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Frist - Versäumung - Verschulden


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 13. Senat Entscheidungsdatum 16.01.2014
Aktenzeichen L 13 VH 12/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 63 SGG

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Dezember 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Wege der Überprüfung die Anerkennung eines Grades der Schädigungsfolgen (GdS) - vormals Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - von 70 aufgrund zu Unrecht erlittener DDR-Haft nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit dem Häftlingshilfegesetz (HHG).

Der 1935 geborene Kläger befand sich im Zeitraum vom 25. März 1954 bis zum 31. März 1960 und vom 17. Dezember 1960 bis zum 18. Dezember 1963 in der DDR in Straftat. Mit Bescheinigungen des Bezirksamtes K von nach § 10 Abs.4 HHG vom 1. April 1965 und vom 28. Juli 1965 wurde dem Kläger bescheinigt, dass er wegen der von ihm erlittenen Gewahrsame in den vorgenannten Zeiträumen zum Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG gehöre und dass Ausschließungsgründe nach § 2 HHG nicht vorlägen.

Auf den Versorgungsantrag des Klägers vom 25. Mai 1990 anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 11. September 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1992 eine anhaltende Belastungsreaktion als Schädigungsfolge des erlittenen Gewahrsams mit einem Anspruch auf Heilbehandlung ab dem 1. Mai 1990, lehnte jedoch die Gewährung einer Grundrente ab, weil die MdE nicht mindestens 25 betrage. Im anhängigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin (Az: S 43 V 240/92) anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Juni 1994 eine MdE von 30 und die Gewährung einer entsprechenden Beschädigtenrente ab dem 1. Mai 1990. Der gegen das Urteil des Sozialgerichts erhobenen Berufung des Beklagten (Az: L 11 VH 26/94), mit der er sich gegen seine Verurteilung zur Gewährung einer Beschädigtenrente unter Zugrundelegung einer MdE von 50 wandte, gab das Landessozialgericht Berlin mit Urteil vom 26. September 1996 statt und wies die Klage ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zum Bundessozialgericht blieb erfolglos (Az: B 9 BVh 3/96).

Den Überprüfungsantrag des Klägers vom 6. April 1999 wies der Beklagte mit Bescheid vom 28. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin (Az: S 40 VH 145/99) anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 2000 ab dem 1. Januar 1995 eine Beschädigtenrente unter Zugrundelegung einer MdE von 40. Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 2. Dezember 2002 ab. Die anschließende Berufung des Klägers wies das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 4. April 2006 zurück (Az: L 13 VH 7/03). Eine hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht nahm der Kläger zurück (Az: B 9a VH 1/06 B).

Den weiteren Überprüfungsantrag des Klägers vom 7. März 2007, mit dem er eine Rentengewährung nach einer MdE von 70 auch unter Berücksichtigung einer Persönlichkeitsstörung geltend machte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 ab. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin am 13. Juni 2007 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 9. Dezember 2011 abgewiesen. Der Kläger habe in Auswertung der vorliegenden medizinischen Erkenntnisse im Wege der Überprüfung nach § 44 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches X. Buch (SGB X) keinen Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE von 70.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 2. Januar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. April 2012 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und zugleich beantragt, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages trägt der Kläger vor, dass sein Wohnhaus unter seiner Anschrift E Str., in B durch Brandstiftung vollständig niedergebrannt sei. Es sei ein Umzug in die W Str. in B erforderlich geworden. Die Urteilsausfertigung, die sein Prozessbevollmächtigter am 2. Januar 2012 an seine alte Anschrift versandt habe, habe er nicht erhalten. Erst bei einer späteren telefonischen Nachfrage in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten am 22. März 2012, habe er von dem Erlass des Urteils und der Versendung der Urteilsausfertigung erfahren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Dezember 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 zu verpflichten, den Bescheid vom 11. September 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1992, den Bescheid vom 10. Juni 1994, den Bescheid vom 28. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 und den Bescheid vom 16. Mai 2000 zu ändern und ihm eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit/einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 ab dem 01. Januar 2003 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Kläger nicht ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Da der Wohnungsbrand ausweislich des vorgelegten Protokolls des Polizeipräsidenten am 8. September 2011 stattgefunden habe, sei es dem Kläger möglich gewesen, seine aktuelle Anschrift sowohl dem Gericht als auch seinem Prozessbevollmächtigten bereits zu einem früheren Zeitpunkt zur Kenntnis zu geben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen.

Denn die Berufung ist nicht innerhalb der Monatsfrist des § 151 SGG eingelegt worden. Nach 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Diese Frist ist vorliegend nicht gewahrt.

Die Ausfertigung des Urteils des Sozialgerichts ist wirksam am 2. Januar 2012 zugestellt worden, indem der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Empfang der durch Beauftragung der Deutschen Post AG übermittelten Ausfertigung auf dem beigefügten Empfangsbekenntnis bestätigt hat, § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 172 Abs. 1, 174 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Aufgrund der vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Vollmacht war die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten zu bewirken. Das Sozialgericht hat von der Möglichkeit der Zustellung mittels Empfangsbekenntnisses an den Prozessbevollmächtigten zulässigerweise Gebrauch gemacht.

Die einmonatige Frist des § 151 Abs. 1 SGG zur Einlegung der Berufung gegen das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 66 Abs. 1 SGG versehenen Urteils begann gemäß § 64 Abs. 1 SGG mit dem Tag nach der Zustellung, dem 3. Januar 2012, zu laufen und lief gemäß§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG am 2. Februar 2012, einem Donnerstag, ab. Der Berufungsschriftsatz des Klägers ist jedoch erst am 5. April 2012 beim Landessozialgericht eingegangen und wahrt mithin die Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG nicht.

Dem Kläger ist wegen Versäumung der Berufungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Denn der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die gesetzliche Frist des § 151 Abs. 1 SGG einzuhalten. Den Kläger trifft vorliegend ein eigenes Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Protokolls des Polizeipräsidenten in fand der Wohnungsbrand, in dessen Folge nach dem Vortrag des Klägers auch der Hausbriefkasten beschädigt wurde, bereits am 8. September 2011 statt. Angesichts dieses Umstandes hätte der Kläger besondere Vorkehrungen treffen müssen, dass ihm im laufenden Verfahren Post- und Briefsendungen erreichen können. Insbesondere wäre er verpflichtet gewesen, seinen Prozessbevollmächtigten unverzüglich entsprechend zu unterrichten und diesem auch den Wechsel seiner Wohnanschrift mitzuteilen. Entsprechendes ist vom Kläger indes frühestens am 22. März 2012, also mehr als ½ Jahr nach dem Wohnungsbrand, durch telefonische Angaben gegenüber der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten erfolgt. Durch das pflichtwidrige Unterlassen entsprechender Mitteilungen an seinen Prozessbevollmächtigten zeitnah zum Schadeneintritt ist eine fristgerechte Berufungseinlegung auf das am 2. Januar 2012 wirksam zugestellte Urteil vereitelt worden. Der Kläger war demzufolge nicht ohne eigenes Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist gehindert. Die Gewährung einer Wiedereinsetzung scheidet bereits vor diesem Hintergrund aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.