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Entscheidung 5 W 68/13


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 18.11.2013
Aktenzeichen 5 W 68/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde – Grundbuchamt – vom 28. Januar 2013 (GZ: ….) - wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 3000 €.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit Antrag vom 23. Januar 2013 begehrt der Antragsteller im Wege der Grundbuchberichtigung gemäß 9 Abs. 4, 5 GBBerG i. V. m. § 8 SachenR-DV die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit unter Bezugnahme auf die Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung des Landkreises Oder-Spree vom 29. November 2012 zu Lasten des Grundstücks …. Das im Grundbuch von … Blatt … verzeichnete Wohnungseigentum (26,3/1000 Miteigentumsanteil an dem Flurstück 37 der Flur 132 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung … 1, 2. Obergeschoss links, Nr. 5 des Aufteilungsplans) wurde durch notariellen Kaufvertrag vom 7. September 2011 (Urkundenrolle Nr. 789/2011 des Notars Dr…) von den seinerzeit eingetragenen hälftigen Miteigentümern, den Eheleuten …, an … unter gleichzeitiger Beurkundung der Auflassung verkauft. Aufgrund des am 7. Februar 2012 beim Grundbuchamt eingegangenen Antrags erfolgte die Umschreibung des Eigentums am 9. Februar 2012. Mit Beschluss vom 28. Januar 2013 hat das Grundbuchamt den Antrag des Antragstellers auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit vom 23. Januar 2013 im Grundbuch von … Blatt …, eingetragen im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch Blätter … – hier ist die Auflassung am 7. September 2011 erfolgt - bis … zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dieses Grundstück sei im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch von … Blätter … bis … eingetragen. Da eine Dienstbarkeit nur am gesamten Grundstück eintragbar sei, habe der Eintragungsantrag für alle Grundbuchblätter gestellt werden müssen. Darüber hinaus handele es sich um kraft Gesetzes entstandene Dienstbarkeiten, die nach dem in § 9 Abs. 1 GBBerG genannten Stichtag materiellrechtlich fortbestanden. Mit dem in § 9 Abs. 1 GBBerG genannten Stichtag (31.12.2010) werde aber der Gutglaubensschutz aus § 892 BGB wieder in Gang gesetzt, ein nach dem Stichtag eingetragener Eigentümer erwerbe das Grundstück in Bezug auf die später zur Eintragung beantragte beschränkte persönliche Dienstbarkeit aus § 9 GBBerG lastenfrei. In den Grundbuchblättern …, 10289, …, … und … sei nach dem 31. Dezember 2010 ein Eigentumswechsel im Grundbuch vollzogen worden. Mangels anderweitiger Erkenntnisse sei von der Gutgläubigkeit dieser Erwerber auszugehen und damit von einem vollzogenen gutgläubigen Wegerwerb der Dienstbarkeit. Bei einer Eintragung der Dienstbarkeit würde das Grundbuch unrichtig, weil die Dienstbarkeit erloschen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 27. März 2013, mit der er Grundbuchberichtigung gemäß § 9 Abs. 4 und 5 GBBerG i.V.m. § 8 SachenR-DV und Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Schmutzwasserleitungsrecht) zugunsten des Antragstellers und zu Lasten des Grundstücks Flurstück 37 der Flur 132, eingetragen im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch von … nunmehr für die Blätter … bis …beantragt. Er meint, ein gutgläubiger Wegerwerb der kraft Gesetzes entstandenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und ein Erlöschen der Dienstbarkeit lägen nach der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung nicht vor und bezieht sich insoweit auf eine Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss v. 25.01.2010, 3 W 246/09; Rpfleger 2012, 517). Nach dieser Rechtsprechung könne eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit durch die rechtsgeschäftliche Übertragung eines bloßen Miteigentumsanteils nicht wegerworben werden und damit erlöschen. Für die Grunddienstbarkeit sei geklärt, dass ideelle Miteigentumsanteile nicht mit einer Grunddienstbarkeit belastet werden könnten. Ein gutgläubiger Erwerb komme deshalb nur in dem Umfang in Betracht, in dem das Recht auch Gegenstand einer Belastung sein könne. Da eine - wie hier - nicht eingetragene Grunddienstbarkeit aber nur am Grundstück im Ganzen bestehen könne, lasse der gute Glaube des bloßen Bruchteilserwerbers diese nicht untergehen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 3. April 2013 nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 71 GBO zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Das Grundbuchamt hat die beantragte Eintragung zu Recht abgelehnt, da der gutgläubige lastenfreie Erwerb von Miteigentumsanteilen zum Erlöschen der Dienstbarkeit am gesamten Grundstück geführt hat, das Grundbuch somit diesbezüglich nicht unrichtig ist. § 9 Abs. 1 S.1 GBBerG begründet für das entsprechende Versorgungsunternehmen kraft Gesetzes beschränkte persönliche Grunddienstbarkeiten außerhalb des Grundbuchs, deren Eintragung aufgrund der jeweiligen Anlagenrechtsbescheinigung erfolgt (vgl. Böhringer, Rpfleger 2002, 186ff). Die vorliegende Anlagenrechtsbescheinigung konnte jedoch nicht zu der begehrten berichtigenden Eintragung führen.

Zwar schränkt das Vorliegen einer Anlagerechtsbescheinigung den Prüfungsumfang des Grundbuchamtes dahingehend ein, dass es nicht die sachliche Richtigkeit der Bescheinigung, sondern nur die formelle und inhaltliche Übereinstimmung mit den Anforderungen der §§ 9 Abs. 5 GBBerG, 8 SachenR-DV prüft (Senat, Beschluss vom 27. Mai 2013, 5 W 79/12). Das Grundbuchamt hat indes auch im Fall einer Anlagenrechtsbescheinigung zu prüfen, ob die Eintragung der kraft Gesetzes entstandenen Dienstbarkeit im Wege der Berichtigung daran scheitert, dass zwischenzeitlich ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb des Grundstücks bzw. eines Miteigentumsanteils stattgefunden hat, der zum Erlöschen der Dienstbarkeit am gesamten Grundstück geführt hat (vgl. Demharter GBO, 28. Auflg., § 22, Rn. 37 m.w.N.; Böhringer, a.a.O). Diese Voraussetzungen hat das Grundbuchamt vorliegend zutreffend bejaht. § 892 BGB gilt gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 GBBerG in vollem Umfang für Anträge, die nach dem 31. Dezember 2010 gestellt wurden. Ist wie vorliegend bis zu diesem Zeitpunkt die Dienstbarkeit nicht eingetragen, die Eintragung nicht beantragt und auch kein Widerspruch für den Berechtigten eingetragen, wird der gutgläubige Erwerber durch § 892 BGB geschützt. Die Dienstbarkeit erlischt durch gutgläubigen „Wegerwerb“ und zwar auch dann, wenn es sich nur um den Erwerb eines Miteigentumsanteils am Grundstück handelt. Diesem durch § 892 BGB gewährten Schutz steht dabei nicht entgegen, dass ideelle Miteigentumsanteile nicht isoliert mit Grunddienstbarkeiten bzw. beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten belastet werden können (vgl. BGHZ 36,187 ff; Palandt/Bassenge, 72. Auflg., § 1018 Rn. 2 m.w.N.). Soweit das OLG Dresden (a.a.O. mit ablehnender Anmerkung Heggen, ZFIR 2012, 550 ff) daraus folgert, dass eine nicht eingetragene Grunddienstbarkeit, die nur am Grundstück im Ganzen bestehen kann, durch den guten Glauben eines Bruchteilswerbers nicht untergehen kann, da auch eingedenk der enttäuschten Erwartung des Erwerbers, seinen Anteil unbelastet erworben zu haben, das Interesse des Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu beachten sei, der seiner Grunddienstbarkeit insgesamt verlustig ginge, obwohl beim dienenden Grundstück kein vollständiger Eigentumswechsel stattgefunden habe, so vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen. Ihr ist vielmehr, wie das OLG Thüringen (NotBZ 2012, 393 ff) mit inhaltlich überzeugenden Erwägungen, denen der Senat sich anschließt, ausgeführt hat, entgegenzuhalten, dass sich weder aus dem Wortlaut des § 892 BGB eine solche Einschränkung herleiten lässt, noch der Normzweck es gebietet, den Schutz des § 892 BGB davon abhängig zu machen, ob der Erwerber das gesamte Grundstück oder nur einen Miteigentumsanteil erwirbt. Die detaillierte Regelung in § 4 Abs. 1 S.1 und 2 WGV, wonach die Eintragung einer Dienstbarkeit am Grundstück in sämtlichen Wohnungsgrundbüchern mit Verweis auf die Eintragung in den anderen Wohnungsgrundbüchern erfolgt, wäre vielmehr überflüssig, wenn ein lastenfreier Erwerb des mit dem Sondereigentum an der Wohnung verbundenen Miteigentumsanteils ohnehin nicht möglich wäre. Auch in der Literatur wird ersichtlich davon ausgegangen, dass ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb eines ideellen Miteigentumsanteils möglich ist, wenn das Grundstück insgesamt mit einer Dienstbarkeit belastet ist, wenngleich de lege ferenda angeregt wird, dieses Ergebnis in Richtung einer möglichen Belastung ideeller Einheiten neu zu überdenken (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflg., Rn. 1870; Staudinger/Mayer, Ausgabe 2009, § 1018 Rn. 185; NK/Otto, 3. Auflg. § 1018, Rn. 118), was bislang nur bei einer Dienstbarkeit für möglich erachtet wird, die sich in ihrer Ausübung auf das Sondereigentum beschränkt (BGHZ 107, 289; LG Göttingen, NJW-RR, 1997, 1105). Schutzwürdige Interessen der Antragstellerin stehen diesem Ergebnis nicht entgegen, hatte sie es doch in der Hand, innerhalb des vom Gesetzgeber großzügig bemessenen Zeitraums für eine ordnungsgemäße Eintragung der Dienstbarkeit Sorge zu tragen. Mit der hier vertretenen Auffassung steht in Einklang, dass auch die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils nach zutreffender Auffassung dazu führt, dass die Dienstbarkeit auch an den übrigen Bruchteilen erlischt (Staudinger/Mayer a.a.O., § 1018, Rn. 176 m.w.N.). Soweit das OLG Dresden hier dahingehend argumentiert, dies sei als gesetzliche Regelung hinzunehmen, ist dieses allein zu kurz gegriffen, liegt doch dieser gesetzlichen Regelung die auch vorliegend zutreffende Überlegung zu Grunde, dass Dienstbarkeiten auch insoweit nicht an einem ideellen Miteigentumsanteil bestellt werden können, als Benutzungs- und Gebrauchsrechte sich auf das ganze Grundstück beziehen (Staudinger/Mayer a.a.O., § 1018, Rn. 176 m.w.N.).

Danach hat der nunmehr eingetragene Eigentümer des im Grundbuch von … verzeichneten Wohnungseigentums seinen 26,3/1000 Miteigentumsanteil an dem Flurstück 37 gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 GBBerG i.V.m. § 892 Abs. 1 BGB gutgläubig durch seine Eintragung als Eigentümer am 9. Februar 2012 erworben, weil der Antrag der Antragstellerin nach diesem Zeitpunkt und nach dem 31. Dezember 2010, dem gesetzlich normierten Stichtag, beim Grundbuchamt einging. Konkrete Anhaltspunkte für eine positive Kenntnis des neuen Eigentümers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs im Hinblick auf die Belastung mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sind nicht ersichtlich. Der gutgläubige lastenfreie Erwerb eines Miteigentumsanteils führt, wie oben bereits dargelegt dazu, dass auch hinsichtlich der übrigen Miteigentumsanteile eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht mehr eingetragen werden kann, weil ideelle Miteigentumsanteile nicht mit einem solchen Recht am Grundstück belastet werden können.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Die Beschwerde beurteilt sich nicht nach dem gemäß Art. 50 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I, 2586) am 1. August 2013 in Kraft getretenen Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare, Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG; Art. 1 des 2. KostRMoG). Denn nach § 136 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG ist die KostO in gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG anhängig geworden oder eingeleitet worden sind, weiter anzuwenden. Gleiches gilt nach Nr. 2 dieser Vorschrift in gerichtlichen Verfahren über ein Rechtsmittel, das vor diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 78 Abs. 2. Nr. 1 und 2 GBO zugelassen. Die Frage, ob ein Miteigentumsanteil gutgläubig lastenfrei erworben werden kann, wenn nicht der Anteil selbst, sondern das gesamte Grundstück mit einer Dienstbarkeit belastet ist, sieht der Senat als rechtsgrundsätzlich an. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Rechtbeschwerde zuzulassen.

Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses. Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichen einer Beschwerdeschrift schriftlich oder als elektronisches Dokument (http://ww.esvp.de) beim Bundesgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe eingelegt §§ 73 Abs. 2 GBO, 14 Abs. 1 bis 3 und 5 FamFG i. V. m. § 130a Abs. 1 und 3 ZPO). Sie kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, soweit die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Begründungsfrist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses; sie kann auf Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses gegen den die Rechtsbeschwerde sich richtet, vorgelegt werden (§78 GBO i. V. m. § 71 FamFG).