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Visum; Kindernachzug zu Adoptiveltern; ausländische Adoption (hier: Kosovo); Anerkennung im Bundesgebiet; erfolgreich durchgeführtes Anerkennungs- und Wirkungsfeststellungsverfahren nach dem Adoptionswirkungsgesetz; Bindungswirkung der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts; Durchbrechung der Bindungswirkung; offensichtlicher und schwerwiegender rechtlicher Mangel (verneint)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 17.11.2011
Aktenzeichen OVG 12 B 2.11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 32 Abs 3 AufenthG, § 2 Abs 1 AdWirkG, § 2 Abs 2 AdWirkG, § 4 Abs 2 S 1 AdWirkG

Leitsatz

Ein erfolgreich durchgeführtes Verfahren auf Anerkennung und Wirkungsfeststellung einer ausländischen Adoption nach § 2 AdWirkG entfaltet auch in aufenthaltsrechtlichen Verfahren Bindungswirkung. Für eine eigenständige Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Adoption durch die Verwaltungsgerichte ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG kein Raum. Eine Durchbrechung der den Entscheidungen der Vormundschaftsgerichte zukommenden Bindungswirkung kommt allenfalls in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht (hier verneint).

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein kosovarischer Staatsangehöriger, begehrt die Erteilung eines Visums zur Familienzusammenführung mit seinen im Bundesgebiet lebenden Adoptiveltern.

Der Kläger wurde am 25. August 1991 als leibliches Kind der Eheleute I… und G… Haliti geboren. Von 1993 bis 1999 hielt er sich mit seinen Eltern und Geschwistern als Asylbewerber in Berlin auf; seit seiner Ausreise lebt er im Kosovo. Die Adoptiveltern des Klägers waren ebenfalls 1993 als Asylbewerber nach Berlin gekommen. Der Adoptivvater M…H…, ein Bruder des leiblichen Vaters des Klägers, lebt seitdem ununterbrochen im Bundesgebiet und ist seit 2001 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die als Niederlassungserlaubnis fort gilt. Die Adoptivmutter N…H… kehrte 1995 in den Kosovo zurück. Nach der Eheschließung mit M…H… im März 2005 reiste sie im Dezember 2006 mit einem Visum zum Ehegattennachzug erneut in das Bundesgebiet ein.

Am 27. Juni 2006 beantragte der Kläger beim Deutschen Verbindungsbüro in Pristina die Erteilung eines Visums zur Familienzusammenführung mit seinen Adoptiveltern. Für sein Nachzugsbegehren berief er sich auf eine vom Zentrum für Sozialarbeit in V…/Kosovo im November 2005 ausgesprochene Teiladoption. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 lehnte das Verbindungbüro den Visumsantrag ab, da die Adoptionsentscheidung im Bundesgebiet nicht anerkannt werden könne und daher zwischen dem Kläger und seinen Adoptiveltern kein Verwandtschaftsverhältnis bestehe.

Hiergegen remonstrierte der Kläger und verwies auf die zwischenzeitlich ergangene Volladoptionsentscheidung des Gemeindegerichts in V…/Kosovo vom 12. April 2007. In dem Gerichtsbeschluss wird unter Bezugnahme auf die zuvor verfügte Teiladoption ausgeführt, dass alle Voraussetzungen für eine Volladoption nach dem Familiengesetz des Kosovo erfüllt seien. Die Adoptiveltern hätten ausreichende materielle Mittel für den Unterhalt, die Sorge und die Erziehung des Klägers, da sie über geregelte Einkommen in Deutschland verfügten. Die leiblichen Eltern hätten dem Antrag auf Volladoption zugestimmt, weil der Kläger ohnehin von Kindheit an von seinen Adoptiveltern großgezogen worden sei und diese für seinen Unterhalt aufgekommen seien. Auch der Kläger selbst sei mit der Volladoption einverstanden, da er seine Adoptiveltern als seine Eltern ansehe. Bei der Beweiserhebung sei sowohl das Protokoll über die Teiladoption als auch der vom Zentrum für Soziales in V… angeforderte Bericht vom 11. April 2007 verlesen worden; aus dem Protokoll über die Teiladoption gehe hervor, dass der Kläger in häuslicher Gemeinschaft mit den Adoptiveltern lebe.

Im Rahmen des Remonstrationsverfahrens verwies die Auslandsvertretung der Beklagten den Kläger darauf, dass zur verbindlichen Klärung der Anerkennungsfähigkeit der gerichtlichen Adoptionsentscheidung und damit der tatbestandlichen Voraussetzungen für den begehrten Familiennachzug ein Verfahren nach dem Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG) durchgeführt werden sollte. In dem daraufhin vom Kläger eingeleiteten Verfahren auf Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung der Volladoption nach § 2 AdWirkG stellte das Amtsgericht München als zuständiges Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 11. April 2008 fest, dass die durch Beschluss des Gemeindegerichts in V…/Kosovo vom 12. April 2007 ausgesprochene Annahme des Klägers durch die Eheleute M… und N…H… anzuerkennen sei (Ziffer 1 des Beschlusses), das Eltern-Kind-Verhältnis des Klägers zu seinen bisherigen Eltern durch die in Ziffer 1 genannte Annahme nicht erloschen sei (Ziffer 2 des Tenors), das Annahmeverhältnis in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht der Annehmenden aber einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichstehe (Ziffer 3 des Tenors). Zur Begründung verweist das Vormundschaftsgericht in seinem Beschluss auf die von ihm durchgeführten Ermittlungen sowie die eingeholte Stellungnahme des am Verfahren beteiligten Bundesamtes für Justiz - Bundeszentralstelle für Auslandsadoption - vom 18. Februar 2008. Danach ergäben sich aus der ausländischen Adoptionsentscheidung keine Hinweise auf Verfahrensfehler oder eine Nichtbeachtung des anwendbaren materiellen Adoptionsrechts; soweit ersichtlich, seien die materiellen und formellen Voraussetzungen für die Adoption des Klägers erfüllt gewesen. Gründe für eine Versagung der Anerkennung der ausländischen Gerichtsentscheidung nach § 16 a FGG, insbesondere ein Verstoß gegen den ordre public, seien nicht erkennbar.

Nachdem die Beigeladene ihre Zustimmung zur Visumserteilung verweigert hatte, lehnte die nunmehr zuständige Botschaft der Beklagten in Pristina mit Remonstrationsbescheid vom 13. August 2008 - unter Aufhebung des zunächst ergangenen Bescheides vom 5. Dezember 2006 - den Visumsantrag erneut ab. Zur Begründung führte sie an, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 AufenthG nicht erfüllt seien, da die Adoptiveltern nicht allein sorgeberechtigt seien. Ausweislich der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts München sei das Eltern-Kind-Verhältnis des Klägers zu seinen leiblichen Eltern, das auch das Recht der Personensorge umfasse, nicht erloschen, so dass der Kläger insgesamt vier sorgeberechtigte Elternteile habe. Ein besonderer Härtefall im Sinne des § 32 Abs. 4 AufenthG sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass ihm aufgrund der Anerkennungsentscheidung des Amtsgerichts München ein Anspruch auf Erteilung des begehrten Visums zustehe. Dass er nunmehr vier sorgeberechtigte Elternteile habe, treffe nicht zu, da seine leiblichen Eltern auf Grund der ausgesprochenen Volladoption keine Personensorge mehr ausübten. Zu seinen Adoptiveltern, die kinderlos geblieben seien, bestehe ein herzliches Eltern-Kind-Verhältnis; zu seinen leiblichen Eltern habe er dagegen keinen Kontakt mehr.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 15. Oktober 2010 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Remonstrations-bescheides verpflichtet, dem Kläger das begehrte Visum zur Familienzusammenführung mit seinen Adoptiveltern zu erteilen. Dem Kläger stehe nach § 32 Abs. 3 AufenthG ein Nachzugsanspruch zu. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift seien ebenso wie die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt. Aufgrund der im Bundesgebiet anzuerkennenden Adoptionsentscheidung des Gemeindegerichts in V…/Kosovo seien die Adoptiveltern die allein personensorgeberechtigten Eltern des Klägers. Für eine inzidente Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Adoption sei vorliegend angesichts des bereits durchgeführten Verfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz kein Raum. Die vom zuständigen Vormundschaftsgericht ausgesprochene Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung entfalte nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG nicht nur zivilrechtlich, sondern auch im Bereich des öffentlichen Rechts Bindungswirkung. Die Bindungswirkung entfalle auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil der Beschluss des Vormundschaftsgerichts an einem offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel leide und daher wegen greifbarer Rechtswidrigkeit als wirkungslos zu behandeln sei. Für die Annahme, das Vormundschaftsgericht haben einen offensichtlichen Verstoß gegen den deutschen ordre public nicht beachtet, bestünden angesichts der im Verfahren eingeholten Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz, das eine Anerkennung befürwortet habe, keine hinreichenden Anhaltspunkte. Auch die im Widerspruch zur kosovarischen Rechtslage stehenden Feststellungen zum Wirkungsumfang der Adoption rechtfertigten mangels Offensichtlichkeit keine Durchbrechung der Bindungswirkung.

Gegen die vorstehende Entscheidung richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten, mit der sie im Wesentlichen geltend macht:

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf den angestrebten Familiennachzug zu, da seine im Bundesgebiet lebenden Adoptiveltern nicht allein personensorgeberechtigt im Sinne von § 32 Abs. 3 AufenthG seien. Die Adoptionsentscheidung des Gemeindegerichts in V…/Kosovo vom 12. April 2007 verstoße gegen den ordre public und sei daher im Bundesgebiet nicht anzuerkennen. Eine Verpflichtung zur Anerkennung ergebe sich auch nicht aus der nach dem Adoptionswirkungsgesetz eingeholten Entscheidung des Amtsgerichts München vom 11. April 2008. Die vormundschaftsgerichtliche Entscheidung leide ihrerseits an einem so offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel, dass sie wegen greifbarer Rechtswidrigkeit als wirkungslos zu behandeln sei und damit keine Bindungswirkung entfalte. Das Vormundschaftsgericht habe offensichtlich, wie sich bereits aus der Lektüre des Beschlusses ergebe, die ausländische Rechtslage verkannt. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Eltern-Kind-Verhältnis des Klägers zu seinen leiblichen Eltern durch die Adoption nicht erloschen sei. Die Feststellung in Ziffer 2 des Beschlusstenors stehe weder im Einklang mit dem kosovarischen Familienrecht noch mit der im Anerkennungsverfahren eingeholten Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz. Das Vormundschaftsgericht habe seine Entscheidung daher ersichtlich fehlerhaft auf die Annahme einer sogenannten schwachen Adoption gestützt und vollständig verkannt, dass der Anerkennung der tatsächlich vorliegenden Adoption mit starker Wirkung gravierende Verstöße gegen den deutschen ordre public entgegenstünden.

Zu den unverzichtbaren Grundwerten des deutschen Kindschaftsrechts gehöre die Prüfung, ob eine Adoption dem Wohl des anzunehmenden Kindes entspreche. Für die Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Adoptionsentscheidung sei es daher zwingend erforderlich, dass diese auf einer ausreichenden Prüfung des Kindeswohls beruhe. Diese Prüfung müsse sich sowohl auf das Vorliegen eines Adoptionsbedürfnisses als auch die Elterneignung der Annehmenden und das Bestehen einer schützenswerten Eltern-Kind-Beziehung erstrecken. Eine den vorgenannten Anforderungen entsprechende Kindeswohlprüfung habe vorliegend nicht stattgefunden. Die Entscheidung des Gemeindegerichts in V… verhalte sich in keiner Weise zum Vorliegen eines Auslandsadoptionsbedürfnisses. Sie stütze sich im Wesentlichen auf materielle Umstände, ohne zu berücksichtigen, dass der Kläger mit der Adoption aus den ihm vertrauten Verhältnissen seines Heimatlandes herausgerissen werde. Auf die mit der Adoption verbundene Trennung von seinen leiblichen Eltern und seinen drei Geschwistern gehe die Entscheidung ebenso wenig ein wie auf die Folgen eines Umzugs des Klägers nach Deutschland. Inwieweit der Kläger, der allenfalls über geringe Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge und mit den hiesigen Lebensverhältnissen jedenfalls seit 1999 nicht mehr vertraut sei, seine schulische oder berufliche Ausbildung in Deutschland fortsetzen könne, sei auch nicht ansatzweise geprüft worden. Ebenso wenig sei eine hinreichende Prüfung der Elterneignung der Annehmenden erfolgt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gemeindegerichts hätten die Adoptiveltern bereits im Bundesgebiet gelebt, so dass die Einschaltung einer deutschen Fachstelle erforderlich gewesen wäre. Die vom Gemeindegericht eingeholte Stellungnahme des Zentrums für Sozialarbeit in V… habe die gebotene umfassende Prüfung der persönlichen und sozialen Lebensumstände der Annehmenden am gewöhnlichen Hauptwohnort nicht ersetzen können. Sie beruhe im Übrigen, ebenso wie die gerichtliche Entscheidung, auf falschen Tatsachen. Dass der Kläger von seinem Onkel und seiner Tante großgezogen worden sei und mit diesen in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe, treffe schon angesichts der Feststellungen des Verwaltungsgerichts zum jeweiligen Aufenthalt im Bundesgebiet bzw. im Kosovo nicht zu. Zudem habe das Vormundschaftsgericht auch einen offensichtlichen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public übersehen. Eine zwingend gebotene persönliche Anhörung des Klägers im Adoptionsverfahren habe weder vor dem Gericht noch den befassten Sozialbehörden stattgefunden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Oktober 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Vorlage weiterer Unterlagen zum Adoptionsverfahren des Gemeindegerichts in V… die erstinstanzliche Entscheidung.

Die Beigeladene hat im Berufungsverfahren nicht Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die von der Beklagten und der Beigeladenen eingereichten Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der angegriffene Remonstrationsbescheid der Beklagten vom 13. August 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung des begehrten Visums zur Familienzusammenführung zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Nachzugsbegehrens ist § 32 Abs. 3 i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 4 AufenthG. Danach ist dem minderjährigen Kind eines Ausländers, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Aufenthaltserlaubnis in Form des Visums zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzen. Die gesetzliche Altersgrenze ist vorliegend erfüllt, da der mittlerweile volljährige Kläger zum Zeitpunkt der Beantragung des Visums im Juni 2006 noch 14 Jahre alt war (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: BVerwG, Urteil vom 26. August 2008 - 1 C 32/07 - BVerwGE 131, 370). Die Adoptiveltern des Klägers, zu denen der Nachzug stattfinden soll, sind auch unstreitig im Besitz der erforderlichen Aufenthaltstitel. Die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen liegen gleichfalls vor. Aufgrund der vor Vollendung des 16. Lebensjahres des Klägers ergangenen Adoptionsentscheidung des Gemeindegerichts in V…/Kosovo vom 12. April 2007, die im Inland anzuerkennen ist, sind M… und N…H… die allein personensorgeberechtigten Eltern des Klägers.

a) Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass für eine inzidente Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der kosovarischen Adoption im hiesigen aufenthaltsrechtlichen Verfahren kein Raum ist. Auf Anregung der Auslandsvertretung der Beklagten hat der Kläger bereits ein gesondertes Anerkennungsverfahren nach dem Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht (Adoptionswirkungsgesetz - AdWirkG) vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2950, 2953) durchgeführt. Mit Beschluss vom 11. April 2008 hat das Amtsgericht München als zuständiges Vormundschaftsgericht nach § 2 Abs. 1 AdWirkG festgestellt, dass die durch Beschluss des Gemeindegerichts in V… ausgesprochene Annahme des Klägers als Kind der Eheleute M… und N…H…anzuerkennen ist und damit zugleich eine Feststellung zum Umfang der Wirkung der ausländischen Adoption verbunden (§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AdWirkG). Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG wirkt die vom Vormundschaftsgericht beschlossene Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung für und gegen alle.

Ausweislich der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung trägt die den Entscheidungen der Vormundschaftsgerichte in § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG beigelegte Bindungswirkung vor allem dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit Rechnung (BT-Drs. 14/6011, S. 31). Die bis zum Erlass des Gesetzes bestehende Notwendigkeit für Gerichte und Behörden, die Gültigkeit und Reichweite einer im Ausland erfolgten Adoption jeweils erneut - ohne rechtliche Bindung an bereits ergangene Entscheidungen - zu prüfen, wurde als unbefriedigend angesehen. Bestand und Inhalt des durch einen ausländischen Adoptionsakt begründeten Kindschaftsverhältnisses sollte daher im Interesse der Adoptivfamilie und anderer Teilnehmer am Rechtsverkehr sowie staatlicher Stellen nicht nur für den zivilrechtlichen, sondern auch für den öffentlich-rechtlichen Bereich verbindlich geklärt werden (a.a.O., S. 28). Als Ergebnis eines erfolgreich durchgeführten Anerkennungs- und Wirkungsfeststellungsverfahrens sollte das Kind eine endgültig gesicherte Rechtsstellung erhalten; das zwischen dem Kind und seinen Adoptiveltern begründete Rechtsverhältnis sollte durch Fehler des ausländischen Adoptionsakts grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden können (a.a.O., S. 31). Angesichts der rechtlichen Tragweite des Verfahrens hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich dafür entschieden, die Zuständigkeit den Vormundschaftsgerichten zu übertragen und die Bundeszentralstelle für Auslandsadoption am Verfahren zu beteiligen. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass die Fachkompetenz der Bundeszentralstelle in die Entscheidungsfindung mit einfließt und die tatsächlich und rechtlich bedeutsamen Gesichtspunkte möglichst vollständig berücksichtigt und nach bundeseinheitlichen Maßstäben gewürdigt werden (a.a.O., S. 32).

Aufgrund der vom Kläger erwirkten, unter Beteiligung der Bundeszentralstelle für Auslandsadoption ergangenen vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung scheidet eine erneute Prüfung der Anerkennung der vom Gemeindegericht in V… ausgesprochenen Adoption danach aus. Soweit das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen dem Kläger und seinen Adoptiveltern eine Vorfrage im Rahmen der Prüfung der Nachzugsvoraussetzungen des § 32 Abs. 3 AufenthG darstellt, sind die Feststellungen des Vormundschaftsgerichts angesichts der gesetzlich normierten Bindungswirkung, die sich nicht nur auf die Anerkennung der Adoption, sondern auch auf deren Wirkungsumfang erstreckt, sowohl für die Beklagte als Behörde als auch für die Verwaltungsgerichte verbindlich. Insbesondere ist kein Raum für eine eigenständige Prüfung, ob die ausländische Adoptionsentscheidung gegen den deutschen ordre public verstößt. Das Vorliegen von Anerkennungshindernissen im Sinne des zum Zeitpunkt des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts noch geltenden § 16 a FGG (nunmehr: § 109 FamFG) ist im Rahmen des Verfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz zu prüfen und vom Amtsgericht München ausweislich der Gründe seines Beschlusses auch geprüft worden.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht eine Durchbrechung der Bindungswirkung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG verneint. Mit Blick auf die vorstehend dargelegte Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit der Einführung eines gesonderten Anerkennungsverfahrens verfolgt hat, kommt eine Durchbrechung allenfalls in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts an einem so offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel leidet, dass sie wegen greifbarer Rechtswidrigkeit als wirkungslos zu behandeln ist (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 19. Oktober 2006 - 3 Bf 275/04 - InfAuslR 2007, 301; eine Ausnahme von der Bindungswirkung grundsätzlich ablehnend dagegen: VG Berlin, Urteil vom 31. März 2004 - 25 V 58.03 - juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Der Hinweis der Beklagten, dass die Feststellung des Vormundschaftsgerichts in Ziffer 2 des Beschlusses nicht der kosovarischen Rechtslage entspricht, vermag einen offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel nicht zu begründen. Dass die unzutreffende Auslegung des ausländischen Rechts bereits durch die Lektüre des Beschlusses aus sich heraus erkennbar sei, trifft nicht zu. Die Beschlussgründe geben dafür ebenso wenig her wie die vom Vormundschafts-gericht eingeholte Stellungnahme der Bundeszentralstelle für Auslandsadoption vom 18. Februar 2008. Die von der Bundeszentralstelle abgegebene Stellungnahme ist vielmehr, wie auch der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, schon in sich nicht schlüssig. Einerseits wird darauf verwiesen, dass die - hier vorliegende - Adoption durch Verwandte zweiten oder dritten Grades nach kosovarischem Recht lediglich schwache Wirkung entfalte und daher bei einer Anerkennung der Adoption zugleich eine Feststellung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AdWirkG zu treffen sei (S. 3, 5 der Stellungnahme). Andererseits verweist die Bundeszentralstelle im Widerspruch zu dieser vom Vormundschaftsgericht ausgesprochenen Wirkungsfeststellung darauf, dass bei einer Adoption durch Verwandte zweiten/dritten Grades (lediglich) die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern erlöschen, die übrigen verwandtschaftlichen Beziehungen aber bestehen bleiben (S. 3). Nach Art. 192 Abs. 1 des Familiengesetzes des Kosovo vom 20. Januar 2006 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Kosovo, 186. Lieferung, S. 66) ist allein die letztgenannte Auslegung zutreffend. Aufgrund des Abbruchs der Beziehungen zu den leiblichen Eltern handelt es sich um eine Adoption mit starker Wirkung. Angesichts der widersprüchlichen Ausführungen der Bundeszentralstelle kann der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts indes kein offensichtlicher und schwerwiegender Rechtsmangel entgegengehalten werden. Dies gilt auch, soweit die Beklagte bereits wegen der fehlerhaften Prüfung einer schwachen Adoption davon ausgeht, dass das Vormundschaftsgericht einen offensichtlichen Verstoß gegen den deutschen ordre public übersehen habe.

Die darüber hinaus geltend gemachten Einwände, mit denen die Beklagte bezweifelt, dass das Gemeindegericht in V… eine den unabdingbaren Grundsätzen des deutschen Kindschaftsrechts entsprechende Kindeswohlprüfung bei seiner Adoptionsentscheidung vorgenommen hat, vermögen eine Durchbrechung der Bindungswirkung des vormundschaftsgerichtlichen Beschlusses gleichfalls nicht zu rechtfertigen. Zwar sind die im Einzelnen ausgeführten Bedenken der Beklagten, die sich auf einen vom Vormundschaftsgericht nicht beachteten offensichtlichen Verstoß gegen den materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen ordre public beziehen, nicht von der Hand zu weisen. Die Frage, ob im Adoptionsverfahren eine ausreichende Prüfung eines Adoptionsbedürfnisses, der Elterneignung der Annehmenden und des Vorliegens einer Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem Kläger und seinen Adoptiveltern stattgefunden hat, mag durchaus - worauf bereits das Verwaltungsgericht verwiesen hat - zweifelhaft sein. Diese Zweifel können jedoch nicht dazu führen, dass die Anerkennungsentscheidung des Vormundschaftsgerichts wegen greifbarer Rechtswidrigkeit als wirkungslos zu behandeln ist. Dass der Beschluss des Vormundschaftsgerichts möglicherweise inhaltlich unrichtig ist, genügt für die Annahme, dem Beschluss hafte ein offensichtlicher und schwerwiegender rechtlicher Mangel an, nicht. Eine Verkennung eines vorliegenden Anerkennungshindernisses erschließt sich allenfalls bei näherer Befassung mit der Sach- und Rechtslage, insbesondere der konkreten Umstände des Einzelfalles. Im Ergebnis läuft die von der Beklagten reklamierte Durchbrechung der Bindungswirkung daher auf eine vollständig neue inhaltliche Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der Adoption hinaus, die ersichtlich der Zielsetzung des Anerkennungsverfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz widerspricht. So kann dem Vormundschaftsgericht und der ordnungsgemäß beteiligten Bundeszentralstelle ausweislich der beigezogenen Verfahrensakte nicht verborgen geblieben sein, dass es sich bei der Entscheidung des kosovarischen Gerichts um eine Auslandsadoption handelt. Trotz der entsprechenden Angaben, die sich bereits der Begründung des Anerkennungsantrages entnehmen lassen, hat die Bundeszentralstelle in ihrer Stellungnahme die Auffassung vertreten, dass den Grundanforderungen an einen Adoptionsausspruch nach deutschen Vorstellungen Genüge getan sei. Im Rahmen der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Gemeindegerichts hat sie dabei insbesondere die Gesichtspunkte der fachlichen Begutachtung der Adoptionsbewerber und des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses angesprochen und im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken gegen die Anerkennung der Adoptionsentscheidung gesehen. Unter diesen Umständen kann die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, das ausdrücklich auf die Stellungnahme der Bundeszentralstelle Bezug genommen hat, nicht als offensichtlich fehlerhaft angesehen und wegen eines schwerwiegenden rechtlichen Mangels als wirkungslos behandelt werden. Die Beteiligung der Bundeszentralstelle dient - wie vorstehend darlegt - gerade der verfahrensrechtlichen Absicherung des Anerkennungsverfahrens, das unter Heranziehung ihrer Fachkompetenz durchgeführt werden soll.

c) Soweit die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts danach Bindungswirkung entfaltet, ist durch die im Inland anzuerkennende Annahme als Kind ein dauerhaftes Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Kläger und seinen Adoptiveltern begründet worden. Aufgrund der Feststellung in Ziffer 3 des vormundschaftsgerichtlichen Beschlusses, dass das Annahmeverhältnis in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht der Annehmenden einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichsteht, steht den Adoptiveltern auch das alleinige Personensorgerecht zu. Zu den Wirkungen eines nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnisses gehört nach § 1754 Abs. 3 BGB der Übergang der elterlichen Sorge auf die Adoptiveltern. Die Feststellung in Ziffer 2 des Beschlusses - kein Erlöschen des Eltern-Kind-Verhältnisses zu den bisherigen Eltern - hat damit ungeachtet der Tatsache, dass sie nicht im Einklang mit der kosovarischen Rechtslage steht, nur Bedeutung für sonstige Rechtsbeziehungen zu den bisherigen Eltern (beispielsweise Erbrechte), nicht aber für den Bereich der elterlichen Sorge.

2. Der Kläger erfüllt auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Visums. Die nachgewiesenen Einkommensverhältnisse der Adoptiveltern reichen unstreitig zur Sicherung des Lebensunterhalts des nachzugswilligen Klägers aus (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war der Lebensunterhalt auch zum Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres des Klägers gesichert. Ausreichender Wohnraum stand und steht gleichfalls zur Verfügung (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.