Gericht | OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 03.05.2018 | |
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Aktenzeichen | 10 UF 101/17 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2018:0503.10UF101.17.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der am 22. Juni 2017 verkündete Anerkenntnisteil- und Schlussbeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. August 2017 abgeändert.
Die Urkunde über die Abänderung eines Unterhalts-Titels der Stadtverwaltung C…, Jugendamt, vom 19. August 2010 (Urkunden-Reg.-Nr. …10) wird dahin abgeändert, dass der Antragsteller dem Antragsgegner ab 1. Juli 2016 monatlichen Unterhalt, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats, wie folgt zu zahlen hat:
- 388 € abzüglich gezahlter 378 € für die Monate Juli bis Oktober 2016,
- 388 € für die Monate November 2016 bis Juni 2017,
- 388 € abzüglich gezahlter 128 € für die Monate Juli bis September 2017,
- 76 € abzüglich gezahlter 128 € für die Monate Oktober bis Dezember 2017,
- 76 € für die Monate Januar bis September 2018,
- 333 € ab Oktober 2018.
Der weitergehende Abänderungsantrag des Antragstellers wird abgewiesen.
Die weitergehenden Beschwerden der Beteiligten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz hat der Antragsteller 55 % zu tragen, der Antragsgegner 45 %. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller zu 62 % und dem Antragsgegner zu 38 % auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf 3.120 € festgesetzt. Davon entfallen auf die Beschwerde des Antragstellers 2.466 € und auf die Beschwerde des Antragsgegners 654 €.
I.
Der Antragsteller begehrt Herabsetzung des für seinen Sohn, den am …05.1998 geborenen Antragsgegner, titulierten Kindesunterhalts ab Juli 2016.
Durch Anerkenntnisteil- und Schlussbeschluss vom 22.6.2017, berichtigt durch Beschluss vom 15.8.2017 (Bl. 370), hat das Amtsgericht den Antragsteller unter Abänderung der Urkunde des Jugendamtes der Stadt C… vom 10.8.2010 (seinerzeitige Verpflichtung zur Zahlung monatlichen Unterhalts von 500 €) verpflichtet, ab 1.7.2016 nur noch folgenden Unterhalt zu zahlen:
- 329 € monatlich für die Zeit von Juli bis Dezember 2016,
- 338 € monatlich für die Zeit von Januar bis September 2017,
- 76 € monatlich für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018,
- - 338 € monatlich ab Oktober 2018 (letzteres ist Gegenstand des Berichtigungsbeschlusses, da es im Ursprungsbeschluss hieß, dieser Betrag sei ab Oktober 2019 zu zahlen).
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 273 ff.).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner im Wintersemester 2016/2017 und im Sommersemester 2017 an der Freien Universität B… studiert hat (Bl. 466 f.), und zwar mit dem Hauptfach „Medieninformatik“ und dem „Nebenfach“ „ABV“, wobei er hinsichtlich dieses Nebenfachs im zweiten Fachsemester ein Urlaubssemester genommen hat. Zum 30.9.2017 wurde er an der Freien Universität B… exmatrikuliert. Seit 1.10.2017 studiert er im ersten Fachsemester (3. Hochschulsemester) „Wirtschaftskommunikation (Bachelor) in Vollzeitform“ an der Hochschule für Technik und Wirtschaft B… (Bl. 468).
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wenden sich beide Beteiligten mit der Beschwerde.
Der Antragsteller trägt vor:
Es sei davon auszugehen, dass der Antragsgegner über anderweitige Einnahmequellen verfüge. Er habe kostenintensive Reisen ins Ausland, etwa nach S…, C… und zweimal nach T… unternommen. Per Facebook weise er sich als Spezialist für Küche und Bad aus.
Der Antragsgegner als volljähriger Unterhaltsberechtigter müsse vorrangig seinen Vermögensstamm verwerten. Aufgrund der kostenintensiven Reisen müsse von Vermögenswerten aufseiten des Antragsgegners ausgegangen werden.
Der Antragsgegner habe auch nicht nachgewiesen, sich nach wie vor im Studium zu befinden. Die letzte vorgelegte Studienbescheinigung beziehe sich auf das Wintersemester 2016/2017, das am 31.3.2017 geendet habe. Der Unterhaltstitel sei im Übrigen bis zum 30.9.2019 zu befristen, da das Bachelorstudium zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein dürfte.
Auch wenn das Amtsgericht zu Recht für die kurze Zeit zwischen dem Ende der Schulzeit und dem Beginn des Studiums keine Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners angenommen habe, müsse er sich aber die in dieser Zeit erzielten Einkünfte anrechnen lassen. Es sei davon auszugehen, dass er über anderweitige Einnahmequellen verfügt habe.
Der Antragsgegner sei verpflichtet gewesen, BAföG-Anträge zu stellen, auch für das erste Studienjahr einen „Aktualisierungsantrag“. Das Amtsgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass der Antragsgegner bei Antragstellung gegenüber dem BAföG-Amt nicht die richtigen Einkommensunterlagen eingereicht habe. Dies betreffe insbesondere den nicht eingereichten endgültigen Steuerbescheid für das Jahr 2014. Nur wenn der Antragsgegner tatsächlich Anträge beim BAföG-Amt gestellt hätte, hätte geklärt werden können, ob Leistungen zu bewilligen waren.
Zu dem nun vorgenommenen Studiengangwechsel habe der Antragsgegner nichts weiter vorgetragen, so dass nicht beurteilt werden könne, ob dieser auf sachlichen Gründen beruhe.
Zu Unrecht habe das Amtsgericht seiner Einkommensberechnung den Jahresdurchschnitt von vier Jahren zugrunde gelegt. Tatsächlich sei das unterhaltsrelevante Einkommen für 2016 auf der Grundlage der Jahre 2013 bis 2015 und dasjenige für 2017 auf der Grundlage der Jahre 2014 bis 2016 zu bemessen.
Zu Unrecht habe das Amtsgericht die von ihm betriebene private Altersvorsorge auf 1.000 € monatlich begrenzt. Er habe sich in Zeiten guter Einkommensverhältnisse für eine Altersvorsorge entschieden, die monatliche Aufwendungen von 1.750 € erfordere. Es sei ihm nicht einseitig und rückwirkend möglich, in schlechten Jahren seine Altersvorsorge anzupassen.
Das Amtsgericht habe bisher die von ihm geleisteten Gewerbesteuerzahlungen unberücksichtigt gelassen.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Jugendamtsurkunde vom 19.8.2010 dahin abzuändern, dass er verpflichtet ist, dem Antragsgegner nur noch monatlichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
- 128 € für die Zeit von Juli 2016 bis September 2017,
- 76 € für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018,
- 128 € für die Monate Oktober 2018 bis September 2019.
Der Antragsteller beantragt ferner,
die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Ferner beantragt er der Sache nach,
den Abänderungsantrag des Antragstellers abzuweisen, soweit dieser begehrt, an ihn, den Antragsgegner, geringeren Unterhalt als 388 € monatlich ab Juli 2016 zu zahlen.
Der Antragsgegner trägt vor:
Zu Unrecht habe das Amtsgericht eine Haftungsquote des Antragstellers unter Berücksichtigung der Einkünfte seiner, des Antragsgegners, Mutter ermittelt, obwohl diese nicht leistungsfähig sei. Tatsächlich sei der vom Antragsteller zu zahlende Unterhalt allein nach dessen Einkommensverhältnissen zu bemessen. So ergebe sich auf der Grundlage eines Einkommens von 2.211 € nach der 3. Einkommensgruppe und der 4. Altersstufe der Unterhaltstabelle ein Betrag von monatlich 388 €.
Zu Unrecht habe das Amtsgericht ihm für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018 fiktive BAföG-Leistungen zugerechnet. Es werde zur Überprüfung durch den Senat gestellt, ob BAföG-Leistungen auch, soweit sie als Darlehen gewährt würden, Einkommen darstellten. Da das Darlehen grundsätzlich zurückzuzahlen sei, würde dies insoweit eine nicht gerechtfertigte Freistellung des Unterhaltsschuldners von seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht darstellen.
Im Übrigen habe er, der Antragsgegner, sich beim BAföG-Amt beraten lassen und die Auskunft erhalten, dass ihm für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018 keine Leistungen nach BAföG zustehe, da der Vater leistungsfähig sei.
Die Entscheidung des Amtsgerichts sei insoweit widersprüchlich, als das Nettoeinkommen des Antragstellers auf der Grundlage eines 4-Jahres-Zeitraumes mit durchgängig 2.211 € ermittelt worden sei, in Bezug auf etwaige (fiktive) BAföG-Leistungen aber das Amtsgericht das Jahr 2015 gesondert betrachtet habe. Im Hinblick auf die Schwankungen der Einkünfte Selbständiger sei auch die Bemessung des Unterhalts auf der Grundlage eines Fünfjahreszeitraums in Betracht zu ziehen, ebenso wie die gesonderte Betrachtung einzelner Jahre im Hinblick auf besonders geringe oder besonders hohe Einkünfte.
Es sei zu bestreiten, dass es dem Antragsteller nicht möglich sei, einseitig und rückwirkend seine Altersvorsorge anzupassen.
Von kostspieligen Reisen seinerseits könne keine Rede sein. Er habe allein, wie unter Studenten üblich, als „Backpacker“ mit einem Minibudget Reisen unternommen, jeweils in Wohngemeinschaften von Bekannten oder in billigen Hotels übernachtet. Den billigsten Flug habe ihm seine Mutter geschenkt.
Eine Berufsausbildung habe er nicht absolviert, auch nicht als Spezialist für Bad- und Küchensanierung. Er verfüge über kein Vermögen. Er verfüge über keine Einnahmequellen, die unterhaltsrechtliche Relevanz hätten.
Eine Befristung des Unterhaltstitels bis 30.9.2019 scheide aus, zumal das Studienende - etwa auch mit Rücksicht auf noch zu absolvierende Auslandssemester - nicht feststehe.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässigen Rechtsmittel der Beteiligten führen zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Das Abänderungsbegehren des Antragstellers hat in der Zeit von Juli 2016 bis September 2017 nur in dem vom Antragsgegner zugestandenen Umfang Erfolg. Für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018 bleibt es bei der Abänderung in dem Umfang, wie vom Amtsgericht ausgesprochen. Für die Zeit ab Oktober 2018 hat das Abänderungsbegehren einen geringfügig größeren Erfolg, als vom Amtsgericht angenommen.
1.
Grundsätzlich kann der Antragsteller Herabsetzung des durch die Jugendamtsurkunde vom 19.08.2010 titulierten Unterhalts für die Zeit ab Juli 2016 verlangen, § 239 FamFG. Dies ist schon mit Rücksicht auf die Anwaltsschreiben vom 06.06. und 21.06.2016 gerechtfertigt (Bl. 42 f.), die sogar eine entsprechende rückwirkende Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung gemäß § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG ermöglichen würden. Bei der hier einschlägigen Abänderung nach § 239 FamFG ist es grundsätzlich ohne weiteres möglich, dass der Unterhalt auch rückwirkend abgeändert werden kann. Insoweit ist der Unterhaltsgläubiger durch die Einrede des Wegfalls der Bereicherung, § 818 Abs. 3 BGB, hinreichend geschützt (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl., § 239 Rn. 38).
2.
Ein Unterhaltsanspruch des Antragsgegners dem Grunde nach besteht weiterhin. Denn der Antragsgegner kann von seinem Vater, dem Antragsteller, im Hinblick auf das ab Oktober 2016 absolvierte Studium Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB verlangen. Dieser Anspruch besteht, was vom Antragsteller letztlich grundsätzlich anerkannt wird, auch für die kurze Zeit zwischen dem Ablegen des Abiturs und der Aufnahme eines Studiums. Dass der Antragsgegner nach wie vor immatrikuliert ist, hat er nun durch Vorlage der Immatrikulationsbescheinigung vom 20.11.2017 nachgewiesen (Bl. 501).
Dem Ausbildungsunterhaltsanspruch des Antragsgegners steht der Wechsel des Studiengangs nach dem zweiten Semester nicht entgegen. Der Antragsgegner trägt hierzu vor, er habe den Studiengang Medieninformatik zwar zwei Semester lang absolviert, es habe sich aber um eine Fehlentscheidung gehandelt, weshalb er sich entschlossen habe, sein Studium im Studiengang Wirtschaftskommunikation an der H… fortzusetzen (Bl. 486). Auch wenn der vom Antragsgegner insoweit vertretenen Auffassung, es sei unterhaltsrechtlich unschädlich, innerhalb der ersten vier Fachsemester den Studiengang zu wechseln, in dieser Absolutheit nicht gefolgt werden kann, ist die dem Auszubildenden zuzubilligende Orientierungsphase (vgl. hierzu Wendl/ Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 2 Rn. 77, 88) jedenfalls mit zwei Semestern zu bemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass regelmäßig auch eine Überschreitung der üblichen Studiendauer um ein bis zwei Semester toleriert wird (Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 85). Ein Überschreiten der Regelstudiendauer im Rahmen des Zweitstudiums wird sich der Antragsgegner aber im Hinblick auf das Gegenseitigkeitsprinzip (Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 73) unterhaltsrechtlich grundsätzlich nicht mehr erlauben dürfen.
3.
Der Unterhaltsbedarf des inzwischen volljährigen Antragsgegners bemisst sich grundsätzlich nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile (Nr. 13.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2018), wobei die Einstufung in die Altersstufe 4 der Unterhaltstabelle zu erfolgen hat, weil der Antragsgegner unstreitig noch im Haushalt seiner Mutter lebt. Das Amtsgericht hat aber nicht beachtet, dass die Eltern nur insoweit für den Unterhalt ihres volljährigen Kindes haften, als ihr Einkommen den (hier angemessenen) Selbstbehalt übersteigt (Nr. 13.3 der Unterhaltsleitlinien). Unstreitig liegt das Einkommen der Mutter des Antragsgegners zwischen 1.036 € und 1.038 €, so dass angesichts eines angemessenen Selbstbehalts von 1.300 € (Nr. 21.3.1 der Unterhaltsleitlinien) Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist. Angesichts der fehlenden Leistungsfähigkeit der Mutter des Antragsgegners haftet somit der Antragsteller allein für den Barunterhalt des Antragsgegners. Seine Haftung ist jedoch begrenzt auf den Unterhalt, der sich allein nach seinem Einkommen ergibt (Nr. 13.1, Abs. 1 der genannten Leitlinien). Darauf sind die Beteiligten bereits in der Ladungsverfügung des Senats vom 14.12.2017 hingewiesen worden.
a)
Mithin ist zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs des Antragsgegners lediglich das Einkommen des Antragstellers festzustellen.
aa)
Der Antragsteller ist selbständig „im Versicherungsgeschäft“ (Bl. 474) tätig. Angesichts eines Unterhaltszeitraums beginnend ab Juli 2016 sind für die Jahre 2016 und 2017 die in diesen Jahren erzielten Einkünfte heranzuziehen (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 der Unterhaltsleitlinien). Abschließende Unterlagen zum Einkommen im Jahr 2018 liegen naturgemäß noch nicht vor. Hinsichtlich der in die Zukunft gerichteten Prognose für die Zeit nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist ein möglichst zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt zu bilden (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1177, 1178). Da der Gewinn, den der Antragsteller im Jahr 2015 erzielt hat, im Vergleich zu allen anderen Jahren deutlich abfällt, ist es gerechtfertigt, nicht nur die drei Jahre von 2015 bis 2017 in die Prognoseentscheidung mit einzubeziehen, sondern – um dem besonders ungünstigen Jahr 2015 kein zu großes Gewicht zu verleihen – auch noch das Jahr 2014. Der Hinweis des Antragstellers im Senatstermin vom 6.3.2018 auf die schlechte Auftragslage im Versicherungsgewerbe vermag allein nicht zu erklären, warum gerade im Jahr 2015 der Gewinn besonders niedrig ausgefallen ist. Andererseits sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die es rechtfertigen würden, das Jahr 2015 bei der Prognoseentscheidung ganz außer Betracht zu lassen. Denn auch für die Zukunft sind angesichts der Entwicklung im Versicherungsgewerbe besonders ungünstige Geschäftsjahre nicht ausgeschlossen.
Auf die Ladungsverfügung des Senats hin sind nun sämtliche Gewinn- und Verlustrechnungen von 2013 bis 2017 zur Akte gereicht worden (Bl. 520 ff.). Die in den Jahren 2014 bis 2017 maßgeblichen Gewinne sind dort ausgewiesen. Es ergeben sich folgende Beträge:
- 39.677,24 im Jahr 2014,
- 20.527,61 im Jahr 2015,
- 44.682,29 im Jahr 2016,
- 44.103,43 im Jahr 2017.
bb)
Vom Gewinn abzusetzen sind die vom Antragsteller entrichteten Einkommensteuern.
Die Einkommensteuer ist grundsätzlich nach dem so genannten „In-Prinzip“ in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem die Steuerzahlung tatsächlich erbracht worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 27.07.2010 - 10 UF 132/09, BeckRS 2010, 21333; Wendl/Spieker, a.a.O., § 1 Rn. 971 ff.). Das Amtsgericht ist dennoch nicht nach dem „In-Prinzip“, sondern nach dem „Für-Prinzip“ vorgegangen, worauf die Beteiligten mit der Ladungsverfügung (Bl. 477) hingewiesen worden sind.
Mit Schriftsatz vom 31.1.2018 hat der Antragsteller auf Anforderung des Senats Kontoauszüge des Finanzamtes für die Steuerjahre 2013 bis 2016 vorgelegt (Bl. 572 ff.). Diesen Kontoauszügen ist zu entnehmen, zu welchen Zeiten (Zahlungstag) der Antragsteller für diese Steuerjahre tatsächlich in welchem Umfang Zahlungen geleistet hat. Dies betrifft sowohl die Einkommensteuer als auch den Solidaritätszuschlag. Soweit die aufgeführten Beträge mit der Buchstabenkombination „CR“ versehen sind, handelt es sich nach den Erläuterungen um einen Minusbetrag, mithin aus Sicht des steuerpflichtigen Antragstellers um vom Finanzamt geleistete Steuererstattungen. Nachfolgend sind die auf die Steuerjahre 2014 bis 2016 erbrachten Zahlungen im Einzelnen in der Reihenfolge, wie sie sich aus den vorgelegten Kontoauszügen ergibt, aufgeführt, ebenso die Gesamtbeträge für diese Steuerjahre (jeweils in Euro):
in 2014 | in 2015 | in 2016 |
-1.433,00 | -515,00 | -5,50 |
-78,92 | -28,33 | -3.174,50 |
-4.130,08 | -1.969,00 | -124,59 |
-290,10 | -1.191,00 | 572,00 |
1.065,00 | -115,70 | -572,00 |
1.065,00 | -54,60 | 10,00 |
1.065,00 | 1.060,00 | -10,00 |
1.065,00 | 1.060,00 | |
41,82 | 1.060,00 | |
41,82 | 41,53 | |
41,82 | 41,53 | |
41,82 | 41,53 | |
Gesamt | ||
-1.504,82 | -569,04 | -3.304,59 |
Es ergeben sich danach für jedes der drei Jahre per Saldo Steuererstattungen. Kontoauszüge für das Jahr 2017 hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Vor diesem Hintergrund ist eine Korrektur des im Jahr 2017 erzielten Gewinns um Steuernachzahlungen bzw. Steuererstattungen nicht möglich.
Der Antragsteller hat nun nochmals zu den Gewerbesteuern vorgetragen (Bl. 518). Ein gesonderter Abzug insoweit kann aber nicht erfolgen. Denn obwohl Gewerbesteuern steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben sind, mindern sie doch den betrieblichen Gewinn, sind also in den Gewinn- und Verlustrechnungen gewinnmindernd erfasst (Wendl/Spieker, a.a.O., § 1 Rn. 339). Auch in den vom Antragsteller vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen sind die Gewerbesteuern ausgewiesen (vgl. Seite 19 des Jahresabschlusses 2013, Seite 13 des Jahresabschlusses 2014, Seite 10 des Jahresabschlusses 2015, Seite 10 des Jahresabschlusses 2016, Seite 9 des Jahresabschlusses 2017).
cc)
Danach ergeben sich folgende um Steuern bereinigte Einkünfte des Antragstellers in den Jahren 2014 bis 2017:
Einkommen | in 2014 | in 2015 | in 2016 | in 2017 | |
Gewinn | 39.677,24 | 20.527,61 | 44.682,29 | 44.103,43 | |
Steuern | 1.504,82 | 569,04 | 3.304,59 | 0,00 | |
Ergebnis | 41.182,06 | 21.096,65 | 47.986,88 | 44.103,43 | |
monatlich | 3.431,84 | 1.758,05 | 3.998,91 | 3.675,29 |
Die Monatsbeträge errechnen sich, indem man das jeweilige Jahresergebnis auf 12 Monate verteilt. Für die Zukunftsprognose auf der Grundlage der Jahre 2014 bis 2017 sind die vier Jahresergebnisse zu addieren und durch 48 Monate zu teilen. So ergibt sich ein Durchschnittsbetrag von 3.216,02 €.
dd)
Unstreitig abzugsfähig sind die vom Antragsteller geleisteten Krankenversicherungsbeiträge mit monatlich 426,89 €.
ee)
Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller unterhaltsrechtlich eine primäre und sekundäre Altersvorsorge von insgesamt 24 % des Bruttoeinkommens betreiben darf (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1 Rn. 1037). Maßgeblich ist grundsätzlich das Bruttoeinkommen des Vorjahres (BGH, NJW 2005, 3277, 3281). Das hat zur Folge, dass für das Jahr 2016 auf das Jahr 2015, für das Jahr 2017 auf das Jahr 2016 und für das Jahr 2018 auf das Jahr 2017 abzustellen ist.
Danach ergeben sich folgende maximal abzugsfähige Beträge:
– 410,55 € (= 20.527,61 € * 24 % / 12 Monate) im Jahr 2016,
– 893,65 € (= 44.682,29 € * 24 % / 12 Monate) im Jahr 2017,
– 882,07 € (= 44.103,43 € * 24 % / 12 Monate) im Jahr 2018.
Diese Beträge sind, da vom Antragsteller zumindest in dieser Höhe Altersvorsorge betrieben wird, von seinem Einkommen abzusetzen. Der Antragsteller kann nicht mit der Behauptung durchdringen, dass er in besonders guten Jahren seine Altersvorsorge auf 1.750 € monatlich festgesetzt habe und sich davon nun nicht mehr lösen könne. Altersvorsorgeverträge, die bei rückläufigen Einkünften keine Anpassung ermöglichen, sind kaum vorstellbar. Jedenfalls müsste dies vom Antragsteller im Einzelnen dargelegt werden, worauf er mit der Ladungsverfügung hingewiesen worden ist. Ergänzender Sachvortrag ist hierzu nicht erfolgt. Mithin können nicht mehr als 24 % des Bruttoeinkommens als Altersvorsorge berücksichtigt werden.
ff)
Unstreitig sind vom Einkommen des Antragstellers weitere 132,83 € für Versicherungen abzusetzen, da einem selbständigen Unterhaltsschuldner – jedenfalls wenn keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit besteht – derartige Aufwendungen, hier für Haftpflicht- und Unfallversicherung, zugestanden werden müssen.
gg)
Nach alledem ergibt sich das folgende bereinigte Einkommen auf Seiten des Antragstellers:
in 2016 | in 2017 | ab 2018 | |
netto | 3.998,91 | 3.675,29 | 3.216,02 |
Kranken-/Pflegeversicherung | -426,89 | -426,89 | -426,89 |
Altersvorsorge | -410,55 | -893,65 | -882,07 |
Versicherungen | -132,83 | -132,83 | -132,83 |
Ergebnis | 3.028,63 | 2.221,92 | 1.774,23 |
b)
Der Unterhaltsbedarf des Antragsgegners ist auf der Grundlage des soeben ermittelten Einkommens des Antragstellers zu bestimmen. Da der Antragsgegner noch im Haushalt seiner Mutter lebt, ist der sich aus der Düsseldorfer Tabelle für die vierte Altersstufe ergebende Bedarf maßgebend.
Das Amtsgericht hat die Semesterbeiträge inklusive Semesterticket nicht berücksichtigt. Dies entspricht der herrschenden Meinung, wonach zum Mehrbedarf eines volljährigen Kindes auch Studiengebühren gehören, soweit sie noch anfallen, nicht dagegen Semesterbeiträge, die im Wesentlichen das Semesterticket, den Asta-Beitrag und den Sozialbeitrag umfassen (Seiler, in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 10. Aufl., 6. Kapitel Rn. 371). Da der Antragsgegner die Nichtberücksichtigung des Semesterbeitrags mit der Beschwerde nicht gerügt und hierzu nicht ergänzend vorgetragen hat, verbleibt es dabei.
Somit ergibt sich der Unterhaltsbedarf des Antragsgegners auf der Grundlage der jeweiligen bereinigten Einkünfte des Antragstellers anhand der Beträge der Düsseldorfer Tabelle für die 4. Altersstufe wie folgt:
– 620 € (bereinigtes Einkommen 3.028,63 € entsprechend Einkommensgruppe 5) im Jahr 2016,
– 580 € (bereinigtes Einkommen 2.221,92 € entsprechend Einkommensgruppe 3) im Jahr 2017,
– 527 € (bereinigtes Einkommen 1.774,23 € entsprechend Einkommensgruppe 1) ab dem Jahr 2018.
4.
Ein Unterhaltsanspruch des Antragsgegners besteht aber nur in dem Umfang, in dem er bedürftig ist.
a)
Das Kindergeld ist gemäß § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BGB in vollem Umfang bedarfsmindernd heranzuziehen. Danach verbleiben folgende Beträge:
– 430 € (= 620 € - 190 €) im Jahr 2016,
– 388 € (= 580 € - 192 €) im Jahr 2017,
– 333 € (= 527 € - 194 €) ab dem Jahr 2018.
b)
Die vom Antragsgegner erzielten Erwerbseinkünfte sind nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.
Mit der Ladungsverfügung ist dem Antragsgegner aufgegeben worden, hierzu im Einzelnen vorzutragen. Dies war erforderlich, weil der Antragsgegner trotz des Vorhalts des Antragstellers in dessen Beschwerdebegründung schriftsätzlich nur allgemein vorgetragen hatte, es werde bestritten, dass er über Einnahmequellen verfüge, die unterhaltsrechtliche Relevanz hätten (Bl. 464). Nun trägt der Antragsgegner vor, er habe in den Jahren 2016 und 2017 in bestimmten Monaten, teilweise während der Semesterferien, Erwerbseinkünfte erzielt. Insoweit hat er einen Monatsdurchschnitt von ca. 150 € im Jahr 2016 und 129 € im Jahr 2017 angegeben (Bl. 486), eine Aufstellung vorgelegt (Bl. 495) und Unterlagen eingereicht (Bl. 489 ff.).
Angesichts des Studiums des Antragsgegners, bei dem anzunehmen ist, dass es sich um ein Vollzeitstudium handelt, sind die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit überobligatorisch. Eine volle Anrechnung auf den Bedarf scheidet daher aus (vgl. BGH, NJW 2012, 2190 Rn. 25, 26). Nach dem Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB bleiben die Einkünfte anrechnungsfrei, soweit der Unterhaltspflichtige nicht den vollen Unterhalt leistet (Wendl/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 102). Der Antragsgegner hat in seiner Aufstellung (Bl. 495) jeweils die Unterhaltszahlungen des Antragstellers mit angegeben. Danach hat der Antragsteller bis einschließlich Oktober 2016 noch einen Betrag von monatlich 378 € geleistet, in der Folgezeit sind keine Zahlungen erfolgt, von Juli bis Dezember 2017 sind wieder monatlich 128 € gezahlt worden.
Vor dem Hintergrund der zeitweilig völligen Einstellung der Unterhaltszahlungen und der anschließend deutlich reduzierten Leistungen durch den Antragsteller entspricht es hier der Billigkeit, die Nebeneinkünfte des Antragsgegners vollständig unberücksichtigt zu lassen. Dies gilt umso mehr, als nichts dafür ersichtlich ist, dass die Nebentätigkeit den Studienablauf beeinträchtigt und zu einer Verlängerung der Studiendauer geführt hat (vgl. zu diesem Gesichtspunkt schon Schwonberg, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 6. Aufl., Kap. 2 Rn. 898; Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 12. Aufl., Rn. 555).
c)
Der Antragsgegner muss sich aber fiktiv-BAföG-Leistungen als Einkommen in der Zeit von Oktober 2017 bis September 2018 anrechnen lassen.
Unstreitig hat der Antragsgegner bisher Leistungen nach dem BAföG nicht bezogen. Er muss sich solche aber entsprechend dem Ansatz des Amtsgerichts für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 fiktiv zurechnen lassen.
aa)
Grundsätzlich gilt, dass den Auszubildenden eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit trifft, einen BAföG-Antrag zu stellen. Geschieht dies nicht und könnte er bei Antragstellung ein BAföG-Darlehen erhalten, ist ihm ein fiktives Einkommen in Höhe der BAföG-Leistungen zuzurechnen (BGH, NJW-RR 1989, 578, 579 Senat, Urteil vom 23.6.2009 – 10 UF 133/08, BeckRS 2009, 20465 Wendl/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 676; vgl. auch BGH, NJW 1980, 393, 395). Allerdings erfüllt der Studierende seine Obliegenheit regelmäßig schon durch die erstmalige Antragstellung. Eine unterhaltsrechtlich vorwerfbare Obliegenheitsverletzung liegt jedenfalls nicht vor, wenn ein früherer Antrag abgelehnt wurde und der Unterhaltsschuldner den Berechtigten nicht ausdrücklich angehalten hat, wegen geänderter Umstände einen neuen Antrag zu stellen (Wendl/Dose, a.a.O.). Der Unterhaltsberechtigte ist grundsätzlich auch nicht verpflichtet, gegen einen ablehnenden Bescheid Rechtsmittel einzulegen, wenn dies der Unterhaltspflichtige nicht ausdrücklich von ihm verlangt (Senat, Urteil vom 23.6.2009 – 10 UF 133/08, BeckRS 2009, 20465 Wendl/Dose, a.a.O.; vgl. auch BGH, NJW-RR 1989, 578, 579). Ändert sich nach einer vorangegangenen Ablehnung allerdings die finanzielle Situation der Eltern, kann das Kind auf Verlangen der Eltern verpflichtet sein, eine Abänderung des zunächst ablehnenden BAföG-Bescheides nach § 53 BAföG zu beantragen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2010, 8, 9; Wendl/Dose, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist nur ein Ablehnungsbescheid vom 6.1.2017 für den Bewilligungszeitraum 11/16-9/17 (Bl. 487) zur Akte gereicht worden. Dem Bescheid liegt offensichtlich die Einkommenserklärung des Antragstellers vom 17.11.2016 (Formular 3), bezogen auf die Einkünfte des Kalenderjahres 2014, zugrunde (Bl. 230). Der Antragsteller hat am selben Tag aber auch ein Formular 7 bezüglich eines Antrags auf Aktualisierung nach § 24 Abs. 3 BAföG ausgefüllt und dies mit einem massiven Umsatzrückgang im Jahr 2015 und voraussichtlich auch im Jahr 2016 begründet (Bl. 232). Bei Übermittlung der Formulare hat der Antragsteller den Antragsgegner ausdrücklich darum gebeten, auch den Aktualisierungsantrag beim BAföG-Amt mit einzureichen (Bl. 229). Die Behauptung des Antragstellers in erster Instanz, eine Nachfrage beim BAföG-Amt habe ergeben, es sei lediglich das Formblatt 3, nicht das Formblatt 7eingereicht worden (Bl. 183), hat der Antragsgegner nicht bestritten. Dies spricht hier eindeutig dafür, dass der Antragsgegner einen Rechtsbehelf gegen den BAföG-Bescheid hätte einlegen müssen. Denn er musste erkennen, dass es dem Antragsteller darauf ankam, den Umsatzrückgang im Jahr 2015 dem BAföG-Amt gegenüber geltend zu machen. Das aktuelle Vorbringen des Antragsgegners zur Antragstellung (Bl. 485) ist auch wenig überzeugend. Dort heißt es, für 2017 sei kein Antrag gestellt worden, weil das Einkommen des Vaters für 2015 strittig sei; ab Januar 2018 gelte das Einkommen für 2016, wobei vom Amtsgericht festgestellt worden sei, dass kein BAföG-Anspruch bestehe. Eine Erklärung dafür, warum er das Formular 7 bezüglich eines Antrags auf Aktualisierung nach § 24 Abs. 3 BAföG bei Antragstellung nicht mit eingereicht hat, liefert der Antragsgegner nach wie vor nicht.
Nach alledem ist von einem Verstoß des Antragsgegners gegen das Gegenseitigkeitsprinzip im Hinblick darauf auszugehen, dass er keinen Rechtsbehelf gegen den BAföG-Bescheid eingelegt hat. Wäre dies geschehen, kann angenommen werden, dass der Antragsgegner im ersten Studienjahr, also von Oktober 2016 bis September 2017, BAföG bezogen hätte. Der Grund dafür läge aber darin, dass für diesen Bewilligungszeitraum das niedrige Einkommen des Jahres 2015 Berücksichtigung gefunden hat. Dieses Einkommen wäre damit „verbraucht“. Man könnte also nicht, wie es dem Ansatz des Amtsgerichts entspricht, für das zweite Studienjahr, also für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018, wiederum davon ausgehen, dass der Antragsgegner angesichts des geringen Einkommens seines Vaters, des Antragstellers, BAföG erhalten hätte. Vielmehr müsste man insoweit das deutlich günstigere Einkommen des Jahres 2016 mit einem Gewinn von 44.682,29 € heranziehen. Der bereits vom Amtsgericht verwendete BAföG-Rechner im Internet ergibt bei einem solchen Gewinn keinen BAföG-Anspruch, was insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass der Antragsgegner noch im Haushalt seiner Mutter lebt, so dass sich der Gesamtbedarf nach BAföG auf nur 451 € (= 399 € Grundbedarf + 52 € Unterkunftspauschale) beläuft.
Hielte man den Einwand des Antragstellers bezüglich fiktiver Anrechnung von BAföG-Leistungen im ersten Studienjahr für beachtlich, würde dies somit nur zu einer Verschiebung hinsichtlich der Frage, in welchem Studienjahr BAföG-Leistungen anzurechnen sind, führen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28.2.2018 zum Ausdruck gebracht hat, kann auch im Hinblick auf die Bedürftigkeit nach dem BAföG nicht durchgängig für den gesamten Unterhaltszeitraum auf das besonders niedrige Einkommen des Antragstellers im Jahr 2015 abgestellt werden, so dass mit dem Amtsgericht davon auszugehen ist, dass die Einkünfte des Antragstellers in den übrigen Jahren dazu geführt hätten, dass der Antragsgegner einen Anspruch auf Leistungen nach BAföG nicht gehabt hätte. Vor diesem Hintergrund ist es vertretbar, beim Grundansatz des Amtsgerichts zu bleiben. Für diese Lösung spricht insbesondere auch, dass der Antragsteller sich mit seiner Beschwerde gegen die Zahlung von 76 € monatlich für das zweite Studienjahr nicht wehrt, offensichtlich also damit einverstanden ist, dass sein geringes Einkommen im Jahr 2015 sich in diesem Zeitraum niederschlägt.
Nach alledem ist mit dem Amtsgericht für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018 ein fiktiver BAföG-Anspruch i.H.v. 374 € bedarfsmindernd abzusetzen. Im Hinblick auf den zuvor unter 4 a) genannten Restbedarf des Antragsgegners nach Abzug des vollen Kindergeldes verbleibt bei Anrechnung dieses BAföG-Anspruchs jedenfalls kein höherer Betrag als der vom Amtsgericht titulierte Betrag von 76 €, den der Antragsteller im Rahmen seiner Beschwerde nicht angegriffen hat.
bb)
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht der fiktiven Zurechnung des BAföG-Anspruchs nicht entgegen, dass der Antragsgegner Leistungen nach BAföG wahrscheinlich nur darlehensweise erhalten hätte.
BAföG-Leistungen mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG sind als Einkommen anzusehen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden (Nr. 2.4 der Unterhaltsleitlinien). Damit besteht ein Vorrang auch von darlehensweise gewährten BAföG-Leistungen gegenüber den Unterhaltszahlungen der Eltern. Dass der Antragsgegner dies zur Überprüfung des Senats stellt, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung, aber auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG, nicht, zumal es sich um gefestigte Rechtsprechung des BGH handelt, dass auch darlehensweise gewährte Leistungen nach dem BAföG als Einkommen des Auszubildenden anzusehen sind (vgl. BGH, NJW 1985, 2331, 2332; siehe auch die Nachweise bei Wendl/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 670 in Fußnote 30). Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die BAföG-Darlehen besonders günstige Konditionen aufweisen (BGH, NJW 1985, 2331, 2332; NJW-RR 1989, 578, 579). Sie sind regelmäßig bis zum Zahlungstermin unverzinslich und nur in einkommensabhängigen Raten nach Abschluss der Ausbildung zurückzuzahlen. Außerdem ist ein leistungsabhängiger Teilerlass des Darlehens möglich. Schließlich ist das Darlehen für eine Erstausbildung auch nur bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 € zurückzuzahlen (Wendel/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 674). Das vom Antragsgegner gewünschte Ergebnis, nämlich darlehensweise gewährte BAföG-Leistungen unberücksichtigt zu lassen, wäre auch offensichtlich unbillig. Der Studierende erhielte dann nämlich neben dem BAföG-Darlehen zusätzlich Unterhalt von dem in Anspruch genommenen Elternteil. Er hätte also deutlich mehr Mittel zur Verfügung, als es seinem tatsächlichen Bedarf entsprechen würde (vgl. auch Wendl/Dose, a.a.O.). Der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch gegen die Eltern ist aber nur zur Deckung eines tatsächlichen Bedarfs gedacht, nicht etwa dazu, Rücklagen für eine spätere Rückzahlung des BAföG-Darlehens zu bilden.
5.
Der Antragsteller ist leistungsfähig. Dies ergibt sich beispielsweise sogar für die Zeit, in welcher mit dem geringsten Einkommen auf Seiten des Antragstellers, aber dennoch mit einem hohen ungedeckten Unterhaltsbedarf des Antragsgegners zu rechnen ist, also für die Zeit ab Oktober 2018. Setzt man nämlich vom bereinigten Einkommen des Antragstellers von 1.774,23 € den angemessenen Selbstbehalt von 1.300 € ab, verbleiben für Unterhaltszwecke 474,23 €. Damit kann der Unterhaltsbedarf des Antragsgegners von 333 € ohne weiteres gedeckt werden.
6.
Von einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs kann nicht ausgegangen werden.
In seinen beiden Schriftsätzen in der Beschwerdeinstanz (Bl. 430, 473) verweist der Antragsteller ohne nähere Ausführungen darauf, der Antragsgegner lehne den persönlichen Kontakt zu ihm ab. Dies allein kann eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen vorsätzlicher schwerer Verfehlung gegen den Unterhaltspflichten gemäß § 1611 Abs. 1 BGB nicht begründen, auch wenn diese Vorschrift von Amts wegen zu beachten ist, ohne dass sich der Unterhaltspflichtige darauf ausdrücklich berufen muss. Allein eine Kontaktverweigerung, auf die es im Hinblick auf § 1611 Abs. 2 BGB ohnehin erst für die Zeit ab Volljährigkeit ankäme, reicht nicht aus, eine Beschränkung oder gar einen Wegfall der Unterhaltsverpflichtung zu rechtfertigen (BGH, FamRZ 2010, 1418 Rn. 19).
7.
Eine Befristung des Unterhaltstitels bis 30.9.2019 scheidet aus. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass das Studienende nicht feststehe. Eine Beendigung des Studiums schon zum 30.9.2019 kann auf der Grundlage der Immatrikulationsbescheinigung vom 20.11.2017 (Bl. 501) im Hinblick auf den erst zum 1.10.2017 aufgenommenen weiteren Studiengang angesichts einer Regelstudienzeit von sechs Semestern nicht angenommen werden.
8.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Berechnungen und bei Beachtung der jeweils gestellten Anträge erfolgt eine Abänderung der Jugendamtsurkunde dahin, dass folgender monatlicher Unterhalt geschuldet wird:
– 388 € von Juli 2016 bis September 2017,
– 76 € von Oktober 2017 bis September 2018,
– 333 € ab Oktober 2018.
Damit hat die Beschwerde des Antragsgegners für den erstgenannten Zeitraum vollständig Erfolg, die Beschwerde des Antragstellers hingegen für die Zeit ab Oktober 2018 geringen Erfolg. Für die Zeit von Oktober 2017 bis September 2018 bleibt es bei dem vom Amtsgericht errechneten Unterhalt.
9.
Auch wenn Gegenstand des Verfahrens ein Abänderungsantrag ist, sind bei der Titulierung die geleisteten Zahlungen grundsätzlich abzusetzen.
Dies ist aber nur in dem Umfang möglich, in dem unstreitig Erfüllung eingetreten ist. Das gilt für die beim Amtsgericht Cottbus hinterlegten Beträge, auf die der Antragsteller mit Schriftsatz vom 31.1.2018 (Bl. 518) hingewiesen hat, nicht. Denn der Antragsteller hat bislang nicht erklärt, dass diese Beträge dem Antragsgegner zustehen und sie der – teilweisen – Erfüllung des Unterhaltsanspruchs dienen sollen. Berücksichtigung finden können die Unterhaltszahlungen, die der Antragsgegner in seiner Aufstellung als Anlage zum Schriftsatz vom 26.1.2018 dargelegt hat (Bl. 495). Anders verhält es sich mit den beiden zusätzlichen Zahlungen, die sich aus dem Schriftsatz des Antragstellers vom 31.1.2018 (Bl. 519) ergeben. Dass der Antragsteller monatlichen Unterhalt von 128 € auch in den Monaten Juni 2017 und Januar 2018 gezahlt hat, lässt sich der vom Antragsgegner vorgelegten Aufstellung nicht entnehmen. Der Antragsteller beruft sich insoweit lediglich auf zwei handschriftlich ausgefüllte Überweisungsträger (Bl. 591, 598). Den insoweit eingereichten Fotokopien lässt sich aber nur der Eingang entsprechender Überweisungen in Bezug auf Unterhaltszahlungen für 6/2017 und 1/2018 entnehmen. Dass tatsächlich das Girokonto des Antragstellers mit jeweils 128 € belastet worden ist und dass dieser Betrag tatsächlich auf dem Girokonto des Antragsgegners eingegangen ist, hat der Antragsteller nicht nachgewiesen. Mithin müssen diese nur vom Antragsteller behaupteten Zahlungen bei der Titulierung außer Betracht bleiben.
10.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG, wobei das jeweilige Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten in der jeweiligen Instanz ausschlaggebend ist. Die Wertfestsetzung ergibt sich auf der Grundlage von § 51 Abs. 1, 2 FamGKG.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.