Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 18.06.2014 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 4 U 116/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Juni 2013 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe zweier Fahrzeuge – einer Schwerlastzugmaschine MAN 33.510 (Fahrzeug-Ident-Nr. …) und eines Tiefladers Montenegro (Fahrgestell-Nr. …) – mit der Begründung in Anspruch, sie sei Eigentümerin dieser unstreitig im Besitz der Beklagten befindlichen Fahrzeuge. Ferner verlangt sie Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 1.761,08 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.
Beide Fahrzeuge waren durch die V… Gesellschaft mbH (Im Folgenden: V… GmbH) erworben, in Absprache mit der Klägerin zunächst auf sie – die V… GmbH – zugelassen und – nebst einem auf dem Tieflader aufgeladenen Radlader, den die Klägerin unmittelbar von einer G… GmbH erworben haben will – auf deren Betriebsgelände bis Anfang Juni 2012 abgestellt worden. In erster Instanz war unstreitig, dass die V… GmbH auch zunächst Eigentum an beiden Fahrzeugen erworben hatte, im Berufungsrechtszug wird dies von der Klägerin in Abrede gestellt.
Am Abend des 7. Juni 2012 zeigte der Geschäftsführer der V… GmbH, W… J…, den Diebstahl des Fahrzeuggespanns an. Bei Aufnahme der Anzeige wurde durch die Polizei festgestellt, dass die Fahrzeuge bereits um 9.38 Uhr abgemeldet und stillgelegt worden waren (Bl. 17 der Ermittlungsakte 186 Js 8825/12). Am Folgetag zeigte der Geschäftsführer J… einen Einbruch in den Bürocontainer der V… GmbH an, der bereits am 6. Juni 2012 gegen 13:00 Uhr bemerkt und bei dem aus einem Fahrzeugordner 3 Fahrzeugscheine - hierunter auch diejenigen der hier streitgegenständlichen Fahrzeuge –, der Firmenstempel der Sekretärin und Hartgeld entwendet worden seien.
Die Klägerin machte geltend, sie habe die MAN Schwerlastzugmaschine und den Tieflader im Januar 2012 von der V… GmbH gekauft. Hierbei sei der von der Klägerin bevollmächtigte Zeuge Dr. h.c. D… K… mit dem Prokuristen der V… GmbH, dem Zeugen J… O…, überein gekommen, dass das Eigentum in der Weise übergehen sollte, dass der Zeuge K… dem Zeugen O… Schlüssel und Dokumente belasse und letzterer den Transport des kompletten Gespanns zum Schwarzmeerhafen Varna in Bulgarien zur Verschiffung nach Georgien organisiere. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass sie – die Klägerin – 54.000,00 € Vorkasse leiste, die Übereignung aber erst in Bulgarien oder gar erst in Georgien habe stattfinden sollen. Sie habe den vereinbarten Kaufpreis von 28.500,00 € für die MAN-Schwerlastzugmaschine und von 25.500,00 € für den Tieflader in jeweils zwei Tranchen am 25. und 27. Januar 2012 bzw. am 27. Januar und 2. Februar 2012 beglichen. Für den Transport habe sie an die V… GmbH 5.000,00 € überwiesen. Die Beklagte könne die beiden Fahrzeuge nicht gutgläubig erworben haben, denn das Gespann sei von unbekannten Tätern, möglicherweise unter Beteiligung oder Kenntnis eines E… S…, gestohlen worden. Der Kaufvertrag zwischen diesem und der V… GmbH sei nach dem Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen eine Fälschung.
Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2013 (Bl. 196 ff. d.A.) trug die Klägerin weiter vor: Sie habe aufgrund von Recherchen bei der getrennt vom Zeugen O… lebenden Ehefrau, C… O…, herausgefunden, dass die Aussage des Zeugen O… bei seiner Vernehmung durch das Landgericht weitgehend unwahr sei, so seien die Zahlungseingänge entgegen dessen Darstellung nicht falsch – auf andere offene Rechnungen – verbucht worden. C… O… und W…. J… könnten bestätigen, dass spätestens an dem Tag (Ende April 2012), an dem der Zeuge K… das komplette Gespann fotografiert habe, dieses im Eigentum der Klägerin gestanden habe.
Die Beklagte begründete ihr Klageabweisungsbegehren wie folgt: Sie stellte den Eigentumserwerb der Klägerin in Abrede und trug vor, selbst Eigentümerin der beiden Fahrzeuge geworden zu sein. Sie habe das Eigentum aufgrund des am 14. Juni 2012 geschlossenen Kaufvertrages mit der – durch E… S… vertretenen – D… GmbH erworben. Diese habe ihrerseits Eigentum auf Grundlage des am 11. Juni 2012 geschlossenen Kaufvertrages mit E… S… erworben, der auf Grund des am 5. Juni 2012 mit der V… GmbH geschlossenen Kaufvertrages Eigentümer geworden sei.
Das Landgericht hat eine Beweisaufnahme durchgeführt, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Mai 2013 (Bl. 120 ff. d.A.) Bezug genommen wird, und die Klage sodann abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne keine Herausgabe der Fahrzeuge gemäß § 985 BGB verlangen, weil sie ihre Eigentümerstellung nicht bewiesen habe. Eine Eigentumsübertragung gemäß § 929 BGB behaupte die Klägerin lediglich hinsichtlich des Radladers, der indes nicht streitgegenständlich sei. In Bezug auf die beiden streitgegenständlichen Fahrzeuge behaupte die Klägerin ein Besitzkonstitut, das der hierzu benannte Zeuge K… indes nicht nachvollziehbar habe darlegen können. Für ein Besitzkonstitut reiche weder die Vereinbarung von Vorkasse aus, noch dass die V… GmbH den Transport nach Georgien auf Kosten der Klägerin habe organisieren sollen. Zwar könne ein Besitzkonstitut auch schlüssig vereinbart werden, auch dazu habe der Zeuge K… aber nichts Konkretes beitragen können. Der Zeuge sei nach seinen Angaben lediglich Vermittler gewesen, Vertragsschluss und die Verhandlung über den Kaufpreis seien direkt zwischen der Klägerin und der V… GmbH erfolgt. Auf ausdrückliche Nachfrage habe er erklärt, die Klägerin habe nicht hinterfragt, wem die Fahrzeuge nach dem Kauf gehören sollten. Der Zeuge O… habe zudem ausgesagt, dass die Klägerin „an ihr Eigentum kommen sollte, wenn die V… die Fahrzeug an die Klägerin verschifft“.
Auf die weitere Zeugenaussage des Zeugen O… komme es ebensowenig an wie auf die Frage, ob die Fahrzeuge gestohlen oder an E… S… veräußert worden seien. Dem Beweisantritt im Schriftsatz der Klägerin vom 4. Juni 2013 habe nicht nachgegangen werden müssen; es sei nicht dargetan, dass die darin benannten Zeugen C… O… und W... J… an einem etwaigen Gespräch zwischen den Zeugen O… und K… beteiligt gewesen seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie macht zuletzt geltend, das Eigentum an den streitgegenständlichen Fahrzeugen unmittelbar erworben zu haben – hilfsweise stützt sie sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrags weiterhin auf einen Durchgangserwerb der V… GmbH – und trägt vor, die V… GmbH habe Fahrzeuge stets im Auftrag der georgischen Kunden, „also im Namen der Kunden und mit deren Bevollmächtigung“ gekauft, mithin habe sie – die Klägerin – unmittelbar Eigentum von der Verkäuferin erworben. Die Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass die V… GmbH das Eigentum der Klägerin verwahre.
Das Landgericht habe bei der Würdigung der Aussage des Zeugen Dr. K… außer Acht gelassen, dass dieser zwar über gute Deutschkenntnisse verfüge, aber kein Jurist sei. Die von ihr mit Schriftsatz vom 4. Juni 2013 nachbenannten Zeugen C… O… und W... J… hätten vernommen werden müssen, diese hätten aus den Rückmeldungen des Zeugen O… über Absprachen, Vereinbarungen etc. Angaben zum Eigentum machen können.
Sie halte daran fest, dass die Beklagte nicht gutgläubig Eigentum an den Fahrzeugen habe erwerben können; dies gelte auch dann, wenn der Zeuge O… diese unterschlagen habe, denn es handle sich insoweit um eine deliktische Handlung „bei Gelegenheit“, nicht um nach § 278 BGB zurechenbares Verhalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Juni 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie folgende Fahrzeuge herauszugeben:
- LKW MAN 33.510 TGA 6x4, Schwerlastzugmaschine, EZ 10.2.2003, Fahrzeug-Ident-Nr.: …;
- Tieflader Montenegro, Fahrgestell-Nr. …, Fahrzeug-Brief …
2. an sie 1.761,08 € vorgerichtliche Anwaltsgebühren nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die Berufung zeige bereits keine konkreten Fehler der Tatsachenfeststellung auf und verteidigt im Übrigen mit näheren Ausführungen die angefochtene Entscheidung. Insbesondere bestreitet sie den nunmehr behaupteten Direkterwerb der Klägerin.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht gemäß § 985 BGB Herausgabe der beiden Fahrzeuge verlangen. Zur Anwendung kommt deutsches Recht, denn die auf Eigentum gestützten Ansprüche des (vermeintlichen) Eigentümers unterliegen dem in Art. 43 Abs. 1 EGBGB geregelten Sachstatut und damit dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet; das ist hier – die beiden streitgegenständlichen Fahrzeuge befinden sich unstreitig bei der Beklagten in N… – deutsches Recht.
1.
Nach den vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis dafür, dass sie Eigentum an der MAN Schwerlastzugmaschine und dem Tieflader Montenegro erworben hat, bevor die Fahrzeuge in den Besitz der Beklagten gelangten, nicht erbracht.
Hieran ist der Senat gemäß § 529 ZPO gebunden, weil die Berufung aus den nachfolgenden Gründen, die der Senat bereits im Verhandlungstermin vom 21. Mai 2014 dargelegt hat, keine konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen aufzeigt, die eine erneute Beweiserhebung rechtfertigen könnten.
a) Die Klägerin kann den behaupteten Eigentumserwerb nicht mit Erfolg auf § 929 BGB stützen. Der Erwerb des Eigentums nach dieser Vorschrift setzte neben der Einigung über den Eigentumsübergang die tatsächliche Übergabe der beiden Fahrzeuge an die Klägerin voraus.
aa) Die Klägerin hat zwar im Berufungsrechtszug mit ihrem, am 6. Mai 2014 eingegangenen, Schriftsatz vom 25. April 2014 (dort S. 4, Bl. 298 d.A.) behauptet, die V… GmbH habe "unmittelbar nach Eingang der letzten Teilbeträge (2.2.2012) im Auftrag der Klägerin mit den erhaltenen Beträgen die streitgegenständlichen Fahrzeuge" angekauft, die Klägerin habe ohne Zwischenerwerb der V… GmbH Eigentum erworben, dies ist indes neuer – bestrittener – Sachvortrag im Berufungsrechtszug, der mangels Zulassungsgründen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist.
Der Senat hat bereits im Verhandlungstermin ausgeführt, dass ein Zulassungsgrund auch nicht in Bezug auf den als Anlage KB 5 (Bl. 303 d.A.) vorgelegten Ausdruck einer von dem ehemaligen Geschäftsführer der V… GmbH, W... J…, stammenden E-Mail vom 27. November 2013 vorliegt, denn es ist nicht dargetan, weshalb W... J… erst (ausweislich der Datumsangabe in der Betreffzeile) am 21. November 2013, mithin zu einem Zeitpunkt kontaktiert wurde, als das erstinstanzliche Verfahren bereits seit mehreren Monaten abgeschlossen war. Diese Vorgehensweise lässt sich nicht damit entschuldigen, dass gegen W... J… strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden waren. Denn das – auf Strafanzeige der Klägerin hin – gegen W... J… wegen des Verdachts der Unterschlagung u.a. eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren war ausweislich des Schreibens der Staatsanwaltschaft Stendal vom 1. August 2012 (Anlage K 15, Bl. 68 f. d.A.), allerdings lediglich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die bloße Möglichkeit, dass W... J… sich auf sein Recht berufen würde, nicht auszusagen, um sich nicht selber zu belasten, bestand seit jeher und rechtfertigte es nicht, mit der (ersten) Kontaktaufnahme bis in den Berufungsrechtszug zuzuwarten.
Überdies – auch diese Erwägung hat der Senat im Verhandlungstermin dargestellt – lässt sich der E-Mail vom 27. November 2013 des W... J… (KB 5) ohnehin nichts entnehmen, was den (neuen) Vortrag der Klägerin, sie habe ohne Durchgangserwerb der V… GmbH Eigentum an Zugmaschine und Tieflader erworben, stützen könnte. Die einzigen Angaben, die für die Annahme eines Direkterwerbs der Klägerin sprechen („Ich war anwesend beim gesagte Gespräch mit Ö… und k…. Die Fa. V… hat dem Auftrag bekommen, das vom E… gekaufte RADLADE abzuholen, vom der verküfer, eine Handeler aus dem Münsterland (...)“), verhalten sich zu dem Radlader, der hier nicht streitgegenständlich ist.
Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, dass der Behauptung, die V… GmbH habe die beiden Fahrzeuge im Namen der Klägerin erworben, entgegen steht, dass angesichts der Pflicht des bisherigen Halters oder Eigentümers, den Halterwechsel unter Einreichung einer Bestätigung des Erwerbers, dass jenem die Zulassungsbescheinigung und die Kennzeichenschilder übergeben wurden (§ 13 Abs. 4 Satz 1 und 2 FZV) mitzuteilen, nicht nachvollziehbar wäre, wie die V… GmbH gleichwohl die Fahrzeuge auf ihren Namen hat zulassen können.
bb) Dem erstinstanzlichen Sachvortrag hat das Landgericht die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Eigentumserwerb der Klägerin von der V… GmbH gemäß § 929 BGB nicht entnehmen können; diese Sichtweise ist nicht zu beanstanden und wird vom Senat geteilt.
Erstinstanzlich hat die Klägerin (zunächst) vorgetragen, die Einigung über den Eigentumsübergang sei im Januar 2012 zwischen dem Zeugen O… und dem Zeugen Dr. K… getroffen worden; im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat sie vorgetragen, man sei sich, nachdem die Fahrzeuge vereinbarungsgemäß auf den Betriebssitz der V… GmbH verbracht und sämtliche Vorkasse-Rechnungen beglichen worden seien, darüber einig gewesen, dass das gesamte Fahrzeuggespann im Eigentum der Klägerin stehe. Im Rahmen des Übergabegesprächs sei vereinbart worden, dass Dr. K… dem Zeugen O… Fahrzeugschlüssel und Dokumente „belasse“ und dieser noch den Transport nach Varna, Bulgarien, organisiere.
Dass – wie zunächst behauptet – bereits im Januar 2012, mithin vor der behaupteten Bezahlung des Kaufpreises, mit dem die V… GmbH überhaupt finanziell in die Lage versetzt worden war, die Fahrzeuge zu erwerben, eine Einigung über den Eigentumsübergang stattgefunden hat, ist schon nicht plausibel; der Aussage des Zeugen Dr. K… lässt sich hierzu nichts entnehmen.
Jedenfalls genügt das erstinstanzliche Sachvorbringen nicht, um den Erwerb des (unmittelbaren) Besitzes (§ 854 BGB) an den Fahrzeugen begründen zu können.
(1) Mit dem Ankauf der Fahrzeuge durch die V… GmbH wurde zunächst diese unmittelbare Besitzerin. Zur Besitzerlangung der Klägerin gemäß § 854 Abs. 1 BGB hätte es (wenigstens) einer Übergabe der Fahrzeugschlüssel von der V… GmbH an die Klägerin bedurft, denn die Schlüsselübergabe führt zum Besitz an dem dazugehörigen Fahrzeug. Dass die Klägerin – oder der Zeuge Dr. K… als ihr Besitzdiener – die Fahrzeugschlüssel überreicht bekommen hat, wird nicht einmal behauptet; der Zeuge Dr. K… hat solches auch nicht bei seiner Vernehmung durch das Landgericht angegeben. Allein der Umstand, dass Dr. K… das Fahrzeuggespann – Schwerlastzugmaschine mit Tieflader und darauf befindlichem Radlader – nach Zulassung der Fahrzeuge auf die V… GmbH auf deren Betriebsgelände fotografiert hat (Bl. 137 d.A.), reicht für einen Besitzübergang ersichtlich nicht aus.
(2) Gemäß § 854 Abs. 2 BGB genügt allerdings zum Besitzerwerb die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.
Wie der Senat im Verhandlungstermin vom 21. Mai 2014 des weiteren ausgeführt hat, lagen die tatsächlichen Voraussetzungen indes auch für einen Besitzerwerb nach dieser Vorschrift nicht vor. Es fehlt an einer nach außen hin erkennbar gewordenen Aufgabe des Besitzes durch die V… GmbH als bisherige Besitzerin (siehe nur BGH, Urteil vom 10. Januar 1979 – VIII ZR 302/77 – Rdnr. 11). Ferner war die Klägerin – durch Dr. K… als Besitzdiener (§ 855 BGB) – auch nicht in der Lage, die Gewalt über die Schwerlastzugmaschine nebst Tieflader auszuüben.
Als einzig möglicher Zeitpunkt des Besitzübergangs von der V… GmbH auf die Klägerin käme das Treffen im April 2012 in Betracht, bei dem der Zeuge Dr. K… das auf dem Betriebsgelände der V… GmbH abgestellte Gespann einschließlich Radlader fotografiert hat. Indes fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die V… GmbH ihren (unmittelbaren) Besitz aufgegeben hat, denn das gesamte Gespann verblieb auf ihrem Betriebsgelände und es bestand unstreitig Einigkeit darüber, dass die V… GmbH, wenn auch auf Kosten der Klägerin, den Transport des Gespanns bis zum Schwarzmeerhafen Varna in Bulgarien organisieren und durchführen sollte. Schlüssel und sämtliche Papiere verblieben ebenfalls bei der V… GmbH.
b) Das Landgericht hat zu Recht auch einen Eigentumserwerb der Klägerin gemäß §§ 929, 930 BGB verneint. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin zum Zustandekommen eines Verwahrungsvertrages als Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB zwischen der V… GmbH und der Klägerin, vertreten durch den Zeugen Dr. K…, überhaupt hinreichend vorgetragen hatte, denn jedenfalls hat sie den Abschluss eines solchen nicht bewiesen.
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich bereits der Aussage des Zeugen Dr. K… nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit entnehmen, dass die V… GmbH ab dem Zeitpunkt des von Dr. K… geschilderten Gesprächs im April 2012 mit dem Zeugen O… Zugmaschine und Tieflader nur noch für die Klägerin als Eigentümerin "verwahren" (und nach Varna transportieren) sollte. Dies gilt auch insoweit, als der Zeuge Dr. K… angegeben hat, die "V… sollte die Fahrzeuge vier Wochen behalten und spätestens dann die Fahrzeuge überführen und an die Klägerin übergeben", denn nach Aussage des Zeugen – wie auch derjenigen des Zeugen O… – ist darüber, wann das Eigentum an den Fahrzeugen übergehen soll und wem die Fahrzeuge bis zum Transport bzw. der Ankunft in Varna gehören sollen, überhaupt nicht gesprochen worden.
bb) Die weiteren Umstände lassen weder für sich genommen, noch in Gesamtschau gewürdigt den Schluss zu, die V… GmbH habe sich mit der Klägerin darauf verständigt, dass das Eigentum an den beiden Fahrzeugen auf letztere übergehen und die V… GmbH die Fahrzeuge lediglich bis zum Abschluss des Transports für die Klägerin verwahren solle.
Die E-Mail des Zeugen O… vom 6. Juni 2012 (K 13, Bl. 66), in der davon die Rede ist, dass die Klägerin "ihre Technik die sich in Deutschland befindet", selber zu versichern und für die Überführung zu sorgen habe, ist insoweit unbehelflich. Wie bereits im Termin ausgeführt drücken die Possessivpronomen "ihre" oder "seine" im allgemeinen Sprachgebrauch lediglich ein Abhängigkeitsverhältnis aus und werden nicht nur dann verwendet, wenn es um die Eigentumszuordnung geht.
Die – nach dem Klägervorbringen zum ersten Mal durchgeführte – Vorgehensweise, die durch die V… GmbH erworbenen Fahrzeuge nicht mit einem Exportkennzeichen zu versehen, sondern (mit „normalem“ Kennzeichen) auf die V… GmbH zuzulassen, lässt – auch dies war Gegenstand der Erörterung im Termin – keinen Rückschluss auf einen Eigentumsübergang von der V… GmbH auf die Klägerin zu. Vielmehr haben die beteiligten Unternehmen mit der einvernehmlich auf die V… GmbH erfolgten Zulassung nach außen hin zu erkennen gegeben – und wollten gerade dies ja auch erreichen –, dass es sich während der Überführung um Fahrzeuge eines in Deutschland ansässigen Unternehmens, nämlich der V… GmbH, handelt und nicht um Exportfahrzeuge eines im Ausland ansässigen Unternehmens.
Der Umstand, dass die Zulassungsbescheinigung II (früher: Fahrzeugbrief) nicht an den Zeugen Dr. K… übergeben wurde, sondern bei der V… GmbH verblieben ist, stellt ein gewichtiges Indiz gegen eine Eigentumsübertragung auf die Klägerin unter Abschluss eines Verwahrungsvertrages dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den gesamten, ursprünglich vereinbarten Kaufpreis nebst Transportkosten bereits beglichen hatte oder, wie der Zeuge O… ausgesagt hatte, wegen Verrechnung der eingehenden Zahlbeträge mit anderen offenen Rechnungen noch ein Teil der Kaufpreisforderung offen war. Selbst wenn man unterstellt, die von der V… GmbH gelegten Vorkasse-Rechnungen seien vollständig beglichen worden, ist der Umstand, dass die V… GmbH im Besitz sämtlicher Fahrzeugpapiere blieb, ein so gewichtiges Indiz gegen ein bereits erfolgten Eigentumsübergang, dass von einem Erwerb des Eigentums durch die Klägerin nicht ausgegangen werden kann.
Einen nachvollziehbaren Grund für Dr. K…, (noch) bei seinem Besuch am 23. April 2012 der V… GmbH die Zulassungsbescheinigung II zu belassen, hat die Klägerin – auch im Rahmen der mündlichen Erörterung am 21. Mai 2014 – nicht vorgetragen. Ein solcher kann nicht darin gesehen werden, dass die V… GmbH die Zulassungsbescheinigung II noch benötigte, um die Zulassung und den Transport wie vereinbart durchzuführen. Zu jenem Zeitpunkt waren die Fahrzeuge bereits auf die V… GmbH zugelassen – die Zulassung erfolgte am 17. April 2012 –, so dass die V… GmbH dieses Fahrzeugpapiers nicht mehr bedurfte. Soweit der Prozessbevollmächtigte im Senatstermin vom 21. Mai 2014 geltend gemacht hat, die V… GmbH habe nach dem Transport des Gespanns die Fahrzeugschilder zurückbringen und die Fahrzeuge in Deutschland wieder abmelden sollen, ist dies in Anbetracht der häufigen Anwesenheit des Dr. K… in Deutschland keine plausible Erklärung dafür, der V… GmbH die Zulassungsbescheinigung II zu belassen. Es hätte, gerade angesichts des beabsichtigten Transportes des Gespanns ins Ausland, nichts näher gelegen, als sich die Zulassungsbescheinigung II aushändigen zu lassen, um der Gefahr vorzubeugen, dass die Fahrzeuge vor oder während des Transports abhanden kommen, ab- oder umgemeldet und weiterveräußert werden. Für die Zulassungsbescheinigung II, die seit Einführung der FZV an die Stelle des Fahrzeugbriefs getreten ist, gilt nichts anderes als für den Fahrzeugbrief (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2013 – V ZR 92/12 – Rdnr. 14). Dieser war nach § 25 Abs. 4 Satz 2 StVZO zur Sicherung des Eigentums oder anderer Rechte am Fahrzeug bei jeder Befassung der Zulassungsbehörde mit dem Fahrzeug, besonders bei Meldungen über den Eigentumswechsel, vorzulegen und sollte dadurch – auch wenn er kein Traditionspapier ist, den Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigten vor Verfügungen Nichtberechtigter schützen (zuletzt: BGH, Urteil vom 13. September 2006 – VIII ZR 184/05 – Rdnr. 13).
Nach der Aussage des Zeugen Dr. K… hat dieser die Fahrzeugpapiere lediglich "eingesehen", bevor die Fahrzeuge auf die V… GmbH zugelassen wurden. Darüber, dass das Eigentum an den Fahrzeugen, während diese sich noch auf dem Betriebsgelände der V… GmbH befanden, auf die Klägerin übergegangen ist, ist weder gesprochen worden, noch ist ein solcher Eigentumswechsel in irgendeiner Weise nach außen zutage getreten.
Die Klägerin kann auch nicht für sich fruchtbar machen, dass die V… GmbH, mit Ausnahme eines anwaltlichen Schreibens vom 21. August 2012 (Anlage KB 4, Bl. 262), nicht versucht habe, ihr vermeintliches Eigentum an den Fahrzeugen zu realisieren. Sofern sich überhaupt aus dem – wie die Klägerin mutmaßt – "geringen" Engagement der V… GmbH im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ein Schluss in Bezug auf das Eigentum an den beiden streitgegenständlichen Fahrzeugen ziehen lässt, dann allenfalls derjenige, dass sich die V… GmbH nicht (mehr) als Eigentümerin sieht; ein Anzeichen dafür, dass die Klägerin Eigentum an den Fahrzeugen erworben hat, ergibt sich hieraus nicht.
b) Dem Landgericht ist auch kein Verfahrensfehler vorzuwerfen, der eine Wiederholung oder Erweiterung der Beweisaufnahme gebietet.
Soweit die Klägerin Schwierigkeiten bei der Verständigung des Zeugen Dr. K… in deutscher Sprache behauptet, vermag der Senat dem in Anbetracht der protokollierten Aussagen dieses Zeugen nicht zu folgen; vielmehr war der Zeuge danach durchaus in der Lage, sich in jeder Hinsicht verständlich auszudrücken.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die im Schriftsatz vom 4. Juni 2013 angebotenen weiteren Zeugen W... J… und C… O… nicht vernommen hat.
aa) Einer Vernehmung der Zeugin C… O… zum Beweis dafür, dass die Angaben des Zeugen O… zur "falschen" Verbuchung von Geldern unwahr seien, bedurfte es nicht; der Senat hat – wie ausgeführt – die klägerische Behauptung, die für den Erwerb und Transport gestellten Rechnungen seien vollständig beglichen worden, als wahr unterstellt.
bb) Für eine Vernehmung der Zeugen C… O… und W… J… zu der Behauptung, es sei "allen Beteiligten klar" gewesen und habe "nicht der geringste Zweifel (bestanden), dass spätestens an dem Tag (Ende April 2012), an dem der Zeuge K… das Gespann vor der vermeintlichen Durchführung des Transportauftrages auf dem Hof der Fa. V… fotografierte, das komplette Gespann (und nicht nur der Radlader) im Eigentum der Klägerin stand", bestand aus den nachfolgenden, im Verhandlungstermin dargestellten, Gründen ebenfalls keine Veranlassung.
Ob C… O… oder W... J… "klar" gewesen ist, dass das gesamte Gespann zu jenem Zeitpunkt im Eigentum der Klägerin stand, ist rechtlich unerheblich – und damit nicht beweisbedürftig –, denn auch nach dem Klägervortrag waren diese beiden Personen weder an den Vertragsverhandlungen noch sonst am Erwerbsvorgang unmittelbar beteiligt.
Soweit es um nicht in der Person der Zeugen C… O… und W... J… eingetretene innere Tatsachen geht, ist der Beweisantrag nicht erheblich. Ein Beweisantrag zu solchen inneren Tatsachen ist nämlich in der Regel nur erheblich, wenn schlüssig dargelegt wird, aufgrund welcher Umstände der Zeuge von der inneren Tatsache Kenntnis erlangt hat (BGH, Urteile vom 5. Oktober 1988 – IV b ZR 91/87 – und vom 30. April 1992 – VII ZR 78/91 – Rdnr. 16; vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008 – V ZR 223/07 – Rdnr. 10). Daran fehlt es hier. Der klägerische Vortrag lässt nicht erkennen, anhand welcher Anknüpfungstatsachen die innere Tatsache – Klarheit über die Eigentümerstellung – nach außen (gegenüber den Zeugen) in Erscheinung getreten sein soll.
2.
Auf die weitere Frage, insbesondere ob die Klägerin das Eigentum (wieder) verloren, die Beklagte gutgläubig gemäß § 932 Abs. 1 BGB Eigentum an den beiden Fahrzeugen erworben hat, kommt es nach alledem nicht mehr an.
Zur Widerlegung der zugunsten der Beklagten streitenden Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB fehlt im Übrigen – auch dies ist im Senatstermin erörtert worden – ein geeigneter Beweisantritt.
Die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt nicht, wenn die Sache der Klägerin oder ihrer Rechtsvorgängerin i.S.d. § 935 BGB abhanden gekommen ist – was von ihr darzulegen und zu beweisen ist.
Den von der Klägerin behaupteten Diebstahl der Fahrzeuge durch einen Dritten hat die Beklagte bestritten und ihrerseits behauptet, die V… GmbH habe diese lediglich zweimal – zuletzt an den Zeugen S… – verkauft und diesem übereignet. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt ein – den gutgläubigen Erwerb ausschließendes (§ 935 BGB) – Abhanden kommen nicht vor, wenn der Zeuge O… namens der V… GmbH die im Eigentum der Klägerin stehenden Fahrzeuge an einen Dritten weiterveräußert und übereignet hat. Die Weggabe von Gegenständen durch den Besitzmittler – die V… GmbH, vertreten durch den damaligen Prokuristen O… – führt nicht zum Abhanden kommen i.S.d. § 935 BGB. Nur wenn der Besitzmittler den unmittelbaren Besitz ohne seinen Willen (und ohne Zustimmung des Eigentümers) verliert, ist die Sache im Falle eines Besitzmittlungsverhältnisses gemäß § 935 Abs. 1 Satz 2 BGB abhanden gekommen.
Die erstinstanzlichen Beweisangebote dafür, dass der V… GmbH als Besitzmittlerin der Klägerin die Fahrzeuge tatsächlich gestohlen wurden, sind erkennbar unzureichend. Die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren – die Beklagte hat am 4. September 2012 (Bl. 1 d.A. 184 Js 13385/12 StA Stendal) gegen W... J… und J… O… u.a. wegen des Verdachts des Vortäuschens einer Straftat und die Klägerin am 26. Juni 2013 gegen J. O… wegen des Verdachts Betrugs, Erpressung usw. (Bl. 1 ff d.A. 184 Js 8703/13) Strafanzeige gestellt – haben bislang zu keinerlei weiteren Erkenntnissen geführt. Weitere Beweismittel hatte die Klägerin nicht angeboten.
3.
Ist nach alledem die Hauptforderung – Herausgabe der beiden Fahrzeuge – nicht begründet, kann auch dem als Nebenforderung geltend gemachten Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht entsprochen werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 54.000,00 € festgesetzt.