Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 24. Senat | Entscheidungsdatum | 25.11.2011 | |
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Aktenzeichen | L 24 KA 14/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 85 Abs 2 SGB 5, § 85 Abs 4 SGB 5, § 85 Abs 4a SGB 5 |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.
I.
Streitig ist eine höhere Vergütung der Klägerin aus vertragsärztlicher Tätigkeit für das Quartal II/2005.
Die Klägerin ist seit 1. April 1991 als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Tätigkeit in Potsdam zugelassen. Sie besitzt die Zusatzbezeichnung Psychotherapie und erbringt schwerpunktmäßig psychotherapeutische Leistungen. Mit Bescheid vom 30. Oktober 1991 wurde ihr die Genehmigung zur Abrechnung entsprechender Leistungen erteilt.
Mit Honorarbescheid vom 27. Oktober 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin, die für die der Beschränkung des Leistungsvolumens unterliegenden 206 Behandlungsfälle insgesamt 229.020 Punkte (103.830 Punkte für den Primärkassenbereich und 125.190 Punkte für den Ersatzkassenbereich) sowie 364.257, 4 nicht der Begrenzung unterliegende Punkte anforderte, für das Quartal II/2005 ein Gesamthonorar vor Abzug von Praxisgebühr und Verwaltungskosten iHv 22.554,27 €. Wegen der Einzelheiten wird auf den Honorarbescheid nebst Anlagen Bezug genommen. Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen den ab 1. April geltenden und der Abrechnung zugrunde liegenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Beklagten und der Krankenkassen vom 19. Mai 2005. Die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nach dem ab 1. April 2005 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) basiere auf einem Punktwert von 5,11 Cent, der hier nicht erreicht werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Alle Leistungen seien innerhalb des Regelleistungsvolumens (RLV) vergütet worden.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtete Klage mit Urteil vom 19. November 2008 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der angegriffene Honorarbescheid sei rechtmäßig. Der von der Beklagten angewandte HVV verstoße nicht gegen höherrangiges Recht und stehe insbesondere im Einklang mit § 58 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) in der hier anwendbaren Fassung vom 11. Dezember 2001 (BGBl I, 3526). Eine Mengenbegrenzung sei im Fall der Klägerin nicht erfolgt, da das RLV nicht ausgeschöpft worden sei. Die unter das RLV fallenden Leistungen seien der Klägerin im Primärkassenbereich mit 4,1 Cent und im Ersatzkassenbereich letztlich mit 4,18 Cent vergütet worden. Für die abgerechneten antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen, die nach dem ab 1. April 2005 geltenden HVV nicht mehr unter das RLV gefallen seien, sei nach § 7 Abs. 4 HVV ein Punktwert von 3,3 Cent abzurechnen gewesen. Diese Regelung sei nicht zu beanstanden. Ein gewichtiger Grund für das geringere Honorar der Klägerin sei auch die kontinuierliche Reduzierung der Fallzahlen im Vergleich zu den Vorquartalen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Die Besonderheiten ihrer Praxis seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Sie habe darauf vertraut, dass es bei der bekannten Grundsystematik der bis 31. März 2005 geltenden Honorarverteilung verbleibe, insbesondere hinsichtlich der psychotherapeutischen Leistungen. Sie habe ihren Sicherstellungsauftrag erfüllt und habe nun einen Honorarverlust „von einem Tag zum andern“ iHv 30% erlitten.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. November 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Vergütungsanspruch für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine Ausgleichspflicht für honorarseitige Nachteile durch die von der Klägerin vorgenommene Spezialisierung mit schwerpunktmäßiger Erbringung psychotherapeutischer Leistungen bestehe nicht.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Gestalt einer Bescheidungsklage weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Beklagte hat die einschlägigen Bestimmungen des hier anwendbaren HVV vom 19. Mai 2005 zutreffend angewandt. Diese verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85 Abs. 4 SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden, hier anzuwendenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe festzulegen. Im Verteilungsmaßstab sind u.a. Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 8 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung; er bestimmt ferner den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen (vgl. § 85 Abs. 4a SGB V).
Die KVen und die seit 1. Juli 2004 als Vertragspartner beteiligten Krankenkassen haben bei der Ausformung des Honorarverteilungsmaßstabs einen Gestaltungsspielraum. Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. st Rspr. des BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können Arztgruppen, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40). Die sachliche Rechtfertigung für die Bildung von Honorartöpfen folgt aus dem Bestreben, dass die in § 85 Abs. 3 bis 3e SGB V normierten Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen sich in den verschiedenen Arztgruppen bzw. Leistungsbereichen gleichmäßig auswirken und nicht die Anteile einzelner Arztgruppen an den Gesamtvergütungen verringert werden, weil andere Gruppen durch Mengenausweitungen ihre Anteile absichern oder sogar vergrößern. Dadurch werden die Punktwerte in den einzelnen Leistungsbereichen stabilisiert, sodass die Ärzte ihre vertragsärztlichen Einnahmen sicherer kalkulieren können. Der Zuordnung zu einem Honorarkontingent steht nicht entgegen, dass Leistungen betroffen sind, die überweisungsgebunden sind (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 24). Ein Honorartopf kann auch Leistungen erfassen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind. Die Zuordnung zu einem Honorarkontingent wird auch nicht ohne weiteres dadurch rechtswidrig, dass die Leistungsmengen erkennbar durch andere Ärzte und deren Überweisungsaufträge ausgeweitet werden und dadurch ein Punktwertverfall eintritt. Bei der Bildung von Honorarkontingenten kann grundsätzlich an die Verhältnisse in einem früheren Quartal angeknüpft werden (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 6/10 – juris – mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. des BSG).
Für die Arztgruppe, der die Klägerin im streitigen Quartal angehörte (Fachärzte für Allgemeinmedizin, Praktische Ärzte und Ärzte für Innere Medizin – hausärztlich -; vgl. Anlage 1 zum HVV), galt gemäß § 10 Abs. 1 HVV ein fallzahlabhängiges RLV, innerhalb dessen feste Punktwerte (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V) vergütet wurden. Das kassenartenspezifische RLV errechnete sich aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen Grenzfallpunktzahl mit der kassenartenspezifischen Grenzfallzahl und dem individuellen Anteil an ambulant kurativen Behandlungsfällen einer Kassenart zur Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen Korrekturfaktors nach § 10 Abs. 4 HVV, der sich bei der Klägerin vorliegend auf 0,5 beläuft (Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle gemäß § 10 Abs. 1 HVV – hier 303– zur durchschnittlichen Fallzahl der entsprechenden Arztgruppe gemäß Anlage 1 im Basiszeitraum IV/03 bis III/04 – hier 930 - = 32% - bei mehr als 25% bis 50% = 0,5). Die arztgruppenspezifische Grenzfallzahl betrug für die einschlägige Arztgruppe 860 Punkte. Hieraus ergab sich das von der Beklagten zutreffend ermittelte RLV für den Primärkassenbereich von 143.620 Punkten (167 x 860) und für dem Ersatzkassenbereich von 140.640 Punkten (174 x 860) bzw. ein individuelles Punktzahlgrenzvolumen für den Primärkassenbereich von 130.290 Punkten und für den Ersatzkassenbereich von 135.450 Punkten. Die dem RLV unterfallenden Leistungen der Klägerin im Umfang von insgesamt 229.020 Punkten sind daher mit den festen Punktwerten nach § 7 Abs. 3 HVV vergütet worden (Primärkassenbereich 4,1 Cent, Ersatzkassenbereich mindestens 4,1 Cent, höchstens 4,5 Cent, ausgezahlt 4,18 Cent). Eine Mengenbegrenzung hat insoweit nicht stattgefunden.
Soweit die Klägerin die aus ihrer Sicht zu geringe Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen rügt, fallen diese nicht in das RLV mit Vergütung durch feste Punktwerte. Antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen gemäß Kap. 35.2 EBM sind nach Anlage 3 zum HVV vom 19. Mai 2005 hiervon ausgenommen und unterlagen somit nicht den Regelungen zum RLV des § 10 HVV. Sie wurden nach § 7 Abs. 4 HVV mit einem Punktwert von 3,3 Cent vergütet. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte nicht verpflichtet, hierfür einen Punktwert von 5,11 Cent in Ansatz zu bringen. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte zwar hierzu für Fälle aus der Zeit bis Ende 1998 entschieden, dass die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und die im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten im Rahmen der Honorarverteilung im Hinblick auf den von der Beklagten zu beachtenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit grundsätzlich einen Anspruch auf Honorierung der zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV des EBM aF mit einem Punktwert von 10 Pfennig (= 5,11 Cent) haben (vgl Urteile vom 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 33, vom 12. September 2001 - B 6 KA 58/00 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 41, vom 6. November 2002 - B 6 KA 21/02 R = SozR 3-2500 § 85 Nr. 49 sowie vom 28. Januar 2004 - B 6 KA 52/03 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 8, jeweils mwN). Demgemäß sieht § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V nunmehr auch ausdrücklich vor, dass u.a. ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte je Zeiteinheit angemessen zu vergüten sind. Die Klägerin war in dem hier in Rede stehenden Quartal aber nicht ausschließlich psychotherapeutisch tätig, sondern in einem Umfang von 61,22 % (nur) schwerpunktmäßig. Durch die Herausnahme der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen aus dem RLV – wie noch im Quartal I/2005 – war die Klägerin somit durch die von ihr vorgenommene Spezialisierung betroffen, während die Vertragsärzte ihrer Arztgruppe mit „klassischem“ Leistungsspektrum eine Verbesserung der Vergütung erfuhren, weil sie das RLV mit den höheren festen Punktwerten von mindestens 4,1 Cent ohne die zeitaufwändigen psychotherapeutischen Leistungen ausschöpfen konnten.
Der feste Punktwert von 3,3 Cent verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist insbesondere nicht unverhältnismäßig niedrig. Ein dauerhafter Punktwertverfall i.S. der Rechtsprechung des BSG liegt nicht vor.
Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 83, 1) - ergangen zu dem Fall eines Honorartopfes für CT-/MRT-Leistungen - besteht eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht derart, dass die KV zu regelmäßiger Überprüfung der Honorar- und Punktwertentwicklung verpflichtet ist und im Falle eines gravierenden Punktwertabfalls in bestimmten Bereichen unter Umständen stützend eingreifen muss. Voraussetzung ist, dass ein dauerhafter Punktwertabfall vorliegen und die Arztgruppe in einem vom Umsatz her wesentlichen Leistungsbereich betroffen sein muss, dass die zum Punktwertverfall führende Mengenausweitung nicht von der betroffenen Arztgruppe mit zu verantworten ist sowie dass der Honorarrückgang nicht durch Rationalisierungseffekte auf Grund von Mengensteigerungen und/oder beim Kostenfaktor kompensiert wird. Ein gravierender Punktverfall ist erst dann gegeben, wenn der Punktwert für die aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen mindestens 15 % unter denjenigen für den größten Teil dersonstigen Leistungen liegt (BSG aaO). Die in Rede stehenden psychotherapeutischen Leistungen wurden vorliegend, und zwar ausnahmslos, mit einem deutlich geringeren Punktwert als die dem RLV unterfallenden Leistungen vergütet. Sie gehören jedoch nicht zum wesentlichen Leistungsbereich der Arztgruppe, der die Klägerin angehört. Im Übrigen bilden die RLV-Punktwerte schon deswegen keine brauchbare Vergleichsbasis, weil vorliegend Leistungen im nicht-budgetierten Bereich betroffen sind. Als Maßstab für die Feststellung eines um 15 % abgesunkenen Punktwerts eignet sich aber auch nicht der durchschnittliche Punktwert der nicht-budgetierten Leistungen, weil dieser nur einen verhältnismäßig kleinen Teil aller Leistungen erfassen würde (vgl. BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 2), also kaum als repräsentativ angesehen werden kann (vgl. BSGE 93, 258).
Die unterschiedliche Vergütung antragspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen in der Fachgruppe der Klägerin gegenüber den Arztgruppen der Anlage 2 zum HVV ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn sie verfolgt – wie dargelegt – einen legitimen Zweck und ist Folge der - gesetzlich angelegten (vgl. § 85 Abs. 4a SGB V) - Bildung von Honorarkontingenten für die „Hausärzte“ einerseits und die Ärzte der Anlage 2 zum HVV andererseits. Sie führt lediglich zu einer Honorarverschiebung zugunsten der budgetierten Leistungen innerhalb der Fachgruppe der Klägerin (zur Problematik eines – hier nicht vorliegenden - Aufteilungsverhältnisses im Honorarverteilungsmaßstab zwischen budgetierten und unbudgetierten Fachgruppen vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 6/10 R -), ohne dass dadurch die Annahme gerechtfertigt wäre, die Klägerin könne auf Ihrem Fachgebiet ihre Praxis nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll betreiben. Dies erhellt auch daraus, dass die Klägerin ihr RLV-Budget mit festen Punktwerten in dem hier in Rede stehenden Quartal gar nicht ausgeschöpft hat und ihr daher eine Ausweitung durch die Steigerung der Patientenzahl und die Vermehrung von RLV-Leistungen durchaus möglich ist und nach den Hinweisen der Beklagten auf das Quartal I/2006 wohl auch erfolgt ist.
Der Honorarrückgang beruhte somit einerseits darauf, dass der Klägerin durch den selbst gesetzten Schwerpunkt ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen den dem RLV unterfallenden Leistungen und den psychotherapeutischen Leistungen nicht mehr im gewünschten Sinne möglich war, und dass darüber hinaus auch die Fallzahl im Quartal II/2005 deutlich niedriger war als noch in den Vorquartalen. Die durch die Spezialisierung ergebenden Nachteile hat die Klägerin indes selbst zu tragen (vgl BSG, Urteil vom 7. Februar 1996 – 6 RKa 6/95 = SozR 3-5533 Nr. 763 Nr. 1). Ein aus dem Gebot einer angemessenen Vergütung herzuleitender Anspruch auf Höherbewertung bestimmter Leistungen oder Leistungskomplexe besteht nicht (BSG aaO). Allgemein gilt hier, dass der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen sich erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln.
Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ( vgl. BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist. Diese ergeben spezifisch vertragsarztrechtliche Begrenzungen der Honorierung. Die Vorschrift des § 85 Abs. 3 SGB V enthält Vorgaben für die Bemessung der Gesamtvergütungen und die Zuweisung dieser Aufgabe an die dort genannten Vertragsparteien. Das so festgelegte Gesamtvergütungsvolumen haben die KVen und die Krankenkassenverbände zu beachten, wenn sie gemäß § 72 Abs. 2 SGB V ("im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses" bzw. früher: des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) die weiteren Regelungen für die vertragsärztliche Versorgung treffen. Dabei haben sie zwei Ziele zu realisieren. Sie müssen zum einen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten und zum anderen für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen Sorge tragen. Die unter Umständen bestehenden Schwierigkeiten, im Rahmen des begrenzten Gesamtvergütungsvolumens diesen beiden Zielen zugleich in vollem Umfang gerecht zu werden, können es notwendig machen, diese in einen verhältnismäßigen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierfür hat der Gesetzgeber des SGB V ineinander greifende Zuständigkeiten verschiedener Institutionen vorgesehen. Die Festlegung der Angemessenheit einer Vergütung ist vorrangig den Kompetenzen von Bewertungsausschuss (§ 87 SGB V - Bestimmung von Inhalt und Punktzahlen der abrechenbaren Leistungen), Gesamtvertragsparteien (§ 85 Abs. 3 SGB V - Bemessung der Gesamtvergütungen; § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V -Honorarverteilungsmaßstab) und KVen (§ 85 Abs. 4 SGB V - Verteilung der Gesamtvergütungen) überantwortet (vgl BSGE 93, 258). Der danach erforderliche Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung ist - erst - dann nicht mehr verhältnismäßig (mit der Folge eines Anspruchs der Ärzte auf höheres Honorar bzw. eine Honorarstützung aus dem Gesichtspunkt angemessener Vergütung), wenn in einem - fachlichen und/oder örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG aaO, st Rspr.). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin angeführten Honorarrückgänge die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen bzw. psychotherapeutischen Bereich gefährdet haben könnten, liegen indes nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 2, 63 Gerichtskostengesetz. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar.