Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 31. Senat | Entscheidungsdatum | 23.09.2010 | |
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Aktenzeichen | L 31 U 450/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 157 SGB 7, § 159 SGB 7 |
1. Im Sinne des Gefahrtarifs 2007 nehmen Haus- und Grundbesitzervereine ideelle Interessen und nicht wirtschaftliche oder politische Interessen wahr.
2. Die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen einerseits und ideellen Interessen andererseits, bei der Bildung der Gefahrtarifstellen begegnet keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 15 000,00 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt die Zuordnung zu einer anderen Gefahrtarifstelle.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der Dachverband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine innerhalb B ist. Der Zweck des Vereins ist in § 2 seiner Satzung wie folgt beschrieben:
„1. Dem Bund obliegt unter Ausschluss von Erwerbszwecken die Förderung der Grundstückswirtschaft und die Wahrung der gemeinsamen Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in B. Er hat die Aufgabe, seine Mitglieder über die Rechte und Pflichten des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentums zu unterrichten und sie bei der Wahrung ihrer Interessen zu unterstützen.
2. Der Bund betreibt den Zusammenschluss aller Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer und unterhält Einrichtungen, die der Unterrichtung und Unterstützung der Mitglieder dienen.
3. Dem Bund obliegt es auch, die Mitglieder der ihm angehörenden Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine zu beraten und deren Interessen wahrzunehmen.
4. Der Bund darf Tarifverträge abschließen.“
Der Kläger unterhält hierfür eine Geschäftsstelle, die mit einem Geschäftsführer und einer Angestellten besetzt ist und zwei Büroräume und einen Sitzungssaal umfasst.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 veranlagte die Beklagte den Kläger für die Zeit ab 01. Januar 2007 zu der Gefahrtarifstelle 15 „Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen“ mit der Gefahrklasse 1,36.
Dieser Gefahrtarif sieht u. a. - soweit im vorliegenden Fall von Interesse - folgende Gefahrtarifstellen vor:
Gefahr-
tarifstelleUnternehmensart
Gefahr-
Klasse06
Beratungsunternehmen
0,63
08
Rechts- und wirtschaftsberatendes Unternehmen,
Organ der Rechtspflege0,44
11
Wirtschaftliche und politische
Interessenvertretung0,59
15
Zusammenschluss zur Verfolgung
gemeinsamer Interessen1,36
Der Kläger erhob gegen den Veranlagungsbescheid Widerspruch, mit dem er u. a. ausführte, dass die Zuteilung der Unternehmensart nicht plausibel sei. Er sei eine wirtschaftliche und politische Interessenvertretung wie seine Haus- und Grund-Mitgliedsvereine und sein Dachverband H und G Deutschland. Man erfülle mit seinen satzungsgemäßen und auch praktizierten Aufgaben und Tätigkeiten sämtliche Merkmale eines klassischen Verbandes, der wirtschaftliche und politische Interessen seiner Mitglieder vertrete. Die Tätigkeit der Angestellten erfolge ausschließlich in den eigenen Büroräumen. Ein Außendienst finde nicht statt. Diese Art der Tätigkeit sei nicht zu subsumieren unter die Merkmale der Gefahrtarifstelle 15, die beispielsweise Bürgerinitiativen, Schutzgemeinschaften, Friedensdienste und auch Organisationen betreffe, die in größerem Maße Außenaktionen und Außenaktivitäten außerhalb eines geregelten Bürobetriebes entfalten würden und daher den klassischen Verbänden nicht gleichzustellen seien. Beigefügt war die bereits genannte Satzung des Bundes der B H- und Gvereine e. V.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2007 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Entscheidung über die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Unternehmensart sich nach dem Unternehmensgegenstand bzw. bei Vereinen nach dem in der Satzung festgeschriebenen Zweck richte, wobei die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten grundsätzlich keine Rolle spielten. Der Gefahrtarifstelle 15 seien Unternehmen zugeordnet, die der Wahrnehmung und Förderung insbesondere ideeller und persönlicher Interessen dienten, bei denen der wirtschaftliche Erfolg nicht im Vordergrund stehe. Die „Interessen“ bezögen sich auf Interessen der Mitglieder, Gesellschafter oder bestimmter Personengruppen, die nicht notwendigerweise auch an dem Zusammenschluss beteiligt sein müssten. Der Unternehmensgegenstand werde durch die Vielzahl verschiedenartiger Aktivitäten gekennzeichnet, u. a. in beratenden, bildenden, unterhaltenden und kreativen Bereichen. Hierunter fiele insgesamt auch der Kläger.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin zunächst die Beklagte aufgefordert, dem Gericht entsprechendes Zahlenmaterial zur Verfügung zu stellen, aus dem die Grundlagen der Veranlagung nachvollziehbar würden. Die Beklagte hat hierzu auszugsweise ihre Genehmigungsvorlage zum Gefahrtarif 2007, der am 18. Dezember 2006 vom Bundesversicherungsamt genehmigt wurde, übersandt und hierzu ausgeführt, dass sie, da sich in ihrem Mitgliederbestand viele Unternehmen befänden, die kein Gewerbe im klassischen Sinne seien, anstelle des Begriffes des Gewerbezweiges den der Unternehmensart verwende.
Mit Urteil vom 28. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die Zuordnung des Klägers zur Unternehmensart „Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen“ sei rechtlich nicht zu beanstanden. Ein entsprechender Zweck des Klägers ergebe sich aus § 2 seiner Satzung, wonach ihm die Wahrung der gemeinsamen Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in B obliege. Eine rein wirtschaftliche Interessenvertretung, die eine Einordnung in die Gefahrtarifstellen 11 oder 08 gebieten würde, sei dieser Zweckbestimmung nicht immanent. Hervorgehoben werde die beratende Funktion des Klägervereins, nicht jedoch zuvörderst im rein wirtschaftlichen Bereich. Wenn die Beklagte den Schwerpunkt des Klägervereins auf der Grundlage der satzungsgemäßen Beschreibung seines Zweckes nicht im wirtschaftlichen Bereich erkenne, sondern vielmehr - allgemein - in der Verfolgung allgemeiner Interessen, so scheine diese Wertung für die Kammer zumindest nachvollziehbar. Eine mögliche Inhomogenität der Gruppe „Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen“ sei unvermeidlich und darum nicht zu beanstanden.
Gegen dieses ihm am 06. Mai 2008 zugegangene Urteil richtet sich die am 05. Juni 2008 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt vor, dass keine hinreichend sachlich nachvollziehbaren Gründe angeführt worden seien, die für eine Veranlagung zur Tarifstelle 15 sprechen würden. Diese Einordnung sei als willkürlich zu beanstanden. Bei der Förderung der Grundstückswirtschaft und Wahrung der gemeinsamen Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in B handele es sich um wirtschaftliche Interessen, welche Interessen solle ein Haus- bzw. Wohnungs- und Grundeigentümer denn sonst haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn für die Zeit ab 01. Januar 2007 zur Gefahrtarifstelle 11, hilfsweise zur Gefahrtarifstelle 06 des Gefahrtarifs der Beklagten, hilfsweise ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu einer anderen bestimmten Gefahrtarifstelle des Gefahrtarifs der Beklagten zu veranlagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und führt weiter aus, dass der Gefahrtarifstelle 11 Kammern, Verbände und Vereinigungen angehörten, die berufliche/unternehmerische Tätigkeiten und/oder wirtschaftliche Interessen förderten und/oder unterstützen, während der Unternehmensart der Gefahrtarifstelle 15 Zusammenschlüsse zugeordnet würden, die der Wahrnehmung und Förderung insbesondere ideeller Interessen dienten und bei denen der wirtschaftliche Erfolg nicht im Vordergrund stehe, soweit das Unternehmen nicht bereits einer anderen namentlich genannten Unternehmensart zuzuordnen ist. Beim Kläger stünden wirtschaftliche Interessen nicht im Vordergrund, er vertrete daher ideelle Interessen im Sinne der Gefahrtarifstelle 15.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuordnung zu einer anderen als der Gefahrtarifstelle 15 des seit 01. Januar 2007 geltenden Gefahrtarifs der Beklagten.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaft (BG), den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§§ 153 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede BG einen Gefahrtarif aufstellen und diesen nach Tarifstellen gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 - 3 SGB VII).
Der Gefahrtarif ist unabhängig von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 SGB VII) durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar. Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff SGB IV) ist der Gefahrtarif allerdings nur daraufhin überprüfbar, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger. Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 24. Juni 2003, Az. B 2 U 21/02 R, m. w. N., zitiert nach juris.de). Zulässiger Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen sind dabei nach der Rechtsprechung entweder der sog. Gewerbezweig, basierend auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen, aber ebenso, da die Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert, Art und Gegenstand des Unternehmens, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren im Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 5. Juli 2005, Az. B 2 U 32/03 R, zitiert nach juris.de, und BSG, Urteil vom 28. November 2006, az. B 2 U 10/05 R, zitiert nach juris.de). Die Beklagte hat als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen zulässigerweise die Unternehmensart gewählt. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs 2007 der Beklagten bestehen nicht, solche sind im Berufungsverfahren vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.
Die Beklagte hat den Kläger auch zu Recht der Gefahrtarifstelle 15 zugeordnet. Ein Unternehmen kann nur dann mit Aussicht auf Erfolg fordern, einem anderen Gewerbezweig bzw. einer anderen Unternehmensart zugeteilt zu werden, wenn der Gefahrtarif der BG mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Gefahrtarifstellen ausweist und unklar ist, welcher von ihnen er nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig bzw. der Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation infrage gestellt werden. Zu prüfen sind hierfür der Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck, die Art der angebotenen Dienstleistungen und die näheren Umstände ihrer Erbringung (BSG, Urteil vom 21. März 2006, Az.: B 2 U 2/05 R, zitiert nach juris.de).
In der Gefahrtarifstelle 15 „Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen“ sind nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung der Beklagten (zitiert nach VBG Report 1/2007, S. 25 ff.) Unternehmen zusammengefasst, deren Aufgaben die Wahrnehmung und Förderung bestimmter Interessen sind. Beispielhaft genannt sind hier neben Haus- und Grundeigentümerverbänden Mietervereinigungen, Vertretungen von Interessen politisch-gesellschaftlicher, allgemein-gesellschaftlicher oder –kultureller Art, Vereine und Einrichtungen zur Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung und Geselligkeit. Die Aktivitäten derartiger Unternehmen erstrecken sich u. a. auf die Vertretung der gemeinsamen Interessen in der Öffentlichkeit und gegenüber anderen Institutionen und Organisationen (z. B. Behörden, andere Verbände), die Durchführung geeigneter Veranstaltungen zur Erreichung der Ziele und die Beratung (der Mitglieder), wobei die Rechtsform des Unternehmens dabei unerheblich ist (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 16. September 2004, Az.: L 5 U 94/03, zitiert nach juris.de). Der maßgebliche Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck „Verfolgung gemeinsamer Interessen“ ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers, wonach seine Aufgaben die Unterrichtung seiner Mitglieder, also der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine B und deren Unterstützung bei ihrer Interessenwahrung sind. Dies ist ein Unternehmenszweck, der sich ohne weiteres unter die Definition der Gefahrtarifstelle 15 subsumieren lässt.
Nichts anderes folgt aus der Art der vom Kläger als Dachverband angebotenen Dienstleistungen, die in der Unterstützung und Beratung seiner Mitliedsunternehmen bestehen.
Der Kläger war nicht der Gefahrtarifstelle 11 „wirtschaftliche und politische Interessenvertretung“ zuzuordnen. Hierzu zählen nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung (a. a. O., S. 28) u. a. Kammern, Verbände, Organisationen der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft (einschließlich der Arbeitgeberverbände), deren Zweck die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen der freien Berufe bzw. der gewerblichen Wirtschaft ist, z. B. Industrie- und Handelskammern, Rechtsanwaltskammern, Architektenkammern, Innungen, Kreishandwerkerschaften. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass diese generell berufsständische Vertretungen freier Berufe und Vertretungen der gewerblichen Wirtschaft seien. Kammern und Verbände, die weder solche der freien Berufe noch der gewerblichen Wirtschaft seien, würden der Unternehmensart „Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen“ zugeordnet. Diese sich aus den Hinweisen zur Branchenzuordnung ergebenden Abgrenzungskriterien begegnen unter dem Gesichtspunkt des der Beklagten eingeräumten Regelungsspielraumes keinen Bedenken. Die Verwaltung und Nutzung von Grundeigentum ist nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht der gewerblichen Wirtschaft zuzuordnen, sondern steht begrifflich neben dieser.
Der Kläger war auch nicht der Gefahrtarifstelle 06 „Beratungsunternehmen“ zuzuordnen. Zu Beratungsunternehmen gehören nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung Unternehmens- Organisations-, Personal-, EDV- und Ernährungsberatungen; Gegenstand dieser Unternehmen ist also die Beratung dritter Personen. Die Tätigkeit des Klägers besteht nach seinem satzungsmäßigen Zweck jedoch nicht in der Beratung dritter Personen. Eine Veranlagung zu anderen Gefahrtarifstellen kam nicht in Betracht.
Soweit der Kläger wiederholt darauf verweist, lediglich Bürotätigkeiten zu erbringen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen würde eine Ausrichtung der Tarifstellen allein nach dem Kriterium der büromäßigen oder nicht büromäßigen Arbeit bei der Mitgliederstruktur der Beklagten einen Gefahrtarif nach Gefahrklassen weitgehend überflüssig machen, da ihre Klientel vorwiegend büromäßige Tätigkeiten ausführt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2010, Az. L 3 U 549/08, zitiert nach Sozialgerichtsbarkeit.de). Zum anderen sind der Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos, auf welches der Kläger damit verweist, aufgrund der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs Grenzen gesetzt. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif der BG ausgewiesenen Gewerbezweige bzw. Unternehmensarten zugeordnet werden. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet jedoch aus, weil damit das Abgrenzungsprinzip nach Gewerbezweigen bzw. Unternehmensarten aufgegeben und die diesbezügliche Systementscheidung konterkariert würde. Die Bildung von Gefahrklassen nach Unternehmensarten hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb von diesen nicht nur typische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen. Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen BGen auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den BGen reicht (so insgesamt BSG, Urteil vom 05. Juli 2005, Az. B 2 U 32/03 R, m. w. N., Zitiert nach juris.de). Da die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 15 aus den aufgeführten Gründen keinen Bedenken unterliegt, kommt es auf den Grad der Unfallgefahr nicht an. Selbst wenn man allerdings unterstellte, dass es – wie der Kläger meint – keine hinreichenden Gründe für diese Veranlagung gäbe, so würde dies vorliegend ebenfalls nicht zu einem anderem Ergebnis führen. Denn die Zuordnung zu einem anderen Gewerbezweig bzw. einer anderen Unternehmensart könnte, wie bereits ausgeführt, auch in diesem Fall mit Aussicht auf Erfolg nur bei einem erheblich abweichenden Grad der Unfallgefahr gefordert werden. Ein derart erheblich abweichendes Unfallrisiko ist allerdings lediglich mit dem Hinweis auf die büromäßige Ausübung der Tätigkeit der Beklagten nicht dargetan. Wie bereits erstinstanzlich zu Recht ausgeführt wurde, dürfte bei lebensnaher Betrachtung auch für die meisten übrigen zur Gefahrtarifstelle 15 veranlagten Unternehmen davon auszugehen sein, dass in diesen ganz überwiegend Bürotätigkeiten ausgeübt werden. Denn abzustellen ist hier nicht auf die Teilnehmer an den angebotenen Veranstaltungen bzw. Initiativen, sondern auf die angestellten bzw. ehrenamtlich Tätigen der genannten Organisationen. Ergänzend wird gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die erstinstanzlichen Ausführungen Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt. Im Hinblick auf die ebenfalls zur Gefahrtarifstelle 15 veranlagten Automobilclubs ist im von der Beklagten zur Akte gereichten und bereits zitierten Urteil des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20. August 2010, a. a. O.) dargelegt, dass beispielsweise der ADAC mindestens 14 rechtlich eigenständige Tochtergesellschaften hat und z. B. die Pannenhilfe sowie Luftrettung getrennt nach ihrem jeweiligen Unternehmensgegenstand zu veranlagen sind, so dass auch hieraus keine erheblich abweichende Unfallgefahr folgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes auf die Höhe des dreifachen Auffangstreitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz, insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts im bereits erstinstanzlich genannten Beschluss (Beschluss vom 30. November 2006, Az. B 2 U 410/05 B, zitiert nach juris.de) und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich das Gericht anschließt.
Die Festsetzung des Streitwerts ist nicht anfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).