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Entscheidung S 20 KR 94/13 ER


Metadaten

Gericht SG Neuruppin 20. Kammer Entscheidungsdatum 13.06.2013
Aktenzeichen S 20 KR 94/13 ER ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 51 Abs 1 Nr 2 SGG

Leitsatz

Bei einem noch nicht rechtskräftig entschiedenem Streit über die Wirksamkeit einer Kündigung ist für den Antrag des Arbeitnehmers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Arbeitgeber, mit dem die rückwirkende Anmeldung des Arbeitnehmers wegen des behaupteten Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses begehrt wird, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Dieser Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses jedoch unzulässig, da der Arbeitnehmer durch die Möglichkeiten, Leistungen aus dem Krankenversicherungsverhältnis gegenüber seiner Krankenkasse - ggf. auch gerichtlich - geltend zu machen sowie gegen die Einzugsstelle vorzugehen, hinreichend geschützt ist.

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

3. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten wird zurückgewiesen

Gründe

I.

Der Antragsteller war bei der Antragsgegnerin jedenfalls seit dem 27. Januar 2010 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Nach eigenen Angaben gelangte ihm am 15. April 2013 eine unter dem 9. April 2013 gefertigte fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses während seines vom 4. bis zum 24. April 2013 andauernden Kuraufenthaltes zur Kenntnis. Die Antragsgegnerin meldete der Krankenkasse des Antragstellers das Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Über die von der Antragsgegnerin angeführten Kündigungsgründe besteht Streit. Der Prozessbevollmächtigte forderte die Antragsgegnerin unter dem 2. Mai 2013 erfolglos auf, die Abmeldung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Krankenkasse rückgängig zu machen und erhob bei dem Arbeitsgericht Neuruppin Kündigungsschutzklage. Termin zur Verhandlung vor der Kammer wurde auf den 25. Juli 2013 bestimmt.

Mit dem am 10. Mai 2013 bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter und beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller bei dessen Krankenkasse, der TKK-Techniker Krankenkasse, rückwirkend ab dem 10. April 2013 als Arbeitnehmer wieder anzumelden,

hilfsweise,

im Wege des einstweiligen Anordnungsverfahrens festzustellen, dass bis zum 31. Mai 2013 eine weitere Anmeldung bei der Krankenkasse zu erfolgen hatte.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

1. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet, da sich der geltend gemachte Anspruch nach öffentlich-rechtlichen Normen bestimmt, auch wenn diese Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses begründen können (vgl. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 5. Oktober 2005 - 5 AZB 27/05 - [juris]).

2. Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist danach zwar statthaft, aber sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Das Begehren des Antragstellers ist nach seinem eigenen Vortrag letztlich auf die Sicherstellung seines Krankenversicherungsverhältnisses bzw. auf den Erhalt von Leistungen aus diesem - medizinische Versorgung und Krankengeld - gerichtet. Dafür bedarf er der begehrten Meldung durch die Antragsgegnerin allenfalls mittelbar und keinesfalls zwingend. Der Antragsteller kann die Leistungsansprüche unmittelbar gegenüber der Krankenkasse, deren Mitglied er zu sein meint, geltend machen. Etwaige Leistungsverweigerungen der Krankenkasse, die vom Antragsteller allerdings nicht glaubhaft gemacht worden sind, sind allein in diesem Verhältnis zu klären. Gerichtlicher Rechtsschutz steht erforderlichen Falls vor den Sozialgerichten zur Verfügung. Entsprechendes gilt für etwaig von der Krankenkasse gegenüber dem Antragsteller geltend gemachte Beitragsforderungen, die allerdings vom Antragsteller ebenfalls nicht glaubhaft gemacht worden sind.

Insbesondere bedarf es für die Sicherung der krankenversicherungsrechtlichen Stellung des Antragstellers nicht zwingend der Vornahme der von der Antragsgegnerin begehrten Handlung. Denn es kommen für den Antragsteller bereits nach seinem eigenen Vortrag zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weitere Pflichtversicherungstatbestände in Betracht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 2a und Nr. 13 a) Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs - SGB V -). Überdies ist angesichts des Krankengeldbezugs an das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu denken. Diese Beurteilung obliegt jedoch zunächst allein der Krankenkasse und ist im Verhältnis zu dieser zu klären. Die Verfolgung der geltend gemachten Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin ist daher nicht erforderlich und nicht statthaft. Dies folgt ergänzend aus §§ 28d, 28e, 28h Viertes Buch des Sozialgesetzbuchs und der Möglichkeit, streitige Zahlungspflichten gegenüber der Einzugsstelle klären zu lassen (vgl. Bundessozialgericht, Urteile vom 26. Mai 2004 - B 12 AL 4/03 R - [juris], vom 26. September 1996 - 12 RK 37/95 - [juris] und vom 23. September 2003 - B 12 RA 3/02 R - [juris]; vgl. auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Januar 2005 - L 16 B 44/04 KR - [juris]). Bereits aus diesen Gründen kann auch der Hilfsantrag nicht in zulässiger Weise gerichtlich geltend gemacht werden, so dass auf die - fragliche - Zulässigkeit im Übrigen eines auf Feststellung gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrags nicht weiter ankommt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, da der Antragsteller seine Ansprüche letztlich als Versicherter geltend macht (§ 183 SGG).

III.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung). Auf die vorstehenden Ausführungen zu II. wird Bezug genommen. Auch soweit für die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu beachten ist, dass die abschließende Prüfung des geltend gemachten Anspruchs nicht in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert werden darf (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 26. August 2004 - VfGBbg 10/04 -, LVerfGE 15, 110), war dem Antrag der Erfolg versagt. Die Subsidiarität des geltend gemachten Anspruchs gegenüber den Ansprüchen aus dem Krankenversicherungsverhältnis bzw. gegenüber der Möglichkeit, gegen die Einzugsstelle vorzugehen, ist offensichtlich.