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Entscheidung 1 W 18/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 26.06.2012
Aktenzeichen 1 W 18/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 14. Mai 2012 - 4 O 185/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 6.596,15 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, in dem sie die Antragsgegnerin auf Wertersatz für ein an die Antragsgegnerin zurück übertragenes Grundstück in Brandenburg in Anspruch nehmen wollen. Über den im Juni 2009 eingereichten Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das Landgericht Potsdam bis dato nicht entschieden. Ob der langen Verfahrensdauer haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 24.02.2012 den zuständigen Einzelrichter der …. Zivilkammer, RLG S…, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Gegen den am 16.05.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24.05.2012 beim Landgericht Potsdam eingegangene sofortige Beschwerde, die das Landgericht Potsdam mit Nichtabhilfebeschluss vom 11.06.2012 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zu Entscheidung vorgelegt hat.

II.

Der Antrag der Kläger auf Ablehnung des Einzelrichters wegen Besorgnis der Befangenheit hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ablehnung des Richters nach § 42 ZPO liegen nicht vor.

1. Zufolge § 42 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Als Gründe kommen nur solche objektiver Natur in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42, Rdnr. 9). Das prozessuale Vorgehen des Richters vermag die Besorgnis der Befangenheit nur zu begründen, wenn es einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich von dem normalerweise üblichen Verfahren so sehr entfernt, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rdnr. 24). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht feststellen.

2. Zwar kann unter Umständen auch eine ungebührliche Verfahrensverzögerung Zweifel daran aufkommen lassen, ob der Richter der Sache unvoreingenommen gegenübersteht, so auch bei langanhaltender Nichtbearbeitung von PKH-Verfahren unter Nichtbeantwortung von Erinnerungsschreiben der Partei (vgl. etwa OLG Brandenburg OLG-NL 2000, 263; OLG Hamm, Beschluss vom 04.01.2011, BeckRS 2011, 01571; OLG Köln, Beschluss vom 24.02.2010 BeckRS 2010, 12684). Hier übersteigt der seit der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht durch Beschluss vom 01.04.2010 bis heute verstrichene Zeitraum den Rahmen des Üblichen deutlich. Allerdings kommt es nicht allein auf die Dauer der Verzögerung sondern auch darauf an, ob im konkreten Einzelfall eine verständige Partei aufgrund der Nichtbearbeitung des Prozesskostenhilfeantrags die Befürchtung haben konnte, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber bzw. darauf, ob über die Untätigkeit des Richters hinaus Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit gegeben waren (vgl. Brandenburgisches OLG a. a. O.). An beidem fehlt es hier.

3. Nach der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht durch den Beschuss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 01.04.2010 haben beide Parteien umfänglich ergänzend zur Sache vorgetragen. Nach Rücknahme des Ablehnungsgesuchs der Antragsteller vom 03.05.2011 hat der Richter zwei an die Antragsteller gerichtete Hinweise erteilt und zwar unter dem 13.05. und unter dem 13.10.2011. Die Möglichkeit zu weiteren Ermittlungen ist in § 118 Abs. 2 ZPO ausdrücklich eingeräumt. Die Beurteilung der Frage, ob solche Ermittlungen notwendig sind um die Erfolgsaussichten einer Klage zu beurteilen, ist eine richterliche Entscheidung. Bei richterlichen Entscheidungen kommen Umstände, aufgrund derer eine Partei bei vernünftiger Würdigung Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln, selbst bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung und Verfahrensverstößen nur im Falle von Willkür oder erkennbarer Voreingenommenheit gegenüber der ablehnenden Partei in Betracht. Die Befangenheitsablehnung ist grundsätzlich kein Instrument der Fehler- und Verfahrenskontrolle; das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, richterliche Anordnungen und Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. März 2007 - 1 W 3/07, in Juris). Eine solche Willkür oder einseitige Benachteiligung der Antragsteller ist in den Hinweisen vom 13.05. und 13.10.2011 nicht ersichtlich. Da Prozesskostenhilfe nur insoweit bewilligt werden darf, wie eine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, sind der unstreitige Vortrag beider Parteien und der streitige Klägervortrag darauf zu prüfen, ob sie den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe zu tragen geeignet sind. Da § 139 ZPO auch im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gilt, hat das Gericht im PKH-Verfahren in gleichem Umfang Hinweise zu erteilen, wie im Hauptsacheverfahren (hierzu BVerfG, BeckRS 2007, 28245 zu II 1 b gleich FamRZ 2008 131, 133).

4. Auch andere Umstände, die über die Untätigkeit des Richters hinaus Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit geben, sind nicht ersichtlich. Dabei ist den Antragstellern zuzubilligen, dass „die Sache ausgeschrieben“ ist. Allerdings war dies, wie der nach dem Hinweis vom 13.10.2011 unterbreitete neue Tatsachenvortrag der Antragsteller in den Schriftsätzen vom 10.11.2011 und vom 03.01.2012 wie der der Antragsgegnerin in deren Schriftsatz vom 30.01.2012 zeigen, nicht der Fall. Dass seitdem bis zum Eingang des Ablehnungsgesuchs am 27.02.2012 über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aus sachfremden Erwägungen heraus nicht entschieden worden sei, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus der dienstlichen Stellungnahme des Richters, dass einer Entscheidung nunmehr keine Hinderungsgründe mehr entgegen stehen und dass - wovon auch der Senat ausgeht - nunmehr mit einer umgehenden Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu rechnen ist. Darüber hinaus finden sich in den Akten und Schriftsätzen keine tatsächlichen Hinweise auf oder sonstige tatsächliche Anhaltspunkte, namentlich auch vom Richter abgegebene Erklärungen, die bei vernünftiger und besonnener Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus §§ 39, 40, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 4 Abs. 1 ZPO. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats entspricht der Gegenstandswert für Ablehnungsgesuche dem Wert des zu Grunde liegenden Rechtsstreits (vgl. nur Senat, NJW-RR 1999, 1291, 1292). Da ein solcher hier noch nicht rechtshängig ist, war der Wert der nachgesuchten Prozesskostenhilfe - gerechnet nach den Gerichtskosten (2.568,00 €) und den eigenen Anwaltsgebühren (4.028,15 €) für die beabsichtigte Klage - zu Grunde zu legen.