Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 14.03.2013 | |
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Aktenzeichen | 25 Sa 2304/12, 25 Sa 311/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 3 Abs 1 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 22 AGG, § 81 Abs 1 S 1 SGB 9, § 81 Abs 1 S 2 SGB 9 |
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. August 2012 – 59 Ca 2570/12 – teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei zwei Bewerbungen.
Der 1983 geborene Kläger absolvierte ein Diplomstudium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation sowie ein englischsprachiges Masterstudium der Businessadministration in Island. Während seines Studiums war der Kläger als Tutor an der Universität beschäftigt und führte studieninhaltliche Beratung für Studierende durch. Im Jahr 2006 leitete er das Projekt „BruttoSozialPreis“ des Berliner K. e. V. Hierbei handelte es sich um einen Studentenwettbewerb für Sozialmarketing. Seit Januar 2009 arbeitete der Kläger als freiberuflicher Kommunikationsberater. Er ist u.a. infolge einer Gehbehinderung schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 %.
Die Beklagte – eine Universität – schrieb Ende Oktober 2011 für das von ihr unterhaltene „Zentrum für E.“ der Abteilung Gründungsservice zwei Stellen für eine Funktion als Communitymanager und als Gründungsberater aus. Beide Stellen waren befristet für zwei Jahre zu besetzen und sollten nach der Entgeltgruppe (EG) 13 des Tarifvertrags zur Übernahme des TV-L für die Hochschulen im Land Berlin vom 22. November 2010 (TV Hochschule Berlin) vergütet werden. Ausweislich der Stellenausschreibung sollte der Communitymanager folgendes Aufgabengebiet haben:
„Konzeption, Aufbau und Betreuung einer professionellen Online-Community; Entwicklung und Umsetzung neuer innovativer Veranstaltungsformate zur Vernetzung der Start-up Teams nach innen und außen; Aufbau und Koordination einer Venture Zone für Studierende; Unterstützung einer neu zu gründenden studentischen Vereinigung; Koordination eines internationalen Austauschprogramms für Start-up Teams; Mitarbeit bei der Weiterentwicklung des Alumni-Gründer Netzwerkes; Entwicklung der Zusammenarbeit mit Schulen sowie PR-Arbeit“.
Dem Gründungsberater sollten nach der Stellenausschreibung folgende Aufgaben obliegen:
„Aufbau und Koordination eines Interimsmanagement(s) für Start-up Teams sowie Entwicklung neuer Konzepte der Teamergänzung/des Team-Matching; Konzeption und Durchführung von Managementseminaren in Zusammenarbeit mit externem Anbieter, Entwicklung von innovativen nachhaltigen Finanzierungskonzepten zur Unterstützung von Gründungsteams sowie die Beratung von Gründungsinteressierten und Gründer/innen“.
Für beide Stellen waren nach den Stellenausschreibungen ein erfolgreich abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium oder gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen, betriebswirtschaftliches Verständnis oder Projektmanagementerfahrung, praktische Erfahrungen in den jeweiligen Aufgabenschwerpunkten sowie die Begeisterung für die Förderung von Unternehmertum und Technologietransfer in der Universität erforderlich. Die Beklagte wies in den Stellenausschreibungen darauf hin, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden. Die Stellenausschreibungen waren im Onlinemarkt der Wochenzeitung „Die Zeit“ und im Internet auf der Webseite der Beklagten veröffentlicht. Verbindung mit der Agentur für Arbeit nahm die Beklagte nicht auf. Sie prüfte auch nicht, ob die ausgeschriebenen Stellen mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können.
Mit Schreiben vom 7. November 2011 bewarb sich der Kläger um beide ausgeschriebenen Stellen. In dem Bewerbungsschreiben wies er auf seine Schwerbehinderung hin. Auf die Stelle des Communitymanagers bewarben sich insgesamt 50 Personen. Für die Stelle des Gründungsberaters erhielt die Beklagte 63 Bewerbungen. Nach einer Vorauswahl anhand der eingegangenen Bewerbungsunterlagen lud die Beklagte für die Stelle des Communitymanagers acht Bewerber, darunter den Kläger, zu einem Bewerbungsgespräch am 25. November 2011 ein. Das Bewerbungsgespräch für die Stelle des Gründungsberaters fand am 30. November 2011 statt. Hierzu waren neben dem Kläger weitere acht Bewerber eingeladen. In beiden Bewerbungsgesprächen mussten die Bewerber vor dem Auswahlgespräch zunächst einen ca. 25minütigen schriftlichen Test mit praktischen Fragen zum Thema Community bzw. Gründerberatung absolvieren. An beiden Auswahlgesprächen nahm neben der Leiterin Gründungsservice, Frau A. von M., jeweils ein Mitglied der bei der Beklagten gebildeten Schwerbehindertenvertretung teil. In den ca. 30minütigen Gesprächen mussten die Bewerber ein kurzes Rollenspiel zum Test ihrer Kommunikationsfähigkeit durchführen. Nach dem Abschluss der jeweiligen Gesprächsrunde wurde im Beisein eines Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung die Auswahl für die zu besetzende Stelle getroffen. Hinsichtlich der Stelle des Communitymanagers entschied sich die Beklagte für eine Mitbewerberin des Klägers. Für die Besetzung der Stelle des Gründungsberaters wurden zwei Mitbewerberinnen – darunter Frau K. – mit einem Arbeitszeitumfang von jeweils 50 % vorgeschlagen. Frau K. hat nach einem Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 4. Januar 2012 einen Grad der Behinderung von 30% aufgrund einer Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule, der Bandscheibe und des linken Kniegelenks. Die Beklagte fertigte über die beiden Auswahlverfahren schriftliche Einstellungsbegründungen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 40 – 48 d. A.). Nach den damaligen Planungen der Beklagten sollte die Abteilung Gründungsservice im Jahr 2012 in ein Gebäude umziehen, das über keinen Fahrstuhl verfügt. Die Büroräume des Communitymanagers und des Gründungsberaters sollten sich im ersten oder zweiten Obergeschoss dieses Gebäudes befinden.
Auf telefonische Nachfrage des Klägers in der 50. KW 2011 teilte die Beklagte ihm mit, dass man sich bei der Besetzung der Stellen gegen ihn entschieden habe. Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 machte der Kläger bei der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 24. Januar 2012 erfolglos Entschädigungsansprüche in Höhe von 17.292,-- € geltend. Mit seiner am 14. Februar 2012 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger diese Ansprüche weiter.
Er hat geltend gemacht, schon die Verletzung der Melde- und Prüfpflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Jedenfalls ergebe sich diese aus dem Ablauf des Bewerbungsgesprächs für die Stelle des Communitymanagers. Frau von M. habe ihn am Ende des Gesprächs nach der Art seiner Schwerbehinderung gefragt. Hierauf habe er erklärt, dass er eine Gehbehinderung habe, die ihn aber nicht einschränke, lediglich beim Treppensteigen habe er Schwierigkeiten, so dass ein Aufzug hilfreich und komfortabel sei. Auf die Nachfrage von Frau von M., wie er die Stufen im Haus bewältigt habe, habe er erklärt, dass er Treppen steigen könne, wenn ein Geländer vorhanden sei. Nachdem Frau von M. festgestellt habe, dass er dann wohl keinen Aufzug brauche, habe er sich erkundigt, ob die Gehbehinderung ein Problem darstelle. Hierauf habe Frau von M. ihm erklärt, dass die Abteilung Gründungsservice in ein anderes Gebäude ohne Fahrstuhl umziehe und sich die Büroräume dort im ersten oder im zweiten OG befänden, so dass er Treppen laufen müsse. Während dieses Bewerbungsgesprächs habe er darauf hingewiesen, dass er als Leiter des Projektes „BruttoSozialPreis“ bereits eine Community aufgebaut und erste Erfahrungen mit der Pflege einer solchen habe gewinnen können. Im Einstellungsgespräch für die Stelle des Gründungsberaters habe er mitgeteilt, dass er an unterschiedlichen universitären und privaten Gründungen beratend beteiligt gewesen sei und die Gründung eines eigenen Unternehmens – Z...-Solutions – durchgeführt habe. Im Rollenspiel, in dem einem cholerischen Studenten habe vermittelt werden sollen, dass er keine Gründungsförderung erhalte, sei er überzeugend gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung zu zahlen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag in Höhe von 17.292,-- € nicht unterschreiten sollte.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, der Kläger sei durch den Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX nicht individuell benachteiligt worden, da er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Während des Bewerbungsgesprächs für die Stelle des Communitymanagers habe es keine konkrete Frage zur Schwerbehinderung des Klägers gegeben. Frau von M. habe vielmehr erläutert, dass man 2012 in ein anderes Gebäude umziehe und dort kein Fahrstuhl zur Verfügung stehe. Der Kläger habe daraufhin erklärt, er benötige keinen Aufzug. Für beide Stellen seien Personen eingestellt worden, die sich durch mehr Erfahrungen, Kompetenzen, konkrete Ideen in der Umsetzung und durch sehr gute Kommunikationsfähigkeit ausgewiesen hätten. Im Hinblick hierauf wäre der Kläger auch bei einer Beachtung des § 81 Abs. 1 Satz und 2 SGB IX nicht eingestellt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 5.764,-- € zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es – zusammengefasst – ausgeführt, dass die Beklagte den Kläger wegen seiner Behinderung benachteiligt habe. Er sei für beide Stellen objektiv geeignet gewesen und habe wegen seiner Nichtberücksichtigung bei der Einstellung eine weniger günstige Behandlung als die jeweils eingestellten Personen erfahren. Der Verstoß gegen die Prüf- und Meldepflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX begründe die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Schwerbehinderung des Klägers ein Motiv für seine Ablehnung gewesen sei. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht widerlegt. Der Verweis auf die bessere Eignung anderer Bewerber sei hierfür nicht ausreichend. Auch mit der dokumentierten Einstellungsbegründung sei nicht dargelegt, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers nicht auch auf seiner Schwerbehinderung beruhe. Gleiches gelte für den Umstand, dass auf die Stelle des Gründungsberaters eine aus anderen Gründen behinderte Mitbewerberin eingestellt worden sei. Da sich die Indizwirkung für eine Benachteiligung ausschließlich aus dem Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX ergebe, sei die Zahlung eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von 2.882,-- € (Stufe 1 der EG 13 TV Hochschulen Berlin) je Benachteiligung angemessen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 16. November 2012 zugestellt. Diese hat hiergegen am 11. Dezember 2012 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt und mit einem am 15. Januar 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Kläger hat, nachdem ihm die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten am 22. Januar 2013 zugestellt worden ist, am 19. Februar 2013 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend geltend, mit der Einladung und der Teilnahme am Bewerbungsgespräch sei die Indizwirkung des Verstoßes gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX entfallen. Die Regelung diene dazu, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance einer Beteiligung bei einer Stellenbesetzung zu wahren. Dieses Ziel sei durch die weitere Einbeziehung des Klägers in das Auswahlverfahren und die Einladung zum Bewerbungsgespräch verwirklicht worden. In diesem Fall könne ein Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX keine Vermutung dafür begründen, dass die Nichteinstellung wegen der Schwerbehinderung erfolgt sei. Im Übrigen sei der Kläger für die Stelle des Gründungsberaters nicht geeignet gewesen, da er nicht über die erforderlichen praktischen Erfahrungen in der Gründungsberatung verfügt habe. Jedenfalls sei die Bewerbung des Klägers um die Stelle des Gründungsberaters rechtsmissbräuchlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. August 2012 – 59 Ca 2570/12 – teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
2. das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. August 2012 – 59 Ca 2570/12 – teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 11.528,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Januar 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger macht geltend, die Einladung und Teilnahme am Bewerbungsgespräch lasse die sich aus dem Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX ergebende Indizwirkung für die Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung nicht entfallen. Bei der Höhe der Entschädigung sei zu berücksichtigen, dass er wegen der Nachfrage nach der Art seiner Behinderung im Bewerbungsgespräch auch individuell diskriminiert worden sei. Daher sei eine Entschädigung in Höhe von jeweils drei Bruttomonatsgehältern angemessen.
Wegen des gesamten weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Anschlussberufung des Klägers, die form- und fristgerecht binnen der nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG verlängerten Berufungs-beantwortungsfrist eingelegt und begründet worden ist (§§ 524, 519, 520 Abs. 3 ZPO), ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Die Klage ist insgesamt abzuweisen.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Beklagte hat den Kläger bei der Besetzung der Stellen des Communitymanagers und des Gründungsberaters nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt.
1. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Die Benachteiligung des Klägers besteht vorliegend darin, dass er im Gegensatz zu den drei anderen Bewerberinnen nicht für die Besetzung der beiden Stellen ausgewählt und eingestellt wurde. Dadurch hat er eine weniger günstige Behandlung erfahren als die ausgewählten und eingestellten Bewerberinnen.
2. Ob der Kläger und die erfolgreichen Bewerberinnen sich in beiden Stellenbesetzungsverfahren in einer vergleichbaren Situation befanden, konnte dahinstehen.
a) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebenen Stellen geeignet war. Vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. nur BAG 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – AP AGG § 15 Nr. 6; 18. März 2010 – 8 AZR 77/09 – AP AGG § 8 Nr. 2). Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber gelten diese Grundsätze jedoch nur eingeschränkt. Denn dieser hat die Auswahl nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkten der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vorzunehmen. Bezugspunkt dieser Kriterien ist das Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss und an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (vgl. BAG 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – AP AGG § 15 Nr. 6; 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – NZA 2012, 667). Die Festlegung des Anforderungsprofils muss allerdings dem Grundsatz der „Bestenauslese“ Rechnung tragen und im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein (BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6).
b) Nach den in den Stellenanzeigen dokumentierten Anforderungsprofilen suchte die Beklagte für beide Stellen Hochschulabsolventen, die über betriebswirtschaftliches Verständnis oder Projektmanagementerfahrung und über praktische Erfahrungen in den jeweiligen Aufgabenschwerpunkten der Stellen verfügten.
c) Der Kläger verfügt über ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium. Aufgrund seines Studiums der Wirtschaftskommunikation sowie der Businessadministration besitzt er auch das geforderte betriebswirtschaftliche Verständnis. Jedenfalls hat er als Leiter des Projekts „BruttoSozialPreis“ des Berliner Kommunikationsforums e. V. Erfahrung im Projektmanagement gewinnen können. Ob der Kläger allerdings auch über praktische Erfahrungen in den „Aufgabenschwerpunkten“ beider Stellen verfügte, ist unklar.
aa) Bezüglich des Verfahrens zur Besetzung der Stelle des Communitymanagers hat der Kläger vorgetragen, dass er im Rahmen seiner Leitung des Projektes „BruttoSozialPreis“ bereits eine Online-Community aufgebaut und Erfahrungen mit der Pflege einer solchen habe gewinnen können. Ob er darüber hinaus auch über praktische Erfahrungen in den weiteren, in der Stellenbeschreibung aufgeführten Aufgaben des Communitymanagers besitzt, lässt sich weder seinem Vortrag noch seinem Lebenslauf entnehmen. Andererseits lässt der Vortrag der Beklagten nicht erkennen, ob es sich bei diesen Aufgabengebieten überhaupt um „Aufgabenschwerpunkte“ für die Tätigkeit des Communitymanagers handeln sollte.
bb) Gleiches galt für das Stellenbesetzungsverfahren des Gründungsberaters. Der Kläger hat hierzu lediglich vorgetragen, dass er über praktische Erfahrungen in der Beratung von Gründungsinteressierten und Gründern verfügt, da er an mehreren universitären und privaten Gründungen beratend beteiligt gewesen sei. Die Beklagte hat - erstmals in der Berufungsinstanz - bestritten, dass der Kläger entsprechende Erfahrungen in der Beratung von Gründern im Hochschulbereich besaß. Zu den weiteren in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben des Gründungsberaters haben die Parteien keinen Vortrag gehalten.
3. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass er für beide Stellen objektiv geeignet war, steht ihm kein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Denn der Kläger hat die benachteiligenden Behandlungen nicht „wegen seiner Behinderung“ erfahren.
a) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verbotenen Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Nach den Vorgaben des § 22 AGG reicht es daher aus, wenn der Beschäftigte Hilfstatsachen vorträgt, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass diese gegeben ist (vgl. nur BAG 27. Januar 2011 – 8 AZR 580/09 – EzA AGG § 22 Nr. 3; 20. Mai 2010 – 8 AZR 287/08 (A) – AP AGG § 22 Nr. 1). Werden von der klagenden Partei Hilfstatsachen vorgetragen, die für sich genommen nicht zur Begründung der Vermutungswirkung ausreichen, ist vom Tatrichter eine Gesamtbetrachtung dahingehend vorzunehmen, ob die Hilfstatsachen im Zusammenhang gesehen geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen (BAG 27. Januar 2011 – 8 AZR 483/09 – AP AGG § 3 Nr. 6). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat der Kläger keine ausreichenden Indizien vorgetragen, die seine Benachteiligung – die Nichteinstellung auf eine der beiden Stellen – wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen.
aa) Die Verletzung der Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX rechtfertigt vorliegend nicht die Annahme, dass die Entscheidung der Beklagten, den Kläger nicht für eine der beiden Stellen auszuwählen, wegen seiner Behinderung erfolgte.
(1) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist ein Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Weiter ist nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Die Verletzung dieser Pflicht ist als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet (BAG 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – AP AGG § 15 Nr. 4; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – EzA § 15 AGG Nr. 16).
(2) Die Beklagte prüfte entgegen der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflicht vor der Besetzung der Stelle nicht, ob der freie Arbeitsplatz mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden konnte. Auch schaltete sie die Agentur für Arbeit nicht ein, § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Daher wurden die beiden zu besetzenden Arbeitsplätze der Agentur für Arbeit nicht gemeldet.
(3) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Verletzung der Förderpflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung grundsätzlich geeignet (BAG 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – EzA § 15 AGG Nr. 16; 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – AP AGG § 15 Nr. 4). In den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen bestand die Benachteiligung darin, dass der schwerbehinderte Beschäftigte gar nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wurde. Die Benachteiligung lag in der Versagung einer Chance (vgl. dazu nur BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – NZA 2012, 667). Der zurechenbare Pflichtenverstoß der Arbeitgeberin begründete in dieser Situation eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die dem Kläger jeweils zuteil gewordene benachteiligende Behandlung – der Ausschluss aus dem Bewerberverfahren – auf dem Merkmal der Behinderung beruhte. Maßgebend dafür ist, dass der Arbeitgeber in diesem Fall mit seinem Verhalten den Anschein erweckt, nicht nur an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein, sondern auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitssuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (vgl. Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 57).
(4) Der dem eigentlichen Auswahlverfahren vorgelagerte Pflichtverstoß der Beklagten gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX begründet vorliegend keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die nach Durchführung des Auswahlverfahrens getroffene konkrete Auswahlentscheidung zu Lasten des Klägers auf dem Merkmal der Behinderung beruhte.
(a) Anders als in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen besteht die Benachteiligung des Klägers vorliegend nicht darin, dass er von vorneherein nicht in das Bewerbungsverfahren einbezogen und ihm damit eine Chance versagt worden ist, den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung und Befähigung zu überzeugen. Vielmehr liegt die weniger günstige Behandlung des Klägers darin, dass die Auswahlentscheidung der Beklagten, die jeweils nach Abschluss der für die beiden Stellen geführten Bewerbergespräche getroffen wurde, nicht auf ihn gefallen ist. In Übereinstimmung mit § 82 Abs. 1 SGB IX hat die Beklagte den Kläger in das jeweilige Auswahlverfahren für beide Stellen einbezogen. Damit hat der Kläger die Möglichkeit erhalten, die Beklagte im Bewerbungsgespräch sowie durch die Teilnahme am Test von seiner persönlichen Eignung und Befähigung für die beiden Stellen im Sinne des § 33 Abs. 2 GG zu überzeugen.
(b) Bei der Würdigung des Verhaltens der Beklagten für eine etwaige Indizwirkung war auch zu berücksichtigen, dass nicht nur bei der Durchführung aller Bewerbungsgespräche jeweils ein Mitglied der Schwerbehindertenvertretung anwesend war, sondern dass die Entscheidung über die Auswahl der drei Bewerber für beide Stellen sogar im Beisein eines Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung getroffen wurde. Die Beklagte hat die Schwerbehindertenvertretung daher nicht erst gemäß § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nachträglich über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich unterrichtet, vielmehr war diese schon in den Prozess der Auswahlentscheidung selbst mit einbezogen.
(c) Gegen den grundsätzlich durch den Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX begründeten Anschein, der Arbeitgeber sei an einer Bewerbung schwerbehinderter Menschen nicht interessiert und wolle möglichen Bewerbungen von arbeitssuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen, spricht vorliegend zudem, dass die Beklagte beide Stellenanzeigen mit dem Hinweis auf eine bevorzugte Einstellung schwerbehinderter bei gleicher Eignung auf dem Online-Stellenmarkt der Wochenzeitung „Die Zeit“ und auf ihrer Webseite veröffentlicht hat. Mit der Veröffentlichung im Internet waren beide Stellenausschreibungen grundsätzlich für die Allgemeinheit zugänglich. Durch die Auswahl der konkreten Web-Seiten hat die Beklagte sich auch ersichtlich an den nach dem Anforderungsprofil für beide Stellen in Betracht kommenden Kreis von Personen mit einer akademischen Ausbildung (oder entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten) wenden wollen. In beiden Stellenausschreibungen hat die Beklagte zudem den ausdrücklichen Hinweis gegeben, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden. Ein derartiger, auf die Umsetzung von § 5 AGG gerichteter Hinweis ist zulässig (vgl. hierzu BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 307/02 – NZA 2003, 1036). Sind zwei Bewerber gleich qualifiziert, verbleibt dem Arbeitgeber ein weitgehendes Auswahlermessen; denn das Kriterium der Bestenauslese nach § 33 Abs. 2 GG ist dann gewahrt (BVerfG 10. November 1993 – 2 ER 301/93 – DVBl. 1994, 118). Art. 33 Abs. 2 GG schreibt für die noch offene Auswahlentscheidung nichts weiter vor (BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 307/02 – NZA 2003, 1036; 22. Juni 1993 – 1 AZR 590/92 – BAGE 73, 269). Mit dem Hinweis auf die bevorzugte Einstellung Schwerbehinderter und der Veröffentlichung beider Stellenanzeigen im Internet hat die Beklagte daher erkennen lassen, dass sie durchaus an der Bewerbung schwerbehinderter Menschen für die beiden Stellen interessiert ist. Dass sie möglichen Bewerbungen von arbeitssuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen wollte, lässt sich dem jedenfalls nicht entnehmen.
bb) Der weitere Vortrag des Klägers zum Ablauf des Bewerbungsgesprächs für die Stelle des Communitymanagers, insbesondere die – von der Beklagten bestrittene – Frage nach der Art seiner Schwerbehinderung, begründet ebenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Merkmal der Behinderung in den Entscheidungen der Beklagten, den Kläger für keine der beiden Stellen auszuwählen, eingeflossen ist.
(1) Nach § 84 Abs. 4 Nr. 4 und 5 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, dass dieser die Arbeitsstätten und Arbeitsplätze behindertengerecht einrichtet und mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen ausstattet, soweit dies nicht für die Arbeitgeber unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist. Die Regelung begründet einen Anspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, die Arbeitsstätten einschließlich sämtlicher Betriebsanlagen behindertengerecht einzurichten und zu unterhalten. Hierzu gehört auch der barrierefreie Zugang mit Hilfe eines Auszugs (vgl. Gutzeit in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching BeckOK Stand: 1. März 2013 § 81 Rn. 13). Die Bestimmung bewirkt darüber hinaus, dass der Arbeitgeber die Bewerbung eines Schwerbehinderten grundsätzlich nicht mit der Begründung ablehnen kann, seine Arbeitsstätte sei nicht auf diese Art der Behinderung eingerichtet (Düwell in: Dau/Düwell/Joussen, SGB IX 3. Aufl. 2010 § 81 Rn. 130). Ein Ablehnungsgrund besteht nur dann, wenn dem Arbeitgeber die für den zukünftigen Einsatz des Schwerbehinderten notwendigen Maßnahmen nach § 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX unzumutbar sind (vgl. Düwell in: Dau/Düwell/Joussen, SGB IX § 81 Rn. 130). Eine Ablehnung aus Gründen, die mit den gesetzlichen Vorgaben des § 84 Abs. 4 Nr. 4 und 5 SGB IX nicht im Einklang stehen, benachteiligt den schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung und stellt damit einen Verstoß gegen § 7 AGG dar.
(2) Der vom Kläger dargelegte Gesprächsablauf begründet keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Ablehnungen der Beklagten (auch) aus diesen Gründen erfolgten. Nach den Planungen der Beklagten im Zeitpunkt des Bewerbungsgesprächs am 25. November 2011 sollten sich die zukünftigen Büroräume für den Communitymanager und den Gründungsberater in einem der oberen Stockwerke eines Gebäudes ohne Fahrstuhl befinden. Der Beklagten war aus dem Bewerbungsschreiben des Klägers bekannt, dass dieser schwerbehindert ist. Der Klägervertreter hat auf entsprechende Nachfrage im Kammertermin bestätigt, dass auch für außenstehende Dritte erkennbar ist, dass der Kläger Schwierigkeiten beim Gehen hat. Vor diesem Hintergrund zielte die einleitende Frage nach der Art seiner Behinderung offensichtlich auf die Klärung ab, ob und inwieweit seine körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als Communitymanager entgegenstehen könnte. Der weitere vom Kläger geschilderte Gesprächsablauf bestätigt dies. So wurde ihm auf entsprechende Nachfrage, ob seine Gehbehinderung ein Problem darstelle, von Frau von M. ausdrücklich erläutert, dass die Abteilung Gründungsservice in ein anderes Gebäude ohne Fahrstuhl umziehe, so dass er zum Erreichen der dortigen Büroräume in einem der Obergeschosse die Treppe benutzen müsse. Die als Ergebnis der Nachfrage und des nachfolgenden kurzen Gesprächs von Frau von M. getroffene Feststellung, dass der Kläger trotz seiner Gehbehinderung wohl keinen Aufzug benötige, um die in einem oberen Geschoss gelegenen Büroräume erreichen zu können, zeigt allerdings, dass auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des Klägers seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstand. Mit dieser Äußerung bestätigt Frau von M., dass die ggfs. bei der Beklagten anfänglich vorhandenen Bedenken nunmehr ausgeräumt sind und die erkennbare körperliche Funktionsbeeinträchtigung des Klägers kein Hindernis für eine Einstellung als Communitymanager darstellt. Angesichts dieses Gesprächsverlaufs rechtfertigt der Umstand, dass die Beklagte sich vor dem Hintergrund der bekannten und ansonsten zumindest sichtbaren Umstände nach den Einzelheiten der beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen erkundigt hat, vorliegend nicht die Annahme, dass die Behinderung des Klägers in das der Auswahlentscheidung der Beklagten zugrunde liegende Motivbündel eingeflossen ist.
cc) Auch den von der Beklagten eingereichten schriftlichen Einstellungsbegründungen lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Beklagte bei der Auswahl für die Besetzung der beiden Stellen von anderen Kriterien als denen nach Art. 33 Abs. 2 GG hätte leiten lassen.
(1) Eine Auswahl nach den Kriterien von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung setzt als Entscheidungsgrundlage eine Bewertung der Bewerber im Hinblick auf ihre Eignung für die zu besetzende Stelle voraus. Dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber steht dabei ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Dies gilt für die Festlegung des Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle und die Gewichtung der einzelnen Qualifikationsmerkmale ebenso wie für die Feststellung, welcher Bewerber das Anforderungsprofil am besten erfüllt. Die Auswahlentscheidung ist ein Akt wertender Erkenntnis. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Arbeitgeber bei seiner wertenden Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat (BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 307/02 – NZA 2003, 1036; 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 – AP Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 59). Der öffentliche Arbeitgeber darf sein Eignungsurteil auch auf den persönlichen Eindruck stützen, den der Gesprächsführer oder eine Personalauswahlkommission aus den Vorstellungsgesprächen und dem Auftreten der einzelnen Bewerber gewonnen hat (BVerwG 30. Januar 2003 – 2 A 1/02 – Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 55; BAG 7. September 2004 – 9 AZR 537/03 – ZTR 2005, 205).
(2) Die Beklagte hat vorliegend mit allen in die engere Auswahl einbezogenen Bewerbern ein persönliches Bewerbungsgespräch geführt, dem jeweils ein kurzer schriftlicher Test vorausgegangen ist. Im Rahmen des Bewerbungsgesprächs mussten alle Bewerber ein kurzes Rollenspiel absolvieren. Ausweislich der zur Akte gereichten Einstellungsbegründungen entsprachen die für Auswahl jeweils maßgeblichen Kriterien den in den Stellenausschreibungen enthaltenen Anforderungsprofilen. Zudem hat die Beklagte in den schriftlichen Einstellungsbegründungen die für ihre Auswahlentscheidung maßgeblichen Gründe nachvollziehbar dokumentiert. Soweit der Kläger sich mit seinem Vortrag hiergegen wendet, verkennt er, dass der Beklagten in Bezug auf die maßgeblichen Eignungsfragen ein Einschätzungs- und Beurteilungsermessen zusteht. Anhaltspunkte, dass die Beklagte bei ihrer wertenden Entscheidung wesentliche Umstände nicht berücksichtigt, allgemeine Bewertungsmaßstäbe missachtet oder kein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat, lassen sich den schriftlichen Einstellungsbegründungen nicht entnehmen. Im Übrigen würde auch ein Verstoß gegen die nach § 33 Abs. 2 GG maßgeblichen Kriterien noch kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung begründen. Die unter Missachtung des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Einstellungsentscheidung kann nämlich auch auf Erwägungen beruhen, die mit einer bestehenden Schwerbehinderung oder mit den weiteren in § 1 AGG genannten Merkmalen in keinerlei Zusammenhang stehen.
dd) Die Hilfstatsachen begründen auch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung keine Vermutungswirkung i. S. d. § 22 AGG. Der vom Kläger geschilderte Inhalt des Bewerbungsgesprächs und der vorgelagerte Verstoß gegen die Prüf- und Meldepflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX lassen auch zusammengenommen aus objektiver Sicht nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass die Nichtauswahl des Klägers wegen seiner Behinderung erfolgt ist.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der unterlegene Kläger zu tragen (§ 91 ZPO).
III.
Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.