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Immissionsschutzrecht


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 17.01.2013
Aktenzeichen 5 K 449/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage im Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt die Schließung eines öffentlichen Bolzplatzes in ... wegen ihres Erachtens unzumutbaren Lärmbelästigungen.

Sie ist (Mit -) Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks ... in ..., welches sie seit Dezember 1998 bewohnt. (Nord-)westlich davon befindet sich in einer Entfernung von ca. 125 m der „Bolzplatz Landstraße". Vom Bolzplatz Landstraße aus gesehen befindet sich die nächstgelegene Wohnbebauung südöstlich der Sportanlage in ca. 100 m Entfernung. Das Wohngebiet zwischen Landstraße und Taubenstraße (so genannte Vogelsiedlung) entspricht nach den Angaben der Beklagten infolge der Eigenart der näheren Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet (WA) nach der BauNVO (Beiakte 2). Der Bolzplatz Landstraße selbst liegt im Außenbereich auf einem Teil des Flurstücks ... der Flur ... in der Gemarkung ...

Der Landkreis Märkisch-Oderland - Untere Bauaufsichtsbehörde - erteilte auf den Antrag der Gemeinde vom 20. Dezember 2000 mit Bescheid vom 12. Juli 2001 die (bestandskräftige) Baugenehmigung zur Errichtung eines Bolzplatzes im Ortsteil ... Laut der Bescheinigung der unteren Bauaufsichtsbehörde vom 8. Januar 2002 wurde die bauliche Anlage zu diesem Zeitpunkt zur Nutzung freigegeben. Mit (bestandskräftigem) Genehmigungsbescheid vom 11. August 2006 erteilte der Landkreis Märkisch-Oderland - Untere Bauaufsichtsbehörde - auf Antrag der Beklagten eine weitere Baugenehmigung zur Erweiterung der Pflasterfläche auf dem Bolzplatz an der Landstraße.

Die Sportanlage "Bolzplatz Landstraße" ist als Freizeit -, Sport - und Spielanlage ausgelegt. Ein regelmäßiger Sportbetrieb - wie z.B. Schulsport - findet dort nicht statt; die Anlage wird ausschließlich freizeitsportlich genutzt. Der Bolzplatz ist in Spielfelder für unterschiedliche Sport - und spielerische Nutzungen aufgeteilt. Er besteht aus einem Bolzplatzfeld (246 m²) mit 2 Toren, einer Streetbasketballanlage und einem Federballspielfeld (319 m²) mit 2 Sitzmauern und Holzauflage, einer Spielsandfläche mit Wippen und Schaukeln (164 m²) sowie einer Rasenfläche (110 m²). Die Gesamtfläche der Anlage beträgt ca. 41 x 22 m (902 m²). Die Spielfelder sind an der Ost- und Nordseite mit einem ca. 2 m hoch aufgeschütteten Erdwall umgeben. Der Zugang zur Sportanlage erfolgt von der Landstraße aus über einen unbefestigten Weg, der auch zum Wald und Richtung ... führt und zwar in Höhe des Federballspielfeldes auf der Südseite. Die Einfahrt in den unbefestigten Weg von der Landstraße zum Bolzplatz ist mit einer Handschranke verschlossen. Rechts von der Handschranke hat die Beklagte ein Schild anbringen lassen mit der Aufschrift "Zufahrt verboten"; dieses Verbot bezieht sich nach dem Inhalt der angebrachten Tafel auf motorisierte Fahrzeuge aller Art. Am Bolzplatz selbst befindet sich am Ballfangzaun ein weiteres Schild mit der Aufschrift "Bolzplatz, Spielbetrieb 9:00 Uhr bis 21:30 Uhr" sowie Piktogrammen, wonach das Ausführen von Hunden, das Fahrradfahren, Zelten und Feuer entzünden verboten und Abfälle in den Abfallbehältnissen zu entsorgen sind (vgl. zur Örtlichkeit auch Beiakte 4).

Aufgrund von Beschwerden führte das Amt für Immissionsschutz Frankfurt (Oder) im Rahmen einer gesteuerten Messung am 27. September 2002 von 19:00 Uhr bis 19:30 Uhr Messungen durch, die in einem Geräuschmessbericht nach der 18. Bundesimmissionsschutzverordnung festgehalten wurden. Extra für die Messung wurden 12 Jugendliche bestellt, die zuerst auf dem Fußballfeld und danach auf dem Streetballfeld spielten. Hinsichtlich des Fußballspiels ergab sich ein Mittelungspegel von 45 db (A) bei einer Messzeit von 5 min und 15 s und für das Streetballspiel aus den gemessenen Einzelpegeln, den Messzeiten und einem gegebenen Impulszuschlag ein Gesamtmittelungspegel von 51,9 db (A) bei einer Messzeit von 3 min und 16 s. Ausweislich der Schlussfolgerungen (Ziffer 4) im Geräuschmessbericht machten die Ergebnisse dieser Messungen deutlich, dass Richtwertüberschreitungen am Tag für ein allgemeines Wohngebiet nicht nachgewiesen werden konnten. Sollte es sich aber bei der Bebauung an der Landstraße um ein reines Wohngebiet handeln, „gibt es möglicherweise Probleme mit der Ruhezeit". Weiter heißt es in den genannten Schlussfolgerungen:

„In der Nachtzeit kommt es mit Sicherheit zu erheblichen Lärmbelästigungen. Das dokumentieren die Beurteilungspegel und erst recht die Ergebnisse im Zusammenhang mit den kurzzeitigen Spitzenpegeln".

Aufgrund weiterer Beschwerden von Nachbarn fand am 9. Oktober 2007 auf dem Bolzplatz an der Landstraße in ... ein Ortstermin statt, an dem unter anderem die Klägerin teilnahm. Der dort anwesende Sachverständige erläuterte unter anderem die gesetzlichen Grundlagen sowie das Berechnungs- und Bewertungsverfahren für den Schallimmissionschutz auf Bolzplätzen. Von den Anliegern wurde insbesondere das Geräusch der angeschlagenen Bälle beklagt, wenn diese auf den Drahtzaun prallten (Ballfang ca. 4 m hoch, verschweißte Gitterstäbe). Weiter wurde von den betroffenen Anliegern moniert, dass die Nutzungszeit des Bolzplatzes nicht eingehalten bzw. kontrolliert werde.

Seit der Freigabe der Anlage zur intendierten Nutzung kam es wiederholt zu Beschwerden von Anliegern, u.a. der Klägerin, wegen vom Bolzplatz ausgehenden Lärmbelästigungen. Zur Verbesserung der Sicherheit und des Schallschutzes auf dem Bolzplatz Landstraße hatte die Gemeindevertretung ... am 26. Mai 2005 folgende Beschlüsse gefasst:

- Spielbetrieb des Bolzplatzes täglich 9:00 Uhr bis 21.30 Uhr (Beschluss-Nr. 123/2005)
- eine Erweiterung des Bolzplatzes auf der Nord- und Ostseite durch einen 3 m breiten Streifen mit Baum- und Gehölzpflanzungen (Beschluss Nr. 124/2005).

Auf ein Schreiben der Klägerin vom 1. Juni 2005 betreffend "massive Lärmbelästigung" und Einhaltung der Spielzeiten teilte die Beklagte mit Schreiben vom 21. Juni 2005 mit, dass die Einhaltung der Spielzeit (9:00 Uhr bis 21:30 Uhr) durch die Verwaltung sicherzustellen sei. Die Kontrolle der Einhaltung der Spielzeiten erfolge unregelmäßig durch das Ordnungsamt der Gemeinde entsprechend der personellen Kapazität. In Vollzug der genannten Beschlüsse erging bereits unter dem 14. Juni 2005 an das Ordnungsamt die verwaltungsinterne Verfügung, „im Rahmen der Kontrollen durch das Ordnungsamt als ein Schwerpunkt den Bolzplatz insbesondere ab 21:00 Uhr mit einzubeziehen. Die Kontrollen sind unregelmäßig auch unter Einbeziehung der Wochenenden aber nachweislich durchzuführen."

In einem Schreiben an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin teilte die Beklagte diesem unter dem 27. November 2008 mit, "dass zeitweise in den Sommertagen der Bolzplatz über den Spielbetrieb hinaus in späten Abendstunden Treffpunkt Jugendlicher ist".

Mit ihrer am 13. Mai 2009 erhobenen Klage macht die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Beschwerdeschreiben eine Fortdauer der ihrer Ansicht nach unzumutbaren Lärmbelastungen durch den Bolzplatz geltend. Sie trägt im Wesentlichen vor, von dem Bolzplatz gingen erhebliche Lärmimmissionen aus. Er sei völlig frei zugänglich, irgendwelche Einschränkungen oder Regelungen zur Nutzung existierten nicht, Kontrollen würden von behördlicher Seite nicht durchgeführt. Der Bolzplatz werde von Personen jeglichen Alters und nicht nur tagsüber ohne Berücksichtigung der Uhrzeiten sondern auch bis in den späten Abend und die Nachtstunden hinein benutzt. Durch die eigentliche bestimmungsgemäße Nutzung aber auch durch "Fremdnutzung" komme es zu erheblichen Geräuschentwicklungen u.a. durch an- und abfahrende Fahrzeuge. Im Hinblick auf die Untätigkeit der Beklagten sei die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Diese habe einen Anspruch auf Schließung des Bolzplatzes, jedenfalls aber einen Anspruch auf das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zur Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften. Entgegen der Annahme der Beklagten handele es sich bei dem Wohngebiet in der Landstraße um ein reines Wohngebiet. Die hierfür geltenden Grenz- bzw. Richtwerte würden umfassend zu allen Zeiten erheblich überschritten. Eine Benutzungsordnung gebe es nicht; auch bauliche Maßnahmen zur Minderung der Emissionen seien nicht ersichtlich. Dies betreffe den Grundlärm bei Benutzung des Bolzplatzes durch Kinder und Jugendliche; darüber hinaus komme es zu Immissionen im Impulsbereich durch fliegende Bälle, aber auch durch Aufprallgeräusche an anderen Einrichtungen des Bolzplatzes wie schadhaften Ballfangzäunen. Außerdem bestehe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf die Fremdnutzung durch Jugendliche und Erwachsene bis in die Nacht hinein wegen des Anzündens von Lagerfeuern und weiteren gesellschaftlichen Aktivitäten. Zudem komme es zu unzulässigen Müllablagerungen. Mildere Mittel als eine Schließung des Bolzplatzes seien nicht ersichtlich, da die Beklagte keinerlei wirksame Maßnahmen veranlasst habe. Sie habe weder bauliche Maßnahmen vorgenommen noch eine Benutzungsordnung erlassen. Die Klägerin beantragt,

den Bolzplatz in der Gemeinde ... zu schließen,

hilfsweise,

durch entsprechende Maßnahmen, wie die Überwachung der Spielplatzordnung und deren Einhaltung und weitere geeignete Maßnahmen, die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften und weiterer nachbarschützender Vorschriften sicher zu stellen sowie die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszuschließen.

Ihren weiteren Antrag vom 7. Dezember 2009,

die Ordnung über die Nutzung von Spielplätzen (Spielplatzordnung) der Gemeinde ... vom 27. Oktober 2009 aufzuheben,

nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2009 zurück.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet sich gegen die Behauptungen der Klägerin. Nach einer aktuellen Rücksprache mit dem Landesumweltamt sei auch gegenwärtig davon auszugehen, dass bei bestimmungsgemäßer Nutzung des Bolzplatzes und unter Berücksichtigung des Abstandes des nächsten Anwohners zum Bolzplatz (über 100 m) eine Richtwertüberschreitung nicht zu befürchten sei. Eine nennenswerte, regelmäßige, missbräuchliche Nutzung des Bolzplatzes werde bestritten. Auch der Vorwurf der Untätigkeit gegenüber missbräuchlichen Nutzungen entbehre der Grundlage. Schwerpunktmäßig würde stichprobenartig im Rahmen regelmäßiger Routinebestreifung durch das Ordnungsamt auf zweckmissbräuchliche Nutzung und Einhaltung der durch ein Hinweisschild kenntlichen Nutzungszeiten kontrolliert. Die Polizei führe im Streifendienst punktuell Kontrollen zur Einhaltung der Benutzungsregeln durch, hauptsächlich aber nach Anwohnerbeschwerden auf der Polizeiwache. Angezeigte Anwohnerbeschwerden hätten aber zu einem erheblichen Teil keine Bestätigung gefunden bzw. hätten ihre Ursache an anderen Orten im Gemeindegebiet gehabt.

Am 22. Oktober 2009 hat die Gemeindevertretung der Gemeinde … die „Ordnung über die Nutzung von Spielplätzen (Spielplatzordnung) der Gemeinde ... vom 27. Oktober 2009" beschlossen, die im "Amtsblatt für die Gemeinde ...", 17. Jahrgang, Nr. 10 vom 19. November 2009 auf der Seite 2 bekannt gemacht wurde. Zufolge § 2 Abs. 1 der Spielplatzordnung, die gemäß ihrem § 1 auch für Bolzplätze gilt, ist das Betreten der Spielplätze jedermann gestattet, und gemäß § 2 Abs. 2 Spielplatzordnung können die Spieleinrichtungen in der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 21:30 Uhr genutzt werden. § 3 der Spielplatzordnung regelt das Verhalten auf dem Spielplatz; § 4 der Spielplatzordnung ermöglicht unter den dort dargelegten Voraussetzungen einen Platzverweis. § 6 der Spielplatzordnung trifft schließlich eine Regelung über Ordnungswidrigkeiten.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 26. August 2011 Beweis erhoben über die Geräuschimmissionen, die vom Bolzplatz auf dem Grundstück der Gemeinde ... (Nähe ..., Teilfläche aus Flurstück ... der Flur ...) verursacht werden und auf das Grundstück der Klägerin ... in ... einwirken, durch Messung entsprechend dem Anhang zur 18. BImSchV – Sportanlagenimmissionsschutzverordnung. Mit der Messung wurde eine notifizierte Stelle für Messungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beauftragt.

Der Sachverständige kommt in seinem Messbericht vom 23. Juli 2012 „Geräuschimmissionen aus Sportanlagenbetrieb“ im Hinblick auf den Bolzplatz der Gemeinde ... lt. seinem Kurzbericht (Beurteilung und Zusammenfassung) zum Ergebnis:

„Gemäß der auf dem Grundstück ... durch Messung ermittelten und der Freizeitsportanlage zuzuordnenden Geräuschimmissionen sowie der für eine Beurteilung an den Immissionsschutz nach Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) gestellten Anforderungen sind im Wohnbereich Landstraße 36 keine Überschreitungen von Immissionsrichtwerten für Wohngebiete durch sportliche Betätigungen auf der Freizeitsportanlage festzustellen.“

Hinsichtlich der Einzelheiten des Messberichts wird auf das Abschlussprotokoll vom 23. Juli 2012 verwiesen.

Auf die Ausführungen der Klägerin, die sinngemäß die Richtigkeit und Aussagekraft der Messungen angezweifelt hat, hat der Sachverständige mitgeteilt, dass alle vorgeschlagenen Messtermine mit der Klägerin hinsichtlich Sinnfälligkeit und Zielorientierung besprochen und abgestimmt worden seien. Insbesondere sei die ereignisbezogene Ermittlung unter Einbeziehung der Klägerin als kostengünstigere Variante vorgezogen worden. Die Klägerin habe ihre bis dahin bekundete Bereitschaft für eine aktive Mitwirkung zur Verkürzung der Dauer der messtechnischen Ermittlungen allerdings zurückgezogen. Mängel der Messtechnik oder Verluste von relevanten Aufzeichnungen der gemessenen Zeitabschnitte lägen nicht vor. Zusammengefasst bemerkte der Sachverständige nochmals, dass die Ergebnisse auf der während der Messzeiten beobachteten Auslastung der Freizeitsportanlage sowie einer ausschließlichen sportlichen Nutzung beruhen würden. Sie würden nicht eine von der Klägerin und anderen Anwohnern der Landstraße bisweilen auch beobachtete zweckentfremdete Nutzung der Sportanlage als Treffpunkt verschiedener sozialer Gruppen oder Netzwerke für private Anliegen ohne öffentliches Interesse dokumentieren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Sitzungsniederschrift, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (8 Heftungen) sowie auf das Abschlussprotokoll der AKUSTIK und INGENIEURCONSULT GbR vom 23. Juli 2012 verwiesen, die vorgelegen haben und – soweit entscheidungserheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung und Entscheidung der Kammer gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Das Passivrubrum ist mit Blick auf § 8 Abs. 2 Brandenburgisches Verwaltungsgerichtsgesetz - BbgVwGG von Amts wegen zu berichtigen, da weder eine Anfechtungs- noch eine Verpflichtungsklage einschlägig ist.

Da die Klägerin ihre Klage gegen die Spielplatzordnung zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit gemäß § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO einzustellen.

Die zulässige allgemeine (Leistungs-)Klage erweist sich im Haupt- und Hilfsantrag als unbegründet. Die Klägerin hat insbesondere keinen Anspruch auf vollständige Stilllegung (und Beseitigung) des Bolzplatzes. Der grundsätzlich gegebene Anspruch der Klägerin auf Schutz vor unzumutbaren Lärmimmissionen gebietet auch nicht eine über die bisherigen Benutzungsregelungen hinaus gehende Beschränkung des Betriebs des Platzes.

1.

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Anspruch auf Abwehr von Immissionen einer hoheitlich betriebenen Anlage - unabhängig davon, ob §§ 1004, 906 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB analog oder Art. 2 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz - GG als insoweit maßgebliche Rechtsgrundlage angesehen werden - besteht, wenn die Einrichtung Immissionen hervorruft, die die Gesundheit schädigen, schwer und unerträglich in das Eigentum eingreifen oder nach den für die Beurteilung der Zumutbarkeit heranzuziehenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr hinnehmbar sind (Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 11. November 2010 – 11 B 24.08 m.w.N. auch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Geräuschimmissionen - u.a. durch hoheitlich betriebene nicht genehmigungsbedürftige Anlagen - sind demzufolge dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 22 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG, § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen sind, d.h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), ist dabei - sofern vorhanden - anhand einschlägiger technischer Regelwerke zu beurteilen. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 4 B 55/03 -, juris Rdnr. 8.).

Dies ist hier der Fall, denn der verfahrensgegenständliche Bolzplatz wird weder von der TA Lärm (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, v. 26. August 1998, GMBl. S. 503) erfasst, noch unterfällt er der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV). Gem. Ziff. 1 Buchst. a und b TA Lärm ist diese weder auf Sportanlagen, die der Sportanlagenlärmschutzverordnung (Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - 18. BImSchV -, v. 18. Juli 2001, BGBl. S. 1588, geändert durch Art. 1 Nr. 3 V v. 9. Februar 2006, BGBl. I, S. 324) unterliegen, noch auf sonstige nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen anwendbar (OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. S. 9 des amtlichen Umdrucks). Aber auch die Sportanlagenlärmschutzverordnung ist hier unmittelbar nicht anwendbar.

Sportanlagen sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 18. BImSchV ortsfeste Einrichtungen i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die zur Sportausübung bestimmt sind. Wie das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss v. 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, NVwZ 2003, 377 f., hier zit. nach juris Rn 5 ff.; Anschluss OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. S.9 f.) mit Blick auf einen Bolz- und Skateplatz für Kinder bis 14 Jahre ausgeführt hat, ließen die Beschreibung des Anwendungsbereichs der Verordnung sowie die in ihrem § 3 vorgesehenen Maßnahmen erkennen, dass sich der Verordnungsgeber am Leitbild einer Sportanlage orientiert habe, die dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem Freizeitsport diene. Die aufgeführten Verpflichtungen des Betreibers passten nicht auf kleinräumige Anlagen, die auf regelmäßig unorganisierte, ohne nennenswerte Beteiligung von Zuschauern und ohne Schiedsrichter oder Sportaufsicht stattfindende körperlich-spielerische Aktivitäten von Kindern zugeschnitten seien. Nichts anderes gelte für die in § 2 Abs. 1 der 18. BImSchV geregelten Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Sportanlagen, die das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Lärmschutzniveau differenzierend nach dem Gebietscharakter, nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten und nach Werktagen sowie Sonn- und Feiertagen durch Festlegung bestimmter Immissionswerte konkretisieren. Sie würden der Eigenart speziell für Kinder bestimmter besonderer Ballspielplätze und ähnlicher Spieleinrichtungen, die dadurch gekennzeichnet seien, dass sie wegen ihrer sozialen Funktion regelmäßig wohngebietsnah sein müssen, nicht in jedem Fall gerecht. Ausweislich der Entstehungsgeschichte der Sportanlagenlärmschutzverordnung sei der Verordnungsgeber davon ausgegangen, dass "Kinderspielplätze und freizeitsportliche Aktivitäten auf Sportgelegenheiten wie Wegen, Plätzen, Spielstraßen und Freiflächen ... nicht erfasst“ würden. Dem schließt sich die Kammer an.

Davon ausgehend ist auch der Bolzplatz an der Landstraße in ... keine Sportanlage im Sinne des § 1 Abs. 2 18. BImSchV. Die Beklagte hat zwar eine Nutzung auch durch ältere Jugendliche (bisher) nicht ausgeschlossen. Dies ändert indes nichts daran, dass der auf einer Teilfläche eines im Übrigen auch als Spielplatz genutzten Grundstücks errichtete Platz dem sich aus der Sportanlagenlärmschutzverordnung ergebenden Leitbild einer Sportanlage in keiner Weise entspricht. Denn besondere technische Einrichtungen (wie etwa Lautsprecheranlagen oder auch nur eine Platzbeleuchtung), Vorkehrungen für Zuschauer, Stellplätze oder sonstige Nebeneinrichtungen fehlen gänzlich und die geringen Abmessungen der vorhandenen Spielfelder und der erheblich hinter den Abmessungen eines „normalen“ Fußballtores zurückbleibenden Bolzplatztore lassen eine organisierte, z.B. an den Regeln der Fußballverbände ausgerichtete Sportausübung mit Schiedsrichtern bzw. Trainern oder Betreuern nicht zu, sondern sind gerade für unorganisierte „freizeitsportliche Aktivitäten“ geeignet und bestimmt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. S. 10).

Der Ausschluss einer unmittelbaren Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung auf den hier zu beurteilenden Bolzplatz steht, wie das Bundesverwaltungsgericht in der bereits zitierten Entscheidung weiter ausgeführt hat (Beschluss v. 11. Februar 2003 - 7 B 88.02 -, zit. nach juris, Rn. 6; Anschluss OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. S. 11), ihrer entsprechenden Heranziehung im Einzelfall allerdings nicht entgegen. Danach bietet es sich an, die von solchen Anlagen ausgehenden Geräuschimmissionen mangels geeigneterer Vorschriften nach dem in der Sportanlagenlärmschutzverordnung festgelegten Ermittlungs- und Messverfahren zu bestimmen, das der Besonderheit der bei Sport und Spiel auftretenden Geräusche Rechnung trägt. Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschen, die von derartigen Anlagen ausgehen, muss jedoch wegen deren Atypik und Vielgestaltigkeit weiterhin der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten bleiben. Sie richtet sich insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit, wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz sind mitbestimmend. Die normkonkretisierende Funktion der Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung, eine interessengerechte, gleichmäßige Bewertung der belästigenden Wirkung von Sportlärm zu ermöglichen und damit ein Höchstmaß an Rechtssicherheit zu erreichen, kann die individuelle Würdigung bei den aus der Sicht der Verordnung atypischen Spiel- und Freizeitanlagen nicht ersetzen.

2.

Allerdings sind die vom Bolzplatz an der ... ausgehenden Immissionen der Klägerin nicht schon nach § 22 Abs. 1a BImSchG ohne entsprechende Heranziehung der Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung zumutbar. Der durch Art. 1 des Gesetzes vom 20. Juli 2011 mit Wirkung vom 28. Juli 2011 neu eingefügte § 22 Abs. 1a steht einer entsprechenden Heranziehung der Sportanlagenlärmschutzverordnung im Einzelfall nicht entgegen. Danach sind zwar Geräuscheinwirkungen, die von Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung solcher Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und Richtwerte nicht herangezogen werden. Unzweifelhaft soll diese Regelung den von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgehenden Kinderlärm privilegieren, mithin zum Ausdruck bringen, dass Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft steht (vgl. Entwurf eines 10. Gesetzes zur Änderung des BImSchG – Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms, Deutscher Bundestag (BT) – Drs. 17/5709, 17/4836, Begründung S. 4). Unter Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen sind kleinräumige Einrichtungen zu verstehen, die auf spielerische oder körperlich-spielerische Aktivitäten von Kindern zugeschnitten sind, und die wegen ihrer sozialen Funktion regelmäßig wohngebietsnah gelegen sein müssen. Ballspielflächen für Kinder gehören hierzu; sie werden exemplarisch angeführt. Davon zu unterscheiden sind indes Spiel- und Bolzplätze sowie Skateranlagen und Streetballfelder für Jugendliche, die großräumiger angelegt sind und ein anderes Lärmprofil haben als Kinderspielplätze. Diese Anlagen werden von der Privilegierung nicht erfasst (BT-Drs. a. a. O. S. 6 zu Artikel 1).

3.

Hiervon ausgehend sind die vom Bolzplatz an der ... ausgehenden Geräusche der Klägerin zumutbar. Denn die Ergebnisse der vom gerichtlich beauftragten Sachverständigen anhand des Messverfahrens der Sportanlagenlärmschutzverordnung vor Ort durchgeführten Messungen, ausweislich derer die in der Sportanlagenlärmschutzverordnung für Wohngebiete vorgesehenen Immissionsrichtwerte einschließlich der Ruhezeiten eingehalten werden, sind sachlich nicht zu beanstanden (a.). Eine Zurechnung auch der durch unzulässige Nutzungen des Platzes entstehenden Geräusche kommt nach den Umständen des konkreten Falles nicht in Betracht (b.).

a.

Für die Beurteilung der vom Spielbetrieb auf dem Bolzplatz ausgehenden Lärmemissionen geht die Kammer von den Ergebnissen der vom gerichtlich beauftragten Sachverständigen durchgeführten Messungen in den Zeiträumen 27. April 2012 bis 01. Mai 2012 und 17. Mai 2012 bis 20. Mai 2012 aus, die ausweislich des vorliegenden Messberichts vom 23. Juli 2012 fachgerecht in Anwendung des Messverfahrens der 18. BImSchV durchgeführt wurden und entgegen dem Vorbringen der Klägerin eine taugliche Beurteilungsgrundlage darstellen.

Der Sachverständige hat ausweislich Nr. 4.3 „Standort und Immissionsschutz“ seines Messberichts vom 23. Juli 2012 den Charakter des mit ausschließlich Wohnbebauung versehenen Gebietes zwischen der Straße am Ortsrand und ... bis zur ... augenscheinlich als „reines Wohngebiet“ eingestuft. Für die Beurteilung von Sportlärmimmissionen setzte er deshalb die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte für reine Wohngebiete an. Diese betragen tagsüber 50 db(A) und innerhalb von Ruhezeiten 45 db (A). Es spricht indes vieles dafür, dass die Klägerin allenfalls den Schutz für ihr Grundstück wie in einem allgemeinen Wohngebiet beanspruchen kann. Das Grundstück der Klägerin liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ..., so dass sich die bauplanungsrechtliche Beurteilung aus § 34 Baugesetzbuch - BauGB ergibt. Nach Angaben der Klägerin und der Einstufung durch den Sachverständigen ist die nähere Umgebung allein durch Wohnbebauung geprägt, so dass das Grundstück zwar in einem faktischen reinen Wohngebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB liegt. Es liegt aber auch zugleich am Rande dieses Gebietes und grenzt an landwirtschaftliche Flächen oder Wiesen an. Insoweit ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass Wohnhäuser, die in einem reinen Wohngebiet und in Randlage zum Außenbereich liegen, nur den Schutz eines allgemeinen Wohngebietes genießen (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 17. Oktober 2008 – 12 K 2139/08 juris Rdnr. 35 m.w.N.). Im Ergebnis bedarf diese Frage indes keiner abschließenden Klärung.

Denn aus den Ergebnissen der in den genannten Messzeiträumen durchgeführten Messungen wurde gemäß dem Messbericht zusammengefasst deutlich:

- Auf eine vertiefende Untersuchung bezüglich tieffrequenter Geräuschanteile konnte verzichtet werden.
- Ein Zuschlag für Impulshaltigkeit K wurde nicht vergeben, da nach subjektiven Beobachtungen und Empfinden eine Impulshaltigkeit dem Anlagengeräusch nicht eindeutig und dominant zugeordnet werden konnte.
- Mit Blick auf Verkehrswege (Straßen - Luftverkehr), sozialem Umfeld (Nachbarn) und Natur (Vögel, Blätterrauschen) war am Messpunkt Fremdgeräuscheinfluss mehr oder weniger immer vorhanden. Geräusche von der Sportanlage waren nur vereinzelt dominant und von vergleichsweise kurzer Dauer.
- Eine Tonhaltigkeit des Anlagengeräusches war subjektiv nicht wahrnehmbar.

Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten aufgrund örtlicher Gegebenheiten waren an den Messpunkten MP 1 und MP 2 im Wohnbereich ... keine Überschreitungen von Immissionsrichtwerten für Wohngebiete durch sportliche Betätigungen auf der Freizeitsportanlage festzustellen:

Gebiet

Beurteilungspegel

IRW-Tag

        

Lr     

Außerhalb Ruhezeit

Innerhalb Ruhezeit

Allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete

43    

55    

50    

Reine Wohngebiete

        

50    

45    

Auch bei Berücksichtigung einer vom Sachverständigen angenommenen maximalen Unsicherheit der Messergebnisse von +- 1,5 db (A) ergeben sich keine Überschreitungen von Immissionsrichtwerten durch den Bolzplatzbetrieb. Diese in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Schlussfolgerungen des Sachverständigen sind zwar von der Klägerin - im Wesentlichen pauschal - angegriffen worden. Der Sachverständige hat allerdings in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. September 2012 noch einmal dezidiert zum „Widerspruch“ der Klägerin Stellung bezogen und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Messtermine mit der Klägerin besprochen und abgestimmt worden seien sowie Mängel der amtlich geeichten Messtechnik nicht vorgelegen hätten. Demzufolge liegen insgesamt 10 Stunden aufgezeichnetes Material vor; dass aus diesen Aufzeichnungen nur Zeitabschnitte von insgesamt 99 Minuten Dauer extrahiert werden konnten, die aus der Nutzung des Bolzplatzes stammende Geräuscheinwirkungen enthalten, liegt an den zuvor dargestellten konkreten Gegebenheiten vor Ort.

So war Fremdgeräuscheinfluss am Messpunkt nach den Feststellungen des Sachverständigen mehr oder weniger immer vorhanden; eine Auswertung der Messungen erfolgte nachvollziehbar deshalb nur für Teilzeiten innerhalb der Zeitzyklen, in denen Fremdeinwirkungen nicht dominant vorlagen und Geräuschimmissionen aus dem Sportanlagenbetrieb auch subjektiv eindeutig wahrgenommen werden konnten. Der Anteil der entsprechenden, berücksichtigungsfähigen Teilzeiten war und ist nicht nur von der Jahreszeit und von evtl. Schul- oder Ferienzeiten, sondern insbesondere auch vom jeweiligen Wetter abhängig und unterlag bzw. unterliegt naturgemäß von vornherein ständigen Schwankungen, ohne dass dies vom Gutachter oder von der Klägerin beeinflussbar war. Hinzu kommt, dass selbst bei Nutzung des Platzes die Geräuschemissionen je nach Anzahl der Spieler und Intensität des Spieles sehr unterschiedlich sind. Im Übrigen verweigerte sich die Klägerin nach Bekunden des Sachverständigen insoweit einer aktiven Mitwirkung, als zunächst eine selbst mitorganisierte Nutzung des Bolzplatzes beabsichtigt war, so dass die Messungen „gesteuert“ hätten erfolgen sollen. Soweit die Klägerin dem entgegen vermeiden wollte, sich (Manipulations-)Vorwürfen des Beklagten wegen einer solchen „Steuerung“ auszusetzen, stellt dies die Richtigkeit und Verwertbarkeit des Messberichts vom 23. Juli 2012 nicht entscheidungserheblich in Frage.

Einer - hier von der Klägerin angenommenen - besonderen Lästigkeit der impulshaltigen Geräusche (Ballaufschlag, Tritt gegen den Ball, Ballschuss gegen die Begrenzungsgitter) ist im hier angewandten Messverfahren nach der 18. BImSchV nicht erst bei der Beurteilung der Zumutbarkeit, sondern ggf. bereits im Rahmen des Messverfahrens Rechnung zu tragen, und zwar hinsichtlich der angesprochenen Impulshaltigkeit der Geräusche durch Vergabe eines entsprechenden Zuschlags oder durch Verwendung des Taktmaximalverfahrens ( Ziff. 1.3.3 Anh. 18. BImSchV) bzw. wegen einer erhöhten Belästigung durch das Mithören unerwünschter Informationen durch Vergabe eines Zuschlags für Informationshaltigkeit gem. Ziff. 1.3.4 Anh. 18. BImSchV während der entsprechenden Teilzeiten der Messung. Ausweislich des vorliegenden Messberichts konnte aber nach subjektiven Beobachtungen und Empfinden eine Impulshaltigkeit des Anlagengeräusches nicht eindeutig und dominant zugeordnet werden, da z.B. Aufprallgeräusche von Bällen, die in der Regel impulshaltig sind, kaum aus dem sonst vorhandenen Grundgeräuschaufkommen hervortraten (S. 12 des Messberichts). Von der Vergabe eines Zuschlags für Informationshaltigkeit wurde ebenfalls abgesehen (Messbericht a.a.O.). Diesbezügliche Zweifel an der Richtigkeit der Messergebnisse hat die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht. Wurde ein entsprechender Zuschlag aber - wie hier - nicht vergeben, weil der vor Ort befindliche Gutachter die dafür maßgeblichen Voraussetzungen nicht als erfüllt ansah, so kann dies auch nicht etwa durch eine abweichende Bewertung im Rahmen der Einzelfallbeurteilung durch das Gericht „berichtigt“ werden (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. S. 16)

b.

Weitere, durch unzulässige Nutzungen des Bolzplatzes außerhalb der Öffnungszeiten entstehende Geräusche sind der Anlage nach den Umständen des konkreten Falles nicht zurechenbar. Denn eine von der gegebenen Spielplatzordnung und der Beschilderung abweichende Benutzung des Bolzplatzes müsste sich die Beklagte nur dann zurechnen lassen, wenn der Bolzplatz nach seiner baulichen und technischen Ausgestaltung einen das übliche Maß wesentlich übersteigenden Anreiz für eine missbräuchliche Nutzung böte (i.d.S. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 28. Februar 2006 - 11 S 3.05 -; OVG Berlin, Urteil vom 22. April 1993 - 2 B 6.91 -, NVwZ-RR 1994, 141 ff.; vgl. auch Urteil vom 18. September 1992 - 2 B 16.89 - UPR 1993, 72 f.). Dafür ist hier wenig ersichtlich, zumal die Gemeindevertretung ... nicht nur eine Spielplatzordnung beschlossen hat, sondern das Ordnungsamt stichprobenartig Schwerpunktkontrollen im Rahmen regelmäßiger Routinebestreifung durchführt und auf zweckmissbräuchliche Nutzung und Einhaltung der durch ein Hinweisschild kenntlichen Nutzungszeiten kontrolliert. Auf an sie herangetragene Beschwerden über Unregelmäßigkeiten reagiert die Beklagte nach eigenen Angaben umgehend, um schnell für Abhilfe zu sorgen. Dass dies in der Vergangenheit der Fall war und derzeit im Rahmen der gegebenen personellen Mittel auch geschieht, hat die Gemeinde zur Überzeugung der Kammer dargelegt - so auch durch die verwaltungsinterne Verfügung vom 14. Juni 2005 (s.o.). Zudem werden auf dem Bolzplatz im Rahmen wöchentlicher Objektbegehungen - von einem Mitarbeiter des Bauhofes - Sicht- und Funktionsproben durchgeführt, augenscheinlich auffallende Defekte gemeldet und abgestellt (vgl. Beiakte 7).

Mithin muss auch der auf Verhinderung unzumutbarer Lärmbelästigungen außerhalb der Öffnungszeiten gerichtete Hilfsantrag erfolglos bleiben.

Die Frage, ob diese Voraussetzungen für den vorliegend in Rede stehenden Bolzplatz einschließlich Streetballfeld und der Basketballkörbe erfüllt sind, bedarf indes auch deswegen keiner weiteren Prüfung und Entscheidung, weil jedenfalls die Klägerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass die auf ihr Grundstück einwirkenden Lärmbelästigungen erheblich in dem vorauszusetzenden Sinn wären. Wie bereits dargestellt kann die Beurteilung, ob Geräuschimmissionen nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen, nicht schematisch anhand allgemeingültiger Lärmwerte vorgenommen werden. Vielmehr hängen die Belastung durch Lärm und die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen von einer Vielzahl von Faktoren ab, wobei die Grenze der Erheblichkeit - wie bereits dargestellt - einzelfallbezogen anhand einer auf einen Ausgleich widerstreitender Interessen ausgerichteten Gesamtbetrachtung zu ermitteln ist, in die wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz einzubeziehen sind (BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 7 B 88/02 juris Rdnr. 6).

Kommt es aber hiernach für den vorliegend geltend gemachten Abwehr-/ Unterlassungsanspruch entscheidend darauf an, ob der Klägerin die von der missbräuchlichen Nutzung des Bolzplatzes ausgehenden Lärmimmissionen unzumutbar sind, so obliegt es ihr zugleich, insbesondere mit Blick darauf, dass ein nur vereinzelter oder geringfügiger Missbrauch die Voraussetzungen nicht erfüllen würde, substantiiert darzutun, wie oft und jeweils zu welchen Tageszeiten der Woche sowie in welcher Weise und in welchem Umfang Kinder, Jugendliche bzw. Erwachsene Bolzplatz und Basketballkorb nutzen. All dies hat die Klägerin indes nicht im Einzelnen und vor allen Dingen nicht aktuell dargelegt, sondern sich auf den Vortrag beschränkt, dass die Einrichtungen auf dem Bolzplatz teilweise bis weit nach 21.30 Uhr zum Fußball- oder Basketballspiel oder sonstigen Aktivitäten - wie „Grillfeste“ - genutzt werden. Dass diese pauschalen - und etwa hinsichtlich der Personenzahl sowie Dauer unbestimmten - Angaben den vorgenannten Anforderungen nicht zu genügen vermögen, ist offenbar und bedarf keiner weiteren Begründung (vgl hierzu auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Februar 2008 – 8 K 3821/06 juris Rdnr. 21 ff.). Angesichts der Nutzung der Anlage durch Kinder und Jugendliche ist es im Übrigen auch sinnvoll und herkömmlich, solche Anlagen in der Nähe von Wohngebieten anzusiedeln. Die Ansiedlung dieser Anlage in der Nähe eines Wohngebiets trifft auf allgemeine und soziale Akzeptanz. Gerade wenn - wie hier - der streitgegenständliche Bolzplatz in einem Abstand von über 100 m zur nächstgelegenen Wohnbebauung errichtet wurde, muss die Wohnbebauung eine (angemessene und zumutbare) Beschränkung ihres Schutzes hinnehmen.

Angemerkt sei, dass ein Polizeibericht - Polizeiwache ... - vom 03. Juli 2009 in der Zeit vom 01. Januar 2008 bis 30. Juni 2009 insgesamt 15 geführte Einsätze im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bolzplatz auflistet; lediglich am 31. Mai 2008, 03. April 2009, 15. Mai 2009 und 20. Mai 2009 konnten Personen zur Nachtzeit außerhalb der Spielzeiten vor Ort festgestellt werden (vgl. Beiakte 8). Auch bei Zugrundelegung dieser Vorkommnisse wäre nach den oben eingeführten Maßstäben mit Blick auf vier Ereignisse in anderthalb Jahren lediglich von einem vereinzelten und geringfügigen Missbrauch auszugehen, den sich die Beklagte nach alledem nicht zurechnen lassen muss.

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des zurückgenommenen Klageteils aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung; das Urteil ist nur wegen Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.