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Benutzungsgebühr; Abwasser; dezentrale Entsorgung; mobile Entsorgung; Sammelgruben; modifizierter Frischwassermaßstab; Wahrscheinlichkeitsmaßstab; Inanspruchnahme; offensichtliches Missverhältnis; legales und illegales Verhalten; Homogenität der Verhältnisse; Erzielungsgrad


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 06.07.2011
Aktenzeichen OVG 9 B 28.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 6 Abs 4 S 1 KAG BB, § 6 Abs 4 S 2 KAG BB

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Schmutzwassergebühren durch den Beklagten für die dezentrale Entsorgung seines Grundstücks im Jahr 2003.

Die Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland über die dezentrale öffentliche Entsorgung von Schmutzwasser aus abflusslosen Gruben und des nicht separierten Schlammes aus Kleinkläranlagen vom 16. Juli 2002 (SDESAS 07/2002) sah in ihrem § 15 einen sogenannten modifizierten Frischwassermaßstab als Gebührenmaßstab für die Grubenentleerung vor; die Gebühr wurde nach der dem Grundstück zugeführten Frischwassermenge (Wasserzähler, Schätzung) abzüglich des für die Gartenbewässerung verbrauchten Wassers (Gartenwasserzähler) bemessen. Ausweislich der Erläuterung der Gebührenkalkulation vom 29. November 2002 sollte mit diesem Maßstab der materielle Anreiz genommen werden, häusliches Abwasser illegal zu entsorgen; Bürger, die bisher ordnungsgemäß hätten abfahren lassen, würden durch die nun reduzierte Einleitgebühr finanziell entlastet“. Bei der Kalkulation der Gebührensätze wurden Kosten für Einrichtungen wie die Kläranlage, die sowohl der dezentralen als auch der zentralen Entsorgung dienten, nach einem Trinkwassermengenschlüssel auf die verschiedenen Bereiche aufgeteilt. Mit Wirkung vom 1. Januar 2003 bestimmte § 15 der Satzung in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 22. Oktober 2003 den aus Transport- und Einleitgebühr zusammengesetzten Gebührensatz für die Grubenentleerung auf 5,14 EUR/m³.

Nachdem der Beklagte bereits einen Gebührenbescheid in Bezug auf das Jahr 2003 erlassen und der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, half der Beklagte dem Widerspruch ab und setzte zugleich mit Bescheid vom 15. Juli 2004 für die dezentrale Abwasserentsorgung des klägerischen Grundstücks im Jahr 2003 ausgehend von 25 m³ Trinkwasserbezug eine Mengengebühr in Höhe von 128,50 EUR neu fest.

Hierauf hat der Kläger am 13. August 2004 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, der Gebührenbescheid sei fehlerhaft, soweit darin eine höhere als die durch Begleitscheine belegte Menge von 15,5 m³ ( x 5,14 EUR/m³ = 79,67 EUR) abgerechnet worden sei. Der Zweckverband verschaffe sich einen ungerechtfertigten finanziellen Vorteil, wenn er von der zugeführten Trinkwassermenge ausgehe und zudem vom Kläger erwarte, dass er mittels Wasseruhr nachweise, was er nicht habe abfahren lassen, obwohl anhand der Begleitscheine die exakte Abfuhrmenge leicht habe bestimmt werden können.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 18. Juli 2008 stattgegeben. Ein Widerspruchsverfahren sei entbehrlich gewesen, weil ein Fall des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO vorliege, in dem ein Abhilfebescheid bzw. Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthalte. Dem angefochtenen Bescheid fehle in der Sache die erforderliche Rechtsgrundlage in Gestalt einer gültigen Satzung. Die SDESAS 07/2002 genüge nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG und sei daher unwirksam. Der in der Satzung geregelte Gebührensatz sei ungültig, weil der Beklagte der dezentralen Abwasserentsorgungseinrichtung kalkulatorisch erheblich zu hohe Kostenanteile zugeordnet habe. Denn der Beklagte habe die auf die zentrale und dezentrale Abwasserentsorgung zu verteilenden Kosten nach dem Trinkwassermengenschlüssel verteilt, obwohl der Rückgriff auf diesen Verteilungsschlüssel angesichts des Auseinanderfallens von kalkuliertem Trinkwasserbezug (270 691 m³) und kalkulierter Abfuhrmenge (170 303 m³) nicht verursachungsgerecht und deshalb ausgeschlossen gewesen sei. Eine Nachkalkulation unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Schmutzfrachten nach „Ist-Werten“ sei unzulässig.

Mit Beschluss vom 20. April 2009, der dem Beklagten am 27. April 2009 zugestellt worden ist, hat der Senat die vom Beklagten beantragte Berufung zugelassen. Am 26. Mai 2009 ist die Berufung erstmalig begründet worden. Im Kern hat der Beklagte vorgetragen, für die Kostenaufteilung auf die zentrale und dezentrale Abwasserentsorgung sei der Trinkwassermengenschlüssel hier ein zulässiger Maßstab, weil kein erkennbares Missverhältnis zwischen der Frischwasserbezugsmenge und der daraus anfallenden Abwasser- und Fäkalmenge bestehe. Er habe auch durch einen Schmutzfrachtfaktor von 1,6 in seiner Kalkulation vom 1. September 2008 berücksichtigt, dass die – im Vergleich zum zentral entsorgten Schmutzwasser – erhöhte Schmutzlast der dezentral entsorgten Schmutzwassermengen eine höhere Reinigungsleistung erfordere. Auch sei der in § 15 SDESAS 7/2002 geregelte modifizierte Frischwassermaßstab für die Gebührenbemessung rechtmäßig. Der Erzielungsgrad der Grubenentsorgung habe im Jahr 2002 63 Prozent betragen und sei für das Jahr 2003 fehlerfrei mit 70 Prozent prognostiziert worden. Das darin zum Ausdruck gekommene Zurückbleiben des Abwasseranfalls hinter dem Frischwasserbezug stehe einer Bemessung der Gebühr für die Grubenentleerung nach dem Frischwasserbezug nicht entgegen, weil hinsichtlich des Erzielungsgrades im Satzungsgebiet weitgehend homogene Verhältnisse geherrscht hätten. Allerdings habe der Beklagte selber erst mit den Jahren die erhebliche Bandbreite der tatsächlichen Verhältnisse mit allen Schattierungen feststellen und darauf reagieren können. Es gebe Grundstücke, auf denen Trinkwasser bezogen werde, aber kein Abwasser anfalle. Ebenso gebe es Trinkwasser-Großverbraucher (z.B. Bäckereien, Fleischereien, Waschanlagen und Gärtnereien) ohne ansatzweise vergleichbaren Abwasseranfall. Unterschiede im Erzielungsgrad bestünden etwa bei Ortsteilen mit überdurchschnittlich vielen oder wenigen Gartenwasserzählern, auch bei Neubausiedlungen und gewachsenen Ortsteilen. Auch hohe Sommertemperaturen und das Niederschlagsaufkommen hätten Einfluss auf den Erzielungsgrad wie auch die Lage der Gruben in trockenen (z.B. Tempelberg) oder feuchten (z.B. Langewahl) Gebieten. In zwei Ortsteilen mit sehr hohem Aufkommen werde mit hoher Wahrscheinlichkeit unzulässig Fremdwasser eingeleitet. Zur Anzahl technisch einwandfreier bzw. mangelhafter abflussloser Gruben könne der Beklagte keine exakten Zahlen benennen. Die Anzahl der undichten Gruben belaufe sich auf ca. 3 %; deutlich höher sei die Fallzahl von verstorbenen, verzogenen oder abgebrannten Grundstückseigentümern. Es gebe keine grundlegenden technischen Unzulänglichkeiten der Gruben, sondern meistens Fehler im Entsorgungsverhalten oder fehlende Gartenwasserzähler. Fremdentsorgungen habe es 2003 in weniger als 1 % der Fälle gegeben. Auch gebe es keine statistischen Daten für die Verdunstung, Verschleppung und Verluste bei der Zuleitung der auf dem Grundstück zu sammelnden Schmutzwässer. Bei den temporär genutzten Wochenendgrundstücken betrage die Verdunstung „bis zu 50 %“, dort sei bei Abfuhr das Wasser bereits ganz verschwunden. Alle Abweichungen des ermittelten oder geschätzten Trinkwasserbezuges zum Abwasseraufkommen würden untersucht. Seit 1998 seien nun alle Zweifelsfälle geklärt worden bzw. sei ein förmliches Verfahren eingeleitet worden. Es gebe viele Fälle des alltäglichen Schwundes („Brunnen defekt, Garten, Vieh, falsch abgelesen, war im Krankenhaus, Reha, Mieter-Vermieter-Streit, usw.“); dies sei normal. Das Entsorgungsverhalten sei überaus homogen, nicht aber das Leben, die Verhältnisse und die technische Wirklichkeit. Mit vertretbarem Aufwand einen anderen Maßstab als den Frischwassermaßstab anzuwenden, sei faktisch unmöglich. Die Füllskala an den Pumpfahrzeugen mit einer kleinsten Skalierung von 0,5 m³ sei zu ungenau und Streit programmiert.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Juli 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der nicht anwaltlich vertretene Kläger hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten zu den in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2011 gemeinsam verhandelten Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Es hat zutreffend die Zulässigkeit der Klage bejaht, namentlich bedurfte es entsprechend § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO keines - nochmaligen - Widerspruchsverfahrens gegen den gleichzeitig mit dem Abhilfebescheid vom 15. Juli 2004 wiederum ergangenen Gebührenbescheid, weil beide Bescheide eine Einheit bilden.

Die Klage ist auch begründet. Denn der Gebührenbescheid des Beklagten vom 15. Juli 2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid beruht nicht auf einer wirksamen satzungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage. Die gebührenrechtlichen Regelungen der Satzung sind wegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG insgesamt nichtig, weil der in § 15 SDESAS 7/2002 in der Gestalt der 2. Änderungssatzung geregelte Gebührenmaßstab für die Entsorgung von Schmutzwasser aus abflusslosen Sammelgruben nichtig ist. § 15 SDESAS 7/2002 genügt nicht den Anforderungen des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg.

Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG ist die (Benutzungs-)Gebühr nach der Inanspruchnahme der Einrichtung oder Anlage zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Wenn das besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, kann ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf (§ 6 Abs. 4 Satz 2 KAG). Ein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab für die Abwasserentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben steht nicht zur Verfügung, insbesondere ist auch die Bemessung nach den Abfuhrmengen nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab, mit dem zwar ein wichtiges Element der tatsächlichen Inanspruchnahme der Entsorgungsanlage genauer erfasst wird, nicht aber die die wirkliche Reinigungsleistung mitbestimmende jeweilige Schmutzfracht (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 22. August 2002 - 2 D 10/02.NE -, juris Rn. 49; Brüning in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2011, § 6 Rn. 356d m. w. N.). Danach hat es dem Zweckverband oblegen, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab in seiner Gebührensatzung dergestalt zu regeln, dass er den tatsächlichen Verhältnissen im Satzungsgebiet im betreffenden Zeitraum gemessen an § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG entsprach. Dem ist mit dem in § 15 SDESAS 7/2002 gewählten Maßstab nicht genügt worden.

Ob ein satzungsrechtlich geregelter Gebührenmaßstab für eine Benutzungsgebühr im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme steht, hängt einerseits von seiner konkreten Ausgestaltung, anderseits von den Verhältnissen im Satzungsgebiet in Bezug auf die Inanspruchnahme ab. Jede Benutzungsgebührensatzung bemisst die Gebühr nach etwas Zählbarem. Das muss nach der konkreten satzungsrechtlichen Ausgestaltung in einer Weise geschehen, die nicht für jeden Einzelfall, aber im Großen und Ganzen gewährleistet, dass ein Mehr oder Weniger an Inanspruchnahme auch zu einem verhältnismäßigen Mehr oder Weniger an Gebühr führt (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 22. August 2002 - 2 D 10/02.NE -, juris Rn. 50 m. w. N.). Dabei kommt es, was die Frage der Inanspruchnahme angeht, nur auf die tatsächliche Erfüllung des satzungsmäßigen Gebührentatbestandes und nicht auf Rechtmäßigkeitsfragen an: Einerseits muss sich jedes legale und illegale Verhalten, das den Gebührentatbestand erfüllt, nach der satzungsmäßigen Maßstabsregelung prinzipiell auch in einem Gebührenanteil niederschlagen. Andererseits darf ein Verhalten, dass den satzungsmäßigen Gebührentatbestand nicht erfüllt, ungeachtet der Frage seiner Legalität keinen Gebührenanteil auslösen.

Vorliegend ist der Gebührenmaßstab wie folgt ausgestaltet: Der in § 15 SDESAS 7/2002 geregelte Maßstab berücksichtigt einerseits die dem Grundstück aus öffentlichen und privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermengen sowie das auf Grundstücken anfallende und als Brauchwasser genutzte Niederschlagswasser; der Wasserverbrauch ist dabei durch Wasserzähler nachzuweisen oder wird geschätzt. Andererseits werden nach § 15 SDESAS 7/2002 Wassermengen - nur dann - abgerechnet, soweit sie durch anzeige- und abnahmepflichtigen sowie geeichten Gartenwasserzähler festgestellt werden; vom als Brauchwasser genutzten Niederschlagswasser erfolgt kein Abzug.

Diese Ausgestaltung hat angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet nicht dazu geführt, dass im Großen und Ganzen gewährleistet wird, dass ein Mehr oder Weniger an Inanspruchnahme im beschriebenen Sinne auch zu einem verhältnismäßigen Mehr oder Weniger an Gebühr geführt hat. Das ist auch offensichtlich.

Soweit Niederschlagswasser, ohne als Brauchwasser genutzt und damit ohne vom Maßstab des § 15 SDESAS 7/2002 erfasst zu sein, in die Sammelgrube gelangt und nach der Vermischung mit Schmutzwasser als solches entsorgt worden ist, hat tatsächlich ein Mehr an Inanspruchnahme der Grubenentleerung stattgefunden, das aber nicht zu einer höheren Gebühr geführt hat; die betroffenen "Mehrnutzer" hatten danach - gemessen an der tatsächlichen Inanspruchnahme - zu wenig an Gebühren zu zahlen; sie wurden gleichsam von anderen Gebührenzahlern "subventioniert". Soweit umgekehrt Nutzer der Grubenentleerung eine geringere Menge an Schmutzwasser zur Entsorgung abgeführt haben, als sie an Frischwasser bezogen haben, die Differenz aber bei der Gebührenbemessung keine Rolle gespielt hat, weil die Gebührensatzung lediglich restriktive Regelungen zur Beachtlichkeit von Abzugsmengen enthalten hat, hat sich das Weniger an tatsächlicher Benutzung nicht in einem Weniger an Gebühr niedergeschlagen. Die betroffenen "Mindernutzer" hatten damit - gemessen an der tatsächlichen Inanspruchnahme - ein Zuviel an Gebühren zu zahlen.

Nach den tatsächlichen Verhältnissen im Satzungsgebiet im Gebührenzeitraum 2003 ist dies auch nicht nur eine zu vernachlässigende Randerscheinung gewesen, weil im Großen und Ganzen Homogenität geherrscht habe, also praktisch alle Nutzer der Grubenentsorgung "Mindernutzer" im vorgenannten Sinne gewesen wären und zwar mit einem im Wesentlichen gleichen Grad an "Mindernutzung" (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 28. März 1995 - 8 N 3.93 -, Juris Rn. 16). So hat es sich hier nicht verhalten.

Dass es homogene Verhältnisse und einen homogenen Erzielungsgrad im Jahr 2003 nicht gegeben hat, hat der Zweckverband bereits mit seiner Gebührenkalkulation vom 29. November 2002 zur SDESAS 7/2002 und zum Kalkulationszeitraum 2003 offen zum Ausdruck gebracht, indem er zu dem ab 2001 neu eingeführten Maßstab seine Absicht erklärt hat, „den materiellen Anreiz, häusliches Abwasser illegal zu entsorgen, zu nehmen. Bürger, die bisher ordnungsgemäß abfahren ließen, werden durch die nun reduzierte Einleitgebühr finanziell entlastet.“ Das verdeutlicht, dass seinerzeit davon ausgegangen wurde, dass es Grundstücksbesitzer gab, die ihr Schmutzwasser illegaler Weise nicht über die Gruben entsorgen ließen und dass die Anzahl dieser Art von "Mindernutzern" so groß gewesen ist, dass eine Änderung des Gebührenmaßstabes in Richtung auf eine umfassendere Veranlagung dieser Grundstückseigentümer für die anderen - sich ordnungsgemäß verhaltenden - Grundstückseigentümer zu einer spürbaren Gebührenentlastung führen würde. Wenn der Beklagte entgegen dieser grundlegenden Aussage und Absicht des Zweckverbandes nunmehr im Berufungsverfahren angibt, es gebe heutzutage nur wenige Fälle illegaler Entsorgung bei Grubennutzern und dies sei auch 2003 so gewesen, trägt dies nicht, zumal er zugleich einräumen muss, dass er zur Anzahl technisch einwandfreier bzw. mangelhafter Sammelgruben sowie zur Verdunstung, Verschleppung und zu sonstigen Verlusten bei der Zuleitung der auf dem Grundstück zu sammelnden Schmutzwässer keine seine nunmehrige Aussage stützenden statistischen oder technischen Daten habe. Dem gegenüber spricht alles dafür, dass der seinerzeitige Maßstabswechsel auf seinerzeit aktuellen und richtigen tatsächlichen Erkenntnissen beruhte, nämlich Erfahrungen der vorangegangenen Jahre mit einem anderen Gebührenmaßstab. Der Senat hat keinen Anlass, an den Angaben in der Kalkulation zu zweifeln.

Die Inhomogenität der Verhältnisse hat der Beklagte auch im Berufungsverfahren nur noch mehr verdeutlicht. Sein Ansatz, Homogenität im o. g. Sinne damit zu belegen, dass man dartut, die Verhältnisse seien derart vielfältig gewesen, dass sich aus der Vielfalt - gleichsam zufällig - bereits wieder Homogenität ergeben habe, trägt nicht. So hat der Beklagte zwar behauptet, das Entsorgungsverhalten im Satzungsgebiet sei überaus homogen gewesen, zugleich räumt er aber auch ein, dass das Leben, die Verhältnisse und die technische Wirklichkeit nicht homogen gewesen sei; er selber habe erst mit den Jahren die erhebliche Bandbreite der tatsächlichen Verhältnisse mit allen Schattierungen feststellen und darauf reagieren können. Der Beklagte spricht insoweit selbst von „äußerlicher Inhomogenität“ bei der Inanspruchnahme der Grubenentsorgung. Diese beruhe auf den örtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, dabei verweist er insbesondere auf vielfach ohne Gartenwasserzähler geschehene Wasserausbringung auf den Grundstücken, dabei Unterschiede zwischen Neubausiedlungen und gewachsenen Ortsteilen, auf Trinkwasser-Großverbraucher ohne ansatzweise vergleichbaren Abwasseranfall (Bäckereien, Fleischereien, Waschanlagen, Gärtnereien), auf den Einfluss der Lage der Gruben in trockenen oder feuchten Gebieten, den Einfluss der Wetterlage, die unzulässige Einleitung von Fremdwasser, die hohe Verdunstung bei temporär genutzten Wochenendgrundstücken sowie auf weitere „alltägliche Beispiele“ des Wasser- bzw. Abwasserschwundes. Für relativ gleiche Verhältnisse und Erzielungsgrade spricht daraus nichts.

Die vom Beklagten als äußerlich vielfältig beschriebenen Verhältnisse stellen sich entgegen seiner Ansicht auch nicht deshalb als in Wahrheit homogen dar, weil die äußerlich unterschiedlichen Fehlmengen sich bei richtiger Betrachtung gleichsam in praktisch durchgängig verhältnismäßig gleichgroße Fehlmengen aufgelöst hätten. Der Beklagte macht insoweit geltend, in Wahrheit sei im Satzungsbereich im Jahr 2003 durchgängig ein Erzielungsgrad von ca. 70 % erreicht worden. Dieser Wert kommt zustande, indem er für einzelne Orte und Ortsteile Erzielungsgrade ausgerechnet hat, die in der Tat nahe um 70 % „pendeln“. Auf diese Erzielungsgrade ist der Beklagte aber nur gekommen, indem er den Frischwasserbezug nicht nur um den in der Satzung allein vorgesehenen durch einen Gartenwasserzähler belegten Gartenwasserabzug bereinigt und Zuschläge für auf das Grundstück verbrachtes weiteres Wasser angesetzt hat, sondern die tatsächlich entsorgte Menge an Schmutzwasser in ein Erzielungsgradverhältnis zu einer berechneten Menge "an sich" zu entsorgenden Schmutzwassers gesetzt hat („Anteil Entsorgung an Berechnung“). Die berechnete Menge weist indessen umfängliche "Bereinigungen" auf, indem die jeweiligen Umstände und Verhältnisse der Minder- bzw. Mehrmengen an Abwasser gegenüber dem bezogenen Frischwasser für die Grundstücke in den Orten und Ortsteilen jeweils betrachtet und je nach Plausibilität bei der Gebührenveranlagung berücksichtigt wurden. Diese Nachsteuerung ist aber nach der SDESAS 7/2002 überhaupt nicht vorgesehen gewesen. Dadurch dass der Beklagte sich anlässlich der konkreten Veranlagung in den Orten und Ortsteilen von seinem satzungsmäßigen Maßstab gelöst hat und - erst - dadurch einen Zustand gewisser Homogenität ermitteln konnte, vermag er den Maßstab des § 15 SDESAS 7/2002 nicht zu rechtfertigen, vielmehr unterstreicht dies nur nochmals, dass der satzungsmäßige Maßstab für das betreffende Satzungsgebiet im Jahr 2003 nicht auf homogenen Verhältnissen gründete.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, der in § 15 SDESAS 7/2002 geregelte Gebührenmaßstab sei dennoch hinzunehmen, weil es faktisch unmöglich sei, mit vertretbarem Aufwand einen anderen Maßstab als den Frischwassermaßstab anzuwenden. Denn zum einen ist bundesweit der Mengenmaßstab mithilfe der gängigen Pumpfahrzeuge und ihrer Messvorrichtungen eine praktikable Lösung; mit nie ganz zu vermeidenden Messungenauigkeiten und Schätzungen muss und kann umgegangen werden. Zum anderen bedeutet die Nichtigkeit des in § 15 SDESAS 7/2002 geregelten Gebührenmaßstabs nicht, dass ein anders modifizierter Frischwassermaßstab unter den Verhältnissen des Satzungsgebiets im betreffenden Zeitraum ebenfalls nichtig gewesen wäre.

Auf die Frage der richtigen Aufteilung von Kosten für Einrichtungen wie die Kläranlage, die sowohl der dezentralen als auch der zentralen Abwasserentsorgung dienten, nach einem Trinkwassermengenschlüssel auf die verschiedenen Bereiche kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.