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Ergänzungspflegschaftsverfahren zur Durchführung eines Grundstücksübertragungsgeschäfts nach Anzeige eines Vertretungshindernisses nach §§ 1795, 1629 Abs. 2 S. 1, 1909 Abs. 2 BGB: Kostenentscheidung nach Erledigung


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 09.12.2019
Aktenzeichen 13 WF 217/19 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

1. Zur Einstufung der Bestellung eines Ergänzungspflegers mit dem Rechtskreis zur Wahrung der Rechte des Kindes in einem Grundstücksübertragungsgeschäft nach Anzeige eines Vertretungshindernisses nach §§ 1795, 1629 Abs. 2 S. 1, 1909 Abs. 2 BGB als vermögensrechtlich.

2. In einem Ergänzungspflegschaftsverfahren zur Durchführung eines Grundstücksübertragungsgeschäftes kann das minderjährige Kind als Kostenschuldner neben seinem als Veräußerer beteiligten Vater ausscheiden, wenn ihm diesem gegenüber als materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch ein Unterhaltsanspruch aus §§ 1601 ff BGB zusteht. Denn dieser Unterhaltsanspruch beinhaltet nach § 1610 BGB zur Deckung seines Sonderbedarfs für das familiengerichtliche Genehmigungsverfahren auch und insbesondere den Anspruch auf Vorschuss oder Leistung der Verfahrenskosten (vgl. BeckOGK/Wendtland, 1.11.2019, BGB § 1610 Rn. 142 m.w.N.).

3. Eine Nichterhebung der Kosten nach § 81 Abs. 1 S 1 FamFG kann regelmäßig in Betracht kommen, wenn es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, die Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten (BR-Drs. 309/07 zu § 81 Abs. 1 S. 2, 475 f.). Danach kann eine solche Unbilligkeit sich vor allem dann ergeben, wenn die Gerichtskosten oder Auslagen für die Beteiligten unerwartet oder überraschend hoch ausfallen, aus Laiensicht nicht vorhersehbar sind und die Beteiligten hierdurch in finanzielle Bedrängnis geraten würden (vgl. MüKoFamFG/Schindler, 3. Aufl. 2018, FamFG § 81 Rn. 19a).

4. Für die Nichterhebung von Kosten nach § 20 FamGKG genügt nicht jede unrichtige An-wendung materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Vorschriften. Eine unrichtige Sachbehandlung liegt vielmehr nur dann vor, wenn gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen wurde und dieser Gesetzesverstoß offensichtlich und zweifelsfrei ist (vgl. BeckOK KostR/Grän, 27. Ed. 1.9.2019, FamGKG § 20 Rn. 8a).

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 17.06.2019 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts, das ihm nach Beendigung eines familienrechtlichen Ergänzungspflegschaftsverfahrens dessen Kosten auferlegt hat.

Der Beschwerdeführer ist Vater eines ….2005 geborenen Kindes, dem er mit notariellem Vertrag den hälftigen Miteigentumsanteil an einem ihm gehörenden Grundstück übertragen wollte. Nach mehrmonatiger Korrespondenz mit einem die Eltern vertretenden Rechtsanwalt über eine insoweit in Betracht zu ziehende Ergänzungspflegschaft hat das Amtsgericht gemäß einer Ankündigung vom 07.11.2018 mit Beschluss vom 04.02.2019 für das Kind Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Wahrnehmung der Rechte des Pfleglings in einem familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren zu einem Grundstücksübereignungsvertrag angeordnet und einen Ergänzungspfleger bestellt. Der Verfahrensbevollmächtige des Beschwerdeführers hat nach weiterer Korrespondenz mit dem Ergänzungspfleger, der in der Folgezeit einen von ihm geprüften Vertragsentwurf als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sondern als verbunden mit erheblichen noch nicht bezifferbaren Risiken für das Kind eingeschätzt hatte (vgl. 81), die Absicht des Veräußerers mitgeteilt, nunmehr mit der Grundstücksübertragung bis zur Volljährigkeit des Kindes zu warten.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17.06.2019 hat das Amtsgericht dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, das Amtsgericht habe bei zutreffender Würdigung der Korrespondenz keine Veranlassung zur Einleitung eines Ergänzungspflegschaftsverfahrens gehabt.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war, § 68 Abs. 3 S 2 FamFG.

2. Die nach § 58 ff FamFG statthafte Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung in vorliegender Kindschaftssache nach § 151 Nr. 5 FamFG (vgl. Keidel, FamFG, FamFG § 151 Rn. 11) bleibt ohne Erfolg.

Es bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde, da der nach § 61 Abs 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von 600 € unterschritten sein könnte, sofern man die Bestellung eines Ergänzungspflegers mit dem Rechtskreis zur Wahrung der Rechte des Kindes in einem Grundstücksübertragungsgeschäft nach Anzeige eines Vertretungshindernisses nach §§ 1795, 1629 Abs. 2 S. 1, 1909 Abs. 2 BGB als vermögensrechtlich einstuft. Für eine solche Einstufung könnte neben dem vermögensrechtlichem Anlass und Ziel des Verfahrens schon dessen kostenrechtliche Einordnung in § 46 Abs. 2 FamGKG greifbar sprechen, dessen Absatz 1 ausdrücklich vermögensrechtliche Angelegenheiten behandelt. Die den Beschwerdeführer treffende Kostenlast beschränkt sich auf die Auslagen des Ergänzungspflegers, hier geringfügig über 200 € (vgl. 94), und auf die Gerichtsgebühren, von denen die der Nr. 1313 KV FamGKG nach deren Abs. 2 auf die Gebühr der Nr. 1311 KV FamGKG begrenzt ist, also auf allenfalls 155 € (155.000 € : 5.000 = 31 x 5 €).

Die Einstufung als vermögensrechtlich kann hier indessen dahinstehen, da im Fall der Unanwendbarkeit des § 61 Abs. 1 FamFG die dann wertunabhängig zulässige Beschwerde wegen Unbegründetheit gleichfalls erfolglos bleibt.

Das Amtsgericht hat die Kosten des Verfahrens ermessensfehlerfrei dem Vater als alleinigem Kostenschuldner (§ 24 Nr. 1 FamGKG) auferlegt, § 81 Abs. 1 S 1. S 3 FamFG. Das Verfahren wurde auf Anregung des Vaters eingeleitet, vorrangig dessen Vertretungshindernis war zu prüfen, wirtschaftlich war sein Eigentum ausschlaggebend und sein Meinungsumschwung führte zur Verfahrensbeendigung. Das Kind kann als Kostenschuldner ausscheiden, denn es hätte, was billiger Weise im Rahmen des § 81 Abs. 1 S 1 FamFG berücksichtigt werden kann, einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, hier einen Unterhaltsanspruch gegen den Beschwerdeführer aus §§ 1601 ff BGB. Dieser beinhaltet nach § 1610 BGB zur Deckung seines Sonderbedarfs für das familiengerichtliche Genehmigungsverfahren auch und insbesondere den Anspruch auf Vorschuss oder Leistung der Verfahrenskosten (vgl. BeckOGK/Wendtland, 1.11.2019, BGB § 1610 Rn. 142 m.w.N.). Die Kindesmutter war an dem Grundstücksgeschäft wirtschaftlich nicht beteiligt.

Ein Absehen von einer Kostenerhebung nach § 81 Abs. 1 S 2 FamFG kommt nicht in Betracht, noch weniger eine Nichterhebung nach § 20 FamGKG.

Nach der Gesetzesbegründung kann die Nichterhebung der Kosten (§ 81 Abs. 1 S 1 FamFG) „regelmäßig dann in Betracht kommen, wenn es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, die Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten“ (BR-Drs. 309/07 zu § 81 Abs. 1 S. 2, 475 f.). Danach kann eine solche Unbilligkeit sich vor allem dann ergeben, wenn die Gerichtskosten oder Auslagen für die Beteiligten unerwartet oder überraschend hoch ausfallen, aus Laiensicht nicht vorhersehbar sind und die Beteiligten hierdurch in finanzielle Bedrängnis geraten würden (vgl. MüKoFamFG/Schindler, 3. Aufl. 2018, FamFG § 81 Rn. 19a). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.

Die Gerichtskosten und Auslagen waren weder unerwartet noch unvorhersehbar hoch. An einem im Schreiben des Amtsgerichts vom 10.09.2018 erwähnten Antragserfordernis (vgl. 15) hat das Amtsgericht ausweislich seines Schreibens vom 07.11.2018 erkennbar nicht mehr festgehalten; es hat – rechtlich zutreffend – auf das antragsunabhängige Pflegschaftserfordernis (§ 1909 Abs. 2 BGB) abgestellt, das sich aus dem vom Verfahrensbevollmächtigten des Vaters zur Akte gereichten Vertragsentwurf als Beurteilungsgrundlage ergab, und mitgeteilt, dass zunächst Ergänzungspflegschaft mit dem Einsatz eines anwaltlichen Ergänzungspflegers anzuordnen ist (45). Der – wie angekündigt erlassene – Beschluss des Amtsgerichts vom 04.02.2019 ist allen Beteiligten und dem Verfahrensbevollmächtigten bekannt gegeben worden (vgl. 72 ff) und der Beschwerdeführer hat sodann sein Anliegen anwaltlich vertreten mit Schriftsatz vom 22.02.2019 gerade auf der Grundlage des Beschlusses in Kommunikation mit dem gerichtlich bestellten Ergänzungspfleger weiterverfolgt (143). Dass gerichtliche Verfahren zur Prüfung und Durchführung wirtschaftlich bedeutsamer Vorgänge Gerichtskosten und Auslagen mit sich bringen, gehört zum allgemeinen Erfahrungsschatz wirtschaftlich tätiger Beteiligter; zudem kann die Kenntnis der zu erwartenden Kosten in verfahrenstypischen Konstellationen jedenfalls bei anwaltlich vertretenen Beteiligten vorausgesetzt werden (vgl. §§ 11 S 5 FamFG, 85 ZPO).

Erst recht fehlen die Voraussetzungen einer Nichterhebung nach § 20 FamGKG. Für die Nichterhebung von Kosten genügt nicht jede unrichtige Anwendung materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Vorschriften. Eine unrichtige Sachbehandlung liegt vielmehr nur dann vor, wenn gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen wurde und dieser Gesetzesverstoß offensichtlich und zweifelsfrei ist (vgl. BeckOK KostR/Grän, 27. Ed. 1.9.2019, FamGKG § 20 Rn. 8a). Dafür fehlen hier greifbare Anhaltspunkte.

Dass die Vorkorrespondenz des anwaltlich vertretenen Vaters und Veräußerers anders zu werten sein sollte, als die Anzeige eines Vertretungshindernisses nach §§ 1795, 1629 Abs. 2 S. 1, 1909 Abs. 2 BGB verbunden mit einer im Schriftsatz vom 09.09.2018 ausdrücklich beantragten Ergänzungspflegschaft für das Kind (vgl. 1), lag fern und war für das Amtsgericht nicht zu erkennen, zumal der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers das gerichtliche Schreiben vom 07.11.2018 unbeanstandet gelassen hatte. Zudem ist der angekündigte Beschluss allen Beteiligten bekannt gegeben worden und keiner von ihnen hat gegen ihn ein Rechtsmittel eingelegt. Vielmehr hat, wie bereits erörtert, der Beschwerdeführer sein Anliegen anwaltlich vertreten gerade auf der Grundlage des Beschlusses in Kommunikation mit dem Ergänzungspfleger ausdrücklich weiterverfolgt.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG.

Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst (vgl. Nr. 1912 KV FamGKG) (vgl. Feskorn in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 81 FamFG, Rn. 37).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.