Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 08.05.2012 | |
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Aktenzeichen | 7 Sa 2559/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 155 Abs 4 SGB 5, § 164 Abs 4 S 1 SGB 5, § 164 Abs 3 S 3 SGB 5, § 164 Abs 3 S 4 SGB 5 |
Der gesetzliche Beendigungstatbestand nach § 164 Abs. 4 SGB V findet auf ordentlich kündbare Arbeitnehmer einer Betriebskrankenkasse keine Anwendung (wie LAG Berlin-Brandenburg vom 12.04.2012 - 5 Sa 2554/11).
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23.11.2011 - 56 Ca 8155/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wegen Schließung einer Krankenkasse auf gesetzlicher Grundlage oder durch Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist.
Die Klägerin war seit dem 01.04.1991 beim Land Berlin in der dortigen Betriebskrankenkasse beschäftigt. Mit Wirkung zum 01.01.1999 wurde das Arbeitsverhältnis mit der Betriebskrankenkasse B. als Körperschaft des öffentlichen Rechtes weitergeführt, die mit Wirkung zum 01.01.2004 mit der BKK H. zur Beklagten fusionierte. Sie war in der Geschäftsstelle Berlin als Sozialversicherungsfachangestellte mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 2.903,57 EUR tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Betriebskrankenkasse vom 01.05.2010 Anwendung.
Nachdem die C. BKK ihre Überschuldung angezeigt hatte, ordnete das Bundesversicherungsamt mit Bescheid vom 4. Mai 2011 deren Schließung zum 30.06.2011 an. Diese informierte die Klägerin mit Schreiben vom 09.05.2011 (Bl. 8 f. d. A.) über den Schließungsbescheid und die sich aus ihrer Sicht daraus ergebende Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2011. Außerdem kündigte die C. BKK mit Schreiben vom 19.05.2011 (Bl. 10 d. A.) nach Information des Personalrates über die beabsichtigte Kündigung aller Arbeitsverhältnisse (Anlage B3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21.09.2011, Seite 96 ff.), das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Schließungszeitpunkt 30.06.2011 hilfsweise zum nächst möglichen Termin.
In der Folgezeit schloss die Beklagte mit der Klägerin einen zunächst bis zum 31.10.2011 befristeten Arbeitsvertrag, den sie bis zum 30.06.2012 (Bl. 239 d. A.) verlängerte. Dazu stellte die C. BKK mit E-Mail vom 15.06.2011 an alle Mitarbeiter klar, dass sie der Annahme eines Angebots nicht die Bedeutung eines Verzichts auf die Geltendmachung eventueller Rechte ihr gegenüber beimessen wolle. Bei der C. BKK und der C. BKK in Abwicklung handele es sich um unterschiedliche Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Erklärung eines Vorbehalts sei nicht erforderlich. Für die Einzelheiten der E-Mail wird auf die Anlage zum Protokoll vom 08.05.2012 (Bl. 448 und 449 d. A.) Bezug genommen. Solche befristeten Arbeitsverträge schloss die Beklagte mit über 180 der bei ihr im Schließungszeitpunkt beschäftigten 346 Mitarbeiter.
Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Berlin am 30. Mai 2011 eingegangenen und der Beklagten am 14. Juni 2011 zugestellten Klage wendet sich die Klägerin gegen eine gesetzliche Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Schließungszeitpunkt 30. Juni 2011 sowie gegen eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung vom 19. Mai 2011, die sie auch wegen fehlerhafter Personalratsbeteiligung für unwirksam hält.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 23. November 2011, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Schließung der Beklagten nicht mit dem 30. Juni 2011 beendet worden ist sowie festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 19. Mai 2011 zum 30. Juni 2011 noch durch die weitere Kündigung vom 19. Mai 2011 zum 31. Dezember 2011 aufgelöst worden ist.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage richte sich gegen die C. BKK Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung, die mit der C. BKK identisch sei; lediglich der Körperschaftszweck habe sich mit der Schließung geändert. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei nicht durch die Schließung der Beklagten kraft Gesetzes beendet worden. Diese von der Beklagten vertretene Lesart der Vorschrift stelle eine so gravierende Absage an arbeitsrechtliche Standards da, die sich in der Gesetzesbegründung nicht wieder finde. Vielmehr sei diese Norm entweder dahin auszulegen, dass sie lediglich die deklaratorische Aussage enthalte, die Arbeitsverhältnisse könnten zum Schließungszeitpunkt im Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts beendet werden. Oder aber es handele sich dabei um eine Beendigungsnorm, die nur dann greife, wenn dem Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot unterbreitet worden sei, das dieser nicht angenommen habe, wobei die Beendigung dann auch noch unter der Voraussetzung stehen könnte, dass im Rahmen der Abwicklung keine zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben seien oder aber die Verweisungsnorm des § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V beziehe mangels Übernahmeverpflichtung gemäß § 164 Abs. 3 SGB V eine damit korrespondierende und daran gekoppelte Beendigung nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht mit ein. In allen drei möglichen Alternativen komme es im hier vorliegenden Fall einer ordentlich kündbaren, über den Schließungszeitpunkt hinaus beschäftigten Arbeitnehmerin, der kein Übernahmeangebot unterbreitet worden sei, nicht zu einer gesetzlichen Beendigung. Das Arbeitsverhältnis sei aber auch nicht durch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen vom 19.05.2011 beendet worden. Zwar könne die Schließung einer Betriebskrankenkasse grundsätzlich an ein betriebsbedingtes Erfordernis darstellen, vorliegend habe die Beklagte aber zahlreiche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gehabt, ohne für die Besetzung dieser Stellen eine Sozialauswahl durchzuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 16. Dezember 2011 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 21. Dezember 2011 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 16. März 2012 am 20. Februar 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte und Berufungsklägerin rügt unter Bezugnahme auf zwischenzeitlich ergangene arbeitsgerichtliche Entscheidungen eine fehlerhafte Auslegung der entscheidungserheblichen Normen. § 164 Abs. 3 SGB V enthalte eine eindeutige Regelung des Inhalts, dass grundsätzlich alle Beschäftigungsverhältnisse – ob ordentlich kündbar oder nicht – mit der Schließung der Betriebskassen enden sollten und nur solche Beschäftigte, die anderen Orts untergebracht werden würden – durch die dortige Beschäftigung – ihren Arbeitsplatz (notwendigerweise an einem anderen Ort) nicht verlieren würden. Es bestehe kein Zweifel daran, dass § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V auch auf die Arbeitsverhältnisse ordentlich kündbarer Arbeitnehmer anzuwenden sei, da § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V eindeutig für alle Beschäftigten einer Betriebskrankenkasse auf § 164 Abs. 2 – 4 SGB V verweise. Eine Auslegung, dass nur solche Beschäftigungsverhältnisse mangels Unterbringung endeten, bei denen auch eine Pflicht zur Unterbringung nach Abs. 3 bestehe, sei sinnwidrig, da damit ordentlich kündbare Arbeitnehmer wesentlich stärker geschützt würden als ordentlich unkündbare, § 164 Abs. 3 SGB V aber zu einem besseren Schutz der ordentlich unkündbaren Beschäftigten führen sollte. Nur dieses Normverständnis werde den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht und begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Mit der Vorschrift habe der Gefahr eines Dominoeffekts, der Schließung einer Kasse nach der anderen aufgrund einer stetigen Steigerung der Verbindlichkeiten bei einer immer kleiner werdenden Haftungsgemeinschaft, begegnet werden sollen, indem die Beendigung aller Arbeitsverhältnisse mit dem Schließungszeitpunkt angeordnet werde. Dem Gesetzgeber sei zum Ausgleich der Interessen des Schutzes eines bezahlbaren und funktionierenden sozialen Krankenversicherungsschutzes und der Berufsfreiheit ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Seine hier vorliegende Entscheidung für eine „Tabula-rasa-Lösung“ zur Vermeidung einer Überforderung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems sei nicht zu beanstanden. Sie vermeide einerseits unabsehbare Prozesskosten im Rahmen von Beendigungsstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten und andererseits die Entstehung von Vergütungsansprüchen der Arbeitnehmer nach dem Schließungstermin allein aufgrund etwaiger längerer Kündigungsfristen oder Unkündbarkeit. Zu beachten sei hier auch, dass die Entscheidung über die Schließung der Krankenkasse nicht dem Arbeitgeber selbst obliege, sondern vom Bundesversicherungsamt nach eingehender Prüfung und Vorlaufzeit getroffen werde. Dabei liege die Bestimmung der Vorlaufzeit im Ermessen der Aufsichtsbehörde und sei im Rahmen eines Rechtsschutzes gegen den Schließungsbescheid überprüfbar. Damit werde das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme gegenüber den Beschäftigten eingehalten. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene „verfassungsorientierte Auslegung“ stehe in eklatantem Widerspruch zum Wortlaut der Verweisungsnorm des § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V. Welche Kriterien an die Zumutbarkeit des Unterbringungsangebots zu stellen seien, sei im Übrigen äußerst fraglich, gesetzliche Vorgaben gebe es hierzu nicht, räumliche Kriterien können kaum eine Rolle spielen. Auch führten jahrelange Rechtsstreitigkeiten um die Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit der Entstehung von Annahmeverzugslohn über viele Monate nicht zu der mit der Anordnung der Beendigung der Arbeitsverhältnisse im Schließungszeitpunkt vom Gesetzgeber gewollten Schaffung klarer Verhältnisse und Entlastung des für die Kosten der geschlossenen Kasse einnstandspflichtigen Haftungsverbundes. Da eine Krankenkasse eine Körperschaft öffentlichen Rechts sei, könne für die rechtliche Bewertung nicht einfach „blankes“ Arbeitsrecht herangezogen werden. Mit der Schließung habe die Körperschaft öffentlichen Rechts aufgehört, rechtlich zu existieren. Das Erlöschen einer Körperschaft lediglich durch Abwicklung aller Rechtsverhältnisse sei dem öffentlichen Recht fremd. Mit der Schließung sei den Rechtsverhältnissen der C. BKK das Rechtssubjekt abhanden gekommen und liege eine Betriebsstilllegung vor, wie sie umfassender nicht sein könne. Dies rechtfertige auch die vorsorgliche und höchstvorsorglich ausgesprochenen Kündigungen. Die Arbeitnehmer würden durch die gesetzlichen Regelungen insgesamt nicht schlechter gestellt als Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft im Fall der Insolvenz oder Betriebsstilllegung.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23.11.2011, Aktenzeichen 56 Ca 8155/11, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung der Beklagte zurückzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte äußert Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung mangels ausreichender Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils. Jedenfalls aber habe das Arbeitsgericht zu Recht einen gesetzlichen Beendigungstatbestand verneint. Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der maßgeblichen Normen als Beendigungstatbestand aller Arbeitsverhältnisse zum 30.06.2011 sei verfassungsrechtlich nicht zu halten. Unter Beachtung verfassungsrechtlicher Maßgaben seien die Regelungen in §§ 155, 164 Abs. 4 SGB V dahingehend auszulegen, dass sie auf ordentlich kündbare Arbeitnehmer keine Anwendung finden würden, weil für diese ein Unterbringungsverfahren gar nicht vorgesehen sei. Es sei unzutreffend, dass ordentlich kündbare Beschäftigte bei einer solchen Auslegung der Norm besser geschützt seien als unkündbare Beschäftigte. Den unkündbaren Arbeitnehmern sei ein zumutbares Unterbringungs- und Weiterbeschäftigungsangebot bei einem anderen Arbeitgeber zu machen, die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer könnten unter Beachtung der Kündigungsschutzvorschriften gekündigt werden. Der bei der Auslegung der Beklagten eintretende Eingriff in die Rechte der Klägerin aus Artikel 12 GG sei nicht verhältnismäßig. Er sei zum Schutz des Gesundheitssystems und der Versichertengemeinschaft weder nicht geeignet noch erforderlich und auch nicht angemessen. Die Beklagte habe dazu auch nichts Konkretes dargetan. Die Schließung der Kasse führe schlicht zu einer Umverteilung der bei der Beklagten konzentrierten schlechten Risiken auf andere Kassen, die es indes nicht erforderlich mache, das Gesundheitssystem auf Kosten der Arbeitnehmer der geschlossenen Kassen zu entlasten. Die Auffassung, dass mit Schließung der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts ohnehin alle rechtlichen Verhältnisse enden würden, sei schon deshalb falsch, weil nach § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V die geschlossene Krankenkasse insoweit als fortbestehend behandelt werde, bis die Geschäfte abgewickelt seien, soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordere. Wegen dieser gesetzlichen Fortbestehensfiktion trete der „actus contrarius“ erst mit der vollständigen Abwicklung ein. Dies zeige sich schon daran, dass es für die Körperschaft öffentlichen Rechts in Abwicklung an einem Errichtungsakt gefehlt habe. Sie werde für den Abwicklungszweck als Fortbestehend fingiert und zwar nicht als aktive Kasse mit allen Rechten und Pflichten, sondern nur teilrechtsfähig, beschränkt auf den Abwicklungszweck, wozu auch die Abwicklung der zahlreichen Versicherungsverhältnisse gehöre. Dazu würden unter Aufrechterhaltung der bisherigen Betriebsstruktur der überwiegende Teil der im Schließungszeitpunkt beschäftigten Arbeitnehmer benötigt werden. Die Fortsetzung dieser Arbeitsverhältnisse und die den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Abwicklung der Arbeitsverhältnisse nicht mehr benötigter Arbeitnehmer gehören zu den Aufgaben der Körperschaft öffentlichen Rechts in Abwicklung im Rahmen der Fortbestehensfiktion. Insofern seien auch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen unwirksam.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungsterminen Bezug genommen.
1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und von der Beklagten form- und fristgemäß im Sinne der §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet worden. Dabei setzt sich die Beklagte in der Berufung noch ausreichend mit den Entscheidungsgründen der ersten Instanz auseinander, indem sie zum einen ihr Argument weiterverfolgt, sie sei durch den Schließungsbeschluss des Bundesversicherungsamtes zum 30.06.2011 als juristische Person ausgelöscht worden, zum anderen sich mit der Auslegung des Arbeitsgerichtes zu § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V auseinandersetzt. Auch hinsichtlich der Kündigungen erweist sich die Berufung als hinreichend begründet, weil die Beklagte hier nochmals auf die von ihr vertretene Auffassung zum Erlöschen der Körperschaft öffentlichen Rechts mit der Schließung und damit einhergehen mit der Betriebsstilllegung in der von ihr angenommenen umfassendsten Form auseinandersetzt.
2. Die Berufung hat in der Sache indes keinen Erfolg. Die zulässige Klage erweist sich als begründet.
2.1 Die Klage ist zulässig. Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den Antrag zu 1. liegt vor, da die Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zur C. BKK für sich in Anspruch nimmt, während die Klägerin davon ausgeht, die Beklagte sei ihre bisherige Arbeitgeberin. Der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages steht dem Feststellungsinteresse für diesen Antrag nicht entgegen. Mit diesem Arbeitsvertrag haben die Parteien nicht etwa die Beendigungstatbestände außer Streit gestellt und das Arbeitsverhältnis der Klägerin über den 30.06.2011 – wenn auch befristet – fortgesetzt. Die Beklagte nimmt hier gerade für sich in Anspruch etwas anderes zu sein, als die frühere Arbeitgeberin der Klägerin, die C. BKK. Dies findet auch in der E-Mail vom 15.06.2011, die an die Klägerin und auch andere Mitarbeiter versandt wurde, seinen Ausdruck. Insofern haben die Parteien allenfalls ein weiteres Vertragsverhältnis begründet, vergleichbar mit dem Weiterbeschäftigungsverhältnis während eines Kündigungsrechtsstreits, das keinen Einfluss auf den ursprünglichen Arbeitsvertrag und seine Beendigungstatbestände haben sollte.
Hinsichtlich der Kündigungsschutzanträge ergibt sich das Feststellungsinteresse aus §§ 4, 7 des hinsichtlich Beschäftigungsdauer und Betriebsgröße unzweifelhaft anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes.
2.2 Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur C. BKK weder kraft Gesetzes mit der Schließung zum 30.06.2011 noch durch die arbeitgeberseitigen Kündigungen zum 30.06.2011 bzw. zum 31.12.2011. Auch die zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede hat keinen Einfluss auf dieses Arbeitsverhältnis.
2.2.1 Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte als passivlegitimiert angesehen. Dies ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wonach eine geschlossene Betriebskrankenkasse als fortbestehend gilt, bis die Geschäfte abgewickelt sind, soweit es der Zweck der Abwicklung erfordert. Zur „Abwicklung“ in diesem Sinne gehören aber auch die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie die sich daraus ergebenden Rechtsstreitigkeiten. Die Beklagte ist mit der C. BKK in Person identisch. Diese ist lediglich zum 30.06.2011 geschlossen worden, damit aber nicht zugleich auch sofort erloschen. Anderenfalls hätte sich auch die Verweisung in § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V auf die Regelungen über eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse in § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V erübrigt, weil diese mangels eines Vertragspartners ohnehin geendet hätten (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 20.04.2012 – 6 Sa 2557/11 und 6 Sa 2556/11).
2.2.2 Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat nicht gemäß §§ 155 Abs. 4 Satz 9, 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V mit dem Tag der Schließung der C. BKK am 30.06.2011 geendet. Die Regelung in § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V findet auf die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer und damit auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 12.04.2012 – 5 Sa 2554/11; Arbeitsgericht Berlin vom 24.11.2011 – 50 Ca 8663/11 in juris).
2.2.2.1 In § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V ist bestimmt, dass die in § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V für den Fall der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse geregelten gesetzlichen Vorschriften für Betriebskrankenkassen entsprechend gelten mit der Maßgabe, dass § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V nur für Beschäftigte gilt, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auf die Schließung einer Betriebskrankenkasse ist allen Beschäftigten, die nicht Dienstordnungsangestellte sind und deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann, bei dem Landesverband der Betriebskrankenkassen oder einer anderen Betriebskrankenkasse eine Stellung anzubieten, die ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zuzumuten ist. Das Verfahren ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 164 Abs. 3 Satz 4 SGB V, wonach jede Betriebskrankenkasse verpflichtet ist, entsprechend ihrem Anteil an der Zahl der Versicherten aller Betriebskrankenkassen diesen Beschäftigten Anstellungen nach Satz 3 anzubieten und diese Angebote den Beschäftigten in geeigneter Form zugänglich zu machen. Sodann ist in § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V bestimmt, dass die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, die nicht nach Abs. 3 untergebracht werden, mit dem Tag der Auflösung oder Schließung enden. Diese Rechtsfolge setzt aber nach den oben dargestellten Regelungen und den oben dargestellten Verfahren voraus, dass mit den Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis enden soll, ein Unterbringungsverfahren vergeblich durchgeführt worden ist, dass diese Arbeitnehmer also überhaupt an dem Unterbringungsverfahren zu beteiligen waren, was bei den ordentlich kündbaren Arbeitnehmern nicht der Fall ist.
2.2.2.2 Diese Grundsätze ergeben sich aus einer Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Dazu haben die Kammern 2, 5 und 6 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in Parallelentscheidungen zu ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern sowie die Kammer 5 des Landesarbeitsgericht zu einer ordentlich kündbaren Arbeitnehmerin (vgl. Urteile vom 12.04.2012 – 2 Sa 14/12 und 5 Sa 2555/11 sowie 5 Sa 2554/11; Urteile vom 20.04.2012 – 6 Sa 2556/11 und 6 Sa 2557/11) bereits folgendes ausgeführt:
Schon nach dem Wortlaut von § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V, der ausdrücklich auf das Unterbringungsverfahren nach § 164 Abs. 3 SGB V verweist („die nicht nach Abs. 3 untergebracht werden“), reicht allein die ausgebliebene Unterbringung nicht aus. Vielmehr setzt die Regelung voraus, dass die Unterbringung nicht nach Abs. 3 herbeigeführt worden ist, dass also das Unterbringungsverfahren nach Abs. 3 ohne Unterbringung endete. Die Bezugnahme von § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V auf § 164 Abs. 3 SGB V zeigt, dass die beiden Absätze in einem systematischen Zusammenhang stehen. § 164 Abs. 4 SGB V stellt nicht allein auf den „Erfolg“ des Unterbringungsverfahrens ab, sondern setzt voraus, dass das Verfahren auch so durchgeführt worden ist, wie es den Maßgaben des § 164 Abs. 3 SGB V entspricht Damit wird deutlich, dass das Unterbringungsverfahren nach § 164 Abs. 4 SGB V konstitutive Voraussetzung für die in § 164 Abs. 4 SGBV angeordnete Rechtsfolge der (gesetzlichen) Beendigung der Arbeitsverhältnisse ist. Demnach muss, damit der gesetzliche Beendigungstatbestand eintreten kann, den betroffenen Beschäftigten durch den Landesverband der Betriebskrankenkasse oder eine andere Betriebskrankenkasse eine Stellung angeboten worden seien, die ihnen „unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zuzumuten ist“ und die der Beschäftigte dann abgelehnt hat.
Für diese Auslegung des Zusammenhangs zwischen § 164 Abs. 4 und § 164 Abs. 3 SGB V spricht auch die Gesetzesbegründung, die davon ausgeht, dass „durch die entsprechende Anwendung des § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V auch im Bereich der Betriebskrankenkassen die Beschäftigungsansprüche … der übrigen Beschäftigten in unkündbaren Arbeitsverhältnissen insoweit gesichert werden, als ihnen bei den anderen Betriebskrankenkassen einer ihrer bisherigen Stelle entsprechende Stelle anzubieten ist.“ (BT-Drucksache 16/9559, S. 19). Zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung hatte die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 11/2237, S. 212) darauf hingewiesen, dass „im Interesse des von der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse betroffenen Personals vorgesehen wird, dass grundsätzlich … den übrigen Bediensteten der Krankenkasse die Weiterbeschäftigung entweder beim zuständigen Landesverband der Innungskrankenkassen oder bei einer anderen Innungskrankenkasse anzubieten ist. Die Übernahme der Beschäftigten soll zu denselben oder zumindest gleichwertigen Bedingungen erfolgen. Nur in den Fällen, in denen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, sollen die Vertragsverhältnisse enden.“
Aus diesen Gesetzesbegründungen ergibt sich die Richtigkeit der dargelegten Zusammenhänge. Den betroffenen Beschäftigten ist ein zumutbares Weiterbeschäftigungsangebot beim Landesverband oder bei einer anderen Betriebskrankenkasse in geeigneter Weise zu unterbreiten; erfolgt hiernach keine „Unterbringung“, so soll das Arbeitsverhältnis gemäß § 164 Abs. 4 SGB V enden. Dabei bedarf es an dieser Stelle keines näheren Eingehens auf die Frage welche Modalitäten dafür denkbar sind, dass eine Weiterbeschäftigung „nicht möglich“ ist. Zugleich zeigt die Gesetzesbegründung aber auch, dass Zweck der Regelungen in § 164 Abs. 3 und 4 SGB V ist, den von der Schließung betroffenen unkündbaren Angestellten im Regelfall zur Sicherung ihrer Beschäftigungsansprüche eine Weiterbeschäftigung zu gleichen oder zumindest gleichwertigen Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, um die Folge der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse im Zeitpunkt der Schließung möglichst zu vermeiden. Dies zeigt zugleich, dass die Rechtsauffassung der Beklagten, § 164 Abs. 4 SGB V diene alleine dem Schutz des Gesundheitssystems und der Versichertengemeinschaft, so nicht zutreffend ist. Auch wenn die Gesamtheit der diesbezüglichen Vorschriften auch darauf ausgerichtet ist, die Schließung von Kassen zu ermöglichen, ohne dass die übrigen Betriebskrankenkassen notwendigerweise mit in eine Schieflage geraten müssen und der Schutz der Versichertengemeinschaft und die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitswesens hohe und wichtige Gemeinschaftsgüter sind, führen diese (allgemeinen) Grundsätze nicht dazu, über Wortlaut und Systematik der Gesetzesbestimmungen hinausgehend zu Interpretationen der Regelungen zu gelangen, die den dort gesetzlich niedergelegten Schutz der Beschäftigten nicht Rechnung tragen würden.
Die hier getroffene Auslegung entspricht auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Das Grundrecht entfaltet seinen Schutz demnach gegen alle staatlichen Maßnahmen, die diese Wahlfreiheit beschränken. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Staat vom Einzelnen die Aufgabe seines Arbeitsplatzes verlangt. Direkte staatliche Eingriffe in bestehende Arbeitsverhältnisse müssen sich stets an dem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes messen lassen. Eingriffe müssen sich ihrerseits an den Anforderungen messen lassen, die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen (BVerfG vom 24.04.1991 – 1 BvR 1341/90 – EzA Art. 13 Einigungsvertrag Nr. 1). Diesen Schutzbereich des Art. 12 hat das Bundesverfassungsgericht in neuerer Zeit weiter konkretisiert. Insbesondere in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2011 (BVerfG vom 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09 – NZA 2011, 400) hat es einen Eingriff des Gesetzgebers in dieses Grundrecht (schon) darin gesehen, dass dieser den betroffenen Arbeitnehmern per Gesetz einen neuen Vertragspartner zugewiesen hat, ohne den Arbeitnehmern einen § 613 a Abs. 6 BGB vorgesehenen Widerspruch einzuräumen.
Danach muss davon ausgegangen werden, dass von Verfassungswegen eine gesetzliche Beendigung von bestehenden Arbeitsverhältnissen allenfalls dann zulässig sein kann, wenn zum einen überragend wichtige Gemeinschaftsgüter einen Eingriff erfordern und dieser sich seinerseits an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit messen kann.
Auch wenn man im Streitfalle – mit der Rechtsauffassung der Beklagten – die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitswesens und den Schutz der Versicherungsgemeinschaft als solche überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter anerkennen wollte, müsste doch der gesetzliche Eingriff in das Arbeitsverhältnis, insbesondere die gesetzliche Anordnung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geprüft werden. Der für eine Beendigung konstitutive Vorrang eines ordnungsgemäßen Unterbringungsverfahrens nach den Maßstäben des § 164 Abs. 3 SGB V wäre danach das Mindestmaß dessen, was unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gefordert werden könnte. Infolge dessen ist die hier vorgenommene Auslegung des Zusammenhangs der Vorschriften der §§ 164 Abs. 4 SGB V und § 164 Abs. 3 SGB V und der verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere dem Schutzbereich des Artikels 12 Abs. 1 GG, zwingend, wenn man unter diesen Gesichtspunkten überhaupt von der Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Gesetz ausgehen wollte (LAG Berlin-Brandenburg v. 12.04.2012 – 2 Sa 14/12). Insofern reicht der Verweis auf die damals im Ermessen des Bundesversicherungsamt stehende Frist bis zur Schließung gerade auch im Hinblick auf den tariflichen besonderen Kündigungsschutz nicht aus.
2.2.2.3 Diesen überzeugenden Argumenten schließt sich die erkennende Kammer voll inhaltlich an. Setzt aber eine Beendigung der Vertragsverhältnisse der Beschäftigten mit dem Tag der Schließung der Betriebskrankenkasse nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V voraus, dass diese zuvor an dem in Abs. 3 zwingend vorgeschriebenen Unterbringungsverfahren beteiligt waren, ordentlich kündbare Beschäftigte indes aufgrund der Einschränkung in der Verweisungsnorm des § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V von vornherein an diesem Unterbringungsverfahren nicht zu beteiligen sind und für sie deshalb auch keine Unterbringungsverpflichtung beim Landesverband oder anderen Kassen besteht, kommt die gesetzliche Beendigungsnorm auf sie nicht zur Anwendung. Auch wenn die Verweisung in § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V nur § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V auf unkündbare Beschäftigte einschränkt, folgt daraus nicht, dass § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V eine Beendigung auch der Vertragsverhältnisse ordentlich kündbarer Beschäftigter mit dem Tag der Schließung anordnet, obwohl ein Unterbringungsverfahren für sie weder gesetzlich vorgesehen ist noch stattgefunden hat.
Einer erweiternden Auslegung in der Weise, dass die Vertragsverhältnisse aller ordentlich kündbaren Arbeitnehmer mit dem Tag der Schließung enden, stünde schon der Wortlaut der Vorschrift des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V entgegen, die im Tatbestand ausdrücklich eine fehlende Unterbringung der Beschäftigten nach Abs. 3 voraussetzt und somit auf die notwendige Beteiligung dieser Beschäftigten an dem Unterbringungsverfahren Bezug nimmt. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten eine derartige Auslegung nicht. Die Arbeitsverhältnisse der ordentlich kündbaren Arbeitnehmer können bei tatsächlicher Einstellung der Tätigkeit der Beklagten aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden, sodass es keines zusätzlichen gesetzlichen Beendigungstatbestandes bedarf, um diese Vertragsverhältnisse zu beenden. Entgegen der Auffassung der Beklagten werden diese Arbeitnehmer auch nicht durch die Nichteinbeziehung in den Beendigungstatbestand gegenüber den ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern bevorzugt. Denn anders als die unkündbaren Arbeitnehmer haben die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer gerade keinen Anspruch darauf, bei einem anderen Arbeitgeber untergebracht zu werden. Sie verlieren wegen der Schließung der Krankenkasse nach Ausspruch ordentlicher Kündigungen unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen und der gesetzlichen Maßgaben des § 1 KSchG ihren Arbeitsplatz, ohne sich auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Krankenkassen berufen zu können.
Die hier vertretene Auffassung zur Auslegung des Beendigungstatbestandes und der fehlenden Anwendbarkeit auf die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer entspricht verfassungsrechtlichen Vorgaben nach Art. 12 und Art. 3 GG. Denn eine Anwendung des Beendigungstatbestandes nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V auf die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer würde dazu führen, dass sämtliche Regelungen des Kündigungsrechts wie Kündigungsfristen und Kündigungsschutzgesetz, mit denen der Staat seinen aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Schutzpflichten Rechnung trägt (vgl. BVerfG vom 24.04.1991 – 1 BVR 1341/90 – „Warteschleife“ an Ziffer 60) für diese Arbeitnehmer nicht mehr gelten würde. Für die Beendigung der Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmer wäre noch nicht einmal eine Mindestfrist einzuhalten gewesen, da § 153 SGB V in der am 30.06.2011 geltenden Fassung Mindestfristen zwischen Zustellungsbescheid und Schließungszeitpunkt noch nicht vorgesehen hat. Dem Schutzzweck von Kündigungsfristen wird auch nicht – wie die Beklagte meint – dadurch genüge getan, dass die Belange der Arbeitnehmer bei der Bestimmung des Schließungszeitpunktes zu berücksichtigen wäre. Abgesehen davon, dass die Norm für eine solche Ermessensbindung keine Anhaltspunkte enthält, hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass sie nicht in einem Rechtsverhältnis mit dem Bundesversicherungsamt steht und insofern keinerlei Möglichkeit hätte, diese Entscheidung überprüfen bzw. abändern zu lassen. Auch wären ihre Belange in Bezug auf die Einhaltung bestimmter Ankündigungsfristen noch nicht Rechnung getragen, da der Schließungsbescheid ihr ohnehin nicht zuzustellen wäre. Auch ließe es sich nicht mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 12 GG in Einklang bringen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.06.2011 enden soll, obwohl – wie der Abschluss befristeter Arbeitsverträge zeigt – für die Abwicklungsarbeiten noch Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, für die auch die Klägerin eingesetzt wurde. Die von der Beklagten herangezogenen Schutzgüter, nämlich Schutz der Versichertengemeinschaft und die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitswesens, erfordern dies offensichtlich nicht. Die von der Beklagten angeführten Prozessrisiken sind beherrschbar, wie dies andere Arbeitgeber, die unter das Kündigungsschutzgesetz fallen, unter Beweis stellen.
Auch führt die Auslegung der Beklagten zu einem nicht auflösbaren Widerspruch zwischen den kündbaren Arbeitnehmern im Insolvenzverfahren und den kündbaren Arbeitnehmern bei Schließung einer Betriebskrankenkasse. Denn nach § 171 d Abs. 1 Satz 5 SGB V gilt im Insolvenzfall für alle Beschäftigten § 164 Abs. 3 SGB V entsprechend. Danach ist allen Beschäftigten, d. h. den ordentlich kündbaren ebenso wie den ordentlich unkündbaren bei einer anderen Krankenkasse der gleichen Kassenart eine zumutbare Stellung anzubieten. Das „Unterbringungsverfahren“ ist also im Fall der Insolvenz nicht auf die ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer beschränkt, obwohl auch in diesem Fall finanzielle Ansprüche auf die übrigen Versicherungen zukommen können (vgl. § 171 d Abs. 1, Abs. 5 SGB V).
2.2.2.4 Aus diesen Gründen war der hier vorgenommenen Auslegungen der Beendigungsnorm des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V der Vorrang einzuräumen. Damit fällt die Klägerin nicht unter den gesetzlichen Beendigungstatbestand, da ihr als ordentlich kündbare Arbeitnehmerin kein Weiterbeschäftigungsangebot bei einer anderen Krankenkasse anzubieten war. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete nicht aufgrund des gesetzlichen Beendigungstatbestandes nach § 164 Abs. 4 SGB V. Auch konnte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 30.06.2011 nicht bereits deshalb eintreten, weil die C. BKK als Körperschaft öffentlichen Rechts mit ihrer Schließung nicht mehr existiert hätte und der Klägerin deshalb ihr Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt abhanden gekommen wäre, wie die Beklagte gemeint hat. Wie bereits oben ausgeführt gilt die Beklagte nach § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V bis zur Abwicklung der Geschäfte als fortbestehend, soweit es der Zweck der Abwicklung erfordert, wozu auch die Abwicklung von Arbeitsverhältnissen gehört. Einen ggf. erforderlichen Gründungsakt hat es dementsprechend auch nicht gegeben, worauf die Klägerin hingewiesen hat. Schon an der Weiterbeschäftigung einer Vielzahl von Arbeitnehmern für die Zwecke der Abwicklung wird deutlich, dass nicht bereits die Schließung der Beklagten als solche zur Beendigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse geführt hat. Überdies hätte es der Vorschrift des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V, nach welcher die Vertragsverhältnisse derjenigen Beschäftigten, die nicht nach Abs. 3 untergebracht werden, mit dem Tag der Schließung enden, nicht bedurft, wenn bereits die Schließung selbst eine Beendigung sämtlicher Vertragsverhältnisse auslösen würde.
2.3 Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die von der Beklagten vorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 19. Mai 2011 zum 30.06.2011 bzw. zum 31.12.2011 aufgelöst worden. Ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Satz 2 KSchG hat die Beklagte nicht dargetan. Bereits die Vereinbarung mit der Klägerin für eine Beschäftigung bis zum 30.06.2012 zeigt deutlich, dass es für sie über den 30.06.2011 bzw. 31.12.2011 hinaus Beschäftigungsmöglichkeiten gegeben hat. Auch fehlt es an der Darlegung einer richtigen Auswahlentscheidung entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG. Unstreitig ist der Betrieb der Beklagten noch nicht geschlossen, sondern es werden auch weiterhin Arbeitnehmer beschäftigt.
Ein dringendes betriebliches Erfordernis ist auch nicht bereits deshalb gegeben, weil es mit der Schließung zum 30.06.2011 zu einem vollständigen Untergang der C. BKK und einen vollständigen Wegfall des bisherigen Arbeitgebers gekommen wäre. Wie oben bereits ausgeführt, ist die Arbeitgeberin der Klägerin nicht etwa ersatzlos weggefallen, sondern ihr Betriebszweck hat sich lediglich geändert und sie dient nunmehr der Abwicklung.
2.4 Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist auch nicht durch die Befristungsabrede zum 30.06.2012 aufgelöst worden. Auch wenn die Parteien in ihren befristeten Arbeitsverträgen keinen entsprechenden Vorbehalt vereinbart haben, haben sie mit dem Abschluss der Befristung ihr Arbeitsverhältnis nicht auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt, die fortan allein maßgeblich für ihre Rechtsbeziehungen sein sollte. Gegen eine Ablösung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses durch die Befristungsabrede sprach schon der Umstand, dass die Beklagte sich nicht für die Rechtsnachfolgerin der C. BKK hält, dies in den befristeten Arbeitsverträgen durch die Präambel deutlich zum Ausdruck gebracht hat und auch im Prozess die Auffassung vertritt, dieses sei ersatzlos untergegangen. Damit konnten die beiderseitigen Erklärungen der Parteien nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie mit dem befristeten Arbeitsvertrag das ursprüngliche Arbeitsverhältnis in irgendeiner Weise beeinflussen wollten. Eines Vorbehaltes bedurfte es in dieser Situation nicht. Für diese Auslegung sprach auch die allen Mitarbeitern per E-Mail vom 15.06.2011 übersandte Erklärung der C. BKK, wonach diese in dem vorbehaltlosen Abschluss des befristeten Arbeitsverhältnisses gerade nicht einen Verzicht auf die Geltendmachung eventueller Rechte gegenüber der C. BKK verstehen würde. Da die C. BKK aber – wie oben bereits dargestellt – identisch mit der Beklagten ist, gilt diese Erklärung zugleich für die Beklagte.
3. Aus all diesen Gründen war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, mit der Folge, dass sie gemäß § 97 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.
4. Die Zulassung der Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Auslegung des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V zuzulassen.