Gericht | OLG Brandenburg 1. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 13.05.2011 | |
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Aktenzeichen | 1 W 14/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 28.07.2010 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 06.08.2010 (Az. 2 O 264/10) wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin die Unterlassung bestimmter Äußerungen im Zusammenhang mit der Einwerbung von Spendengeldern für den beabsichtigten Wiederaufbau der zerstörten …kirche in P….
Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin treten in der Öffentlichkeit für den Wiederaufbau der …kirche - allerdings teilweise mit unterschiedlichen Zielsetzungen - ein. So strebt die im Jahr 2001 gegründete Antragstellerin im Gegensatz zur Antragsgegnerin die Wiedererrichtung der Kirche u. a. als „Denkmal und Symbol christlichen Preußens“ an. Aufgrund der Vermögensübertragungsvereinbarung vom 01.12.2006 übernahm die Antragstellerin das zu dem vorgenannten Zweck gesammelte Spendenvermögen der T… e. V., welcher sich im selben Jahr auflöste. Das von der Antragstellerin als Projektrücklage bezeichnete Spendenvolumen beträgt zurzeit einschließlich Zinsen ca. 6,2 Mio €.
Mit notariellem Vertrag vom 09.08.2005 übertrug die A… die Grundstücksfläche, auf der sich die …kirche befand, auf die Sanierungsträger P… GmbH, die wiederum dieses Teilstück unter dem 28.02.2010 an die im Jahr 2008 gegründete S…P… weiter übertrug. Mitglieder der vorgenannten Stiftung sind u. a. die … …. ….. Wegen der weiteren Stiftungsmitglieder und der von den Mitgliedern verfolgten Stiftungszwecke wird auf das Stiftungsgeschäft vom 23.06.2008 (Bl. 40 u. 41 d. A.) Bezug genommen.
Die Antragstellerin befasste sich in ihren halbjährlichen Rundbriefen an ihre Mitglieder mit dem Wiederaufbau der …kirche und den mit den durch die vorbenannte Stiftung verfolgten Zielen des Aufbaus, wobei sie diese sinngemäß ablehnte.
Am 20.06.2009 fand eine Mitgliederversammlung der Antragsgegnerin statt. In dem Protokoll zu dieser Versammlung heißt es unter „3. Bericht des Vorsitzenden“ … in den Schriften der SP… (Antragstellerin) wird weiter gegen das Nutzungskonzept der FW… und auch uns persönlich polemisiert, andererseits wird verschwiegen, dass die Kirche sich von den Vorstellungen wie dem internationalen Versöhnungszentrum gelöst hat, und die vorgesehene Nutzung der …kirche als Kirche wird von der Gegenseite sicher nicht unabsichtlich gänzlich verschwiegen. … Da die SP… gleichzeitig wieder begonnen hat, um Spenden auf ihr Konto für den Wiederaufbau der …kirche zu werben, werden wir in Zukunft deutlicher als bisher darauf hinweisen, dass diese Spenden unter falschem Vorzeichen eingeworben werden.“
Unter „6. Aussprache“ heißt es weiter in diesem Protokoll wörtlich:
„Fragen zur SP…: Wie wird die FW… die unglaublichen Vorwürfe der SP… zurückweisen? … Antwort: Die FW… wird deutlicher als bisher die Unterschiede darstellen, Unterstellungen der SP… zurückweisen und verdeutlichen, dass Spendenwerbungen der SP… für die …kirche eine Täuschung der Spender darstellen.“
Die Antragstellerin erhielt im Laufe des Jahres 2009 Kenntnis von dem Inhalt des Protokolls.
In dem hier entscheidenden Protokoll der Mitgliederversammlung der Antragsgegnerin vom 22.06.2010 heißt unter der Überschrift „Vorschläge“:
„Vorschlag: Den polemischen Unsinn, den M… K… verbreitet, öffentlichkeitswirksam und deutlich zurückweisen. Antwort: Die FW… ist grundsätzlich bestrebt, öffentlichen Streit zwischen Befürwortern des Wiederaufbaus der …kirche zu vermeiden. Sie hat allerdings den Beschluss von 2009, ‚deutlicher als bisher die Unterschiede darstellen, Unterstellungen der SP… zurückweisen und verdeutlichen, dass Spendenwerbungen der SP… für die …kirche eine Täuschung der Spender darstellen’, noch nicht umgesetzt. Dies soll nunmehr geschehen.“
Die Antragstellerin erlangte von dem Inhalt des Protokolls am 29.06.2010 Kenntnis. Mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Juli 2010 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin ab und setzte ihr eine Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 05.07.2010. Auf Bitten der Antragsgegnerin verlängerte sie die Frist bis zum 09.07.2010. Wegen der Einzelheiten des anwaltlichen Schreibens vom 1. Juli 2010 wird auf Bl. 54 - 56 d. A. Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Juli 2010 nahm die Antragsgegnerin zu der Abmahnung Stellung. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 57 - 59 d. A. verwiesen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21. Juli 2010, eingegangen am 23. Juli 2010 bei Gericht, hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt begehrt, der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, sich in Bezug auf sie wie in der Mitgliederversammlung vom 19.06.2010 und im Protokoll der Mitgliederversammlung vom 22.06.2010 geschehen und nachstehend wiedergegeben, öffentlich zu äußern und/oder äußern zu lassen: „Spendenwerbungen der SP… für die …kirche stellen eine Täuschung der Spender dar“.
Nach gerichtlichem Hinweis hat das Landgericht Potsdam mit Beschluss vom 28.07.2010 den Antrag auf Erlass der Einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es an dem erforderlichen Verfügungsgrund fehle. Da der Verfügungsantrag erst am 23.07.2010 bei Gericht eingegangen sei, habe die Antragstellerin zu erkennen gegeben, dass selbst unter Berücksichtigung der zunächst ausgesprochenen Abmahnung und der Verlängerung der Erklärungsfrist eine besondere Eilbedürftigkeit der Angelegenheit nicht gegeben sei.
Mit Schriftsatz vom 6. August 2010 hat die Antragstellerin gegen den ihr am 2. August 2010 zugegangenen Beschluss des Landgerichts unter dem 5. August 2010 Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Sache nicht dringlich sei. Der Zeitraum von der Kenntnis bis zur Antragstellung habe weit unter einem Monat gelegen und damit unterhalb dessen, was die Rechtsprechung im Rahmen der Eilbedürftigkeit als erforderlich ansehe. Bei der hier im Streit stehenden Äußerung handele es sich um eine Tatsachenbehauptung. Die Äußerung der Antragsgegnerin könne mit den Mitteln des Beweises geklärt werden. Der Antragstellerin werde im Zusammenhang mit der in der Mitgliederversammlung vom 19.06.2010 getätigten Äußerung ein Spendenbetrug vorgeworfen. Dies sei auch insofern unrichtig, weil sie bei der Einwerbung den Zweck immer deutlich gemacht habe. Zwar trete sie nach wie vor für die Wiedererrichtung der …kirche als Denkmal und Symbol des christlichen Preußens ein. Davon sei allerdings das Einwerben von Spenden zu unterscheiden. Seit 2005 sei dies eingestellt worden, was sich aus den Rundbriefen ergebe. Zwar sei es richtig, dass sie der Antragsgegnerin ebenfalls Spendertäuschung zuvor vorgeworfen habe. Dies biete jedoch kein Recht auf einen Gegenschlag, da dies den Tatsachen entspreche.
Die Antragsgegnerin trägt vor, die Erklärung beinhalte lediglich eine Meinungsäußerung. In ihrem tatsächlichen Gehalt sei sie substanzarm. Selbst wenn man die Äußerung als Tatsachenbehauptung sähe, gebe es genug Anknüpfungstatsachen. Die Antragstellerin verschweige, dass aufgrund der Eigentumsverhältnisse in Bezug auf das Grundstück, auf dem sich die …kirche befunden habe, eine Errichtung in eigener Zuständigkeit nicht möglich sei. Die Baubeschreibung in dem Rundbrief der Antragstellerin für 2010 stehe mit der tatsächlichen Bebauung in keinem Zusammenhang. Das ursprünglich beabsichtigte internationale Versöhnungszentrum sei seit 2008 auch nicht mehr aktuell. Zudem habe sich die Antragstellerin ebenfalls polemisch geäußert. Sie habe u. a. den von der Antragsgegnerin beabsichtigten Wiederaufbau der …kirche als Buß- und Gedenkstätte deutscher Missetaten und als Schändung bezeichnet. Zudem habe sie die Spendenpraxis der Antragsgegnerin als Etikettenschwindel bezeichnet und das Wort täuschen ebenfalls verwendet. Die Äußerung in der Mitgliederversammlung für das Jahr 2010 stelle ohnehin nur eine Wiederholung der Erklärung in der Mitgliederversammlung 2009 dar. Auch gegen diese Erklärung sei die Antragstellerin nicht eingeschritten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Beschwerde, über die der Senat durch Einzelrichter zu entscheiden hat, weil der angefochtene Zurückweisungsbeschluss durch die Einzelrichterin erlassen wurde (§ 568 Satz 1 ZPO), ist zulässig, aber unbegründet.
Zwar kann der Auffassung des Landgerichts nicht beigetreten werden, es fehle an einem Verfügungsgrund, weil die Antragstellerin durch ihr vermeintliches Zuwarten von dem Zeitpunkt der Kenntnis der Äußerung bis zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu erkennen gegeben habe, dass eine besondere Eilbedürftigkeit nicht gegeben sei. Es kann allerdings des Weiteren dahinstehen, ob die Äußerung in der Mitgliederversammlung lediglich eine bloße Wiederholung einer im Jahr davor in der Mitgliederversammlung der Antragsgegnerin getätigten Äußerung darstellt.
Es fehlt jedenfalls an einem Verfügungsgrund. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin gemäß den §§ 823, 1004 BGB keinen Anspruch auf Unterlassung, die Aussage „Spendenwerbungen … stellen eine Täuschung dar“ öffentlich zu verbreiten.
Die von der Antragstellerin beanstandete Äußerung in der Mitgliederversammlung im Jahr 2010 ist ein Werturteil und keine Tatsachenbehauptung. Sie genießt den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Führt eine Tatsachenbehauptung zu einer Rechtsverletzung, hängt die rechtliche Bewertung vom Wahrheitsgehalt der Äußerung ab. Bewusst unwahre Tatsachenäußerungen genießen den Grundrechtsschutz überhaupt nicht. Ist die Wahrheit nicht erwiesen, wird die Rechtmäßigkeit der Beeinträchtigung eines anderen Rechtsguts davon beeinflusst, ob besondere Anforderungen, etwa an die Sorgfalt der Recherche, beachtet worden sind. Werturteile sind demgegenüber keinem Wahrheitsbeweis zugänglich. Sie sind grundsätzlich frei und können nur unter besonderen Umständen beschränkt werden (BVerfG NJW 2003, S. 1109).
Um den Aussagegehalt einer Äußerung zu ermitteln, ist im Wesentlichen darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils in der Regel nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2005, S. 279). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts (BGH NJW 2009, S. 1872). Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem betreffenden Kontext herausgelöst einer isolierten Betrachtung zugeführt werden. So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem zu würdigenden Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (BGH a. a. O.).
Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist. Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es im Wesentlichen darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. nur BGH NJW 2005, S. 279). Dabei kann sich allerdings auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, also insgesamt nicht nur eine im Tatsächlichen nicht konkretisierte, pauschale und gänzlich substanzarme Aussage vorliegt (BGH NJW 1994, S. 2614). Die von der Antragstellerin beanstandete Äußerung in der Mitgliederversammlung der Antragsgegnerin bezeichnet die Spendenwerbung der Antragstellerin für die …kirche als Täuschung der Spender. Die Aussagekraft dieser Äußerung wird entscheidend von dem Wort „Täuschung“ geprägt. Die Bedeutung dieses Wortes ist indes jedoch nicht objektivierbar, vielmehr drückt dieses Wort das Ergebnis einer subjektiven Bewertung der Beziehung zwischen der Antragstellerin und den in Frage kommenden Spendern für den Wiederaufbau der …kirche aus. Das Wort Täuschung ist in diesem Sinne so zu verstehen, dass jemand gegenüber einem Dritten einen Sachverhalt vermittelt, wobei er entweder weitere Sachverhaltsteile, ohne dass sie zutreffen, hinzusetzt oder aber andere verschweigt oder derart sinnentstellt vermittelt, dass die Vorstellung des Dritten in eine andere Richtung gelenkt wird. Eine eindeutige objektive Bedeutung dieses Wortes im Zusammenhang mit dem Wort Spenden lässt sich jedoch nicht finden. Eine Überprüfung der Aussage, dass die Spender bei der Spendenwerbung der Antragstellerin getäuscht werden, ist nicht mit den Mitteln des Beweises möglich. Die Äußerung enthält keine objektiven Umstände, die einem solchen Beweis zugänglich sind. Vielmehr ist die Aussage gänzlich substanzarm und erweckt beim Leser keine Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen. Die Äußerung ist deshalb als zusammenfassende Bewertung zu verstehen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann dieser Äußerung keinesfalls der Sinn entnommen werden, dass die Antragstellerin einen Spendenbetrug zu Lasten der Spender i. S. d. § 263 StGB begehe. Vielmehr kann der Bedeutung des Wortes Täuschung ebenfalls die von der Antragsgegnerin vorgenommene Interpretation beigemessen werden. Die Verknüpfung der Worte Spenden und Täuschung löst nicht zwangsläufig bei einem unvoreingenommenen Betrachter die Vorstellung aus, dass ein Spendenbetrug begangen werde. Vielmehr ergibt sich im Gesamtzusammenhang, in dem die Äußerung getätigt wurde, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin keinesfalls einen Spendenbetrug vorwerfen, sondern aus ihrer Sicht in der Öffentlichkeit richtigstellen wollte, dass die von der Antragstellerin eingeworbenen Spenden nicht zu dem Zweck verwendet werden, wie es sich die Antragstellerin vorstellt, da die Realisierung des von ihr angedachten Projektes aufgrund der Eigentumsverhältnisse keinerlei Chancen hat, was die Antragstellerin in ihren Schriftsätzen selbst eingeräumt hat. Dem Protokoll zu der Mitgliederversammlung lässt sich entnehmen, dass diese Äußerung Teil einer Antwort zu dem in der Versammlung getätigten Vorschlag war, „den polemischen Unsinn, den M… K… verbreitet, öffentlichkeitswirksam und deutlich zurückzuweisen“. Dem kann wiederum entnommen werden, dass die Antragsgegnerin auf bestimmte Äußerungen der Antragsgegnerin reagieren wollte. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass mit der Täuschung der Spender keinesfalls ein Spendenbetrug i. S. d. § 263 StGB gemeint war.
Die Äußerung ist deshalb als zusammenfassende Bewertung zu verstehen, bei der die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Dabei genießen Meinungen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Auch scharfe und übersteigerte Äußerungen fallen grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten. Gleiches gilt für Formalbeleidigungen und Anprangerungen. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik allerdings eng auszulegen. Danach macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen bzw. gleichsam an den Pranger stellen soll (BGH NJW 2009, S. 1872). Eine derartige Schmähung oder Anprangerung lässt sich der Äußerung der Antragsgegnerin in keiner Weise entnehmen. Zwar ist der von der Antragsgegnerin verwendete Begriff der Täuschung eindeutig negativ besetzt. Dieser Begriff vermittelt einem Außenstehenden, dass der Betroffene, der mit einem solchen Begriff in Verbindung gebracht wird, gegenüber anderen einen bestimmten Sachverhalt verschleiert. Allerdings diente gerade diese deutliche Herausstellung der Auseinandersetzung in der Sache, weil es Absicht der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang war, den Äußerungen, die der Vorsitzende der Antragstellerin im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der …kirche in der Öffentlichkeit verbreitet hat, aus der Sicht der Antragsgegnerin entgegenzutreten. Mit dieser Äußerung beabsichtigte die Antragsgegnerin – wie es sich aus dem Kontext der in dem Protokoll befindlichen Antwort ergibt –, sich gegenüber der Antragstellerin abzugrenzen. Darin liegt jedoch keine Diffamierung der Antragstellerin ohne Bezug zu der Auseinandersetzung, die die beiden Parteien unstreitig im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau und dem Inhalt der wieder aufgebauten Kirche betreiben. Mithin ging es der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Äußerung lediglich um die Auseinandersetzung mit der Kernsachfrage des Wiederaufbaus der …kirche, sodass eine unzulässige Schmähkritik nicht angenommen werden kann.
Lässt sich die Äußerung weder als Formalbeleidigung, Schmähung oder Anprangerung einstufen, kommt es für die dann erforderliche Abwägung auf die Schwere der Beeinträchtigung der betroffenen Rechtsgüter an, wobei es aber grundsätzlich keine Rolle spielt, ob die Kritik berechtigt oder das Werturteil richtig ist. Die Meinung darf grundsätzlich auch dann geäußert werden, wenn sie andere für falsch oder ungerecht halten. Auch die Form der Meinungsäußerung unterliegt der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Selbstbestimmung des Äußernden. Dient die Äußerung dem geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, dann spricht – so wie hier – die Vermutung für ihre Zulässigkeit (vgl. BGH NJW 2000, S. 3421). Die von der Antragstellerin beanstandete Äußerung der Antragsgegnerin hat keine Angelegenheit ohne allgemeine Bedeutung oder Auseinandersetzung im privaten Bereich zum Gegenstand. Vielmehr handelt es sich um eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse. Dies ergibt sich schon alleine aus dem Umfang der von den Parteien, insbesondere dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin, eingesammelten Spenden für den Wiederaufbau der …kirche sowie dem Auftritt der Parteien in der Öffentlichkeit. In der Tat stellt die …kirche in P… ein Objekt mit hoher Symbolkraft dar. Die Auseinandersetzung der Parteien geht im Wesentlichen um die Nutzung und um die Art des Wiederaufbaus der Kirche. Der Begriff der Täuschung ist eindeutig negativ besetzt und lässt bei jedem Dritten den Eindruck erwecken, dass die Antragstellerin Dritte irreführe und deshalb ihr Anliegen in der Öffentlichkeit nicht unterstützenswert sei. Dadurch könnte zwar der soziale Geltungsanspruch der Antragstellerin berührt sein. Allerdings lässt sich - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - dieser Aussage gerade nicht entnehmen, dass die Antragsgegnerin ihr vorwirft, bei der Einwerbung von Spenden den Tatbestand des Betruges zu erfüllen. Vielmehr lebt diese Aussage von der Abgrenzung der Ziele der Parteien untereinander bei der Diskussion um die Errichtung der …kirche. Mangels jeglichen Tatsachenkerns der Äußerungen sind nur Spekulationen darüber möglich für einen Außenstehenden, was mit Täuschung gemeint ist. Eine unabweisliche Schlussfolgerung auf einen bestimmten (Straf-) Tatbestand, den die Antragstellerin bei der Einwerbung begehen soll, ist nicht erkennbar. Dass es sich um eine versteckte Behauptung der Antragsgegnerin in diese Richtung handelt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Ergibt sich aufgrund der schon vorstehenden Abwägung, dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin hinter dem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückstehen und sie die angegriffene Äußerung hinnehmen muss, kommt es auf die weitere Frage, ob die Antragstellerin die Äußerung unter dem Aspekt des Gegenschlags hinzunehmen hat, nicht an, obwohl auch hierfür Einiges sprechen würde. Denn die Antragstellerin hat in ihren Rundbriefen ausgeführt, dass die Antragsgegnerin Spender täusche.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Beim Beschwerdewert hat der Senat den vom Antragsteller nicht beanstandeten, der landgerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegten Gegenstandswert angesetzt.