Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 9. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.03.2011 | |
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Aktenzeichen | 9 Sa 2564/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.10.2010, AZ: 24 Ca 20518/09, teilweise geändert und, unter Abweisung der Klage im Übrigen, die Beklagte verurteilt, an den Kläger
16,59 EUR (sechzehn 59/100) brutto
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2009 zu zahlen
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Leistungsentgelts für das Jahr 2009.
Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di und bei der Beklagten seit 1989 beschäftigt, zuletzt zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 5.196,65 €. Auf das Arbeitsverhältnis finden zwei mit ver.di abgeschlossene Haustarifverträge Anwendung, so der am 5./11. September 2006 geschlossene Tarifvertrag (ohne Namen), der im Wesentlichen den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-Bund) vom 13.09.2005 sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge für anwendbar erklärt (Bl. 15 ff. d.A.), und der Tarifvertrag Leistungsentgelt/Erfolgsbeteiligung (TV L/E) vom 11.09.2008 (Bl. 20 ff. d.A.).
Der am 01.10.2005 in Kraft getretene TVöD-Bund sieht in § 18 Abs. 1 die Einführung eines Leistungsentgelts ab 01.01.2007 vor. Nach § 18 Abs. 2 S. 1 sollte dessen Gesamtvolumen vorerst „1 v.H. der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres aller unter den Geltungsbereich des TVöD fallenden Beschäftigten des jeweiligen Arbeitgebers“ betragen und jährlich ausgezahlt werden. Nach § 13 Abs. 3 sollte das Nähere in einem Bundestarifvertrag vereinbart werden. In einer Protokollerklärung zu § 18 Abs. 3 sind Regelungen getroffen für den Fall, dass ein Bundestarifvertrag nicht bis zum 31.07. bzw. 30.09.2007 zustande kommen sollte, so sind u.a. auch pauschale Zahlungen im Dezember 2007 und im Dezember 2008 vorgesehen.
Der am 01.01.2007 rechtzeitig in Kraft getretene Leistungstarifvertrag Bund (LeistungsTV-Bund) vom 25.09.2006 regelt den Rahmen und wesentliche Details des Leistungsentgelts. Vorgesehen sind u.a. eine jährliche Leistungsfeststellung (§ 3 Abs. 3), die Fälligkeit des Leistungsentgelts spätestens im vierten Monat nach Leistungsfeststellung (§ 8 Abs. 2) und das zu verteilende Volumen (§ 9). Darüber hinaus enthält er in § 16 Einführungs- und Übergangsregelungen, wonach im Jahr 2007 alle Beschäftigten zunächst mit dem Tabellenentgelt des Monats Juli ein pauschales Leistungsentgelt iHv 6% des ihnen für den Monat März gezahlten Tabellenentgelts erhalten sollten und das danach verbleibende Entgeltvolumen für das Jahr 2007 das Gesamtvolumen für das Jahr 2008 erhöhen sollte. Der erste Leistungszeitraum sollte am 01.07.2007 beginnen und mindestens sechs, höchstens neun Monate betragen. Der daran anschließende Leistungszeitraum konnte um bis zu drei Monate verlängert werden. Wenn bis zum 30.06.2007 keine Dienstvereinbarung zustande kommen sollte, sollten die Beschäftigten mit dem Tabellenentgelt des Monats April 2008 6% des für den Monat Dezember 2007 jeweils zustehenden Tabellenentgelts erhalten. Im Folgejahr sollte sich dann das Leistungsentgelt um den verbleibenden Betrag des Gesamtvolumens erhöhen. Das sollte auch für die Folgejahre gelten.
Am 01.10.2008 trat dann der nur für Beschäftigte der Beklagten geltende TV L/E in Kraft, und zwar mit rückwirkender Geltung für das „gesamte Bezugsjahr 2008“. Auch dieser sieht die Zahlung eines Leistungsentgelts „gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 TVöD-Bund“ vor und regelt das System der Leistungsfeststellung. Er enthält ebenfalls eine Übergangsregelung, wonach das nach Anwendung des § 16 LeistungsTV-Bund in den Kalenderjahren 2007 und 2008 verbliebene Entgeltvolumen das Gesamtvolumen des Leistungsentgeltbetrages für das Bezugsjahr 2008 erhöhen sollte.
Entsprechend den Vorgaben des LeistungsTV-Bund zahlte die Beklagte im Juli 2007 an ihre Mitarbeiter 6 % des ihnen für den Monat März 2007 jeweils zustehenden Tabellenentgelts aus. Das waren insgesamt 49.613,91 €. Da bis zum 30.06.2007 keine Dienstvereinbarung zustande gekommen war, erhielten die Beschäftigten im April 2008 wiederum 6% ihres jeweiligen Tabellenentgelts von Dezember 2007. Das waren weitere 49.564,08 €. Im Jahr 2008 erfolgte dann keine weitere Zahlung mehr. Erst im Juni 2009 erhielten die Mitarbeiter jeweils eine weitere anteilige Zahlung aus einer Summe von insgesamt 107.635,00 €, der Kläger einen Betrag von 515,00 €. Bei dieser letzten Zahlung war die Beklagte davon ausgegangen, dass den Beschäftigten als Leistungsentgelt für 2007 1% der ständigen Monatsentgelte des Jahres 2006 in Höhe von 103.460,45 € zugestanden hätte, wovon sie insgesamt 99.177,99 € (im Juli 2007 und April 2008) ausgezahlt hatte. Die restlichen 4.282,46 € hat sie dem Volumen der ständigen Monatsentgelte des Jahres 2007 in Höhe von 103.607,95 € hinzugerechnet und hieraus den Gesamtbetrag des Leistungsentgelts für 2008 (107.890,41 €) ermittelt. Hiervon hat sie dann die bereits genannten 107.635,00 € ausgekehrt.
Mit seiner am 18.11.2009 erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung von weiteren 512,32 € brutto nebst Verzugszinsen seit dem 01.07.2009 als Leistungsentgelt geltend gemacht und dies damit begründet, dass die Tarifvertragsparteien bereits für 2007 eine zusätzliche Zahlung (und nicht erst den Beginn eines Leistungszeitraums) festgelegt hätten, die durch Einsparungen im Bereich von Urlaubs- und Weihnachtsgeld gegenfinanziert werden sollte. Für die Höhe des im Jahr 2007 zu zahlenden Leistungsentgelts seien angesichts der „Vorjahres“-Regelung in § 18 Abs. 2 TVöD-Bund die ständigen Monatsentgelte des Jahres 2006 maßgeblich gewesen, entsprechend in den Folgejahren. Aufgrund der Übergangsregelung in § 16 TV L/E iVm § 16 LeistungsTV-Bund hätte sich demnach im Jahr 2009 das zu berücksichtigende Gesamtvolumen des Leistungsentgelts um denjenigen Betrag erhöht, der in den Jahren 2007 und 2008 nicht zur Auszahlung gelangt sei, also um 53.846,54 € (=103.460,45 € [ständige Monatsentgelte des Jahres 2006] abzüglich bereits gezahlter 49.613,91 €) und 54.043,87 € (=103.607,95 € [ständige Monatsentgelte des Jahres 2007] abzüglich gezahlter 49.564,08 €). Da, was unstreitig ist, die ständigen Monatsentgelte im Jahr 2008 106.819,95 € betragen hätten, hätte das auszuzahlende Volumen insgesamt 214.710,36 € ausgemacht, was einen noch an ihn zu zahlenden Anteil von 512,32 € ausmache.
Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Durch Urteil vom 28.10.2010 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und ist in der Begründung im Wesentlichen der Argumentation des Klägers gefolgt. Es hat ausgeführt, dass maßgeblich für die Berechnung des für das „Leistungsjahr“ 2008 im Jahr 2009 zu zahlenden Leistungsentgelts der TV L/E sei. Dieser verweise auf § 18 Abs. 2 Satz 1 TVöD, der den Begriff des „Vorjahres“ verwende, dessen Bezugsjahr aber nicht näher definiere. Auch aus den Übergangsregelungen der Leistungsentgelt-Tarifverträge ergebe sich nichts Näheres. Die Kammer gehe jedoch davon aus, dass im Jahr 2007 an sich 1% der ständigen Monatsentgelte des Jahres 2006 und im Jahr 2008 1 % derjenigen des Jahres 2007 zur Auszahlung hätten kommen und die nicht gewährten Zahlungen das Leistungsvolumen im Jahr 2009 hätten erhöhen sollen. Das ergebe sich aus der Auslegung der Übergangsvorschriften, zwar nicht aus deren Wortlaut, wohl aber aus Gründen, die in den Durchführungshinweisen des Bundesministeriums des Innern (BMI), einer der vertragsschließenden Parteien des LeistungsTV-Bund, zum Ausdruck gebracht worden seien. Dort sei der Begriff „Vorjahr“ dahingehend definiert worden, dass dieses das dem Auszahlungsjahr vorangehende Jahr sei. Andernfalls würde auch die in der Übergangsvorschrift des § 16 LeistungsTV-Bund geregelte „Übertragung“ auf das Fälligkeitsjahr 2008 keinen Sinn ergeben. Die Tarifparteien hätten den Arbeitnehmern im „(Auszahlungs-)Jahr“ 2007 ein Leistungsentgelt zukommen lassen wollen, dessen Gesamtvolumen sich nach § 18 Abs. 2 TVöD-Bund zu richten hätte, wofür auch die Protokollerklärung zu § 18 Abs. 3 TVöD-Bund spreche. Ebenso spreche für diese Auslegung die Entstehungsgeschichte, weil die Absenkung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes im Jahr 2007 eingetreten sei.
Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 11. November 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Dezember 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und mit einem am 6. Januar 2011 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte hält das Urteil des Arbeitsgerichts schon deshalb für falsch, weil es das Jahr 2006 als ersten Leistungszeitraum definiere, was im Wortlaut der anspruchsbegründenden Norm des § 18 Abs. 1 TVöD-Bund keinen Niederschlag gefunden habe. Denn danach habe der Leistungszeitraum erst am 1. Januar 2007 beginnen sollen, mithin sei ein Leistungsentgelt für die Jahre 2007, 2008 und 2009 geschuldet. Die Übergangsvorschrift des § 16 LeistungsTV-Bund ergebe nichts anderes. Die Auslegung des Arbeitsgerichts führe zu einer Erhöhung des Leistungsentgelts um einen Jahresbetrag, die dann eintrete, wenn die Arbeitnehmervertretung den Abschluss einer Dienstvereinbarung verzögere, was durch die Übergangsregelung aber gerade ausgeschlossen werden sollte. Diese habe vielmehr dem Zweck gedient, eine Zahlung bereits im Jahr 2007 zuzulassen, die im hypothetischen Normalfall erst im Jahr 2008 zu zahlen gewesen wäre. Die Regelung in § 16 TV L/E bestätige dieses Ergebnis. Denn danach erhöhe das in den Kalenderjahren 2007 und 2008 verbliebene Entgeltvolumen das Gesamtvolumen für das Bezugsjahr bzw. den Leistungszeitraum 2008, das im Jahr 2009 fällig geworden sei. Auf den Begriff des „Vorjahres“ komme es für den Anspruch nicht an, sondern nur auf den Leistungszeitraum, der dem „Bezugsjahr“ entspreche. Die Durchführungshinweise des BMI stützten diese Auffassung sogar, das Arbeitsgericht habe daraus nur falsche Schlüsse gezogen. Die Protokollerklärung sei durch die Einführung des LeistungsTV-Bund gegenstandslos geworden und könne zur Auslegung nicht herangezogen werden. Auch die Einsparwirkung des durch Kürzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes könne die Auffassung des Arbeitsgerichts nicht stützen. Schließlich sei auch die Berechnung des Leistungsentgelts falsch.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Oktober 2010 (Az. 24 Ca 20518/09) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und rügt vor allem die Auffassung der Beklagten zu der angeblichen Vorverlegung des Leistungszeitraums. Er trägt vor, es sei Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, den Beschäftigten bereits ab dem Jahr 2007 ein Leistungsentgelt zukommen zu lassen. Dafür sei kein Leistungszeitraum festgelegt worden, dies vielmehr gemäß LeistungsTV-Bund Dienstvereinbarungen vorbehalten gewesen, und für die Beschäftigten der Beklagten ab 2008 ja auch erfolgt. Die Übergangsregelungen hätten Anreiz für den Abschluss einer Dienstvereinbarung schaffen wollen, indem sie die Hälfte des Leistungsentgelts zunächst „eingefroren“ hätten; dies verkenne die Beklagte. Ihre Auffassung, das erste Leistungsentgelt sei erst 2008 fällig gewesen, sei mit den Übergangsregelungen nicht vereinbar. Auch komme es auf den Begriff des Vorjahres sehr wohl an, das sei das dem Auszahlungsjahr vorangehende Kalenderjahr und somit erstmals das Jahr 2006. Diese Auffassung entspreche auch der Praxis sämtlicher Bundesministerien und widerspreche nicht der Protokollerklärung zu §18 Abs. 3 TVöD. Sie stehe auch in Übereinstimmung mit dem Finanzierungsmodell der Einsparungen durch die reduzierte Jahressonderzahlung im Jahr 2007. Daher habe den Beschäftigten bereits im Jahr 2007 die Auszahlung von 1% des Tabellenentgelts 2006 zugestanden usw. Die andere Auffassung sei mit den Tarifbestimmungen nicht vereinbar. Wegen der geringeren Auszahlung in den Jahren 2007 und 2008 seien im Jahr 2009 daher rund 2% der Tabellenentgelte des Vorjahres auszuzahlen gewesen.
Die Beklagte repliziert darauf, dass die Durchführungsbestimmungen des BMI nicht maßgeblich seien, wenn sie im Wortlaut der Vorschriften nicht zum Ausdruck gebracht worden seien. Sie bekräftigt ihre Ansicht, dass maßgeblich für den Anspruch auf Leistungsentgelt der Leistungszeitraum sei, der erstmalig im Jahr 2007 begonnen habe und daher auch erstmalig mit dem Leistungsentgelt honoriert werden könne. Nach der Argumentation des Klägers würde die Leistung im Jahr 2007 doppelt bezahlt. Daher sei § 16 Abs.1 LeistungsTV-Bund (Beginn des ersten Leistungszeitraums ab 1. Juli 2007) als bloße Übergangsregelung zu verstehen und § 18 Abs. 1 TVöD-Bund (Einführung des Leistungsentgelts ab 1. Januar 2007) keine Fälligkeitsregelung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
I.
Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist frist- und formgerecht im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden und erweist sich damit als zulässig.
II.
Die Berufung hat auch in der Sache im Wesentlichen Erfolg. Dem Kläger steht als Leistungsentgelt im Jahr 2009 lediglich ein Betrag von 16,59 € zu, der aus einer fehlerhaften Bestimmung des Begriffs „Vorjahr“ resultiert, nicht hingegen die von ihm verlangte Summe von 515,00 €.
Die erkennende Kammer folgt damit überwiegend den Ausführungen der Beklagten, allerdings mit der Einschränkung, dass sich die Höhe des Leistungsentgelts stets nach dem dem Auszahlungszeitpunkt vorangehenden Jahr richtet. Hierfür ist nicht das Jahr 2006 maßgeblich. Das folgt aus folgenden Erwägungen:
1.
Für das Jahr 2007 waren für den Anspruch auf Leistungsentgelt noch ausschließlich die Vorschriften des TVöD und des LeistungsTV-Bund maßgeblich. Ab dem Jahr 2008 steht den Beschäftigten der Beklagten dann das Leistungsentgelt gemäß § 2 TV L/E zu.
a) Mit der Einführung des Leistungsentgelts durch den TVöD-Bund (§ 18 Abs. 1 Satz 1) und den LeistungsTV-Bund sollten vom 1. Januar 2007 an die Leistungen der Mitarbeiter bemessen und individuell vergütet werden. Da grundsätzlich eine jährliche Leistungsfeststellung vorgesehen war (§ 18 Abs. 2 Satz 3 TVöD-Bund: „…es besteht die Verpflichtung zu jährlicher Auszahlung...“ und § 3 Abs. 3 LeistungsTV-Bund: „Die Leistungsfeststellung erfolgt jährlich“), wäre nach regulärem Verlauf der Dinge eine erste Berechnung von Leistungsentgelt erst im Jahr 2008 möglich gewesen. Denn erstes Bezugsjahr für das Leistungsentgelt oder erster Leistungszeitraum konnte nur das Jahr 2007 sein. Daher wurde auch ausdrücklich bestimmt, dass eine Auszahlung von Leistungsentgelt noch im Jahr 2007 erfolgen sollte. In § 16 Abs. 1 LeistungsTV-Bund wurde die erste, gemessen an dem in § 18 Abs. 2 TVöD zur Auszahlung vorgesehenen Volumen, etwa hälftige Zahlung eines Leistungsentgelts vorverlegt auf Juli 2007, ohne dass es einer Leistungsfeststellung bedurfte. Damit entspricht diese Zahlung einem pauschalen Abschlag für 2007. Der erste Leistungszeitraum, der vorab durch Dienstvereinbarung festzulegen war, sollte dann am 1. Juli 2007 beginnen und entweder am 31. Dezember 2007 oder am 31. März 2008 enden. Somit war das erste Leistungsentgelt für den ersten Leistungszeitraum im Jahr 2007 erst im Jahr 2008 fällig. Wenn aber bis zum 30. Juni 2007 innerdienstlich noch immer kein Leistungszeitraum bestimmt worden sein sollte, dann sollte gem. § 16 Abs. 2 LeistungsTV-Bund die nächste Auszahlung eines weiteren, etwa hälftigen Leistungsentgelts mit der Zahlung des Gehalts für April 2008 erfolgen. Das entspricht einer weiteren pauschalen Abschlagszahlung für 2007. Der zur Gesamthöhe fehlende Betrag sollte dann wieder das Gesamtvolumen des im Folgejahr auszuzahlenden Betrags erhöhen, was aus Sicht der Kammer eine Erhöhung des Gesamtbetrags der für das Jahr 2009 maßgeblichen ständigen Monatsentgelte des Jahres 2008 zur Folge haben musste.
Entsprechend diesen Vorgaben zahlte die Beklagte im Juli 2007 eine erste Rate des Leistungsentgelts aus. Die zweite Rate für 2007 erhielten die Beschäftigten im April 2008.
b) Ab dem Jahr 2008 galt dann für die Beschäftigten der Beklagten der TV L/E.
Da er erst im September 2008 vereinbart wurde, konnten die Kriterien für die Leistungsbeurteilung erst ab Oktober Anwendung finden, weshalb die Beklagte auch erst im Juni 2009 das Leistungsentgelt für 2008 auszahlte.
2.
Die Höhe des Leistungsentgelts richtet sich nach § 18 Abs. 2 Satz 1 TVöD Bund, der gemäß TV L/E auch für das betriebliche Leistungsentgelt in Bezug genommen wurde.
a) Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 TVöD Bund beträgt das Volumen des Leistungsentgelts „1 v.H. der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres aller unter den Geltungsbereich des TVöD fallenden Beschäftigten“ und soll jährlich ausgezahlt werden.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Begriff des „Vorjahres“ nach der Fälligkeit des Leistungsentgelts zu bestimmen. Bei jährlicher Auszahlung und Beginn des ersten Leistungszeitraums frühestens ab Juli 2007 war die erste Zahlung des Leistungsentgelts – wie ausgeführt – erst im Jahr 2008 fällig. Das erste „Vorjahr“ war also das Jahr 2007, das der Auszahlung im Jahr 2009 das Jahr 2008. Es macht keinen Sinn, bei der Auszahlung des Leistungsentgelts an Vorvorjahre anzuknüpfen. Außerdem korrespondiert dieses Auffassung auch mit der Übergangsregelung in § 16 Abs. 1 LeistungsTV-Bund, die für die Pauschalzahlungen im Jahr 2007 als Maßstab die (individuellen) Entgelte der Beschäftigten von März 2007 und nicht solche des Vorjahres bestimmt.
b) Wenn nun nach der Übergangsregelung in § 16 TV L/E das nach Anwendung des § 16 LeistungsTV-Bund in den Kalenderjahren 2007 und 2008 verbliebene Entgeltvolumen das Gesamtvolumen des Leistungsentgeltbetrages für das Bezugsjahr 2008 erhöhen sollte, bedeutet dies nach Auffassung der erkennenden Kammer auch im Wortsinn, dass das noch nicht ausgezahlte Entgeltvolumen der genannten Jahre das Gesamtvolumen der Auszahlung im Jahr 2009 erhöhen sollte.
Da bei der Beklagten der Beginn des ersten Leistungszeitraums der 1. Januar 2008 war, endete dieser am 31. Dezember 2008. Das für das Bezugsjahr 2008 im Jahr 2009 zu zahlende Leistungsentgelt sollte um das in den Vorjahren noch nicht zur Auszahlung gelangte Entgeltvolumen nach § 16 erhöht werden. Nach Auffassung der Kammer ist dies – wie dargelegt – das Volumen von 1% der ständigen Monatsentgelte der Jahre 2007 und 2008, so dass sich, bezogen auf den konkreten Fall, folgendes Zahlenwerk ergibt:
Da im Jahr 2007 nur ca. die Hälfte des Entgeltvolumens zur Auszahlung gelangte, ergab sich nach Berechnungen der Kammer hieraus ein Restbetrag von 53.846,54 €, der auf das Entgeltvolumen von 2008 zu übertragen war. Durch die Zahlung im April 2008 verblieb ein noch nicht berücksichtigter Betrag von 4.282,46 €. Das Entgeltvolumen im Jahr 2008 betrug 106.819,95 € und war zusammen mit dem Restvolumen aus 2007 dann für die Zahlung im Jahr 2009 auszuschöpfen. Mithin hatten insgesamt 111.102,41 € zur Auszahlung zu gelangen, während tatsächlich nur 107.635 € ausgezahlt wurden. Die restlichen 3.467,41 € waren daher noch zu verteilen, was nach einer simplen Dreisatzrechnung für den Kläger eine Restzahlung von 16,59 € ausmacht. (Anm. der Verf.: Die Kammer hat sich bei dieser Berechnung allerdings im Ausgangsbetrag vertan und ist von dem Gesamtvolumen 2006 ausgegangen. Bei richtiger Ausgangszahl ergäbe sich ein Anspruch auf 17,30 €).
3.
Die Argumente des Klägers gegen diese Auslegung überzeugen nicht.
a) Die Auslegung widerspricht nicht der Formulierung im § 18 Abs. 1 TVöD-Bund: „Ab dem 1. Januar 2007 wird ein Leistungsentgelt eingeführt“. Denn zum einen heißt „eingeführt“ noch nicht „gezahlt“, zum anderen ist zu unterscheiden zwischen Anspruchsgrundlage und Fälligkeitsregelung. Der Anspruch sollte zwar mit der Erbringung bestimmter Leistungen entstehen, die ab dem festgelegten Beginn erbracht werden, aber erst nach Ende des Leistungszeitraums fällig werden. Wenn ein Jahresgehalt von einem bestimmten Zeitpunkt an vereinbart wird, dann richtet sich dessen monatliche Auszahlung auch nur nach der vereinbarten Fälligkeitsregelung, jedenfalls wäre es erst am Ende des Jahres zu zahlen. Auch das Monatsgehalt ist regelmäßig erst am Monatsende fällig, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Beim Leistungsentgelt kommt hinzu, dass die Leistung erst festzustellen ist, bevor eine Bezahlung erfolgen kann.
b) Auch die Ansicht, dass die Tarifvertragsparteien mit der Einführung des Leistungsentgelts nicht zugleich auch den Beginn des Leistungszeitraums festgelegt hätten, geht fehl. Auch wenn das Jahr 2007 nicht ausdrücklich als erstes Bezugs- oder Beurteilungsjahr festgelegt und dieser Begriff in den Tarifverträgen des Bundes auch nicht verwandt wird, ergibt sich aus der Einführung des Leistungsentgelts ab diesem Jahr, dass hier auch der Beginn des Leistungszeitraums liegen muss. Denn andernfalls hätten bereits im Vorjahr Leistungsvorgaben erfolgen müssen, was ausdrücklich hätte geregelt werden müssen.
c) Auch die unstreitige Absicht der Tarifvertragsparteien, das Leistungsentgelt aus der Absenkung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes zu finanzieren, steht der vorstehenden Auslegung nicht entgegen. Denn diese Absicht wurde auch verwirklicht durch die Abschlagszahlung im Juli 2007. Da das Leistungsentgelt überdies für eine bestimmte Leistungsperiode zu zahlen ist, verschiebt sich durch die Neubestimmung lediglich der Auszahlungszeitpunkt. Die Übergangsregelung in § 18 Abs. 3 TVöD ist durch den Abschluss der LeistungsTV-Bund gegenstandslos geworden, bestätigt aber unabhängig davon das hier gewonnene Ergebnis.
d) Dass das Vorjahr das dem Auszahlungsjahr vorangehende Kalenderjahr entspricht der Meinung der Kammer, nicht aber, dass es damit das Jahr 2006 ist. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.
e) Soweit die Durchführungshinweise des BMI eine andere Auslegung bevorzugen, stellen auch sie nur eine Meinung dar. Zudem stammen sie teilweise aus dem Jahr 2005, in dem der LeistungsTV-Bund noch nicht existierte.
So lässt sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften im Gegensatz zu der Interpretation des BMI z.B. nicht entnehmen, dass „für die Leistungsbezahlung im Jahr 2007 (Hervorhebung d. Verf.) zunächst ein Gesamtvolumen von 1 v.H. der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres … zur Verfügung stehen“ wird; eine Jahreszahl enthält weder § 18 Abs. 2 TVöD noch eine der Übergangsvorschriften.
Auch die Praxis des BMI, im Jahr 2008 das 1,5fache und im Jahr 2009 sogar das zweifache des gewöhnlichen Leistungsentgelts zu zahlen, ist nur Ausfluss der aus Sicht des Berufungsgerichts fehlerhaften Interpretation.
Übereinstimmung besteht nur mit der Interpretation, dass „Vorjahr … das dem Auszahlungsjahr vorangegangene Haushalts- und Kalenderjahr“ ist.
4.
Aus diesen Gründen war dem Kläger lediglich ein Restbetrag als Leistungsentgelt für 2008 nebst Verzugszinsen zuzusprechen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
IV.
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, wie die Tarifverträge zum Leistungsentgelt auszulegen sind, wegen der Vielzahl von Betroffenen von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 72 abs. 2 ArbGG).