Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Kostenbescheid über Vermessungsgebühren; Aufgabe zur Post; Bekanntgabe;...

Kostenbescheid über Vermessungsgebühren; Aufgabe zur Post; Bekanntgabe; Zugang; Zugangsfiktion; Bestreiten des Zugangs; PKH-Beschwerde


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 26.09.2013
Aktenzeichen OVG 10 M 2.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 41 Abs 2 VwVfG, § 166 VwGO, § 114 ZPO

Leitsatz

Wird ein schriftlicher Verwaltungsakt im Inland durch die Post übermittelt, reicht das einfache Bestreiten des Zugangs jedenfalls dann nicht aus, wenn weitere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Adressat den Bescheid erhalten hat.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde der Kläger gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO biete, ist nicht zu beanstanden.

Die Kläger wenden sich gegen einen Kostenbescheid vom 27. Januar 2005, in dem der Beklagte von ihnen eine Gebühr in Höhe von 1.008,09 EUR für die Ver-messung von Flurstücksgrenzen erhoben hat. Ihre Klage dürfte - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - ungeachtet des formulierten Feststellungsantrags - als Anfechtungsklage statthaft sein. Im Rahmen der vorliegend nur gebotenen summarischen Prüfung ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass die Klage jedenfalls deshalb keine hinreichende Erfolgsaussicht hat, weil der Widerspruch der Kläger vom 31. August 2010 verspätet erhoben und daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden sein dürfte.

Die Kläger bestreiten, den Bescheid, der nach dem Rechnungsausgangsbuch des Beklagten am 27. Januar 2005 an sie versandt worden ist, erhalten zu haben, und tragen vor, erstmals aufgrund einer Akteneinsicht ihres Bevollmächtigten im August 2010 davon Kenntnis erlangt zu haben. Der Beklagte beruft sich demgegenüber auf die im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelte Zugangsfiktion. Danach gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wobei im Zweifel die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts oder den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat (§ 41 Abs. 2 des damals maßgeblichen Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. März 2004, GVBl. I S 78 - VwVfGBbg a.F. -; vgl. auch § 41 Abs. 2 VwVfG).

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welche Anforderungen an das Bestreiten des Zugangs eines Bescheides zu stellen sind, wenn lediglich die durch einen „Ab-Vermerk“ dokumentierte Aufgabe zur Post im Raume steht, und ob auch in einem solchem Fall mehr als ein bloßes Bestreiten des Zugangs erforderlich ist, um Zweifel im Sinne des § 41 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 VwVfGBbg a.F. zu wecken und eine Nachweispflicht des Beklagten zu begründen (vgl. zum Meinungsstand etwa Ruffert in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 41 Rn. 32 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 41 Rn 43, jeweils m.w.N.). Denn das einfache Bestreiten reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn weitere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Adressat den Bescheid doch erhalten hat (vgl. OVG NW, Beschluss vom 21. Juni 2012 - 12 A 828/12 -, juris Rn. 8; siehe auch Beschluss des Senats vom 27. Januar 2012 - OVG 10 S 13.11 -, BA S. 3). So liegt der Fall hier. Bei Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falls gibt es zahlreiche weitere Anhaltspunkte, die für einen Zugang des Kostenbescheides sprechen. Diesen sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Der Beklagte hat durch entsprechende Auszüge aus seinem Rechnungs- bzw. Postausgangsbuch glaubhaft gemacht, dass er nicht nur den Kostenbescheid am 27. Januar 2005 abgesandt, sondern die Kläger im Laufe des Monats März 2005 noch durch drei weitere Schreiben an ihre Zahlungsverpflichtung erinnert hat. Keine dieser insgesamt vier Postsendungen, deren Zugang die Kläger jeweils bestreiten, ist als unzustellbar an den Absender zurückgelangt. Soweit die Kläger hierzu vortragen, die Schreiben seien falsch adressiert gewesen, weil sie unter der angegebenen Anschrift D... 86 nie gewohnt hätten, ist dies zwar ein Umstand, der grundsätzlich geeignet ist, den fehlenden Zugang zu erklären. Allerdings ist das Vorbringen der Kläger hierzu unklar, da nicht deutlich wird, ob das von ihnen seit 2003 bewohnte Grundstück in der D... in D... im fraglichen Zeitpunkt (Januar 2005) noch die im Kaufvertrag genannte Hausnummer 46 (so die Angaben in der Klageschrift vom 10. September 2010) oder bereits die Hausnummer 85 (so der Vortrag im Anwaltsschreiben vom 25. August 2008) trug. Ebenso wenig wird erläutert, ob die in den Schreiben des Beklagten irrtümlich aufgeführte Hausnummer 86 überhaupt existiert und inwieweit die Möglichkeit besteht, dass die Schreiben in einen falschen Briefkasten gelangt sind. Zudem hat das Amt G... als Vollstreckungsbehörde die Kläger in einem weiteren Schreiben vom Juni 2005 an die Kostenforderung vom 27. Januar 2005 erinnert. Auch dieses Schreiben, das an die (wohl zutreffende) Anschrift D... 85 gerichtet war, wollen die Kläger nicht erhalten haben.

Dafür, dass die Kläger bereits vor dem Jahr 2010 Kenntnis von der Forderung des Beklagten hatten, spricht auch die schriftliche Stellungnahme des Mitarbeiters des Amtes G… R... vom 10. November 2010, der im Rahmen der vom Beklagten erbetenen Amtshilfe im Vollstreckungsverfahren tätig geworden ist. Dieser hat erklärt, er habe nach drei vergeblichen Versuchen die Kläger schließlich am 11. Juli 2006 angetroffen, woraufhin sie eine Klärung mit dem Gläubiger, also dem Beklagten, versprochen hätten. Zwischen 2007 und 2010 habe er zudem mehrmals an das Amtshilfeersuchen erinnert, aber die Zahlung sei immer verweigert worden. Diese Angaben, denen die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten sind und an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, sprechen deutlich dafür, dass die Kläger schon damals wussten, welche Forderung des Beklagten vollstreckt werden sollte, was wiederum voraussetzt, dass ihnen der Kostenbescheid zugegangen ist. Die allgemein gehaltene Erklärung der Kläger, sie hätten erstmals im August 2008 durch einen Besuch des Gerichtsvollziehers von der Forderung über 1.400 Euro erfahren, genügt nicht, um die konkrete Stellungnahme von Herrn R... zu erschüttern, zumal das von den Klägern vorgelegte anwaltliche Schreiben vom 25. August 2008 an das AmtG... gerichtet ist und einen vorsorglichen Widerspruch gegen einen Bescheid des Amtes enthält.

Auf die Frage der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides, der eine Gebühr für die Vermessung von Flurstücksgrenzen wegen der Teilung des Flurstücks erhebt, ... kommt es danach nicht mehr an. Soweit die Kläger allerdings vortragen, der Auftrag zur Vermessung sei nicht von ihnen als Erwerber, sondern von einer der Verkäuferinnen erteilt worden und sie hätten die Last der Vermessungskosten keinesfalls übernommen, trifft zumindest Letzteres nicht zu. Denn nach dem vorgelegten Kaufvertrag sollte die Vermessung, die wegen des Verkaufs einer Teilfläche des Grundstücks an die Kläger notwendig war, von den Verkäufern in Auftrag gegeben werden, wobei sich die Kläger verpflichtet haben, alle mit der Vermessung verbundenen Kosten zu tragen (Ziff. II.2. und X.1. des Kaufvertrages).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).