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Beschwerde; Beschwerdegründe; Baugenehmigung; Anbau; Wintergarten; Antragsbefugnis; Nachbar; Denkmalensemble; Eigentümer eines Ensemblebestandteils; Vorhaben innerhalb des Ensembles; (kategorienadäquate) Beeinträchtigung; städtebauliche Bedeutung; Hof; herrschaftliche Wohngegend; Öffnung zur Straße; Vorbelastung; Interessenabwägung; Eigentum; Denkmalwürdigkeit; erhebliche Beeinträchtigung; besonders schwerwiegende Beeinträchtigung; erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis richtig; Zurückweisung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 10.05.2012
Aktenzeichen OVG 2 S 13.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 42 Abs 2 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, Art 14 Abs 1 S 1 GG, § 2 Abs 2 DSchG BE, § 2 Abs 3 DSchG BE, § 11 DSchG BE, § 12 Abs 3 S 2 DSchG BE

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde hat der Beigeladene zu tragen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 3750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um eine Baugenehmigung zum Anbau eines Wintergartens an den im ersten Innenhof gelegenen Seitenflügel des Gebäudes M....

Die Antragstellerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses M...in .... Der Beigeladene ist Eigentümer des Nachbaranwesens M.... Er betreibt dort ein Hotel mit Restaurant. Bei den Häusern M...und ... handelt es sich um spiegelbildlich errichtete mehrgeschossige Altbauten, bestehend aus Vorderhaus, Seitenflügel, Quergebäude und einem weiteren Seitenflügel hinter dem Quergebäude. Sie verfügen über einen gemeinsamen, von der Straße erreichbaren und einsehbaren Innenhof. Beide Gebäude sind als „M...“ neben den in geschlossener Blockbebauung errichteten Häusern 3... Teil des unter Nummer 0... wegen ihrer historischen und architekturhistorischen Bedeutung in die Denkmalliste eingetragenen Denkmalensembles „M..., Mietshäuser“.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2008 erteilte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin dem Beigeladenen die Baugenehmigung Nr. 896 u.a. zum Anbau eines Wintergartens im Innenhof. Hiergegen widersprach die Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Juli 2011. Nachdem im Herbst 2011 die Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beigeladenen begonnen hatten, genehmigte der Antragsgegner mit Bescheid vom 6. Dezember 2011 (Nachtragsgenehmigung Nr. 2011/3394) einen Nachtrag zur vorgenannten Baugenehmigung. Hiergegen widersprach die Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Januar 2012.

Auf Antrag der Antragstellerin vom 23. Dezember 2011 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung eines Ortstermins mit am 26. Januar 2012 verkündetem Beschluss die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin angeordnet, soweit der Antragsgegner den Anbau eines Wintergartens genehmigt hatte. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorhaben sei denkmalrechtlich nicht genehmigungsfähig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Beschlussgründe verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beigeladenen mit dem Antrag,

den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche vom 12. Juli 2011 und vom 12. Januar 2012 gegen die Baugenehmigung des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin Nr. 896 vom 7. Januar 2008 und gegen die Nachtragsgenehmigung Nr. 2011/3392 (richtig: 2011/3394) vom 6. Dezember 2012 (richtig: 2011) unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. Januar 2012 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme wird auf die Niederschrift vom 10. Mai 2012 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von ihm in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Soweit der Beigeladene rügt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) der Antragstellerin bejaht, und meint, diese folge nicht aus der bloßen Geltendmachung der Verletzung denkmalschutzrechtlicher Belange, vielmehr müsse eine mögliche erhebliche Verletzung gegeben sein, dringt er hiermit nicht durch. Zwar weist er zu Recht darauf hin, dass die Unterschutzstellung eines Kulturdenkmals vorrangig im öffentlichen Interesse erfolgt und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. April 2009 - 4 C 3.08 -, BVerwGE 133, 347 [348 ff.]; Beschluss vom 16. November 2010 - 4 B 28.10 -, BauR 2011, 657) dem Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals oder eines Anwesens in einer Denkmalzone nur ein „Mindestmaß an denkmalrechtlichem Nachbarschutz“ vermittelt. Letzterer hat ein aus seinem Eigentumsrecht folgendes Abwehrrecht gegen Vorhaben innerhalb der Denkmalzone danach nur, wenn dieses Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens „möglicherweise erheblich beeinträchtigt“, so dass es für die Annahme der Antragsbefugnis nicht ausreicht, wenn lediglich eine einfache Beeinträchtigung der Belange des Nachbarn in Betracht kommt. Hieraus folgt aber nicht, dass die Antragstellerin im Einzelnen substantiiert zur möglichen erheblichen Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit ihres Anwesens hätte vortragen müssen. Die Prüfung hat vielmehr von Amts wegen zu erfolgen. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin wäre nur dann ausgeschlossen, wenn eine derartige erhebliche Beeinträchtigung ihrer Belange offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausschiede (vgl. OVG Münster, Urteil vom 8. März 2012 - 10 A 2037.11 -, juris). Das war hier angesichts der Größe und äußeren Gestaltung des geplanten Bauvorhabens in unmittelbarer Nähe des Anwesens der Antragstellerin nicht der Fall, so dass das Verwaltungsgericht die Antragsbefugnis der Antragstellerin jedenfalls im Ergebnis zu Recht bejaht hat.

2. Auch die weiteren Rügen des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts rechtfertigen dessen Änderung nicht. Das Verwaltungsgericht hat dem von ihm zutreffend als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgelegten vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben, soweit dem Beigeladenen der Anbau eines Wintergartens im Hof seines Hauses genehmigt worden ist. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt insoweit das Vollziehungsinteresse des Beigeladenen. Einer allgemeinen Folgenabwägung bedarf es nicht. Denn die angefochtenen Baugenehmigungen sind offensichtlich rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten, nämlich ihrem verfassungsrechtlich verbürgten denkmalrechtlichen Nachbarrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. April 2009, a.a.O.; Beschluss vom 16. November 2010, a.a.O.) verlangt das Eigentumsrecht des Eigentümers eines Denkmals bzw. eines Anwesens innerhalb einer Denkmalzone, dass ein solcher Eigentümer „- bestimmte - Verletzungen objektiven Rechts geltend machen kann“. Denn nur auf diese Weise wird die Verhältnismäßigkeit der ihm durch das Denkmalrecht auferlegten Pflichten gewahrt. Der Eigentümer eines unter Denkmalschutz stehenden Anwesens hat deshalb ein aus seinem grundrechtlich geschützten Eigentum folgendes Abwehrrecht gegen ein den Vorgaben des Denkmalrechts nicht genügendes Vorhaben in der Umgebung seines Denkmals oder innerhalb der Denkmalzone jedenfalls dann, wenn hierdurch die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens erheblich beeinträchtigt wird (vgl. OVG Münster, Urteil vom 8. März 2012, a.a.O.; OVG Koblenz, Urteil vom 16. September 2009 - 8 A 10710.09 -, BauR 2010, 84 [85 f.]). So verhält es sich vorliegend. Der genehmigte Wintergarten steht objektiv mit den Vorgaben des Denkmalrechts nicht in Einklang (a) und beeinträchtigt die Denkmalwürdigkeit des Hauses M...erheblich (b). Ob das Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln) zugunsten der Eigentümer denkmalrechtlich gebundener Anwesen - möglicherweise jedenfalls innerhalb einer Denkmalzone (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009, a.a.O., S. 357) - einen über den eigentumsrechtlich gebotenen Mindestschutz hinausgehenden nachbarlichen Drittschutz begründet, kann offenbleiben.

a. Der geplante Wintergarten ist mit den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes Berlin unvereinbar. Zwar ist zweifelhaft, ob das Verwaltungsgericht - allerdings vom Beigeladenen nicht angegriffen - mit § 11 Abs. 2 DSchG Bln die richtige Rechtsgrundlage für die gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 DSchG Bln von der Baugenehmigung mit umfasste denkmalrechtliche Genehmigung herangezogen hat. Denn in § 11 Abs. 2 DSchG Bln werden die Genehmigungspflicht und die Genehmigungsvoraussetzungen für die Veränderung der Umgebung eines Denkmals geregelt. Vorliegend soll der Anbau jedoch im Innenhof der Häuser „M...“ und damit innerhalb des durch § 2 Abs. 1 und Abs. 3 DSchG Bln als „Denkmal“ definierten Denkmalensembles „M..., Mietshäuser“ erfolgen. Im Ergebnis ist dem Verwaltungsgericht aber darin zu folgen, dass der Errichtung des genehmigten Wintergartens denkmalrechtliche Belange entgegenstehen. Denn durch den Wintergarten werden schützenswerte Teile des Denkmalbereichs, dessen konstituierender Bestandteil die Häuser „M...“ sind, in ihrem Erscheinungsbild und ihrem geschichtlichen Aussagewert verändert, ohne dass private Interessen an der Errichtung des Wintergartens überwiegen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse diese Maßnahme verlangt.

aa. Ein Denkmalbereich ist gemäß § 2 Abs. 3 DSchG Bln unter anderem eine Mehrheit baulicher Anlagen, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Sinne des § 2 Abs. 2 DSchG Bln im Interesse der Allgemeinheit liegt, und zwar auch dann, wenn nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal ist. Ein Denkmalbereich in Form eines Ensembles liegt vor, wenn es sich bei den baulichen Anlagen um eine historisch oder städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit mit einem sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort handelt. Solche baulichen Anlagen können unabhängig voneinander entstanden sein, müssen aber verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter Gestaltungselemente aufweisen und insoweit als historisch überlieferter Bestand in städtebaulicher Hinsicht Lebensformen vergangener Zeitschnitte widerspiegeln. Hierbei müssen die einheitsstiftenden Elemente einen „übersummativen“ Aussagewert für die städtebauliche Entwicklung an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aufweisen (vgl. Urteil des Senats vom 8. November 2006 - OVG 2 B 13.04 -, BauR 2007, 694 [695]).

Ausgehend von den zum Verfahren gereichten denkmalschutzrechtlichen Stellungnahmen (Erläuterungen zum Vorliegen der Merkmale eines Denkmals nach § 2 DSchG Bln vom 24. Mai 1995, Auszug aus der Denkmaltopographie Charlottenburg [in Vorbereitung], undatierte Stellungnahme von F...) und den Ausführungen der Vertreter des Landesdenkmalamtes im Ortstermin, die dem Gericht für eine „sachverständige Beratung“ (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 27. Oktober 2011 - OVG 2 B 5.10 - , juris) zur Verfügung standen, liegt zur Überzeugung des Senats mit den Häusern „M..., Mietshäuser“ ein Ensemble von baugeschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung vor. Die Gebäude haben historische und architekturhistorische Bedeutung. Sie bilden eine zusammenhängende Gruppe von herrschaftlichen bis hochherrschaftlichen Mietwohnhäusern, die um 1900 in wenigen Jahren in der Nähe des Kurfürstendamms entstanden sind. Die städtebauliche Bedeutung des Ensembles liegt hierbei in der Veranschaulichung des früheren Charakters des Kurfürstendammgebietes als vornehme Wohngegend, der in den einzelnen Ensemblebestandteilen in unterschiedlicher Weise zum Ausdruck kommt. Die Wechselwirkungen zwischen den Häusern mit ihren zeittypischen Merkmalen in durchaus unterschiedlicher Ausgestaltung namentlich auch der aufwändig gestalteten Fassaden, machen den gesteigerten Zeugniswert des Ganzen aus. Entscheidend ist insoweit, dass ein in sich geschlossener Teil eines Straßenzugs erhalten geblieben ist, in dem die einzelnen Gebäude mit ihrer jeweiligen Ausgestaltung den damaligen hochherrschaftlichen bzw. herrschaftlichen Mietwohnungsbau überliefern. Die Gutbürgerlichkeit findet ihren Ausdruck unter anderem in einer Öffnung der Mietshäuser zur Straße. Dies wird bei der überwiegenden Anzahl der Ensemblebestandteile über die Balkone und Loggien dargestellt, bei den spiegelbildlich um einen gemeinsamen Innenhof errichteten Häusern „M...“ dagegen durch eine Unterbrechung der Geschlossenheit der Straßenfront. Hier erfolgt die Öffnung zur Straße durch einen Aufbruch der Blockbebauung. Das Vorderhaus öffnet sich und gibt den Blick auf den Innenhof und das dahinterliegende Quergebäude frei, um mehrere Wohnungen, nämlich auch die Wohnungen rund um den Innenhof, zur Straße hin öffnen und mit entsprechenden Fassaden gestalten zu können und darüber eine größere Repräsentanz für die an sich hinter der Straßenfront liegenden Wohnungen zu erreichen. Hierdurch konnten im Ensemblebestandteil „M...“ zwei so genannte Großwohnungen hintereinander gestellt werden, wobei in einem Teil des Vorderhauses sowie im Quergebäude eine so genannte „Querlüftung“ möglich war, was einen höheren Wohnstandard mit sich brachte und Ausdruck des repräsentativen Wohnens war. Trotz seiner Einzigartigkeit innerhalb des Ensembles nimmt der Ensemblebestandteil „M...“ durch diese besondere Öffnung zur Straße am übersummativen Aussagegehalt des Ensembles teil und hat somit Teil an dessen städtebaulicher Bedeutung. Die architektonische Besonderheit des Ensemblebestandteils „M...“ ist gerade Ausdruck der Hochherrschaftlichkeit bzw. Herrschaftlichkeit, die bei den übrigen Ensemblebestandteilen auf andere Weise ihren Ausdruck gefunden hat, ohne dass es auf die vom Beigeladenen thematisierte Frage, wer für die einzelnen Häuser als Architekt in den Bauunterlagen aufgeführt ist, ankommt.

Zu Recht sind die Häuser M... und 9... zusammen in die Denkmalliste aufgenommen worden. Denn sie sind aus einem Guss und nach einem Entwurf erstellt worden. Sie weisen eine axialsymmetrische Spiegelung der Baukörper auf und hängen zusammen, da sie rund um den ersten großen Innenhof gebaut worden sind, der durch die Öffnung zur Straße Teil des Straßenraums, d.h. von der Wahrnehmung her zu einem halb öffentlichen Raum wird. Diese von der Funktion der Innenhöfe der anderen Gebäude des Ensembles abweichende Funktion der Gebäude M. Straße 8 und 9 ist das Typische dieser Hofbildung. Es ist das einzige Beispiel im Rahmen des Ensembles für diese Bauweise.

bb. Durch die Errichtung des „Wintergartens“ würde das Erscheinungsbild, der geschichtliche Aussagewert und die städtebauliche Bedeutung des Ensembles gemessen an den für das Schutzobjekt maßgeblichen Bedeutungskategorien (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 27. Oktober 2011, a.a.O.) mehr als geringfügig beeinträchtigt. Die Denkmalwürdigkeit unter dem Gesichtspunkt der städtebaulichen Bedeutung erfasst die baulichen Anlagen regelmäßig als räumlich-kubische Einheit einschließlich der Baustruktur, die das Verhältnis von Überbauung und Freifläche bestimmt (vgl. Urteil des Senats vom 8. November 2006, a.a.O., S. 695). Die danach vorliegend geschützte Kubatur der baulichen Anlagen würde im Innenhof des Ensemblebestandteils „M...“ umgestaltet. Der Innenhof verlöre auf Erdgeschossebene eine seiner Seiten nahezu vollständig. Die Öffnung des Quergebäudes zur Straße ginge teilweise verloren; der Charakter eines „querbelüftbaren“ Quergebäudes mit hoher Wohnqualität für solvente Mieter wäre jedenfalls auf Erdgeschossebene nicht mehr vorhanden und im Übrigen beeinträchtigt. Statt Weite und Großzügigkeit vermittelte der Innenhof nach Errichtung des Anbaus den Eindruck der Enge. Dieser Eindruck wäre nach den Feststellungen des Senats im Ortstermin auch von der Straße aus wahrzunehmen und beeinträchtigte deshalb den auf Herrschaftlichkeit bzw. Hochherrschaftlichkeit angelegten Charakter des Ensembles im Ganzen mehr als unwesentlich. Von einer „abgeschirmten Binnenlage“ des Hofes mit der Folge, dass diesem Teil des Ensemblebestandteils die stadtbildprägende Außenwirkung fehlte (vgl. hierzu OVG Berlin, Urteil vom 11. Juli 1997 - OVG 2 B 15.93 -, BRS 59 Nr. 234), kann insoweit nicht die Rede sein. So konnte der im Rohbau bereits errichtete Anbau im Ortstermin von der gegenüberliegenden Straßenseite der M...in Höhe des Gebäudes M...2... deutlich wahrgenommen werden. In einem dort beginnenden sich in südlicher Richtung erstreckenden Bereich ist der Wintergarten teilweise, d.h. nicht stets in gleichem Umfang sichtbar. Auf der Straßenseite der Häuser M...und 9...konnte der Wintergartenanbau in einem Bereich von etwa sechs Metern beginnend am Tor zum Innenhof in nördlicher Richtung in unterschiedlichem Ausmaß ebenfalls gesehen werden. Insbesondere unmittelbar an der Ecke des Gebäudes M. Straße 8 zum Innenhof war der Anbau deutlich wahrnehmbar und verdeckte den dahinterliegenden Bereich des Erdgeschosses vollständig.

cc. Die in der Vergangenheit erfolgten Umbauten am Haus M..., der teilweise Austausch der historischen Holzfenster durch moderne Kunststofffenster, die Trennung der Höfe durch bauliche Maßnahmen, die in der Vergangenheit erfolgte Aufteilung der Wohnungen in kleinere Wohneinheiten sowie die heutige Gestaltung der Fassade haben nicht zu einem Bedeutungsverlust der schützenswerten Bestandteile des Mietwohnhauses geführt. Die Erlebbarkeit des einen großbürgerlichen Eindruck von Weite vermittelnden und zur Straßenfront geöffneten Innenhofs wurde hierdurch - wie der Senat im Ortstermin feststellen konnte - nicht gemindert. Gerade bei einem Denkmalbereich in Form eines Ensembles von städtebaulicher Bedeutung mit der entsprechenden Vielzahl baulicher Strukturelemente ist es für die Prüfung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit baulicher Änderungen unerlässlich, die Frage einer etwaigen Minderung der Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte Veränderungen nicht nur „kategorienadäquat“, sondern auch auf die durch die beabsichtigten baulichen Maßnahmen betroffenen Bauteile beschränkt zu beantworten, ohne schutzmindernde Vorbelastungen anderer Bestandteile auf diese zu erstrecken, solange sie sich nicht auf sie auswirken (Urteil des Senats vom 8. November 2006, a.a.O., S. 696).

dd. Ein überwiegendes privates Interesse des Beigeladenen an der Baumaßnahme ist nicht gegeben. Weil die denkmalschutzrechtliche Unterschutzstellung und das damit verbundene Genehmigungsverfahren für bestimmte Maßnahmen nur dann zulässige Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sind, wenn die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Gemeinwohlbelange des Denkmalschutzes in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 - OVG 2 B 12.06 -, BRS 73 Nr. 204, m.w.N.), sind die Denkmalschutzinteressen mit den gegenläufigen privaten Interessen des Eigentümers an der beabsichtigten Baumaßnahme abzuwägen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21. April 2009, a.a.O., S. 353 f.). Im vorliegenden Fall wird dem Beigeladenen zwar eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Eigentums durch die denkmalschutzrechtliche Versagung des Anbaus verwehrt. Angesichts des vorliegend zu bejahenden nicht unerheblichen öffentlichen Interesses an der Erhaltung des einen Eindruck von großbürgerlicher Weite vermittelnden Innenhofs und damit des überkommenen Erscheinungsbildes des Ensembles wäre ein überwiegendes privates Interesse bei der vorzunehmenden Interessenabwägung jedoch nur dann anzunehmen, wenn ohne die beantragte Baumaßnahme eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung des zum Denkmalbereich gehörenden Gebäudes praktisch ausgeschlossen wäre. Hierfür ist nichts ersichtlich. Es ist bereits nicht zu erkennen, dass der Beigeladene auf den Wintergarten für einen wirtschaftlichen Betrieb seines Hotels zwingend angewiesen ist. Hiergegen spricht unter anderem der Zeitraum, den der Beigeladene hat verstreichen lassen, ehe er von der ihm erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht hat. Es sind den Ausführungen des Beigeladenen auch keine Gründe zu entnehmen, weshalb für eine weitere erfolgreiche Teilnahme am Wirtschaftsleben eventuell erforderliche Tagungsräume nicht auch durch Umgestaltung der vorhandenen Räumlichkeiten, etwa bisheriger Schlafräume, geschaffen werden könnten.

Unerheblich für die Abwägung sind die Kosten, die ihren Grund in der Anfertigung des Rohbaus und dessen etwaiger Beseitigung haben, sowie etwaige im Zusammenhang mit diesen Bauarbeiten stehende Gewinneinbußen und sonstige Beeinträchtigungen, auf die sich der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung berufen hat. Sie beruhen auf der Entscheidung des Beigeladenen, mit der Bauausführung noch vor Eintritt der Bestandskraft der Baugenehmigung zu beginnen und haben deshalb nicht das Gewicht, das öffentliche Interesse an der unbeeinträchtigten Erhaltung des Denkmalensembles zu überwinden.

b. Das geplante Bauvorhaben verletzt die Antragstellerin in ihrem Eigentumsgrundrecht, da es die Denkmalwürdigkeit ihres Anwesens wesentlich herabsetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 25. Januar 2011 - OVG 2 S 93.10 -, juris) liegt eine erhebliche Beeinträchtigung denkmalschutzrechtlicher Interessen des Nachbarn vor, wenn die Belange des Denkmalschutzes in besonders qualifizierter Weise verletzt werden. Sie ist danach unter anderem jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Denkmalwürdigkeit des dem Denkmalschutz unterliegenden Anwesens durch das Vorhaben den Umständen nach besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird. Das ist bei der gebotenen kategorienadäquaten Prüfung hier der Fall.

Nach den Feststellungen des Senats im Ortstermin führt der Bau des Wintergartens zu einer massiven Verengung des Hofbereichs. Durch seine Höhe und bauliche Gestaltung übt er auf den Betrachter eine erdrückende Wirkung aus. Dabei berücksichtigt der Senat, dass sich diese Wirkung des derzeitigen Rohbaus möglicherweise im Zuge der Fertigstellung des Anbaus noch geringfügig reduzieren ließe. Dies ändert aber nichts daran, dass der Wintergarten einen Großteil der Fläche des auf das Haus M... entfallenden Anteils des gemeinsamen Hofes in Anspruch nimmt und sich der Höhe nach auf den gesamten Erdgeschossbereich erstreckt. Hierdurch wird der gerade auch über den Hof versinnbildlichte Charakter hochherrschaftlicher Mietshäuser des Ensemblebestandteils „M...“ und damit die städtebauliche Bedeutung besonders schwerwiegend geschädigt. Es entsteht ein enger Hinterhof, der nicht mehr den Eindruck vermittelt, dahinter könne eine Ansprüchen des ehemaligen Großbürgertums genügende Großwohnung liegen. Diese besonders schwerwiegende Beeinträchtigung beschränkt sich nicht auf das Haus M.... Sie erfasst angesichts der baulichen Gestaltung des Ensemblebestandteils um einen gemeinsamen Innenhof herum neben dem Haus M... in gleicher Weise die Denkmalwürdigkeit des gesamten Ensemblebestandteils „M...“. Diesen Eindruck des Senats haben die im Ortstermin anwesenden Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes bestätigt, indem sie ausgeführt haben, der Wintergarten in seiner nunmehr geplanten massiven Form stelle eine „schwerwiegende Beeinträchtigung der Erlebnisfähigkeit des Innenhofes“ dar, bilde einen „massiven Eingriff in das Gebäude M...“ und beeinträchtige das „Ensemblebestandteil… N...und ... in seiner Gesamtheit“ gravierend. Dass die Denkmalbehörden ursprünglich keine Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben haben, ist insoweit unerheblich. Eine Bindung an die frühere denkmalschutzrechtliche Einschätzung besteht nicht.

In der erheblichen Beeinträchtigung des Ensemblebestandteils liegt zugleich eine schwerwiegende, das Eigentumsrecht der Antragstellerin verletzende Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des einen Teil dieses Bestandteils bildenden Hauses M..., weil die Häuser M...und ... gerade durch den gemeinsamen Hofbereich den herrschaftlichen bzw. hochherrschaftlichen Charakter der Wohngegend versinnbildlichen. Denn die zukünftige Zugehörigkeit des Hauses Nr. 8...zum Ensemble wird durch die Reduzierung des städtebaulichen Aussagewerts des Hauses Nr. 9... erheblich in Frage gestellt.

Darauf, ob und inwieweit die Antragstellerin Erhaltungsinvestitionen an ihrem Gebäude vorgenommen hat, ob und inwieweit sie etwa bei der Renovierung der eigenen Fassade gespart hat, kommt es entgegen der Auffassung des Beigeladenen nicht an (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 9. März 2010 - 3 A 160.10 -, juris). Entscheidend ist allein, dass die Antragstellerin Bindungen des Denkmalschutzrechts unterliegt und deshalb - hier gegebene - erhebliche Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit ihres Eigentums abwehren kann.

Ebenso ist unerheblich, ob das Ensemble in seiner Gesamtheit durch den Wintergarten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. November 2010, a.a.O., S. 658). Ausreichend ist, dass eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung des Ensembles in seiner Gesamtheit und eine erhebliche Beeinträchtigung der denkmalrechtlichen Belange der Antragstellerin gegeben ist (vgl. OVG Koblenz, a.a.O., S. 86).

c. Ein Eingehen auf die weiteren vom Beigeladenen gegen diese Entscheidung erhobenen Rügen erübrigt sich, weil die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts danach jedenfalls im Ergebnis richtig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist zu ändern. Der sich aus Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs ergebende Streitwert ist gemäß Nr. 1.5 um die Hälfte zu reduzieren. Denn in der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin liegt keine Vorwegnahme der Hauptsache, die es rechtfertigen könnte, den vollen Streitwert bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren in Ansatz zu bringen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).