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Entscheidung S 27 KR 65/11


Metadaten

Gericht SG Frankfurt (Oder) 27. Kammer Entscheidungsdatum 18.12.2012
Aktenzeichen S 27 KR 65/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989, § 3 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 5 Abs 5 SGB 5

Leitsatz

Jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Unternehmers für den landwirtschaftlichen Betrieb auf einen zu vernachlässigenden Anteil der ihm zur Verfügung stehenden Gesamtarbeitszeit, d. h. auf einen Umfang von weniger als 2 Stunden pro Woche beschränkt ist, kann von einer selbständigen Tätigkeit als Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bei gleichzeitiger abhängiger Vollzeitbeschäftigung keine Rede mehr sein. Auf die erzielten Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb kommt es dann für die Abgrenzung der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 und § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht mehr an.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Zuständigkeit der Klägerin als landwirtschaftliche Krankenkasse für eine selbständige Landwirtin (Beigeladene zu 1), die zugleich beim Beigeladenen zu 2) in einem vollschichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.

Die 1965 geborene Beigeladene zu 1) ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes in M. Bewirtschaftet wird eine landwirtschaftliche Fläche von mehr als 400 ha. Darüber hinaus verfügt der landwirtschaftliche Betrieb über mehr als 100 Milchkühe und mehr als 100 Rinder.

Im Zeitraum 2007 bis 2009 sind für die Beigeladene zu 1) in den ihr kalenderjährlich erteilten Einkommensteuerbescheiden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 6.140,00 € (2008) bis hin zu 13.730,00 € (2009; 2007: 7.835,00 €) ausgewiesen. Die vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen weisen demgegenüber mit Ausnahme des Wirtschaftsjahres Juli 2007 bis Juni 2008 (Gewinn: 20.975,63 €) Gewinne aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zwischen 64.093,32 € (Wirtschaftsjahr Juli 2009 bis Juni 2010) und 68.504,78 € (Juli 2010 bis Juni 2011; Juli 2008 bis Juni 2009: 66.268,19 €) aus.

Bis zum 30.09.2010 wurde die Beigeladene zu 1) als landwirtschaftliche Unternehmerin bei der Klägerin als versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) geführt. Seit dem 01.10.2010 ist die Beigeladene zu 1) als Leiterin der Geschäftsstelle L. beim B.verband N. mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden unbefristet als abhängig Beschäftigte angestellt. Ihr Jahresbruttogehalt beträgt dort 39.996,00 €.

Nach der Aufnahme der abhängigen Beschäftigung trat die Beigeladene zu 1) der Beklagten mit dem Status als versicherungspflichtiges Mitglied (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) bei. Mit Schreiben vom 16.11.2010 wandte sich die Klägerin daher an die Beigeladene zu 1) und bat um weitere Informationen. In dem sodann an die Klägerin übersandten Fragebogen gab die Beigeladene zu 1) an, sie beschäftige in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb 4 Arbeitnehmer jeweils mehr als 15 Stunden wöchentlich. Daneben sei ihr Sohn im Unternehmen mehr als 10 Stunden wöchentlich beschäftigt. Ihr eigener Zeitaufwand für den landwirtschaftlichen Betrieb betrage 1,5 Stunden wöchentlich.

Auf Anfrage der Klägerin teilte die Beklagte dieser sodann mit Schreiben vom 23.12.2010 mit, es werde weiterhin von einer Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmerin in der Zuständigkeit der Beklagten ausgegangen. Mit weiterem Schreiben vom 17.01.2011 bestätigte die Beklagte gegenüber der Klägerin ihre zuvor getroffene Einschätzung.

Mit Schreiben vom 23.02.2011 teilte die Klägerin dann allerdings der Beigeladenen zu 1) mit, es werde von einer hauptberuflich selbständigen (landwirtschaftlichen) Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ausgegangen. Deshalb sei die Beigeladene zu 1) weiterhin versicherungspflichtig in der KVdL. Die Kriterien der Hauptberuflichkeit seien bereits deshalb erfüllt, weil die Klägerin mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftige.

Mit der am 15.04.2011 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der KVdL. Die Begründung entspricht im Wesentlichen dem Vortrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Tätigkeit der Frau U. als selbständige landwirtschaftliche Unternehmerin eine hauptberufliche Tätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 5 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) darstellt, deshalb eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht eintreten kann und folglich die bis zum 30.09.2010 bestehende Versicherungspflicht als landwirtschaftliche Unternehmerin entsprechend § 2 Abs. 1 Nr. 1 des 2. Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, sowohl hinsichtlich des Arbeitsaufwandes als auch hinsichtlich der Erträge überwiege die abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 2) deutlich deren selbständige landwirtschaftliche Tätigkeit. Demnach handele es sich lediglich um eine nebenberufliche Selbständigkeit der Beigeladenen zu 2).

Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beigeladene zu 1) mitgeteilt, körperliche Arbeiten verrichte sie im landwirtschaftlichen Betrieb grundsätzlich nicht. Die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben würde sich schon aufgrund ihrer ständigen Ortsabwesenheit auf ein Minimum beschränken. Sie sei nur ca. ein Wochenende im Monat überhaupt im landwirtschaftlichen Betrieb anwesend. Das im landwirtschaftlichen Betrieb angestellte Personal arbeite im Wesentlichen eigenständig. Vor Ort notwendige Verwaltungsaufgaben würden durch ihre Kinder F. und S. erledigt. Die Klägerin hat hierzu ausdrücklich erklärt, die Angaben der Beigeladenen zu 1) zu den tatsächlichen Verhältnissen würden nicht angezweifelt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zwar als Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft (ausdrücklich BSG, Beschluss vom 05.10.2006 – B 10 KR 5/05 R, veröffentlicht in JURIS-Datenbank, m. w. Nw.) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Zuständig für die Durchführung der Krankenversicherung der Beigeladenen zu 1) ist seit dem 01.10.2010 ausschließlich die Beklagte.

a) Die Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich aus § 173 Abs. 1 SGB V. Danach sind u. a. Versicherungspflichtige im Sinne des § 5 Abs. 1 SGB V Mitglied der von Ihnen gewählten Krankenkasse, soweit nicht u. a. im Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) etwas Abweichendes geregelt ist. Als gegen Arbeitsentgelt beim Beigeladenen zu 2) abhängig Vollzeitbeschäftigte unterliegt die Beigeladene zu 1) hier der Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Als zuständige Krankenkasse hat sie die Beklagte gewählt.

b) Der Zuständigkeit der Beklagten entfällt auch nicht dadurch, dass die Beigeladene zu 1) als Landwirtin grundsätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 erfüllt. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 sind u. a. Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, auf Bodenbewirtschaftung beruht und die Mindestgröße im Sinne des § 1 Abs. 5 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) erreicht, versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Landwirte. Ein Unternehmen der Landwirtschaft erreicht gem. § 1 Abs. 5 ALG dann die Mindestgröße, wenn sein Wirtschaftswert einen von der Landwirtschaftlichen Alterskasse im Einvernehmen mit dem Spitzenverband der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung unter Berücksichtigung der örtlichen oder regionalen Gegebenheiten festgesetzten Grenzwert erreicht; der Ertragswert für Nebenbetriebe bleibt hierbei unberücksichtigt. Der Wirtschaftswert ist der durch die Finanzbehörden nach dem Bewertungsgesetz im Einheitswertbescheid für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen festgesetzte Wirtschaftswert (§ 1 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 ALG). Abweichend davon bestimmt jedoch § 83 Abs. 3 erster Halbsatz ALG: Soweit Vorschriften dieses Gesetzes an den Wirtschaftswert anknüpfen, treten im Beitrittsgebiet an die Stelle des Wirtschaftswerts der Ersatzwirtschaftswert nach § 125 des Bewertungsgesetzes (BewG) und an die Stelle des Einheitswertbescheides der Grundsteuermessbescheid, solange noch kein Einheitswert nach dem Bewertungsgesetz festgestellt worden ist. Im Übrigen sieht § 84 Abs. 5 Satz 2 ALG jedoch auch vor, dass die Landwirtschaftlichen Alterskassen als Maßstab für die Festlegung der Mindestgröße statt des Wirtschaftswertes den Flächenwert oder den Arbeitsbedarf zugrunde legen können.

Von der zuletzt genannten Möglichkeit hat die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die Landwirtschaftliche Krankenkasse Mittel- und Ostdeutschland (LKK MOD) Gebrauch gemacht. Mit Wirkung vom 01.01.2010 wurde für Unternehmen der Landwirtschaft die Mindestgröße nach dem Arbeitsbedarf, ausgedrückt in Flächengröße, bemessen und mit 8 ha festgesetzt (Beschluss der Vertreterversammlung der Landwirtschaftlichen Alterskasse MOD zur Festsetzung der Mindestgrößen ab 01.01.2010 vom 02.12.2009). Diesen Mindestwert übertrifft der landwirtschaftliche Betrieb der Beigeladenen zu 1) mit 400 ha bewirtschafteter Fläche deutlich.

aa) Allerdings wird hier die Versicherungspflicht nach dem KVLG 1989 gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 aufgrund der Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verdrängt. Zwar genügt für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 noch nicht, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllt sind. Vielmehr ist die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zuvor am Maßstab des § 5 Abs. 5 SGB V zu überprüfen (BSG, Urteil vom 29.04.1997 – 10/4 RK 3/96; Urteil vom 29.09.1997 – 10 RK 2/97; Urteil vom 27.06.2012 – B 12 KR 18/10 R, alle veröffentlicht in JURIS-Datenbank). Danach ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 12 nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Im Ergebnis werden daher, wenn wie hier ein Versicherungspflichttatbestand in der allgemeinen Krankenversicherung mit einem solchen in dem besonderen Zweig der landwirtschaftlichen Krankenversicherung konkurriert, hauptberuflich selbständig erwerbstätige Landwirte von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auch dann nicht erfasst, wenn sie dessen Voraussetzungen erfüllen (BSG, a. a. O.). Einerseits soll § 5 Abs. 5 SGB V verhindern, dass es wegen des Nachrangs der landwirtschaftlichen Unternehmerversicherung zu einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V selbst dann kommt, wenn ein landwirtschaftlicher Unternehmer seinen Lebensunterhalt ganz überwiegend aus der selbständigen Tätigkeit bestreitet. Andererseits wäre es mit ihrer grundsätzlichen Nachrangigkeit nicht zu vereinbaren, wenn der landwirtschaftlichen Krankenversicherung durch eine weite Auslegung der Ausschlussregelung des § 5 Abs. 5 SGB V faktisch ein Vorrang eingeräumt würde.

Ausgehend davon ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann als hauptberuflich anzusehen ist, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (BSG, Urteil vom 29.04.1997 – 10/4 RK 3/96, veröffentlicht in JURIS-Datenbank). In diesem Zusammenhang ist von den Verhältnissen auszugehen, die vom 01.10.2010 an, d. h. ab der Zeit des Zusammentreffens der Arbeitnehmertätigkeit mit der selbständigen Erwerbstätigkeit als landwirtschaftliche Unternehmerin haben. Diese tatsächlichen Verhältnisse sind in einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen (BSG, a. a. O.). Denn Entscheidungen über die Versicherungspflicht sind ihrer Natur nach gegenwartsorientiert und zugleich - durch ihre Dauerwirkung - zukunftsbezogen. Da von diesen Entscheidungen im Interesse der Versicherten Entwicklungen über längere Zeiträume nicht abgewartet werden können, müssen sich die Entscheidungen regelmäßig nach den Umständen richten, die beim zeitlichen Beginn des Zusammentreffens von Versicherungspflichttatbestand und der selbständigen Erwerbstätigkeit vorliegen. In der Folgezeit eingetretene tatsächliche Entwicklungen eignen sich zwar nicht als Beurteilungsgrundlage einer Prognose. Allerdings ist es auch nicht mit dem Gebot einer vorausschauenden Betrachtungsweise unvereinbar, später eingetretene Entwicklungen als Bestätigung für jene Anhaltspunkte zu berücksichtigen, auf die die Prognose gestützt wird (BSG, a. a. O.).

bb) Unter Beachtung des vorgenannten Maßstabs kann gerade nicht festgestellt werden, dass die selbständige Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1) von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit der abhängigen Beschäftigung deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet.

Soweit allein der in den Gewinn- und Verlustrechnungen für den landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen zu 1) ausgewiesene Gewinn (ab Juli 2009 mehr als 60.000,00 € p. a.), der nicht zwingend dem Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV entspricht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29.04.1997 – 10/4 RK 3/96, veröffentlicht in JURIS-Datenbank), mit dem aus der abhängigen Beschäftigung erzielten Arbeitsentgelt (ca. 40.000,00 € p. a.) verglichen würde, wird deutlich, dass der Gewinn das Arbeitsentgelt um mehr als 50 Prozent übersteigt und damit wesentlich zum Lebensunterhalt der Beigeladenen zu 2) beiträgt.

Ob in dem in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Gewinn allerdings auch Veräußerungsgewinne enthalten sind, die zu einem gegenüber dem Gewinn verringerten Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV führen würden, kann gleichwohl offen bleiben. Denn neben der wirtschaftlichen Bedeutung der selbständigen Tätigkeit muss auch die hierfür aufgewendete Arbeitszeit die abhängige Beschäftigung deutlich übersteigen. Dies muss aber gerade im Fall der Beigeladenen zu 1) verneint werden. Jedenfalls dann, wenn sich wie hier die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für den landwirtschaftlichen Betrieb auf einen zu vernachlässigenden Anteil der ihr zur Verfügung stehenden Gesamtarbeitszeit, d. h. auf einen Umfang von weniger als 2 Stunden pro Woche beschränkt, kann von der selbständigen Tätigkeit als Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit keine Rede mehr sein. Auf die erzielten Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb kommt es dann nicht mehr an (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 29.02.2012 – B 12 KR 4/10 R, Rz. 17, veröffentlicht in JURIS-Datenbank).

Die Beigeladene zu 1) hat hierzu glaubhaft vorgetragen, dass sie aufgrund der ab Juni 2010 aufgetretenen Rückenbeschwerden im landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr körperlich mitarbeiten konnte. Erst ab der 2. Jahreshälfte 2011 war sie körperlich überhaupt wieder in der Lage, in seltenen Fällen am Wochenende beim Melken auszuhelfen. Dies war und ist aber von vornherein auf wenige Ausnahmen beschränkt. Denn die Beigeladene zu 1) befindet sich angesichts der räumlichen Entfernung zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und der Geschäftsstelle des Beigeladenen zu 2) nur ca. einmal im Monat am Ort ihres Unternehmens. Letztlich trägt sie hierzu schlüssig vor, dass sie lediglich Verwaltungsaufgaben im Umfang von ca. 1,5 h wöchentlich für den landwirtschaftlichen Betrieb erledigt. Angesichts einer Vollzeitarbeitsstelle in erheblicher Entfernung, der selbständigen Arbeitsweise ihrer Belegschaft, der Wahrnehmung von Buchhaltungsaufgaben durch den Bauernverband sowie der Einbindung ihres Sohnes in die Geschäftsführung des Unternehmens ist dies auch glaubhaft und wird auch von den übrigen Beteiligten nicht in Frage gestellt.

Angesichts eines derart geringen Umfangs der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für das landwirtschaftliche Unternehmen, insbesondere im Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung für den Beigeladenen zu 2), liegt der Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit nicht einmal im Ansatz im landwirtschaftlichen Betrieb. Dies war auch bereits am 01.10.2010, der Aufnahme der abhängigen Beschäftigung absehbar. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt war eine spätere Übernahme des Betriebes durch ihren Sohn und dessen aktuelle Einbindung in die Geschäftsführung geplant. Ferner war bereits zu diesem Zeitpunkt die Beigeladene zu 1) hinsichtlich der bis zum Sommer 2010 verrichten körperlichen Tätigkeiten durch eine andere Vollzeitarbeitskraft ersetzt worden. Dass infolge der beruflichen Beanspruchung bei dem Beigeladenen zu 2) und der räumlichen Entfernung zum landwirtschaftlichen Betrieb für diesen keine wesentlichen Verwaltungstätigkeiten erbracht werden können, war ebenfalls bereits am 01.10.2010 vorhersehbar.

c) Mangels hauptberuflicher selbständiger Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen verbleibt es damit bei der Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und der Zuständigkeit der Beklagten für die Krankenversicherung der Beigeladenen zu 1).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Der Streitwert richtet sich nach § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Danach ist der Auffangstreitwert festzusetzen, da ein wirtschaftlicher Wert des Streits über die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin nicht bezifferbar ist.