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Entscheidung 10 UF 10/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 16.10.2012
Aktenzeichen 10 UF 10/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 16. November 2011 unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller für die minderjährige C… K…, geboren am …. November 2003, Kindesunterhalt für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 28. Februar 2011 in Höhe von 92 € monatlich nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 92 € seit dem 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011 und 01.02.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin zu 5 % und dem Antragsteller zu 95 % zur Last.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.736 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene Verpflichtung, an den Antragsteller für die gemeinsame minderjährige Tochter der Beteiligten, C… K…, ab Februar 2010 den Mindestunterhalt zu zahlen.

Die 35 Jahre alte Antragsgegnerin hat aus ihrer ersten Ehe zwei minderjährige Kinder, J…, geboren am ….3.1998, und N…, geboren am ….7.2000. Die Kinder leben in C… im Haushalt des Vaters, der zunächst für beide Kinder und seit Juli 2012 nur noch für J… Unterhaltsvorschuss bezieht. Die Antragsgegnerin zahlte und zahlt keinen Unterhalt für die Kinder und wird derzeit weder durch die Unterhaltsvorschusskasse noch durch den Vater der Kinder auf rückständigen oder laufenden Kindesunterhalt in Anspruch genommen.

Am ….11.2003 wurde C…, die gemeinsame Tochter der Beteiligten, geboren. Die Beteiligten heirateten im Jahr 2005. Nach der Trennung im September 2009 wohnte C… zunächst bei der Antragsgegnerin. Seit dem 23.12.2009 lebt das Kind im Haushalt des Antragstellers, der ab Juli 2010 für C… Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 180 € monatlich bezieht. Ab September 2009 bis einschließlich Februar 2011 erhielt die Antragsgegnerin vom Antragsteller Trennungsunterhalt in Höhe von 575 € monatlich. Die Ehe der Beteiligten wurde am 14.11.2011 rechtskräftig geschieden.

Die Antragsgegnerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Eine Lehre als Verkäuferin hat sie begonnen, aber nicht beendet. Im Jahr 1999 arbeitete sie mehrere Monate an einer Tankstelle mit einem Verdienst von ca. 300 € monatlich. In der Zeit von 2001 bis 2003 nahm sie an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für jeweils ein Jahr mit einem monatlichen Verdienst von ca. 950 € teil. Nach der Geburt der Tochter C… war die Antragsgegnerin bis ca. ein Jahr nach der Trennung vom Antragsteller nicht erwerbstätig. Seit dem 20.10.2010 ist sie bei der B… GmbH als Sicherungsposten beschäftigt.

Nach schriftlichen Aufforderungen vom 11.2.2010 und 11.2.2011 hat der Antragsteller im Juni 2011 das vorliegende Verfahren eingeleitet und die Antragsgegnerin auf Zahlung des Mindestunterhalts – unter teilweisem Abzug von Unterhaltsvorschuss - für die gemeinsame Tochter C… ab Februar 2010 in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Antrags begehrt.

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.11.2011 dem Antrag des Antragstellers in vollem Umfang stattgegeben und die Antragsgegnerin für die Zeit ihrer Erwerbslosigkeit ab Februar 2010 unter Zurechnung fiktiver Einkünfte und ab Oktober 2010 auf der Grundlage tatsächlicher Einkünfte zur Zahlung des Mindestunterhalts verpflichtet, wobei für die Zeit von August 2010 bis einschließlich November 2011 der bis dahin gezahlte Unterhaltsvorschuss in Abzug gebracht worden ist.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die keinen Kindesunterhalt zahlen will, da sie nicht leistungsfähig sei. Sie macht insbesondere geltend, die ihr von ihrem Arbeitgeber erstatteten Reisekosten für die Fahrten mit ihrem privaten PKW zu den wechselnden Einsatzorten auf freier Bahnstrecke stünden nicht für den Unterhalt zur Verfügung, da die Erstattung den ihr tatsächlich entstandenen Fahrtkostenaufwand nicht decken würde. Bei der Berechnung des Unterhalts für C… seien ihre beiden weiteren unterhaltsberechtigten Kinder J… und N… zu berücksichtigen. Sie habe monatlich an die …-Krankenversicherung auf eine Nachzahlungsverpflichtung Raten von 30 €, an eine private Arbeitsagentur für die Vermittlung ihrer jetzigen Arbeitsstelle 100 € und an den Landkreis … auf ein Darlehen des Grundsicherungsamtes Raten von 50 € zu zahlen. Zudem müssten die ihr durch die Wahrnehmung des Umgangs mit ihren drei Kindern entstehenden Kosten berücksichtigt werden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts abzuändern und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung,

die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass für die Zeit von Dezember 2011 bis einschließlich September 2012 Unterhalt in Höhe von 180 € an die Unterhaltsvorschusskasse und in Höhe von 92 € monatlich an ihn zu zahlen sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin führt zu einer teilweisen Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem aus dem Beschlusstenor im Einzelnen zu entnehmenden Umfang.

Die Antragsgegnerin ist grundsätzlich zur Zahlung von Unterhalt für ihr im Haushalt des Vaters lebendes Kind, dessen Bedürftigkeit außer Frage steht, nach §§ 1601, 1602 BGB verpflichtet. Trotz der zwischenzeitlich rechtskräftig geschiedenen Ehe der Beteiligten kann der Antragsteller den Unterhaltsanspruch des gemeinsamen Kindes bis zu einem endgültigen Abschluss dieses Verfahrens gem. § 1629 III BGB weiterhin im eigenen Namen geltend machen (vgl. dazu Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 10, Rz. 51; Verfahrenshandbuch Familiensachen/Schael, 2. Aufl., § 1, Rz. 247).

Der Unterhalt kann wegen der Zahlungsaufforderung vom 11.2.2010 dem Grunde nach ab Februar 2010 gefordert werden, § 1613 I BGB. Der Antragsteller kann für die minderjährige Tochter grundsätzlich auch den Mindestunterhalt von derzeit 272 € verlangen (vgl. Wendl/ Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 224, 342). Die Antragsgegnerin ist jedoch nach ihren tatsächlichen und ihr gem. § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB fiktiv zuzurechnenden Einkünften nur teilweise leistungsfähig.

In der Zeit von Februar 2010 bis zum Beginn ihrer Erwerbstätigkeit im Oktober 2010 verfügte die Antragsgegnerin ausschließlich über den ihr vom Antragsteller gezahlten Trennungsunterhalt in Höhe von 575 € monatlich. Diese Einkünfte deckten nicht einmal den notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen von 770 €, weshalb sie tatsächlich nicht zur Zahlung von Kindesunterhalt in der Lage war.

Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird jedoch nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und eine einträgliche Erwerbstätigkeit auszuüben (vgl. Wendl/Klink-hammer, a.a.O., 8. Aufl., § 2, Rz. 244). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung auf Grund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltsschuldner eine erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit gerecht geworden zu sein, so muss er sich ein in zumutbarer Weise fiktiv erzielbares Einkommen zurechnen lassen.

Nach dem Aufenthaltswechsel von C… in den väterlichen Haushalt am 23.12.2009 und dem Eingang der Zahlungsaufforderung vom 11.2.2010 setzte die Barunterhaltspflicht der Antragsgegnerin mit Blick auf ihre gem. § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB erheblich gesteigerte Unterhaltspflicht ein, so dass sie gehalten war, mit intensiven Bemühungen um eine vollschichtige Beschäftigung zu beginnen. Erwerbsbemühungen sind nicht dargetan. Daher muss sich die Antragsgegnerin wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit ein ihr erzielbares Einkommen zurechnen lassen.

Die Zurechnung fiktiver Einkünfte kommt jedoch nicht bereits ab Februar 2010 in Betracht. Denn bis zum Wechsel von C… in den Haushalt des Vaters im Dezember 2009 traf die Antragsgegnerin in Bezug auf C… keine Barunterhaltspflicht. Da nicht angenommen werden kann, dass die Antragsgegnerin selbst bei ausreichenden Bemühungen sogleich zu Beginn des Unterhaltszeitraums zum 1.2.2010 eine ausreichend entlohnte Arbeitsstelle gefunden hätte, ist ihr eine angemessene Übergangszeit für das Auffinden einer entsprechenden Arbeitsmöglichkeit zuzubilligen (vgl. Wendl/ Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rn. 245). Diese kann regelmäßig mit drei bis sechs Monaten ab der Inanspruchnahme angenommen werden. Unter Würdigung aller Umstände, so einerseits des Alters der Antragsgegnerin, die zu Beginn des Unterhaltszeitraums gerade 33 Jahre alt war, der Tatsache, dass sie zeitlich flexibel ist, keine Kinder zu betreuen hat und gesundheitlich nicht eingeschränkt ist, andererseits aber bereits seit 2003 nicht erwerbstätig war, hält der Senat eine Übergangszeit bis einschließlich Juni 2010 für angemessen. Ab Juli 2010 ist ihr mithin ein fiktives Einkommen zurechenbar.

Die Höhe fiktiver Einkünfte ist im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO zu ermitteln (vgl. Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rn. 793). Maßgeblich ist das erzielbare Einkommen. Dieses kann hier jedenfalls mit dem von der Antragsgegnerin ab Oktober 2010 tatsächlich erzielten Erwerbseinkommen aus ihrer Tätigkeit als Sicherungsposten angenommen werden. Ausweislich der vorgelegten Einkommensbelege beträgt das durchschnittliche Nettoeinkommen der Antragsgegnerin 1.300,75 € monatlich. Die darin enthaltenen pauschalen und konkret abgerechneten Kosten für die dienstlich veranlassten Fahrten von durchschnittlich 582 € monatlich sind jedoch – entgegen der Ansicht des Amtsgerichts – in voller Höhe vom Einkommen abzusetzen, so dass lediglich rund 719 € verbleiben. Unterhaltsrechtlich werden Reisekosten zwar zunächst als Einkommen behandelt. Die durch die beruflich veranlassten Fahrten tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwendungen sind jedoch in vollem Umfang abzuziehen, wenn solche Entgelte im konkreten Fall oder nach der Lebenserfahrung nur einen tatsächlich anfallenden Mehraufwand abdecken (vgl. Wendl/ Dose, a.a.O., § 1, Rz. 79). Dies ist vorliegend der Fall. Die wechselnden Einsatzorte kann die Antragsgegnerin mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichen, da sie jeweils auf freier Bahnstrecke liegen. Für die insoweit unterhaltsrechtlich anzuerkennende Nutzung ihres privaten PKW erhält die Antragsgegnerin von ihrem Arbeitgeber eine Fahrtkostenerstattung in durchschnittlicher Höhe von 582 € monatlich. Aus den vorgelegten Reisekostenabrechnungen ergeben sich im Monatsdurchschnitt Dienstfahrten in einem Umfang von rund 2.323 km. Setzt man die Kosten für die PKW-Nutzung mit der im Unterhaltsrecht üblichen Kilometerpauschale von 0,25 € an (vgl. dazu Ziffer 10.2.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts), so ergibt sich ein Fahrtkostenaufwand von rund 581 € (= 2.323 km x 0,25 €/km), was fast exakt dem Betrag der monatlichen Reisekosten entspricht. Damit kann davon ausgegangen werden, dass die durch den Arbeitgeber gezahlten Fahrtkosten die der Antragsgegnerin tatsächlich entstehenden Aufwendungen abdecken, ohne dass ihr ein nennenswerter Überschuss verbleibt. Das unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Nettoerwerbseinkommen ist daher lediglich mit 719 € anzusetzen. Damit ergibt sich für die Zeit bis Februar 2011, in der die Antragsgegnerin noch Trennungsunterhalt von 575 € erhalten hat, ein Gesamteinkommen von jedenfalls 1.294 € (= 719 € + 575 €).

Die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Ratenzahlungen betreffen diesen Unterhaltszeitraum noch nicht, da ausweislich der vorgelegten Aufforderungsschreiben die Zahlungsverpflichtungen gegenüber der v… Arbeitsvermittlungs GbR erst ab März 2011, gegenüber dem Landkreis … ab April 2011 und gegenüber der … Krankenversicherung frühestens ab Juni 2011 bestanden bzw. geltend gemacht worden sind.

Die der Antragsgegnerin durch die Wahrnehmung des Umgangs mit allen drei Kindern notwendig entstehenden Kosten sind vom Einkommen abzuziehen. Diese sind dem Grunde nach als unumgängliche Schuld berücksichtigungswürdig, da die Ausübung des Umgangsrechts verfassungsrechtlich geschützt ist (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rn. 1085; BGH, FamRZ 2009, 1900; FamRZ 2003, 445). Dies gilt insbesondere für hohe Fahrtkosten, die zur Durchführung des Umgangs erforderlich und nicht anderweitig abgedeckt sind, so dass der Unterhaltspflichtige sie aus seinem notwendigen Selbstbehalt aufbringen müsste (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rn. 1085, § 2, Rz. 272; BGH, FamRZ 2005, 706). Denn das Unterhaltsrecht darf nicht dazu führen, dass der Unterhaltsschuldner sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung unter Berücksichtigung des Kindeswohls nicht oder nur in eingeschränktem Umfang auszuüben könnte (vgl. BVerfG, FamRZ 2003, 1371; Büttner/ Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Aufl., Rz. 1037). Voraussetzung für eine Berücksichtigung ist, dass genügend Anhaltspunkte für eine Bestimmung der Höhe der monatlich anfallenden Umgangskosten durch den Unterhaltsverpflichteten dargetan sind. Vorliegend hat die Antragsgegnerin zwar nicht im Einzelnen dargelegt, wann und wie häufig sie den Umgang mit ihren drei Kindern im Unterhaltszeitraum tatsächlich wahrgenommen hat. Unwidersprochen hat sie aber zumindest alle vier Wochen die Kinder am Wochenende aus C… bzw. W… zu sich nach G… geholt und jeweils wieder zurück gebracht. Daher können die durch diese Fahrten entstehenden Kosten in der preisgünstigsten Variante berücksichtigt werden. Nach Auskunft des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg kostet ein Einzelfahrschein vom Wohnort der Antragsgegnerin in G… nach W…, dem Wohnort von C…, für einen Erwachsenen 2,60 € und für ein Kind 1,90 €, so dass je Umgang Kosten in Höhe von 14,20 € [= (4 x 2,60 €) + (2 x 1,90 €)] anfallen. Von G… nach C…, dem Wohnort der beiden anderen Kinder, kostet ein Einzelfahrschein für einen Erwachsenen 6,50 € und für ein Kind 4,80 €, so dass hier insgesamt 45,20 € [= (4 x 6,50 €) + (4 x 4,80 €)] anzusetzen sind. Die Fahrtkosten betragen demnach insgesamt rund

 60 € (= 14,20 € + 45,20 €).

Zieht man von dem oben ermittelten Einkommen von 1.294 € die Umgangskosten mit 60 € ab, verbleiben 1.234 €. Unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts eines Erwerbstätigen von 900 € im Jahr 2010 und 950 € ab dem Jahr 2011 stehen 334 € (= 1.234 € - 900 €) bzw. 284 € (= 1.234 € - 950 €) für Kindesunterhaltszahlungen zur Verfügung.

Grundsätzlich ist das unterhaltspflichtige Einkommen eines Unterhaltsschuldners nach Abzug des Selbstbehalts auf alle minderjährigen Kinder aufzuteilen. Kinder, für die der Verpflichtete trotz bestehender Unterhaltspflicht keinen Unterhalt zahlt, sind jedoch dann nicht zu berücksichtigen, wenn eine Zahlungspflicht für die Vergangenheit ausscheidet (vgl. Büttner/Niep-mann/Schwamb, a.a.O., Rz. 103). Dies ist hinsichtlich der nicht am Verfahren beteiligten Kinder J… und N… jedenfalls für die Vergangenheit der Fall, da weder der Vater noch der den Kindern Unterhaltsvorschuss gewährende Landkreis die Antragsgegnerin für die Vergangenheit auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen hat bzw. nimmt.

Im Ergebnis ist die Antragsgegnerin somit in der Zeit von Juli 2010 bis Ende Februar 2011 unter Zurechnung eines fiktiven Einkommens bzw. aufgrund ihrer tatsächlichen Einkünfte zur Leistung des Mindestunterhalts von 272 € in der Lage. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin entsprechend dem Antrag des Antragstellers nur für Juli 2010 zur Zahlung dieses Betrages und für die Zeit von August 2010 bis Februar 2011 wegen des an den Antragsteller geleisteten Unterhaltsvorschusses von 180 € zur Zahlung von 92 € verpflichtet. Da der Antragsteller tatsächlich aber bereits seit Juli 2010 Unterhaltsvorschuss in Höhe von 180 € erhalten hat, ist der Unterhaltsanspruch auch insoweit gemäß § 7 Abs. 1 UVG auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen, sodass die Antragsgegnerin auch für diesen Monat nur 92 € an den Antragsteller zu zahlen hat. Im Übrigen verbleit es für diesen Zeitraum bei der Entscheidung des Amtsgerichts.

Ab März 2011 steht der Antragsgegnerin wegen des Wegfalls des Trennungsunterhalts nur noch ihr bereinigtes Nettoeinkommen von 719 € monatlich zur Verfügung. Damit ist sie mit Blick auf ihren eigenen notwendigen Selbstbehalt von 950 € zur Zahlung von Kindesunterhalt tatsächlich nicht in der Lage. Sie muss sich aber fiktives Einkommen, das sie unter gesteigerter Ausnutzung ihrer Arbeitskraft erzielen könnte, zurechnen lassen. Denn die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, sich um ausreichendes Erwerbseinkommen zu bemühen, besteht nicht nur im Falle der Arbeitslosigkeit. Übt der Unterhaltspflichtige eine unzureichend vergütete Erwerbstätigkeit aus, so ist er gehalten, sich um eine besser bezahlte Anstellung zu bemühen (vgl. Senat, FamRZ 2011, 1302; Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2, Rz. 244). Derartige Bemühungen hat die Antragsgegnerin hingegen nicht angestellt. Dass sie eine besser bezahlte Tätigkeit, als sie sie tatsächlich innehat, nicht bekommen kann, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegnerin nicht dargetan. Das ergibt sich auch nicht aus ihrem allgemeinen Hinweis auf die ungünstige Arbeitsmarktlage und ihre grundsätzlich anzuerkennenden Schwierigkeiten bei der Stellensuche durch die fehlende Berufsausbildung (vgl. dazu Büttner/Niepmann/Schwamb, a.a.O., Rz. 717).

Allerdings können der Antragsgegnerin im Hinblick auf die fehlende Berufsausbildung und die geringe Berufserfahrung, die ausschließlich im Niedriglohnbereich gesammelt wurde, lediglich Einkünfte aus einer ungelernten Tätigkeit, etwa als Hausmeisterin, Putzhilfe oder Verkäuferin, zugerechnet werden. Damit könnte die 33 Jahre alte Antragsgegnerin ein anrechenbares Einkommen (vgl. dazu BGH, FamRZ 2009, 314) von rund 1.000 € erzielen.

Von diesem fiktiven Einkommen sind jedoch wiederum die angemessenen Umgangskosten mit 60 € und der notwendige Selbstbehalt von 950 € abzuziehen. Damit verbleibt kein für den Kindesunterhalt zur Verfügung stehendes Einkommen. Die Antragsgegnerin ist leistungsunfähig und daher im Ergebnis ab März 2011 nicht mehr zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet. Der Beschluss des Amtsgerichts ist insoweit abzuändern.

Die Zinsforderung ist nach §§ 286, 288 BGB berechtigt.

Die Kostenentscheidungen folgt aus § 243 FamFG.