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Veränderungssperre; Normenkontrolle; einstweilige Anordnung; vorläufige Außervollzugsetzung; Antragsbefugnis; Auflassungsvormerkung; Bauantragsteller; Eilbedürfnis; Fristen im Kaufvertrag; Zeitfenster für Rücktritt; Beeinflussung der prozessualen Situation; hinreichende Konkretisierung der Planung; allgemeines Wohngebiet unter Ausschluss von Tankstellen; positive Planungskonzeption; Negativplanung; Erforderlichkeit; Umsetzung der Planung; Angebotsplanung; allgemeine Dauer der Veränderungssperre; individuelle Anrechnungszeiten; beschränkter Gegenstand des Normenkontrollverfahrens; Vollzugsfolgenabwägung; Grundstückseigentümerin/Bauherrin/Betreiberin als Antragstellerinnen; wirtschaftliche Einheit; (keine) Zusammenrechnung der Streitwerte


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 14.06.2010
Aktenzeichen OVG 10 S 27.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 2 S 1 VwGO, § 47 Abs 6 VwGO, § 123 Abs 1 VwGO, § 1 Abs 3 BauGB, § 14 Abs 1 BauGB, § 17 Abs 1 S 2 BauGB, § 3 Abs 4 S 1 KomVerf BB, § 3 Abs 4 S 3 KomVerf BB

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10 000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Außervollzugsetzung einer Veränderungssperre.

Die Antragstellerin zu 1. hat zum Erwerb des in dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gelegenen und von dem Geltungsbereich der Veränderungssperre erfassten 3.714 m² großen Grundstücks B. (Gemarkung Z., Flur 9…, Flurstücke 3…, 3…, 3…), einen Grundstückskaufvertrag geschlossen (Kaufvertrag vom 19. Juni 2009 - Urkundenrolle Nr. P 471/2009, geändert durch Vertrag vom 21. Januar 2010 - Urkundenrolle Nr. P 54/2010 - des Notars R.). Sie will das zwischen der S. im Norden und der B. im Süden in einem unbeplanten Bereich liegende Grundstück mit einer Tankstelle bebauen. Diese soll von der Antragstellerin zu 2. betrieben werden, die am 22. September 2008 einen Bauantrag für die Errichtung der Tankstelle nebst Werbeanlagen gestellt hat. Für die Antragstellerin zu 1. ist vom Amtsgericht Bernau am 2. Oktober 2009 eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden.

Die Antragsgegnerin hat das gemeindliche Einvernehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB) für das Bauvorhaben unter dem 5. Dezember 2008 mit der Begründung versagt, dass sich die Tankstelle nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Die zu erwartenden Lärm- und Lichtemissionen einer Tankstelle mit durchgehenden Öffnungszeiten, ständiger Beleuchtung und entsprechend dimensionierten Werbeanlagen würden zu Konflikten mit der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Wohnbebauung und mit dem historischen „W.“ führen, für das eine Denkmalbereichs- und Ortsgestaltungssatzung erlassen worden sei, so dass durch das Vorhaben auch das Ortsbild beeinträchtigt würde. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass in der Gemeindevertretersitzung am 15. Dezember 2008 die Einbringung von Anträgen zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das Vorhabengrundstück mit der Zweckbestimmung allgemeines Wohngebiet sowie der Erlass einer Veränderungssperre beabsichtigt sei. Zusammenfassend („Fazit“) hat sie klargestellt, dass das gemeindliche Einvernehmen versagt werde, weil sich das Vorhaben aufgrund der Bebauungsstruktur und wegen der zu erwartenden negativen Auswirkungen auf den unmittelbar angrenzenden Denkmalbereich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge.

Am 15. Dezember 2008 hat die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 15 P für das Gebiet der Brachfläche an der B., Ortsteil Z., Flurstücke 3… mit dem Arbeitstitel „E.“ beschlossen und den Aufstellungsbeschluss im Amtsblatt für die Gemeinde P. vom 31. Dezember 2008 bekannt gemacht. Als Planungsziel ist der Beschlussausfertigung die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets unter Ausschluss bestimmter Nutzungen (Tankstelle, Einkaufsmärkte) zu entnehmen. Zur Sicherung dieser Planung ist am 15. Dezember 2008 auch eine Veränderungssperre beschlossen und ebenfalls im Amtsblatt für die Gemeinde P. vom 31. Dezember 2008 bekannt gemacht worden. Gegen die Veränderungssperre hat die Antragstellerin zu 1. am 14. Juli 2009 einen Normenkontrollantrag gestellt (OVG 10 A 5.09), dem sich die Antragstellerin zu 2. mit am 3. Dezember 2009 eingegangenen Schriftsatz angeschlossen hat.

Ihr Begehren auf vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre im Wege einer einstweiligen Anordnung begründen die Antragstellerinnen im Wesentlichen damit, dass die Veränderungssperre nicht erforderlich sei. Die geplante Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets lasse sich nicht umsetzen, weil das Plangebiet zwischen zwei Straßen in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer stark frequentierten Straßenkreuzung sowie im Einwirkungsbereich des Sportplatzes von Z. liege. In einer solchen durch hohes Verkehrsaufkommen und Sportanlagenlärm geprägten Umgebung lasse sich keine Wohnbebauung verwirklichen, die den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse entsprechen solle. In dieser Lage sei nur die Errichtung einer Tankstelle angemessen, so dass aus dem Verhalten der Antragsgegnerin der Schluss gezogen werden müsse, dass die vorgesehene Ausweisung des Vorhabengrundstücks als allgemeines Wohngebiet ausschließlich der Verhinderung des Bauvorhabens dienen solle. Ein schlüssiges Plankonzept sei nicht erkennbar, so dass es sich um eine „Negativplanung“ handele, die zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre führe. Die Planung sei zudem erst durch die Diskussion über den Bauantrag zur Errichtung einer Tankstelle ausgelöst worden. Dies deute auf eine nur vorgeschobene Planungsabsicht hin. Außerdem sei die Umsetzung der Planung nicht ohne die Mitwirkung der Verfügungsberechtigten möglich. Für einen Erwerb oder eine Entschädigung zur Realisierung der Planung fehlten der Gemeinde die finanziellen Mittel.

Im Übrigen sei die höchstzulässige Geltungsdauer der Veränderungssperre bereits abgelaufen, weil schon im Jahre 2001 ein Vorbescheidsantrag für einen Lebensmittelmarkt auf dem Vorhabengrundstück mit Bescheid vom 17. Oktober 2001 für ein Jahr zurückgestellt worden sei. Die Antragsgegnerin habe damals zwar die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen und eine Veränderungssperre erlassen, die Planung jedoch nicht weiterverfolgt. Faktisch sei damit seit dem Jahre 2001 die Bebauung des Vorhabengrundstücks stets an der ablehnenden Haltung der Gemeindevertretung gescheitert. Dies müsse gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB Anrechnung finden.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zur Abwehr schwerer Nachteile für die Antragstellerinnen dringend geboten. Zum einen sei die Veränderungssperre offensichtlich unwirksam und zum anderen führe eine Folgenabwägung dazu, dass eine einstweilige Anordnung ergehen müsse. Anderenfalls wäre das konkrete Bauvorhaben auf Jahre hinaus blockiert und die Antragstellerinnen würden einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden. Dieser wäre irreparabel, weil die Verzögerung des Tankstellenbaus nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Außerdem forderten Gründe des allgemeinen Wohls die vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre, weil durch das Bauvorhaben die Versorgung der Bevölkerung mit Kraftstoffen sichergestellt werden könne, da … über keine Tankstelle verfüge. Schließlich würden durch die Verzögerung die mit dem Betrieb der Tankstelle verbundenen Arbeitsplätze erst nach Jahren geschaffen werden können, so dass die öffentliche Hand zwischenzeitlich Unterstützungsleistungen erbringen müsse, die anderenfalls entbehrlich wären.

Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,

die am 15. Dezember 2008 beschlossene Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre für den Bereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 15 P Arbeitstitel „E.“ für das Gebiet der Brachfläche an der B., Flur 9…, Flurstücke 3…, bekannt gemacht im Amtsblatt für die Gemeinde P. vom 31. Dezember 2008, im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag OVG 10 A 5.09 außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

II.

1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 6 VwGO statthaft und zulässig.

a) Die Antragstellerinnen sind antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), denn sie haben hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass sie durch die von der Antragsgegnerin erlassene Satzung über die Veränderungssperre in absehbarer Zeit in ihren Rechten verletzt werden könnten. Dass die Antragstellerin zu 1. (noch) nicht Eigentümerin des Vorhabengrundstücks ist, auf dem die Errichtung und der Betrieb der Tankstelle geplant sind, steht dem nicht entgegen, denn für die Antragsbefugnis genügt es, dass für sie am 2. Oktober 2009 eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2002, BRS 65 Nr. 52). Für die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2. ist es ausreichend, dass sie aus eigenem wirtschaftlichen Interesse die Bebauung des Grundstücks beabsichtigt und im Einvernehmen mit der Grundstückseigentümerin den Baugenehmigungsantrag gestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 13.03 - BRS 67 Nr. 118; Beschluss vom 18. Mai 1994, NVwZ 1995, 264).

b) Es besteht auch eine Eilbedürfnis im Sinne der §§ 47 Abs. 6, § 123 Absatz 1 VwGO für den Antrag.

Aus dem im Verfahren eingereichten notariellen Grundstückskaufvertrag vom 19. Juni 2009 in der Fassung vom 21. Januar 2010 ergibt sich ein zeitlicher Aspekt im Sinne eines Anordnungsgrundes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, der daran orientierte Dispositionen der Vertragsparteien erforderlich macht. Denn in dem Vertrag ist unter § 13 - Ziffer 13.2 - ein Rücktrittsrecht der Antragstellerin zu 1. bis zum Ablauf des 1. November 2010 u.a. für den Fall vereinbart worden, dass die beantragte Baugenehmigung für die Tankstelle nicht bis zum 30. September 2010 erteilt worden sein sollte. Der Erteilung einer Baugenehmigung steht inzwischen vorrangig die streitgegenständliche Veränderungssperre entgegen, deren vorläufige Außervollzugsetzung damit für die nur zeitlich begrenzt mögliche Ausübung des vertraglich vereinbarten Rücktrittsrechts durch die Antragstellerin zu 1. von Bedeutung ist. Die Antragsgegnerin hat bei der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB) unter dem 5. Dezember 2008 bereits auf den (damals bevorstehenden) Erlass einer Veränderungssperre hingewiesen, ohne ihre Entscheidung jedoch schon darauf zu stützen, wie dem „Fazit" auf Seite 3 des Bescheids zu entnehmen ist. Ob die von ihr stattdessen angeführten bauplanungsrechtlichen Gründe die Versagung rechtfertigen, ist nicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Zusammenhang mit dem Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre zu klären. Dies ist dem Anfechtungsverfahren im Falle einer Versagung der Baugenehmigung vorbehalten, so dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Tankstelle als offen betrachtet werden muss und dem Eilbedürfnis jedenfalls nicht schon entgegensteht.

Auch für den Antrag der Antragstellerin zu 2. ist ein Eilbedürfnis zu bejahen, weil deren wirtschaftliche Interessen als Bauantragstellerin und zukünftige Betreiberin der geplanten Tankstelle sich mit denen der Antragstellerin zu 1. unabhängig davon decken, ob sie auch Vertragspartnerin des vorgenannten Grundstückskaufvertrages ist.

Ob der Annahme eines Anordnungsgrundes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegenstehen könnte, dass es sich bei dem vertraglich vereinbarten „Zeitfenster“ für die Klärung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens um einen erst durch den Vertrag vom 19. Juni 2009/21. Januar 2010 entstandenen und damit der Risikosphäre der Antragstellerin zu 1. zuzurechnenden Zeitdruck handelt, ist eine Frage der Vorwerfbarkeit der entstandenen zeitlichen Situation (vgl. hierzu OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 24. April 2009 - OVG 10 S 13.08 - juris RNr. 19). Dies würde eine bewusste Beeinflussung der prozessualen Lage durch eine entsprechende Vertragsgestaltung im Sinne einer mutwilligen Herbeiführung der Eilbedürftigkeit voraussetzen. Ob dies der Fall ist, bedarf mit Blick auf den mangelnden Erfolg des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz in der Sache jedoch keiner abschließenden Klärung.

2. Der Antrag ist nicht begründet.

Die Antragstellerinnen haben die materiellen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht glaubhaft gemacht. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO anzustellenden Erwägungen decken sich weitgehend mit den zu § 32 BVerfGG entwickelten Grundsätzen; beide Vorschriften entsprechen sich in ihrer Zielrichtung. Weil eine Rechtsnorm außer Vollzug gesetzt werden soll, ist es notwendig, bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO einen strengen Maßstab anzulegen. Die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung als unabweisbar erscheinen lassen. Die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später in der Hauptsache Erfolg hätte, sind mit den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber in der Hauptsache später erfolglos bliebe. Hierbei ist ein schwerer Nachteil dann zu bejahen, wenn Rechte oder rechtlich geschützte Interessen in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder dem Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden, so dass die einstweilige Anordnung dringend geboten ist. Der Frage der Rechtsgültigkeit der im Normenkontrollverfahren angefochtenen Satzung kommt bei dieser Abwägung nur dann Bedeutung zu, wenn die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm schon bei summarischer Prüfung offensichtlich ist und der Normenkontrollantrag in der Hauptsache mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 28. August 2007, NVwZ-RR 2008, 231, m. w. N.).

Nach diesem Maßstab kommt bei einer summarisch die Einwendungen der Antragstellerinnen berücksichtigenden Prüfung der begehrte Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht in Betracht. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz scheitert nicht daran, dass das Hauptsacheverfahren OVG 10 A 5.09 nach § 47 Abs. 1 VwGO unzulässig wäre (a). Auch ist die angegriffene Satzung über die Veränderungssperre bei summarischer Prüfung weder aus formellen (b) noch aus inhaltlichen Gründen (c) offensichtlich unwirksam. Ebenso wenig führt die Folgenabwägung zum Erfolg des Antrages (d).

a) Die Antragstellerinnen haben den Normenkontrollantrag in der Hauptsache (OVG 10 A 5.09) jeweils fristgemäß innerhalb der am 31. Dezember 2009 abgelaufenen Jahresfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellt.

b) Formelle Fehler, die zur Unwirksamkeit der angegriffenen Satzung über die Veränderungssperre führen, liegen bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung jedenfalls nicht offensichtlich vor. Der Aufstellungsbeschluss der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2008 für den Bebauungsplan und der Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre gleichen Datums sind jeweils im Amtsblatt für die Gemeinde P. vom 31. Dezember 2008 bekannt gemacht worden und beziehen sich aufeinander. Etwaige Bekanntmachungsmängel sind nicht offensichtlich und wären gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf ohnehin unbeachtlich, weil sich die Betroffenen von dem Beschluss- und Satzungsinhalt jedenfalls im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 3 BbgKVerf in zumutbarer Weise verlässlich Kenntnis verschaffen konnten.

c) Die angegriffene Satzung über die Veränderungssperre ist auch nicht aus inhaltlichen Gründen offensichtlich unwirksam. Bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) vorgelegen haben.

Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat und diese nicht noch offen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 - BRS 67 Nr. 11). Für eine Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) ist es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend, wenn eine Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 13.03 - a.a.O.). Die Veränderungssperre darf dann auch gezielt dazu eingesetzt werden, die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines nicht zielkonformen Vorhabens zu verändern (vgl. OVG Saar, Urteil vom 9. April 2008 - 2 C 309/07 - juris RNr. 22), denn auch schon ein einzelnes Vorhaben darf zum Anlass für eine Veränderungssperre genommen werden, wenn es die Planung gefährdet. Eine Veränderungssperre ist als Sicherungsmittel jedoch dann ungeeignet, wenn der Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind (vgl. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 19. Dezember 2006, LKV 2007, 468 m. w. N.). Der Förderung von Zielen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, dient eine Veränderungssperre dann, wenn sich aus den Umständen des konkreten Einzelfalles ergibt, dass die im Aufstellungsbeschluss dargestellten Planungsüberlegungen der Gemeinde offensichtlich nur vorgeschoben sind (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 12. März 2009 - OVG 10 A 5.08 -, BA S. 4; Urteil vom 19. Dezember 2006, a.a.O.).

Hiervon ausgehend war im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre das erforderliche Mindestmaß dessen, was Inhalt des künftigen Bebauungsplans sein soll, erkennbar, wobei das Gesetz nicht verlangt, dass der Planaufstellungsbeschluss selbst bereits Aussagen über den Inhalt der beabsichtigten Planung machen muss. Auch der übrige Akteninhalt, insbesondere das Sitzungsprotokoll, können insoweit Aufschluss geben (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 31. März 2006 - OVG 2 S 123.05 -, BA S. 10). Im vorliegenden Fall war der Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre jedenfalls in seinen Grundzügen absehbar, denn in der Beschlussvorlage P V 159/2008 vom 26. November 2008 für den Aufstellungsbeschluss war vorgesehen, die Flurstücke 3… Ortsteil Z. „als Allgemeines Wohngebiet entsprechend § 4 Baunutzungsverordnung unter Ausschluss bestimmter baulicher Nutzung planungsrechtlich zu sichern“. Laut Sitzungsprotokoll vom 15. Dezember 2008 hat die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die Beschlussvorlage dann hinsichtlich des Ausschlusstatbestands für bestimmte Nutzungen durch den Zusatz „(Tankstelle, Einkaufsmärkte)“ ergänzt. Dem entspricht schließlich der Text der Beschlussausfertigung des Bürgermeisters vom 22. Dezember 2008. Damit war die Planung hinreichend konkret. Als „Hintergrund für die Vorlage“ wurden überdies „die kontrovers geführten Diskussionen zum Bauantrag „Errichtung einer Tankstelle“ ausdrücklich erwähnt, so dass von einer nur vorgeschobenen Planung nicht die Rede sein kann. Vielmehr wurde im vorliegenden Fall aus Anlass des Bauantrags der Antragstellerin zu 2. für die Tankstelle offen die Planung betrieben. Dies ist unschädlich, da nach der vorgenannten Rechtsprechung das Instrument einer Veränderungssperre auch dazu eingesetzt werden darf, die rechtlichen Voraussetzungen für ein den Planungsvorstellungen der Gemeinde nicht entsprechendes Bauvorhaben gezielt zu verändern (OVG Saar, a.a.O.).

Ob die bisherige oder künftige Grundstückseigentümerin bereit sein würden, die vorgesehene Planung auch umzusetzen, ist für die Frage der Erforderlichkeit der Bauplanung (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB), die stets nur eine Angebotsplanung sein kann (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage 2009, § 1 RNr. 10), ohne Belang. Gleiches gilt für die ohnehin unsubstantiierten Ausführungen der Antragstellerinnen hinsichtlich der finanziellen Möglichkeiten der Antragsgegnerin zum Ankauf des Vorhabengrundstücks oder zur Entschädigung der Antragstellerinnen.

Die Frage, ob die angefochtene Veränderungssperre wegen einer bereits im Jahre 2001 erfolgten Zurückstellung in Bezug auf ein früheres Projekt und der Anrechnung des seitdem vergangenen Zeitraums (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB) auf die Dauer der Veränderungssperre für das Bauvorhaben der Antragstellerinnen keine Wirkung mehr entfaltet, kann nicht Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 -, a.a.O.). Die Berechnung der Dauer einer Veränderungssperre setzt sich aus zwei verschiedenen Berechnungselementen zusammen. Zum einen aus der durch das Gesetz (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB) festgelegten und damit normativ angeordneten allgemeinen Dauer der Veränderungssperre und zum anderen aus der individuellen Dauer, die sich im Einzelfall durch anrechnungsfähige Zeiten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB ergibt. Dieses individuelle Berechnungsverfahren ist eine Folge der in § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB vorgesehenen Vergünstigung, ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit der allgemein angeordneten Veränderungssperre, denn die konkret für den Einzelfall zu berechnende Dauer der (individuellen) Veränderungssperre stellt die allgemeine Rechtsverbindlichkeit der als Satzung beschlossenen (allgemeinen) Veränderungssperre als solche nicht infrage. Diese Berechnung kann deshalb auch nicht Gegenstand der objektiven Beanstandung im Rahmen einer Normenkontrolle sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 1992, BRS 54 Nr. 76).

d) Auch die Vollzugsfolgenabwägung fällt zu Ungunsten der Antragstellerinnen aus, denn diese haben keine Gründe glaubhaft gemacht, die darauf schließen lassen, dass ihre Rechte oder rechtlich geschützten Interessen ohne die vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre in ganz besonderem Maße beeinträchtigt werden könnten oder ihnen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden würden. Dass ohne die vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre eine Ablehnung des Bauantrags auf Genehmigung der Tankstelle allein schon aufgrund der Veränderungssperre zu erwarten wäre, und dass durch die Verzögerung der Realisierung des Vorhabens ein finanzieller Schaden für die Antragstellerinnen entstehen könnte, reicht hierzu nicht aus. Denn derartige finanzielle Verluste sind keine irreparablen Schäden und grundsätzlich weder als abzuwehrender schwerer Nachteil noch als andere gewichtige Gründe anzusehen, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dringend gebieten würden, zumal gegebenenfalls auf die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen verwiesen werden könnte (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 24. April 2009, a.a.O., juris RNr. 54, m.w.N.). Die von den Antragstellerinnen angeführte Versorgung der Einwohner mit Kraftstoff und die möglicherweise verzögerte Schaffung von Arbeitsplätzen bei zwischenzeitlicher Belastung der öffentlichen Hand durch Unterstützungsleistungen ist nicht nur unsubstantiiert, sondern stellt vor allem keine relevante Beeinträchtigung der Interessen der Antragstellerinnen dar, die diese im vorliegenden Verfahren geltend machen könnten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat geht hierbei von Ziffer 9.8 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) aus, der für die Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert von 7.500,- EUR bis 60.000,- EUR vorsieht. Da Streitgegenstand lediglich eine Veränderungssperre ist, erscheint dem Senat ein Betrag von 20.000,- EUR angemessen, wie er bereits im Normenkontrollverfahren OVG 10 A 5.09 durch Beschluss vom 30. Juli 2009 vorläufig festgesetzt worden ist. Hierbei ist im Hinblick auf die beiden Antragstellerinnen keine Addition von Streitwerten im Sinne von Ziff. 1.1.3 des Streitwertkatalogs vorzunehmen. Die Antragstellerinnen sind zwar keine Rechtsgemeinschaft, bekämpfen aber die Veränderungssperre für die Flurstücke, an deren Verwertung sie als zukünftige Grundstückseigentümerin bzw. Bauherrin und Betreiberin der geplanten Tankstelle ein gleichgerichtetes Interesse haben, als eine Art wirtschaftliche Einheit und Gemeinschaft (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage 2010, GKG Anh. I B § 52 RNr. 5; ThürOVG, Beschluss vom 26. Januar 2000, DVBl. 2000, 650). Der vorgenannte Streitwert ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entsprechend der Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).