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Entlassung eines Berufssoldaten auf eigenen Antrag


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 2. Kammer Entscheidungsdatum 07.10.2020
Aktenzeichen 2 K 3396/17 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2020:1007.2K3396.17.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 46 SG, § 47 SG

Leitsatz

Die fehlende Erteilung einer Versorgungsauskunft und einer Diensteinkommensbescheinigung steht der Wirksamkeit einer auf Antrag des Berufssoldaten verfügten Entlassung aus dem Soldatenverhältnis auch dann nicht entgegen, wenn sich der Soldat deshalb vor der Entlassung nicht in der Lage sieht, eine Wahl zwischen dem Bezug von Altersgeld oder einer Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu treffen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger war seit 2008 Berufssoldat, zuletzt im Rang eines Hauptfeldwebels.

Mit handschriftlich unterzeichnetem Schreiben vom 23. Dezember 2016 beantragte er gegenüber seinem Disziplinarvorgesetzten die sofortige Entlassung zum nächstmöglichen Termin. Das Schreiben ging ausweislich des darauf angebrachten Posteingangsstempels am selben Tag im Büro des Dienstvorgesetzten ein.

Die Beklagte bereitete daraufhin die Entlassung zum Ablauf des 28. Februar 2017 vor. Der Kläger wurde im Januar 2017 angehört und über die Folgen der Entlassung belehrt. Zudem wurde ihm ein Informationsschreiben bezüglich der Wahlmöglichkeit zwischen Altersgeld nach dem Altersgeldgesetz (AltGG) und einer Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung übergeben.

Nach einer erneuten Bedenkzeit von mindestens einer Nacht wurde der Kläger nochmals auf die Folgen der Entlassung hingewiesen. Der Kläger erklärte hierzu, dass er an der beabsichtigten Entlassung mit Ablauf des 28. Februar 2017 festhalte.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2017 beantragte der Kläger bei dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr die Erteilung einer Versorgungsauskunft und teilte darin weiter mit, dass er das Ergebnis der Versorgungsauskunft abwarten wolle, bevor er sich zwischen dem Altersgeld nach dem Altersgeldgesetz oder der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung entscheide.

Am 21. Januar 2017 wurde durch das Bundesamt für Personalmanagement eine Diensteinkommensbescheinigung über die in der Zeit vom 02. Oktober 1996 bis 28. Februar 2017 erzielten nachversicherungspflichtigen Einnahmen erstellt und am selben Tag mit der Bitte um Aushändigung an den Disziplinarvorgesetzten des Klägers übersandt.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2017 übermittelte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr der militärischen Dienststelle des Klägers den streitgegenständlichen Entlassungsbescheid nebst Entlassungsurkunde zum Zwecke der Aushändigung an den Kläger gegen Empfangsbekenntnis. In dem Bescheid führte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr unter Bezugnahme auf den Entlassungsantrag des Klägers aus, dass dieser durch die beigefügte Urkunde auf seinen Antrag gemäß § 46 Abs. 3 des Soldatengesetzes mit Ablauf des 28. Februar März 2017 aus der Bundeswehr entlassen werde.

Am 27. Februar 2017 wurde der Kläger telefonisch aufgefordert, seine Dienststelle aufzusuchen, da seine Entlassungsurkunde eingetroffen sei. Dieser Aufforderung kam er am nächsten Tag nach. Auf der Dienststelle wies er darauf hin, dass er noch keine Versorgungsauskunft erhalten habe. Daraufhin wurde telefonisch Kontakt mit dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr aufgenommen. Im Zuge des Telefonats stellte sich heraus, dass der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Versorgungsauskunft versehentlich nicht an die zuständige Generalzolldirektion weitergeleitet wurde. Der Kläger wandte sich sodann noch am selben Tag schriftlich an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr und teilte mit, dass er wegen der fehlenden Versorgungsauskunft noch keine Entscheidung bezüglich der Wahl zwischen dem Altersgeld und der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung treffen könne. Er bitte deshalb um Verschiebung der Entlassung bis zur Bekanntgabe der Versorgungsauskunft als Entscheidungsgrundlage. Im Anschluss hieran verließ der Kläger gegen 13 Uhr die Dienststelle.

Noch am selben Tag wurde durch die Generalzolldirektion eine – nicht unterschriebene – Versorgungsauskunft für den Kläger erstellt und an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr übermittelt, von wo sie an die militärische Dienststelle des Klägers weitergeleitet wurde. Der Kläger wurde hierüber gegen 14:30 Uhr unterrichtet und aufgefordert, sich erneut in der Dienststelle einzufinden, um die Entlassung zu vollziehen. Nach seinem Eintreffen auf der Dienststelle gegen 16 Uhr wurde ihm die Versorgungsauskunft vorgelegt. Der Kläger erachtete die Auskunft als unwirksam und wies ferner darauf hin, dass er bis dato keine Auskunft über seine nachversicherungspflichtigen Einnahmen erhalten habe. Deshalb widersprach er mündlich seiner Entlassung, verweigerte die Annahme der Entlassungsurkunde und die Unterschrift auf dem Empfangsbekenntnis.

Am 2. März 2017 legte der Kläger Beschwerde gegen seine Entlassung ein, die er im Wesentlichen wie folgt begründete: Die Versorgungsauskunft sei nicht in angemessener Weise erteilt worden und wegen fehlender Unterschrift unwirksam. Nach wie vor lägen ihm keine rechtswirksame Versorgungsauskunft und überhaupt keine Auskunft über seine nachversicherungspflichtigen Einnahmen vor. Er könne deshalb weiterhin keine Wahl zwischen dem Bezug von Altersgeld und der Nachversicherung treffen. Der Verwaltungsakt sei deshalb aufzuheben und die Entlassung neu festzusetzen, um ihn nicht seiner Rechte zu beschneiden und die vorgesehenen Abläufe und Fristen zu wahren.

Mit E-Mail vom 9. März 2017 wurde die Diensteinkommensbescheinigung vom 21. Februar 2017 erneut an den Disziplinarvorgesetzten des Klägers übermittelt.

Mit Beschwerdebescheid vom 21. März 2017 wurde die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entlassung vorgelegen hätten. Bezüglich der Wahl zwischen dem Altersgeld und der Nachversicherung hätten dem Kläger spätestens seit dem 9. März 2017 alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestanden. Die Abgabe einer Erklärung sei auch noch nach Beendigung des Dienstverhältnisses möglich.

Am 24. April 2017 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen seine Entlassung erhoben, die mit Beschluss vom 18. September 2017 an das erkennende Gericht verwiesen worden ist.

Zur Begründung seiner Klage trägt er unter anderem ergänzend vor, dass gemäß dem Altersgeldgesetz die Wahl zwischen dem Altersgeld und der Nachversicherung zwingend vor der Entlassung getroffen werden müsse. Werde keine Wahl getroffen, erfolge die Nachversicherung. Da ihm eine Auskunft über seine nachversicherungspflichtigen Einnahmen erst nach dem 28. Februar 2017 vorgelegen habe und eine rechtswirksame Versorgungsauskunft weiter fehle, habe er nicht mit Wirkung vom 28. Februar 2017 entlassen werden dürfen, weil ihm die Wahlmöglichkeit genommen worden sei.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17. Juni 2017 sinngemäß beantragt,

1. die Entlassungsverfügung vom 8. Februar 2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 21. März 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitpunkt der Entlassung neu festzusetzen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm entsprechend des neu festgesetzten Entlassungszeitpunkts Besoldung nachzuzahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine unterschriebene Versorgungsauskunft zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt ihre Bescheide und verweist hierzu auf die Begründung des Beschwerdebescheids.

Im Erörterungstermin vom 19. Mai 2020 sind die Beteiligten auf eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen worden. Der Kläger ist hierauf noch einmal mit gerichtlicher Verfügung vom 28. August 2020 hingewiesen worden.

Mit Beschluss vom 24. September 2020 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten (2 Hefter) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Grund des Übertragungsbeschlusses der Kammer vom 24. September 2020 zuständige Einzelrichter kann nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten nach § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorher angehört worden sind.

II. Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet. Die Entlassungsverfügung vom 8. Februar 2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 21. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Demzufolge hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Neufestsetzung des Entlassungszeitpunkts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Zunächst steht der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung nicht entgegen, dass der Kläger seiner Meinung nach in der Wahlmöglichkeit bezüglich der Gewährung von Altersgeld anstelle einer Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt worden sei. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AltGG hängt die Gewährung von Altersgeld zwar davon ab, dass der Berufssoldat vor Beendigung des Dienstverhältnisses eine Erklärung gegenüber dem Dienstherrn abgegeben hat, anstelle der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung das Altersgeld in Anspruch nehmen zu wollen. Umgekehrt hängt die Beendigung des Dienstverhältnisses aber nicht davon ab, dass der Berufssoldat zuvor hinreichend Gelegenheit hatte, eine solche Wahl zu treffen. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Beendigung des Dienstverhältnisses richten sich vielmehr allein nach dem einschlägigen Fachrecht, hier dem Soldatengesetz (SG). Diese (fachrechtlichen) Voraussetzungen liegen hier vor.

Rechtsgrundlage für die Entlassungsverfügung ist § 46 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SG. Danach kann der Berufssoldat jederzeit seine Entlassung verlangen. Verlangt der Berufssoldat seine Entlassung, muss der Dienstherr dem nachkommen (vgl. § 46 Abs. 7 Satz 3 Halbsatz 1 SG).

a. Der Kläger hat wirksam seine Entlassung verlangt.

Das Entlassungsverlangen ist eine empfangsbedürftige, bedingungsfeindliche Willenserklärung, die der Berufssoldat schriftlich (vgl. § 46 Abs. 7 Satz 1 SG), d. h. mit eigenhändiger Namensunterschrift (vgl. § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) gegenüber dem nächsten Disziplinarvorgesetzten abgeben muss; sie bedarf keiner Begründung (vgl. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Aufl. 2016, § 46 Rn. 123 f.).

Diesen Vorgaben genügt das Schreiben des Klägers vom 23. Dezember 2016.

b. Das Entlassungsverlangen ist nicht durch eine Anfechtung rückwirkend unwirksam geworden.

Für die Anfechtung von Willenserklärungen im öffentlichen Recht gelten die einschlägigen Vorschriften des BGB entsprechend (vgl. Sauerland, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 19. Aufl., § 33 BBG Rn. 14 m. w. N.). Hiernach kommt eine Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) oder Täuschung/Drohung (§ 123 BGB) in Betracht. Für eine Täuschung oder Bedrohung des Klägers vor bzw. bei Abgabe des Entlassungsantrags ist aber nichts ersichtlich. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass er überhaupt keinen Entlassungsantrag hätte stellen wollen, sei es, dass er überhaupt keine derartige Willenserklärung hätte abgeben wollen, oder dass er keine Erklärung dieses Inhaltes hätte abgeben wollen. Soweit er im Zeitpunkt der Abgabe davon ausgegangen ist, dass ihm bis zum Wirksamwerden der Entlassungsverfügung eine (unterschriebene) Versorgungsauskunft und eine Diensteinkommensbescheinigung vorliegen würden, und diese Erwartung enttäuscht wurde, handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt (vgl. näher zum Motivirrtum: Mansel, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 17. Aufl. 2018, § 119 Rn. 17).

c. Der Kläger hat sein Entlassungsverlangen auch nicht rechtzeitig zurückgenommen.

Nach 46 Abs. 7 Satz 2 SG kann die Entlassungserklärung, solange die Entlassungsverfügung dem Soldaten noch nicht zugegangen ist, innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Disziplinarvorgesetzten zurückgenommen werden, mit Zustimmung der für die Entlassung zuständigen Stelle auch nach Ablauf dieser Frist.

aa. Die Zweiwochenfrist endete hier nach § 31 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 6. Januar 2017. Bis zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger die Entlassungsverfügung noch nicht zugegangen, denn sie wurde überhaupt erst am 8. Februar 2017 erstellt. Er hat bis zum Ablauf des 6. Januar 2017 aber auch keine Rücknahmeerklärung abgegeben. Soweit der Kläger vorträgt, er habe bei seiner Anhörung am 16. Januar 2017 zu Protokoll gegeben, dass ihm noch keine Auskünfte vorlägen und dieser Umstand ein Hinderungsgrund für seine Entlassung darstellen könnte, wenn die Auskünfte nicht bis zum 28. Februar 2017 vorlägen, kann dahinstehen, ob hierin eine Rücknahmeerklärung gesehen werden kann, weil die Erklärung nach Ablauf der Zweiwochenfrist erfolgte und die Rücknahmeerklärung als einseitiges Gestaltungsrecht aus Gründen der Rechtssicherheit – ebenso wie die Entlassungserklärung (s. o.) – nicht unter eine Bedingung gestellt werden darf (vgl. Rövekamp, in: Hau/Poseck, BeckOK BGB, 55. Aufl. 2020, § 158 Rn. 18 m. w. N.).

bb. Ob die Beklagte hier auf Grund einer Ermessensreduzierung auf null verpflichtet war, einer nach Ablauf der Zweiwochenfrist abgegebenen Rücknahmeerklärung des Klägers zuzustimmen (vgl. zu dieser Möglichkeit und einer entsprechenden Inzidentprüfung durch das Gericht: Sohm, a. a. O., § 46 Rn. 127), kann offen bleiben. Denn eine solche Zustimmung setzt zum einen voraus, dass überhaupt eine zustimmungsfähige Rücknahmeerklärung vorliegt. Zum anderen muss eine solche Rücknahmeerklärung zwingend vor Zugang der Entlassungsverfügung vorliegen. Eine nach Zugang der Entlassungsverfügung abgegebene Rücknahmeerklärung ist nicht mehr zustimmungsfähig (vgl. Sohm, a. a. O., ebd.; vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Beamtenrecht auch: Sauerland, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht, 19. Aufl. 2020, § 33 BBG Rn. 19 m. w. N.).

Eine unbedingte Rücknahmeerklärung kann hier zunächst nicht in der am Vormittag des 28. Februar 2017 schriftlich geäußerten Bitte gesehen werden, die Entlassung bis zur Erteilung einer Versorgungsauskunft zu verschieben. Hiermit hat der Kläger lediglich den gewünschten Entlassungszeitpunkt geändert. Er hat aber nach wie vor dasselbe Ziel verfolgt, nämlich sein vorzeitiges Ausscheiden aus der Bundeswehr, sodass in der Erklärung keine Rücknahme seines Entlassungsverlangens als solchem gesehen werden kann.

Vielmehr hat der Kläger erst dadurch eine wirksame Rücknahmeerklärung abgegeben, dass er am Nachmittag des 28. Januar 2017 seiner Entlassung auf der Dienststelle ausdrücklich widersprach und die Entgegennahme der Entlassungsurkunde sowie das Ausfüllen des Empfangsbekenntnisses verweigerte. Dass der Widerspruch nur mündlich erfolgte, steht einer Auslegung als Rücknahmeerklärung und deren Wirksamkeit zwar nicht entgegen, weil sie - anders als das Entlassungsverlangen - keiner bestimmten Form bedarf (vgl. für das Beamtenrecht: Sauerland, a. a. O., § 33 BBG Rn. 18 m. w. N.). Am Nachmittag des 28. Januar 2017 war dem Kläger die Entlassungsverfügung aber bereits zugegangen, sodass der nach Ablauf der Zweiwochenfrist abgegebenen Rücknahmeerklärung von der Beklagten nicht mehr zugestimmt werden konnte.

Nach einhelliger Auffassung ist der Zugang eines Verwaltungsakts bereits erfolgt, wenn der Verwaltungsakt so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Möglichkeit hat, von ihm Kenntnis zu nehmen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an. Die Kenntnisnahme ist möglich, wenn es allein auf den Willen des Betreffenden ankommt, ob er Kenntnis nimmt oder nicht (vgl. Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 48. Auf. 2020, § 41 VwVfG Rn. 8 m. w. N.). Nach seinem eigenen Vortrag wurde der Kläger am 27. Januar 2017 telefonisch darüber informiert, dass seine Entlassungsurkunde auf der Dienststelle eingetroffen sei. Am folgenden Tag fand er sich bereits vormittags auf der Dienststelle ein. Dort hatte er unzweifelhaft die Möglichkeit, von der Entlassungsverfügung Kenntnis zu nehmen, sodass der Zugang in diesem Moment erfolgt war. Der Entlassung widersprach der Kläger hingegen erst am Nachmittag desselben Tages, nachdem er zuvor in seine Wohnung zurückgekehrt war.

Dem Zugang der Entlassungsverfügung bereits am Vormittag des 28. Januar 2017 steht auch nicht entgegen, dass sich die Beklagte offenbar dazu entschieden hatte, die Entlassungsverfügung förmlich gegen Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zuzustellen. Eine Zustellung schreibt das Soldatengesetz nach § 47 Abs. 4 SG nur in den Fällen des § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SG und in den Fällen des 47 Abs. 8 SG vor, nicht aber für den Fall der Entlassung auf eigenen Antrag nach 46 Abs. 3 SG. Zwar ist die Behörde auch dann an die Zustellvorschriften des VwZG gebunden, wenn sie sich – wie hier – freiwillig für eine Zustellung entscheidet. Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments (hier nach § 5 Abs. 1 VwZG) nicht nachweisen, so bestimmt § 8 VwZG indes, dass das Dokument in dem Moment als zugestellt gilt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Auch hierfür genügt es, dass das Dokument so in seinen Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen (vgl. Ronellenfitsch, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 48. Auf. 2020, § 8 VwZG Rn. 10), was hier, wie dargelegt, bereits am Vormittag des 28. Februar 2017 der Fall war.

d. Weiterhin steht der Wirksamkeit der Entlassungsverfügung nicht entgegen, dass der Kläger die Entlassungsurkunde nicht entgegengenommen hat. Die Aushändigung einer Entlassungsurkunde ist weder gesetzlich vorgeschrieben noch für die Entlassung konstitutiv (vgl. Sohm, a. a. O., § 47 Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Dezember 2011 – 1 A 1729/09 –, juris, Rn. 37).

e. Dass die militärische Ausbildung des Klägers mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, ist nicht ersichtlich (vgl. § 46 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 SG). Von der Möglichkeit, die Entlassung nach § 47 Abs. 7 Satz 3 SG hinauszuschieben, hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger noch dienstliche Obliegenheiten im Sinne der Vorschrift zu erledigen hatte. Die Vorschrift dient zudem offensichtlich allein den Interessen des Dienstherrn, sodass sich der Kläger ohnehin nicht darauf berufen könnte, dass die Beklagte zu Unrecht das Vorliegen dienstlicher Obliegenheiten verneint hat.

f. Schließlich sind auch die formellen Anforderungen der Entlassung gewahrt worden. Der Kläger ist nach 47 Abs. 2 SG vor der Entlassung angehört worden. Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr ist nach §§ 47 Abs. 1, 4 Abs. 2 SG i. V. m. § 4 Abs. 1 der Anordnung über die Ernennung und Entlassung von Soldatinnen und Soldaten und die Ernennung von Reservistinnen und Reservisten für die Entlassung zuständig.

2. Der zulässige Klageantrag zu 2. ist aus den vorstehenden Gründen ebenfalls unbegründet. Ist die Entlassungsverfügung rechtmäßig, so besteht zwangsläufig auch kein Anspruch auf Nachzahlung von Besoldung.

3. Der Klageantrag zu 3. ist bereits unzulässig. Der Klage fehlt insoweit das nötige Rechtsschutzbedürfnis, weil die begehrte Erteilung einer unterschriebenen Versorgungsauskunft nicht geeignet ist, die Rechtsstellung des Klägers zu verbessern. Vielmehr erweist sich eine solche Auskunft mittlerweile als nutzlos für ihn, weil sich an dem Umstand, dass er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden ist, nichts mehr ändern lässt.

Abschließend ist anzumerken, dass der Umstand, dass die Entlassungsverfügung rechtmäßig ist, nicht ausschließt, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung einer Fürsorge- bzw. Amtspflicht durch Mitarbeiter der Beklagten im Zusammenhang mit der Erstellung/Übermittlung der Versorgungsauskunft und der Diensteinkommensbescheinigung zustehen kann, sofern sich die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihn wirtschaftlich ungünstiger darstellt als der Bezug von Altersgeld. Indes ist ein solcher Anspruch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Eine entsprechende Klageerweiterung hat der Kläger nicht vorgenommen. Ein gerichtlicher Hinweis auf diese Möglichkeit konnte unterbleiben, weil ein Schadensersatzanspruch auch im Falle einer entsprechenden Klageänderung unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Klageänderung selbst nicht mit Erfolg im vorliegenden Verfahren begehrt werden könnte.

Ein vor dem Verwaltungsgericht einklagbarer Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung setzt einen vor Klageerhebung bzw. vor entsprechender Klageänderung an den Dienstherrn zu stellenden Antrag als nicht nachholbare Klagevoraussetzung voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 C 38/95 –, juris, Rn. 18). Einen solchen Antrag gegenüber der Beklagten hat der Kläger aber nicht gestellt.

Ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung einer Amtspflicht (sog. Amtshaftungsanspruch) wäre nach Art. 34 Satz 3 des Grundgesetzes und § 17 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zwingend vor dem zuständigen Landgericht einzuklagen. Ein allein hierauf gestütztes, im Wege der (zulässigen) Klageerweiterung eingebrachtes Schadensersatzbegehren wäre daher abzutrennen und zu verweisen gewesen. Durch das Unterlassen einer solchen Verweisung erleidet der Kläger keinen Nachteil, weil er hierdurch nicht daran gehindert wird, selbst beim Landgericht eine entsprechende Klage einzureichen.

Bei einem sowohl auf Fürsorgepflichtverletzung als auch Amtspflichtverletzung gestützten Schadensersatzbegehren könnte das Verwaltungsgericht das Begehren nur unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflichtverletzung prüfen und müsste die Klage, wie soeben dargelegt, als unzulässig abweisen. Eine Teilverweisung an das Landgericht im Übrigen, d. h. im Hinblick auf eine Amtspflichtverletzung, würde in diesem Fall von vornherein ausscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1997 – 2 B 178/96 –, juris, Rn. 2).

III. Die gerichtliche Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Gerichtsbescheids beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 und 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung.

Beschluss
Der Streitwert wird auf 19.442,10 Euro festgesetzt.

Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 52 Abs. 6 Satz 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach beträgt der Streitwert die Hälfte des sich nach § 52 Abs. 6 Satz 1 bis 3 GKG ergebenden Betrags, wenn das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand betrifft. Vorliegend stellt Kläger seine Entlassung nicht zuvorderst als solche in Frage, sondern es geht ihm im Wesentlichen um eine Verschiebung des Entlassungszeitpunkts. Es erscheint deshalb sachgerecht, dieses Begehren entsprechend einer Streitigkeit um den Zeitpunkt einer Zurruhesetzung zu behandeln.

Nach § 52 Abs. 6 Satz 1 bis 3 GKG gilt das Folgende: Geht es – wie vorliegend – um ein besoldetes öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit, ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG auf die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen abzustellen, wobei Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, außer Betracht bleiben (§ 52 Abs. 6 Satz 3 GKG) und auf die Verhältnisse im laufenden Kalenderjahr (§ 52 Abs. 6 Satz 2 GKG) im Zeitpunkt der – hier 2017 erfolgten – Klageerhebung (§ 40 GKG) abzustellen ist.

Ein Hauptfeldwebel (Besoldungsgruppe A 8) in der letzten Erfahrungsstufe erhielt im Jahr 2017 Grundbezüge in Höhe von insgesamt 38.884,20 Euro. Für den Bezug von Zulagen ist im Fall des Klägers nichts ersichtlich. Die nach § 56 Abs. 6 Satz 4 GKG maßgebliche Hälfte hiervon sind 19.442,10 Euro.

Die Klageanträge zu 2. und 3. wirken sich nicht streitwerterhöhend aus.