, ihr Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für das Studium an der University of Namibia auch im Zeitraum April 2006 bis Oktober 2006, hilfsweise bis Juli 2006, zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Urlaubssemester im Sinne des BAföG seien nur Zeiten, in denen der Student seine Ausbildung unterbreche und nicht betreibe, so dass ihm für diese Zeit auch keine Ausbildungsförderung zustehe. Vorliegend habe die Klägerin mit dem Auslandspraktikum in Kenia ihre Ausbildung fortgesetzt, weshalb ihr für diesen Zeitraum auch Leistungen gewährt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz des Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da sie ordnungsgemäß und unter Hinweis auf diese Möglichkeit geladen worden ist.

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die angegriffenen Bescheide sind teilweise rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Klägerin steht Ausbildungsförderung für ihr Studium an der University of Namibia auch für die Monate April bis Juli 2006 zu, ein darüber hinausgehender Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht nicht.

Entgegen der Auffassung des Beklagten endete die Förderungshöchstdauer nicht im März 2006. Dies folgt allerdings nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin im Sommersemester 2005 an der Universität Trier beurlaubt war. Es handelte sich hierbei förderungsrechtlich nicht um ein Urlaubssemester. Denn das von ihr absolvierte Auslandspraktikum in Kenia war Teil ihrer (mithin fortgesetzten und nicht unterbrochenen) Ausbildung, weshalb sie für diesen Zeitraum auch Leistungen nach dem BAföG erhielt (vgl. hierzu etwa Rothe/ Blanke, BAföG-Kommentar, Stand Mai 2009, § 48 Rz. 5.2.1).

Entscheidungserheblich ist vorliegend vielmehr, dass die Zeit der Auslandsausbildung der Klägerin im Sommersemester 2005 gemäß § 5 a Satz 1 BAföG - der hier in der bis zum 31. Juli 2008 geltenden Fassung anzuwenden ist - bei der Leistung von Ausbildungsförderung für die Inlandsausbildung unberücksichtigt bleibt. Dieser Zeitraum muss u. a. bei der Zählung der Fach-semester zur Bestimmung der Förderungshöchstdauer nach § 15 a BAföG außer Betracht bleiben (Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, BAföG-Kommentar, 4. Auflage, § 5 a Rn. 3). Im hier interessierenden Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin endete die Förderungshöchstdauer daher nicht im März 2006 (mit Ende der Regelstudienzeit von neun Fachsemestern), sondern erst mit Ablauf des Sommersemesters 2006.

Die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegende Annahme, die Regelung des § 5 a Satz 1 BAföG sei wegen der Bezugnahme auf die "Ausbildung im Inland" für die Auslandsförderung von vornherein ohne Bedeutung, ist unzutreffend. Zwar begründet § 5 a Satz 1 BAföG keinen selbständigen Förderungsanspruch für Auslandsausbildungen. Ein Auslandsstudium kann deshalb nicht mehr gefördert werden, wenn es erst nach Ablauf der Förderungshöchstdauer begonnen wird, d. h. die Ausbildung im Inland nicht mehr förderungsfähig ist (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 21. März 1991 - 12 A 1251/90 -, NVwZ-RR 1991, 241; VGH Mannheim, Urteil vom 3. November 2003 - 7 S 1609/02 -, FamRZ 2004, 1754). Dies trifft auf den vorliegenden Fall aber gerade nicht zu, da die Ausbildung der Klägerin im Inland - wie dargelegt - aufgrund des im Sommersemester 2005 durchgeführten Auslandspraktikums in Kenia grundsätzlich noch bis Ende September 2006 förderungsfähig war, so dass auch ihr Auslandsstudium während einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildungszeit betrieben wurde. Der Rechtsstandpunkt des Beklagten, wonach für die Auslandsförderung - jedenfalls nach der Rechtslage im hier streitigen Zeitraum - stets die ursprüngliche Förderungshöchstdauer maßgeblich sei, findet im Gesetz keine Grundlage. Die Dauer der Förderungsleistungen wird in §§ 15, 15a BAföG vielmehr ohne Unterscheidung zwischen Inlands- und Auslandsausbildung geregelt, eine Sonderreglung der Förderungsdauer für Ausbildungszeiten im Ausland findet sich - auch nur für bestimmte, hier allerdings einschlägige Fördertatbestände - allein in § 16 Abs. 1 BAföG.

Dabei schließt die letztgenannte Vorschrift den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung nicht aus, beschränkt ihn aber auf den Zeitraum April 2006 bis Juli 2006. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird für eine Ausbildung im Ausland nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 oder Abs. 5 Ausbildungsförderung nämlich längstens für ein Jahr geleistet. Da die Klägerin bereits für ihr Auslandspraktikum in Kenia im Sommersemester 2005 (6 Monate) Leistungen erhielt und ihr Auslandsstudium in Namibia in den Monaten Februar und März 2006 gefördert wurde, hat sie nur noch einen Anspruch auf Förderung für vier weitere Monate. Dass vorliegend die Voraussetzungen für einen erweiterten Förderanspruch nach § 16 Abs. 2 BAföG vorliegen könnten, ist weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 188 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.