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Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 26.05.2011
Aktenzeichen L 4 R 419/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 240 SGB 6

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. November 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für beide Rechtszüge keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der 1956 geborene Kläger schloss seine Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter mit der Spezialisierung Maler, die er am 1. September 1973 begonnen hatte, mit einem Facharbeiterzeugnis vom 15. Juli 1975 ab. Ab dem 16. Juli 1975 arbeitete er als Maler beim VEB B. Ab dem 16. Mai 1977 war er als Rohrlegerhelfer und ab dem 1. Dezember 1978 als Rohrleger beim VEB beschäftigt. Mit einem Zeugnis vom 4. Juli 1979 wurde ihm bescheinigt, dass er aufgrund eines Qualifizierungsvertrages mit dem vorgenannten VEB die Ausbildung zum Betriebsschlosser mit der Facharbeiterprüfung abgeschlossen habe. Ab dem 1. Januar 1984 nahm er in demselben Betrieb die Aufgaben eines Rohrlegers als Stellvertreter des Meisters und ab dem 1. Januar 1987 die eines Rohrlegers mit Weisungsbefugnis wahr. Nachdem er zwischenzeitlich vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Mai 1990 als Wasserinstallateur beim gearbeitet hatte, war er ab dem 1. Juni 1990 wieder bei seinem vorherigen Beschäftigungsbetrieb als Rohrleger mit Weisungsbefugnis tätig. Vom 4. Mai 1992 bis zum 30. November 2003 hatte er eine Stelle als Baufachwerker im Tiefbau/Rohrverlegung bei der C GmbH. Er hatte dabei den Erdaushub, die Einsteifung des Baugrabens und die Rohrverlegung vorzunehmen. Ihm wurde der tarifliche Mindestlohn West in Höhe von 12,47 EUR pro Stunde bezahlt. Seit dem 12. Juni 2003 war der Kläger wegen orthopädischer Beschwerden krankgeschrieben. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber gekündigt.

In der Zeit vom 14. Oktober 2003 bis zum 10. November 2003 unterzog sich der Kläger einer orthopädischen Rehabilitationsbehandlung. Nach dem Entlassungsbericht vom 26. November 2003 litt er an einem chronischen Impingementsyndrom des rechten Schultergelenks mit Zustand nach Arthroskopie vom 10. Juli 2003 bei Rotatorenmanschettenruptur, einem beidseitigen chronischen zervikobrachialen Schmerzsyndrom, einem chronischen lumbalen Schmerzsyndrom bei fehlstatischer Wirbelsäulenbelastung sowie arthromuskulären Dysfunktionen und Asthma bronchiale. Die letzte berufliche Tätigkeit als Rohrleitungs- und Tiefbauarbeiter könne der Kläger nur noch weniger als drei Stunden täglich ausüben. Er sei aber noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit überwiegend im Gehen, Stehen und Sitzen in allen Schichtformen für mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien häufige Überkopfarbeiten sowie lang anhaltende statische Zwangshaltungen der Arme in Schulterhöhe und häufiges nicht rückengerechtes Bücken und schweres Heben und Tragen.

Am 9. November 2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, den er mit starken Schmerzen und starken Bewegungseinschränkungen in der rechten Schulter sowie mit Gelenkschmerzen im Ellenbogen begründete. Nach einem Sozialmedizinisches Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg vom 8. Januar 2004 ist dem Kläger eine körperlich schwere Tätigkeit als Bauarbeiter nicht mehr möglich. Nach der von der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskunft der C GmbH handelte es sich bei der Tätigkeit des Klägers um Arbeiten, die im Allgemeinen von Facharbeitern (Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Facharbeiterbrief der ehemaligen DDR) verrichtet werden, wobei die tarifliche Einstufung der Tätigkeit entsprochen habe. Mit Bescheid vom 21. April 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab und gab zur Begründung an, der Kläger könne zwar seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, sei jedoch noch in der Lage, mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Auf den am 12. Mai 2004 eingelegten Widerspruch holte die Beklagte ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dipl.-Med. P vom 10. Juni 2004 ein. Dieser untersuchte den Kläger am 8. Juni 2004 und diagnostizierte eine schmerzhafte Teilsteife der Schulter rechts bei Impingementsyndrom nach Rotatorenmanschettenruptur, offener Arthrolyse und Rotatorenmanschettennaht und eine rezidivierende rechtsbetonte Zervikobrachialgie bei Halswirbelsäulenfehlstatik, Spondyloosteochondrose C 5/C 6. Die frühere Beschäftigung als Tiefbauarbeiter sei nicht mehr möglich. Der Kläger könne aber leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Schichten und Arbeitshaltungen unter Vermeidung der Überkopfarbeit mit rechts, des beidhändigen Hebens und Tragens von Lasten, des Erklimmens von Leitern und Gerüsten noch mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht, weil der Kläger noch mindestens sechs Sunden täglich arbeiten könne. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit könne er nicht beanspruchen, weil er als ausgebildeter Baufachwerker in die Gruppe der angelernten Arbeiter des unteren Bereichs einzustufen sei, so dass er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.

Hiergegen hat der Kläger am 13. Juli 2004 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Dieses hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt und anschließend den Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin Dr. M mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat den Kläger am 3. Juni 2005 untersucht und mit seinem Gutachten vom selben Tage ein chronisches Zervikalsyndrom mit brachialgieformer Ausstrahlung (Irritation der Nervenwurzel C 7 rechts), eine Schultersteife („frozen shoulder“) rechts, eine Adipositas, myostatische Rumpfinsuffizienz, einen beidseitigen Senk- und Spreizfuß sowie Asthma bronchiale diagnostiziert. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten. Das Heben und Tragen von zwölf bis zeitweise fünfzehn Kilogramm schweren Lasten sei zumutbar. Die Arbeit sollte im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen durchgeführt werden können. Die Möglichkeit zum gelegentlichen Haltungswechsel sollte gegeben sein. Einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten mit der rechten Schulter seien zu vermeiden. Arbeiten unter Zeitdruck, in einem festgelegten Arbeitsrhythmus oder Computerarbeiten seien möglich. Die Belastbarkeit der Arme und Hände sowie Beine und Füße sei altersentsprechend ausreichend vorhanden. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht eingeschränkt. Das Arbeiten in klimatisierten Räumen sei zu bevorzugen. Wechselschichten seien zumutbar. Die Wegefähigkeit des Klägers sei uneingeschränkt vorhanden. Er könne vollschichtig als Pförtner oder als Hausmeister arbeiten.

Vom 11. April 2005 bis zum 19. August 2005 nahm der Kläger an einer Weiterbildungsmaßnahme zur Fachkraft für Information und Empfang teil, wovon die Beklagte das Sozialgericht in Kenntnis setzte. Nach der auf Veranlassung des Sozialgerichts am 19. September 2005 eingegangenen Arbeitgeberauskunft der C GmbH entsprach die dortige Tätigkeit des Klägers derjenigen eines Facharbeiters mit abgeschlossener Lehre. Der Kläger sei auch tariflich als Facharbeiter eingestuft gewesen. Die Beklagte ist einer Einstufung als Facharbeiter entgegengetreten, weil die Ausbildung des Klägers zum Ausbaufacharbeiter weniger als zwei Jahre gedauert habe.

Seit dem 15. Januar 2007 ist der Kläger unbefristet als Hausmeister tätig, wofür die Beklagte einen Eingliederungszuschuss bewilligt hat. Der Arbeitgeber hat angegeben, dass der Kläger für diese Tätigkeit gesundheitlich geeignet sei. Die schweren Tätigkeiten wie Winterdienst, Reparaturarbeiten und Straßenreinigung würden von einem Helfer ausgeführt.

Das Sozialgericht hat der Klage, die auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beschränkt worden ist, mit Urteil vom 6. November 2008 stattgegeben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2004 verurteilt, dem Kläger ab Antragstellung unter Anrechnung bereits gezahlten Übergangsgeldes eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufunfähigkeit zu gewähren. Der Kläger könne seinen bisherigen Beruf als Baufachwerker nicht mehr ausüben. Es könne offen bleiben, ob der Kläger als Facharbeiter einzustufen sei. Jedenfalls gehöre er zu den Angelernten des oberen Bereiches, für die eine Verweisungstätigkeit benannt werden müsse. Dem sei die Beklagte jedoch nicht nachgekommen. Die Benennung einer Beschäftigung als Fachkraft für Information und Empfang genüge nicht, da es sich nicht um einen typischen Arbeitsplatz mit einer üblichen Berufsbezeichnung handle.

Gegen die ihr am 19. März 2009 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am Montag, dem 20. April 2009 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Meinung, bei einem Baufachwerker handle es sich um einen Angelernten des unteren Bereichs, der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne. Selbst wenn der Kläger als Angelernter des oberen Bereichs anzusehen wäre, könnte er auf die gegenwärtig ausgeübte Tätigkeit als Hausmeister oder eine Tätigkeit als Pförtner verwiesen werden. Sogar für den Fall, dass er als Facharbeiter einzustufen sei, lasse sich eine Verweisung vornehmen, nämlich auf eine Beschäftigung als Hausmeister in größeren Wohnanlagen oder als gehobener Pförtner, zumal der Kläger aufgrund der Fortbildung zur Fachkraft für Information und Empfang über entsprechende Kenntnisse verfüge.

Der Senat hat eine Auskunft des gegenwärtigen Arbeitgebers des Klägers vom 14. Oktober 2009 eingeholt. Danach war der Kläger tariflich der Lohngruppe 1 zugeordnet und erhielt einen Stundenlohn in Höhe von 8,15 EUR. Die Einordnung entspreche der Tätigkeit. Die Anlernzeit habe wie üblicherweise sechs Monate betragen. Der Senat hat darüber hinaus Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte angefordert und erhalten, nämlich den des Facharztes für Orthopädie Dr. von F vom 23. Oktober 2009 und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F vom 2. November 2009. Während Dr. F von einem unveränderten Gesundheitszustand bericht hat, sind von Dr. von F zusätzliche Schmerzen in der linken Schulter geschildert worden. Schließlich hat der Senat einen Berufenet-Steckbrief der Bundesagentur für Arbeit zum Beruf des Baufachwerkers der Fachrichtung Tiefbau, eine berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamts Hessen vom 22. November 2010 aus dem Verfahren S 2 R 469/09 des Sozialgerichts Gießen und ein Internet-Informationsblatt des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes zum Entgeltrahmenabkommen der Metall- und Elektroindustrie beigezogen.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2010 ist die Beklagte dem erstinstanzlichen Urteil hinsichtlich der Zeit ab dem 1. November 2008 vorläufig nachgekommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2004 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Voraussetzungen des dafür als Anspruchsgrundlagen ausschließlich in Betracht kommenden § 240 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sind nicht erfüllt.

Danach haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch solche Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (Urteil vom 25. Januar 1994, 4 RA 35/93; Urteil vom 16. November 2000, B 13 RJ 79/99 R). Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtet hat, das heißt mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höher qualifizierte Tätigkeit im wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R). Der danach für den Berufsschutz des Klägers maßgebliche bisherige Beruf ist der des Baufachwerkers der Fachrichtung Tiefbau. Diesen kann der Kläger nach der Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Med. P, die mit dem Entlassungsbericht vom 26. November 2003 sowie dem Sozialmedizinisches Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg vom 8. Januar 2004übereinstimmt und die sich der Senat nach eigener Prüfung zu Eigen macht, nicht mehr ausüben.

Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb (Bundessozialgericht, Urteil vom 3. November 1994, 13 RJ 77/93).Eine Verweisung, die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sogenannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R).

Nach dieser Maßgabe muss hier ein Verweisungsberuf benannt werden. Der Kläger ist als Facharbeiter einzustufen und somit der Stufe 3 des Stufenschemas zuzuordnen. Bei dem Beruf des Baufachwerkers im Tiefbau handelt es sich nach dem Berufenet-Steckbrief der Bundesagentur für Arbeit um einen Beruf, der eine dreijährige Ausbildung voraussetzt. Zwar absolvierte der Kläger lediglich eine knapp zweijährige Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter mit der Spezialisierung Maler sowie eine berufsbegleitende Qualifizierung zum Betriebsschlosser. Diese beiden Facharbeiterabschlüsse sind jedoch nach Art. 37 Abs. 3 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889 ff.) als gleichwertiger Nachweis für eine bundesdeutsche Baufacharbeiterausbildung mit einer gegebenenfalls längeren Lehrzeit anzusehen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Februar 2009, L 27 R 26/08). Aufgrund der Fachnähe der beiden abgeschlossenen Ausbildungen zu dem zuletzt ausgeübten Beruf sowie der langjährigen Berufserfahrung des Klägers als Rohrleger mit Weisungsbefugnis ist jedenfalls davon auszugehen, dass er den Beruf des Baufachwerkers im Tiefbau als Facharbeiter ausübte. Das wird auch durch die Angaben des Arbeitgebers belegt, der den Kläger ausdrücklich als Facharbeiter einstufte. An dem gefundenen Ergebnis ändert auch die tarifliche Einordnung des Klägers nichts. Der Stundenlohn in Höhe von 12,47 EUR entspricht der Lohngruppe 2 im Sinne des § 2 Abs. 3 Buchst. a) des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 29. Oktober 2003 in Verbindung mit § 5 Ziffer 3 des Bundesrahmentarifvertrages für Arbeiter des Baugewerbes vom 4. Juli 2002. Mit dieser Lohngruppe werden zwar lediglich Tätigkeiten von Fachwerkern, Maschinisten und Kraftfahrern erfasst, nämlich fachlich begrenzte Arbeiten nach Anweisung (Teilleistungen eines Berufsbildes oder angelernte Spezialtätigkeiten), wozu ausdrücklich auch die Tätigkeit des Rohrlegers (Herstellen von Rohrgräben und Rohrgrabenverkleidungen sowie Verlegen von Rohren, Abdichten von Rohrverbindungen, Ausführen von einfachen Dichtigkeitsprüfungen) gehört. Die Qualifikation des Klägers entspricht jedoch der Lohngruppe 3, mit der Facharbeiter, Baugeräteführer und Berufskraftfahrer erfasst werden und für die unter anderem bereits eine anerkannte Ausbildung außerhalb der baugewerblichen Stufenausbildung oder eine anerkannte Ausbildung als Maler und Lackierer, Garten- und Landschaftsbauer oder Tischler jeweils mit Berufserfahrung ausreicht.

Der Kläger kann jedoch als Facharbeiter jedenfalls auf den Beruf des Montierers verwiesen werden (vgl. hierzu Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. April 2011, L 5 R 331/09).Dieser Verweisungsberuf ist sozial zumutbar. Es handelt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsamts Hessen vom 22. November 2010 um eine Tätigkeit, die an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird und für die im Allgemeinen eine Anlernzeit von drei Monaten ausreicht. Ausweislich des beigezogenen Internet-Informationsblatts des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes zum Entgeltrahmenabkommen der Metall- und Elektroindustrie wird das Montieren von Einzelgeräten den Entgeltgruppen 3 und 4 zugeordnet. Während die Entgeltgruppe 4 in der Regel eine mindestens zweijährige Ausbildung voraussetzt, also nach dem Stufensystem des Bundessozialgerichts bereits der Facharbeiterstufe zuzurechnen ist, werden die Kenntnisse und Fertigkeiten der Entgeltgruppe 3 in der Regel durch ein systematisches Anlernen von bis zu sechs Monaten erworben. Angesichts der handwerklichen Vorkenntnisse, die der Kläger insbesondere bei seiner Ausbildung zum Betriebsschlosser gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass er diese Verweisungstätigkeit innerhalb dreier Monate auf der oberen Anlernebene ausüben kann.

Die Verweisungstätigkeit ist auch medizinisch zumutbar. Es handelt sich nach den überzeugenden Darlegungen des Landesarbeitsamts Hessen vom 22. November 2010 zumeist um körperliche leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, überwiegend in sitzender Körperhaltung. Erforderlich sind ein gutes Sehvermögen, handwerkliches Geschick und Fingerfertigkeit. Gleichwohl wird ein gewisses Maß an Genauigkeit, Sorgfalt, Geduld, Ausdauer, Daueraufmerksamkeit und an das Konzentrationsvermögen verlangt. Abhängig vom Betrieb kann auch Zeitdruck sowie Schichtarbeit vorkommen. Die zuletzt vom Sachverständigen Dr. M genannten qualitativen Leistungseinschränkungen werden diesen Anforderungen gerecht. Soweit Dr. von F zuletzt von zusätzlichen Schmerzen des Klägers in der linken Schulter berichtet hat, bestehen keine Anhaltspunkte dafür dass sich dadurch die qualitative Leistungsfähigkeit geändert hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.