Gericht | VG Potsdam 11. Kammer | Entscheidungsdatum | 03.12.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 11 K 199/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 227 AO, § 88 Abs 1 S 1 AO, § 88 Abs 1 S 3 AO, § 90 Abs 1 AO, § 114 VwGO |
1. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten um einen Grundsteuererlass gemäß 227 AO für die Jahre 1999 – 2004.
Betroffen hiervon sind die heute im Grundbuch von ..., Blatt ..., verzeichneten klägerischen Grundstücke Gemarkung ..., Flur 5, Flurstücke
83 (1.232 m²) mit der postalischen Anschrift ... 1 + 2,
84 (1.349 m²) mit der postalischen Anschrift ... 3 + 4,
85 (1.451 m²) mit der postalischen Anschrift ... 5 + 6,
86 (1.381 m²) mit der postalischen Anschrift ... 7 + 8 und
87 (1.334 m²) mit der postalischen Anschrift ... 9 + 10.
Diese waren früher Teil des Flurstückes 58 (124.534 m²), für das im Grundbuch von ..., Blatt 1210, die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümerin eingetragen war.
Mit Bescheiden vom 4./17. Dezember 2003 setzte das Finanzamt ... -Stadt erstmalig die Grundsteuermessbeträge für die streitbefangenen Grundstücke im Rahmen einer Neuveranlagung auf den 1. Januar 1998 neu fest, wobei es noch für jedes der 10 Hausnummern von einer jeweils eigenen wirtschaftlichen Einheit ausging. Wegen des Eintritts der Verjährung sollten die Beträge aber erst ab dem 1. Januar 1999 gelten. Unter dem 25. März bzw. 7. April 2004 kam es dann zu einigen weiteren Grundsteuermessbescheiden mit Wirkung auf den 1. Januar 2004. Unter dem 22. Dezember 2004 wurden die ursprünglichen Grundsteuermessbescheide vom 4./17. Dezember 2003 mit Wirkung auf den 1. Januar 1998 geändert. Wegen des Eintritts der Verjährung sollten die geänderten Beträge aber erst ab dem 1. Januar 2000 gelten. Sodann hob das Finanzamt die gesonderten wirtschaftlichen Einheiten mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 bzw. 2002 bzw. 2003 auf und erließ unter dem 13./17. Januar 2005 jeweils für die einzelnen Doppelhäuser auf den Grundstücken einen zusammengefassten Grundsteuermessbetrag und hob mit Bescheiden vom 1. Februar 2005 die Grundsteuermessbescheide vom 25. März 2004 wieder auf. Unter dem 17. Februar bzw. 13. Oktober 2005 wurden dann für die aufgehobenen Bescheide neue Festsetzungen getroffen.
Jeweils auf der Grundlage dieser Grundsteuermessbeträge zog der Beklagte den Kläger erstmals mit Grundsteuerbescheid vom 16. März 2004 für die Jahre 1999 – 2004 zur Zahlung von Grundsteuer B in Höhe von insgesamt 13.847,96 € heran. Aufgrund der Änderungen bei den Grundsteuermessbeträgen, die vom Beklagten jeweils zeitnah mit Änderungsbescheiden nachvollzogen wurden, ergab sich im Ergebnis noch eine Belastung des Klägers in Höhe von insgesamt 6.985,05 €. Die gegen diese Bescheide vom Kläger erhobenen Widersprüche nahm dieser mit Schreiben vom 12. März 2005 zurück.
Mit Schreiben vom 15. November 2004 stellte der Kläger den Antrag auf Erlass der Grundsteuer für die Jahre 1999 – 2004. Zur Begründung wies er darauf hin, dass es keine Möglichkeit mehr gebe, für die zurückliegenden Jahre die Grundsteuern über die Betriebskosten an die Bewohner weiterzugeben, zumal insoweit auch keine Vorauszahlungen erhoben worden seien. Auch seien viele der damaligen Bewohner zwischenzeitlich verzogen und könnten somit auch aus diesem Grunde nicht mehr herangezogen werden. Mit weiteren Schreiben vom 12. März 2005 wies er ergänzend darauf hin, dass die gesamte Liegenschaft der Zwangsverwaltung eines Treuhänders unterliege, die eingetragenen Zwangssicherungshypotheken den Wert der Grundstücke bei weitem überstiegen, wodurch die Inanspruchnahme notwendiger Kredite zum Erhalt der Gebäudesubstanz verhindert werde. Mit seinen nur geringen Renteneinkünften könne er die notwendigen Maßnahmen nicht finanzieren. Mit einem weiteren Schreiben vom 26. Dezember 2005 reichte er dann einige Unterlagen zum Nachweis der von ihm beschriebenen Situation ein; wobei er sich auf die Vorlage von Grundbuchauszügen des Grundbuches von ..., Blatt 1210, beschränkte.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2006 lehnte der Beklagte den beantragten Erlass ab. Zur Begründung wies er darauf hin, dass sachliche Unbilligkeitsgründe nicht gegeben seien, da die Steuerfestsetzungen offensichtlich rechtmäßig seien und der Kläger die hiergegen erhobenen Widersprüche zurückgenommen habe. Persönliche Unbilligkeitsgründe lägen ebenfalls nicht vor, weil die vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2004 lediglich die Leibrente auswiesen. Dagegen sei nicht ersichtlich, auf welcher Tatsachengrundlage es zu den Feststellungen des Verlustvortrages aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2002 und 2004 gekommen sei. Überdies habe der Kläger keine Kreditunwürdigkeitsbescheinigung seiner Bank eingereicht. Letztlich seien die Angaben zur dinglichen Belastung der Grundstücke nicht mehr aktuell, da die vom Kläger dargelegten Umstände bereits am 9. Oktober 2002 im Grundbuch gelöscht worden seien.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 13. Juli 2006 Widerspruch ein, zu deren Begründung im anwaltlichen Schreiben vom 14. August 2006 darauf hingewiesen wird, dass eine Zurechnung der Grundstücke an den Kläger frühestens zum 1.1.2002 hätte erfolgen dürfen, da die Grundstücke erst im August 2001 an den Kläger aufgelassen worden seien. Zudem habe der Kläger seine Einkommenssituation vollständig und ausreichend dargestellt. Die Grundstücke wären grundsätzlich zwar geeignet, die wirtschaftliche Existenz des Klägers zu sichern. Hierfür sei aber erforderlich, die Gebäude mit erheblichen finanziellen Mitteln zu reparieren, zu modernisieren und zu renovieren. Diese finanziellen Mittel stünden dem Kläger aber nicht zur Verfügung, weil er die aufzunehmenden Kredite dinglich nicht absichern könne. Die geforderte Bescheinigung seiner Bank könne der Kläger nicht vorlegen, weil eine Kreditunwürdigkeitsprüfung mangels Erfolgsaussichten gar nicht erst vorgenommen worden sei.
Mit Schreiben vom 17. November 2006 übersandte der Beklagte an den Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Fragebogen, der ausgefüllt und unter Beifügung der dort geforderten Unterlagen bis zum 8. Dezember 2006 zurückgesandt werden sollte, was jedoch nicht geschah.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ergänzend wies er darauf hin, dass die Zurechnung der Grundstücke auf den Kläger zum 1. Januar 1998 aufgrund der Bindungswirkungen des Grundsteuermessbescheides zugunsten des Klägers nicht berücksichtigt werden könne. Für den Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen reiche eine vorübergehende angespannte finanzielle Situation des Steuerpflichtigen alleine nicht aus, da hier regelmäßig durch eine Stundung geholfen werden könne. Im Übrigen sei dem Kläger beim Erwerb der Grundstücke der Zustand der aufstehenden Baulichkeiten bewusst gewesen. Angesichts dessen seien die wirtschaftlichen Folgen, deren Ursachen mehr oder weniger auf seiner eigenverantwortlichen Entscheidung beruhten, von ihm selbst zu vertreten. Die eingetragene Zwangssicherungshypothek könne nicht mehr berücksichtigt werden, weil diese auf der Auflassungsvormerkung ruhende Belastung bereits am 9. Oktober 2002 wieder gelöscht worden sei. Unabhängig hiervon sei festzustellen, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht nachgekommen sei und keine ausreichenden Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse erbracht habe, so dass sich seine Erlassbedürftigkeit auch nicht hinreichend beurteilen lasse.
Am 2. Februar 2007 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Erlassbegehren weiterverfolgt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. November 2012 hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Juni 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2007 zu verpflichten, ihm die für die Grundstücke „... -... , ... 1 – 10“ festgesetzten Grundsteuern für die Jahre 1999 – 2004 zu erlassen, hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Juni 2006 und des Widerspruchs-bescheides vom 5. Januar 2007 zu verpflichten, über den Antrag auf Erlass der für die Grundstücke „... -... , ... 1 – 10“ festgesetzten Grundsteuern für die Jahre 1999 – 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Mit Schriftsatz vom 26. November 2013 hat der Kläger zusätzlich beantragt festzustellen, dass die für die Jahre 1999 – 2004 für die Grundstücke „-..., ... 1 – 10“ zu zahlenden Grundsteuerbeträge durch Zahlungsverjährung erloschen seien.
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt der Kläger ausdrücklich nur noch,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Juni 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2007 zu verpflichten, über den Antrag auf Erlass der für die Grundstücke „... -..., ... 1 – 10“ festgesetzten Grundsteuern für die Jahre 1999 – 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge für dieses Verfahren als auch den beigezogenen Verwaltungsvorgang aus dem Erlassverfahren nach § 33 GrStG für das Jahr 2009 verwiesen.
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingestellt. Entgegen der vom Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung sieht die Kammer insbesondere den mit Schriftsatz vom 26. November 2013 gestellten Feststellungsantrag nicht nur „als angekündigt“, sondern als wirksam gestellt an. Denn bei verständiger Auslegung dieses Antrages im Sinne der §§ 82 Abs. 1 Satz 2, 88 VwGO und in Verbindung mit dem diesbezüglichen Vortrag zur Zahlungsverjährung musste das Gericht im Verhältnis zu den bisher gestellten Anträgen bzw. dem diesbezüglichen Vortrag von einer entsprechenden Klageerweiterung ausgehen, zumal in dem genannten Schriftsatz auch ausdrücklich auf die geänderte Priorität der Anträge hingewiesen wurde. Die im Hinblick auf § 43 Abs. 2 VwGO nicht gegebene Zulässigkeit erkennend, hat dann der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Beklagten unter Beibehaltung des Vortrags zur Verjährung ausdrücklich die Erteilung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 218 Abs. 2 AO geltend gemacht. Das „Nichtstellen“ des Feststellungsantrages wertet die Kammer deshalb als konkludente Klagerücknahme, der mit dem Einstellungsausspruch zu entsprechen war. Entsprechendes gilt auch für den mit Schriftsatz vom 23. November 2012 ausdrücklich gestellten Verpflichtungsantrag. Da dieser in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung nur noch gestellten Bescheidungsantrag auf dasselbe wirtschaftliche Interesse gerichtet ist und nach dem Streitwertkatalog 2013 keine wertmäßige Abstufung zwischen Haupt- und Hilfsantrag stattfinden soll bzw. muss, wirkt sich diese konkludente Klagerücknahme wertmäßig jedenfalls nicht aus.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Anspruch des Klägers aus § 227 der Abgabenordnung (AO) auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erlass der Grundsteuer für die Jahre 1999 – 2004 wurde seitens des Beklagten ordnungsgemäß erfüllt.
Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Der Maßstab der Billigkeit bestimmt Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens. Die genannte Unbilligkeit kann dabei sowohl in der Sache selbst als auch in den persönlichen bzw. wirtschaftlichen Verhältnissen des Abgabenpflichtigen liegen; im ersteren Fall spricht man von einem Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit, im zweiten Fall von einem Erlass wegen persönlicher Unbilligkeit (vgl. ständige Rechtsprechung des BFH seit dem Urteil vom 2. März 1961 – IV 126/60 -, Juris, Rn 11).
Die Entscheidung über einen Erlassantrag aus Biligkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 VwGO nur dahin geprüft werden kann, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. für die inhaltsgleiche Norm des § 102 FGO: BFH, Urteil vom 20. Februar 1991 – II R 63/88 -, Juris, RN 7; Urteil vom 24. August 2011 – I R 87/10 -, Juris, RN 15).
Für die Prüfung dieser Ermessensentscheidung kommt es indes nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an, sondern sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend. Denn aus dem Wesen einer Ermessensvorschrift, einen Spielraum dafür zu geben, unter einer Mehrzahl rechtlich zulässiger Verhaltensweisen wählen zu lassen, folgt, dass die durch § 114 VwGO dem Umfang nach umschriebene gerichtliche Rechtskontrolle der Ermessensentscheidung nur auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch die Verwaltungsbehörden selbst bezogen sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 42/88 -, Juris, RN 34; BFH, Urteil vom 6. März 1996 – II R 102/93 -, Juris, RN 17).
Unter Beachtung dieser Ausführungen liegt entgegen der klägerischen Auffassung ein Ermessensausfall bzw. Ermessensfehlgebrauch des Beklagten nicht vor.
Dies gilt zunächst insoweit, als der Beklagte einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen abgelehnt hat. Die Einziehung eines Anspruches aus dem Steuerschuldverhältnis ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie den Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen würde. Nach Eintritt der Bestandskraft eines Steuerbescheides kann sachliche Unbilligkeit nur dann angenommen werden, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wehren (vgl. BFH, Beschluss vom 7. Mai 2007 – X B 222/06 -, Juris, RN 9 m. w. N.).
Insoweit weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass die wiederholten Festsetzungen der Grundsteuern für die Jahre 1999 – 2004 in Anlehnung an die letztlich bestandskräftig festgesetzten Grundsteuermessbeträge offensichtlich rechtmäßig sind und im Ergebnis zugunsten des Klägers zu einer Reduzierung seiner Grundsteuerbelastung um etwa die Hälfte geführt haben. Dementsprechend hat der Kläger seinen Widerspruch bzw. seine Widersprüche gegen diese Festsetzungen auch mit Schreiben vom 12. März 2005 zurückgenommen.
Dies gilt aber auch insoweit, als der Beklagte einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen verneint. Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen Gründen setzen zum einen die sog. Erlassbedürftigkeit voraus, die dann gegeben ist, wenn durch die Erhebung der Steuer die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen vorübergehend oder dauernd gefährdet sein würde. Daneben ist zum anderen die sog. Erlasswürdigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich, die dann gegeben ist, wenn der Steuerpflichtige seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht selbst herbeigeführt hat oder durch sein Verhalten nicht in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat.
Auch im Erlassverfahren muss die Steuerbehörde gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 AO den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln und hat die Untersuchungsmaxime gerade bei Ermessensentscheidungen erhebliche Bedeutung, weil die Behörde ihr Ermessen nur dann sachgerecht ausüben kann, wenn sie den entscheidungserheblichen Sachverhalt zuvor vollständig und zutreffend ermittelt hat. Aber auch die Beteiligten sind gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet, der sie nach Satz 2 dieser Vorschrift insbesondere dadurch nachkommen, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen. Der Umfang der Ermittlungspflichten der Steuerbehörde einerseits bzw. der Umfang der Mitwirkungspflichten andererseits kann dabei aber nicht schematisch festgelegt werden, sondern richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (§ 88 Abs. 1 Satz 3 AO bzw. § 90 Abs. 1 Satz 3 AO).
Beruft sich ein Steuerpflichtiger im Verfahren nach § 227 AO auf persönliche Billigkeitsgründe, dann ist die Steuerbehörde gehalten, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse näher zu überprüfen. Hierbei treffen den Steuerpflichtigen nach dem oben Gesagten gesteigerte Mitwirkungspflichten. Denn insoweit ergibt sich bereits aus der Bezeichnung „persönliche“ Billigkeitsgründe, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Steuerschuldners ihre Ursache in den persönlichen Verhältnissen haben bzw. sich auf diese auswirken; mit anderen Worten: die persönlichen Billigkeitsgründe liegen allein in der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht dergestalt erfüllt, dass er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zeitnah, vollständig und wahrheitsgemäß offenlegt und sachdienliche Unterlagen vorlegt, aus denen sich seine Erlassbedürftigkeit ergibt (vgl. BFH, Beschluss vom 7. Mai 2007 – X B 222/06, Juris, RN 9, Beschluss vom 29. März 2000 – XI B 147/99 –, Juris, RN 9; OVG Münster, Urteil vom 20. November 2012 – 14 A 580/11 -, Juris, Rn 31; VGH München, Beschluss vom 2. April 2004 – 4 C 03.2425 -, juris, Rn 14 f.; VG Köln, Urteile vom 28. Januar 2009 – 23 K 5501/07 -, Juris, RN 25 ff., und – 23 K 1375/08 -, Juris, RN 31 f.) Nicht ausreichende Angaben rechtfertigen eine negative Sachentscheidung (vgl. BFH, Beschluss vom 28. November 1990 – II S 12/90 -, Juris, RN 11 f.; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 1990 – IX K 87/89 -, EFG 1991, 10).
Unter Beachtung dieser Vorgaben war der Beklagte vor Erlass der Widerspruchsentscheidung am 5. Januar 2007 nach Auffassung der Kammer nicht gehalten, die tatsächlich bestehende Grundstücks- bzw. Belastungssituation der streitbefangenen Grundstücke nach Einlegung des Widerspruchs am 13. Juli 2006 näher zu ergründen. Denn insoweit hatte der Beklagte bereits vor Erlass des Ablehnungsbescheides vom 19. Juni 2006 zum einen mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 beim Grundbuchamt nachgefragt, ob die vom Kläger im Schreiben vom 12. März 2005 angegebene Zwangsverwaltung der Grundstücke tatsächlich besteht, was unter dem 14. Dezember 2005 verneint wurde. Zum anderen teilte das Grundbuchamt auf eine weitere Anfrage des Beklagten vom 17. Januar 2006 hinsichtlich des vom Kläger vorgelegten Auszuges des Grundbuches von ... , Blatt 1210, mit Schreiben vom 23. Januar 2006 unter Beifügung der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen des Finanzamtes ... -Land bzw. des diesbezüglichen Grundbuches mit, dass die vom Kläger geltend gemachte Belastung der Auflassungsvormerkung bereits gelöscht sei. Angesichts dieser – bereits in der Ablehnungsentscheidung mitgeteilten Umstände - hätte es dem Kläger bzw. seinem damaligen im Widerspruchsverfahren für ihn tätig werden Verfahrensbevollmächtigten oblegen, die tatsächlich bestehende Belastung der streitbefangenen Grundstücke auf dem Grundbuch von ... , Blatt ... , auf das die Grundstücke nach Teilung und Vermessung bereits am 9. Oktober 2002 zugunsten des Klägers abgeschrieben worden waren, darzulegen bzw. klarzustellen. Dieses geschah indes nicht; vielmehr wurde in der Widerspruchsbegründung vom 14. August 2006 völlig unsubstantiiert auf „bestehende Sicherungshypotheken der Finanzverwaltung in Höhe von zusammen 2.765.252,65 DM“ hingewiesen, was aus der Sicht des Beklagten aufgrund der bestehenden Auskunftslage aber nicht mehr aktuell war.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer möglichen Indizwirkung in Bezug auf die mit Schreiben des Klägers vorgelegten Bescheide zum Verlustvortrag aus Vermietung und Verpachtung. Diesbezüglich dürfte es zwar geboten gewesen sein, dass den Kläger bereits vor Erlass des Ablehnungsbescheides zur näheren Erläuterung dieser Daten aufzufordern, anstatt ihm dies im Ablehnungsbescheid vorzuhalten. Aufgrund dessen hätte sich der Kläger aber spätestens im Widerspruchsverfahren veranlasst sehen müssen, die Entstehung des Verlustvortrages in den Jahren 2002 und 2004 näher zu erläutern. Obwohl der Kläger im Widerspruchsverfahren gerade durch seinen damaligen Steuerberater vertreten wurde, geschah dies in der Widerspruchsbegründung aber mit keinem Wort, so dass der Beklagte beim Erlass des Widerspruchsbescheides davon ausgehen konnte, dieser Vortrag sei nunmehr „überholt“ bzw. „erledigt“.
War damit aus Sicht des Beklagten die geltend gemachte dingliche Belastung der streitbefangenen Grundstücke nicht mehr gegeben und wurde seitens des Klägers an dem Vorbringen zum Verlustvortrag nicht mehr festgehalten, war es insoweit nur folgerichtig, dass der Beklagte den damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 17. November 2006 unter Übersendung eines entsprechenden Formularfragebogens nochmals aufforderte, die Erlassbedürftigkeit unter Einreichung des vollständig ausgefüllten Fragebogens und der erforderlichen Belege nachzuweisen. Dieser Aufforderung kam der Kläger bzw. sein damaliger Bevollmächtigter aber auch nicht nach, so dass sich der Beklagte im Widerspruchsbescheid für seine Zurückweisung auch insoweit ermessensfehlerfrei auf die fehlende Mitwirkung des Klägers berufen konnte.
Nicht zu beanstanden sind dann auch die weiteren Ausführungen des Beklagten zur Bewertung der „verbleibenden“ wirtschaftlichen Situation des Klägers. Denn ausgehend von der Erkenntnis, dass eine dingliche Belastung der Grundstücke zwischenzeitlich nicht mehr gegeben war, hätte es dann tatsächlich allein in der Risikosphäre des Klägers gelegen, wenn er Grundstücke erwirbt, die einen (vermeintlich) erheblichen Sanierungsbedarf aufweisen, er aber nicht in der Lage ist, die notwendigen finanziellen Mittel hierfür zu beschaffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Abs. 1 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf 13.970,10 € festgesetzt.
Die für die Jahre 1999 – 2004 im Ergebnis festgesetzten Grundsteuern belaufen sich auf 6.985,05 €. Der Kläger begehrt mit seinem Erlassantrag vom 15. November 2004 den vollständigen Erlass dieses Betrages.
Für die im Rahmen der Klageerweiterung erhobene Feststellungsklage, die vom Klageziel her nicht im Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsantrag enthalten ist, ist der Betrag zu verdoppeln, da die Feststellungsklage von der Höhe her auf den gleichen Betrag gerichtet ist.