Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 24.04.2012 | |
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Aktenzeichen | 6 W 149/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 24.11.2011 – 11 O 321/11 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention tragen die Antragsteller zu je ½.
I.
Die Antragsgegnerin führte als Sanierungsträgerin im Auftrag der Stadt P. ab Juni 2011 ein Ausschreibungsverfahren betreffend das Grundstück A. N. 79 in P.-B. durch. Das Grundstück liegt im Sanierungsgebiet B. Nord, die Antragsgegnerin ist eingetragene Eigentümerin des Grundstücks.
Das Objekt wurde am 25.06.2011 in der M.-Zeitung sowie auf der Web-Seite der Antragsgegnerin im Zeitraum Juli/August 2011 im Auftrag der Stadt P. zum Verkauf zu einem Preis (Festpreis) von 111.000,00 € öffentlich angeboten. Interessenten wurden aufgefordert, ein Exposé anzufordern.
In dem von den Antragstellern angeforderten Exposé heißt es u.a.:
Objekt:
Grundstück zur Sanierung und Neubebauung mit zweigeschossigem Vorderhaus
Hinweise zur Baulichen Nutzung:
Als Nutzung ist Wohnen und Gewerbe möglich.
Bevorzugt werden ein bis zwei Familien, die das Grundstück zur Selbstnutzung erwerben.
Rechtliche Gegebenheiten:
Das Grundstück liegt innerhalb des Geltungsbereiches der Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes „B. Nord“ ... und innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches der Satzung zum Schutz des DenkmalbereichsN. ...
Besondere Verfahren im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme nach Baugesetzbuch, besonderes Städtebaurecht §§ 136 – 164 BauGB, sind für die Grundstückseigentümer und für den Kaufvertrag zu berücksichtigen ...
Hinweise zur Kaufentscheidung:
Von den Kaufinteressenten wird erwartet, dass sie durch geeignete Unterlagen (Kosten- und Finanzierungskonzept, Eigenkapitalnachweis u. a.) glaubhaft machen, dass sie gewillt und in der Lage sind, das Grundstück entsprechend den Sanierungszielen und -zwecken in angemessener Frist entsprechend herzurichten und zu nutzen.
Nach Sichtung der eingereichten Unterlagen wird der Stadt P. von Seiten der (Antragsgegnerin) ein entsprechender Vergabevorschlag unterbreitet.
Der Abschluss des Kaufvertrages erfolgt mit der (Antragsgegnerin).
Bewerbungsbedingung:
1. Der Kaufpreis ist ein Festpreis, ….
2. Verkaufsgrundlage ist jeweils ein Instandsetzungs- und Modernisierungs- bzw. Neubaukonzept.
3. Der Erwerber wird verpflichtet, Sanierung und Neubau innerhalb von zwei Jahren abzuschließen.
4. Interessenten werden aufgefordert, den im Zusammenhang mit den Privati-sierungsrichtlinien stehenden Fragebogen, ein Angebot und ein bauliches Konzept bis zum 15. August 2011 bei der (Antragsgegnerin) einzureichen.
5. Die Auswahl der Bewerber erfolgt nach der Auswertung des Fragebogens und des eingereichten Konzeptes.
6. Der als Treuhänder der Stadt P. auftretende Sanierungsträger (Antragsgegnerin) führt nur eine Vorauswahl der Kaufinteressenten durch. Die Entscheidung fällt die Stadt P..
Die Antragsteller füllten wie gefordert einen Fragebogen aus und reichten neben zwanzig weiteren Interessenten, darunter auch die Nebenintervenientin, das Angebot vom 12.08.2011 bei der Antragsgegnerin ein.
In diesem Angebot ist u. a. ausgeführt, dass die Antragsteller Eigentümer des benachbarten Grundstücks A. N. 77 sind, ein dort befindliches Weberhaus umfassend denkmalgerecht saniert haben und seither als Wohnhaus nutzen. Auf dem ausgeschriebenen Objekt beabsichtigen sie, einerseits Wohnraum zu schaffen zur teilweisen Selbstnutzung (durch die Tochter und teils durch Studenten). Gleichzeitig sollte der Neubau dazu dienen, die Geschäftsräume ihres Unternehmens mietfrei in den eigenen Räumen unterzubringen. Dem Angebot fügten die Antragsteller eine Kostenschätzung bei, die sich auf 646.000,00 € brutto (incl. Kaufpreis von 121.000,00 €) beläuft.
Die Antragsgegnerin bewertete die eingegangenen Angebote anhand einer „Legende „.
Danach werden Punkte vergeben u.a. für die Kriterien „derzeitiger Wohnort“ (außerhalb von P.= 2 Pkt.; P./B.= 4 Pkt.; San-G.= 6 Pkt.), „soziales Umfeld“ (B.= 3 Pkt.; P./B.= 2 Pkt.; andere Orte= 1 Pkt.), „Anzahl der Personen“ (pro Person 1 Pkt.) und „Anzahl WE/Gewerbe“ (4 WE= 6 Pkt., 3 WE= 5 Pkt., 2 WE= 4 Pkt., 1 WE= 3 Pkt.) .
Das Angebot der Antragsteller, welches die Nummer 4 erhalten hatte, wurde danach mit insgesamt 53 Punkten, das Angebot der Nebenintervenientin mit der Nummer 8 mit 48 Punkten bewertet.
Die Antragsgegnerin führte unter Außerachtlassung der vorstehend genannten Kriterien eine zweite Wertung durch. Danach erzielte das Angebot der Antragsteller 30 Punkte, ebenso dasjenige der Nebenintervenientin.
Die Antragsgegnerin unterbreitete der Stadt P. einen Vorschlag, in welchem es u.a. heißt:„Nach vorläufiger Auswertung der von den Bewerbern eingereichten Unterlagen … wird von Seiten (der Antragsgegnerin) vorgeschlagen, ein Losverfahren zwischen den ersten fünf Bewerbern entscheiden zu lassen, da diese als gleichwertig, trotz der unterschiedlichen Nutzungsvorstellungen zu betrachten sind.“
Die Stadt P. führte am 22.09.2011 eine Auslosung unter den 5 Bietern mit den höchsten Wertungen durch. Die Lose fielen in folgender Reihe auf folgende Bieter:
1. Nr. 8 (Nebenintervenientin)
2. Nr. 13
3. Nr. 12
4. Nr. 4 (Antragsteller)
5. Nr. 20
Mit Schreiben vom 23.09.2011 setzte die Antragsgegnerin die Antragsteller von dem Ergebnis des Losverfahrens in Kenntnis.
Auf deren Schreiben vom 29.09.2011 übermittelte die Antragsgegnerin den Antragstellern das Protokoll der Auslosung, einen Auszug aus der Auswertung sowie die Auswertungsübersicht nebst Legende zur Punktevergabe.
Mit Schreiben vom 11.10.2011 rügten die Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin sowie der Stadt P. die Entscheidung zur Durchführung des Losverfahrens. Sie äußerten ihr Unverständnis darüber, dass, obwohl sie die höchste Punktezahl erzielt hätten, es wegen Vorliegens „gleichrangiger Angebote“ zum Losentscheid gekommen sei. Bei Erteilung des Zuschlags auf ein Angebot mit niedrigerer Punktzahl und nicht auf ihr höchstbewertetes Angebot, liege ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung und das eines transparenten und fairen Verfahrens vor. Die Entscheidung beruhe damit auf sachfremden Erwägungen.
Die Antragsteller haben am 14.10.2011 beim Landgericht P. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin und die Stadt P. eingereicht mit dem Ziel, diesen vorläufig den Abschluss des Grundstückskaufvertrages mit anderen Bietern zu untersagen.
Sie haben die Ansicht vertreten, aufgrund ihrer Teilnahme am Bieterverfahren sei ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis begründet worden, welches zur Einhaltung der Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG verpflichte. Ihr Recht auf ein faires, transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren sei durch die von der Antragsgegnerin gewählte intransparente Verfahrensweise sowie durch die in keiner Weise nachvollziehbare Entscheidung (Losverfahren) in rechtswidriger Weise tangiert worden. Die Entscheidung über den Zuschlag habe sich ausschließlich an der erreichten Punktezahl orientieren müssen. Aus den Ausschreibungsunterlagen gehe nicht hervor, wie eine etwaige Gleichrangigkeit von Kaufangeboten festzustellen und welches Verfahren in einem solchen Falle durchzuführen sei.
Die Antragsteller haben unter Rücknahme des Antrags gegen die Stadt P. beantragt,
im Wege einstweiliger Verfügung
1. der Antragsgegnerin zu untersagen, das Ausschreibungsverfahren fortzusetzen sowie bis auf Weiteres einen notariellen Grundstückskaufvertrag mit anderen Kaufinteressenten als den Antragstellern abzuschließen,
2. für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld/Ordnungshaft anzudrohen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, es fehle an der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Anspruchsgrundlage. Auf das hier vorliegende Bieterverfahren betreffend die Veräußerung von Vermögen der öffentlichen Hand könnten die sich aus vergaberechtlichten Vorschriften ergebenden Pflichten nicht ohne weiteres übertragen werden. Insbesondere sei zwischen den Parteien des Verfahrens kein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet worden, da es an einem annahmefähigen Angebot der Verkäuferin fehle. Angeboten der Bieter komme wegen Formmangels (§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB) keine Rechtsverbindlichkeit zu. Auch aus dem in Bezug genommenen Art. 3 GG ergebe sich kein Anspruch der Antragsteller, der die Formvorschrift des § 311 b BGB als Voraussetzung für ein vertraglich bindendes Angebot obsolet machen könnte. Willkürliches Verhalten im Wertungsverfahren liege nicht vor, entscheidend seien allein inhaltliche Kriterien. Bei der Veräußerung des Ausschreibungsobjektes stehe die Erfüllung von Sanierungszielen, die Modernisierung und Instandsetzung der Gebäude zur Beseitigung städtebaulicher Missstände in Vordergrund. Es habe zwischen der Antragsgegnerin und der Stadt P. eine Abstimmung dahin vorgelegen, dass die fünf Angebote mit den höchsten Punktzahlen, diese errechnet ohne Berücksichtigung der wohnort- und umfeldbezogenen Kriterien, der von den Bietern avisierten Anzahl von Wohnungen/Gewerbeeinheiten und Anzahl von Bewohnern, als inhaltlich gleichwertig zu erachten und einem Losverfahren zu unterziehen seien. Zur Veranschaulichung dieser Wertung sei die Tabelle (Anlage AG 3) erstellt worden.
Im Übrigen sei unter Heranziehung der allgemeinen Privatisierungsrichtlinien der Stadt P. das Konzept der Nebenintervenientin sogar als vorrangig zu bezeichnen wegen der von dieser beabsichtigten Schaffung von Wohnraum. Die Antragsteller hätten aufgrund des ersten Wertungsdurchganges keine gesicherte Rechtsposition in Art einer Anwartschaft aufgrund der erzielten Punktezahl erlangt. Wie die Angebote im Einzelnen bewertet würden, sei in der Ausschreibung nicht ausgeführt gewesen. Die im zweiten Wertungsdurchgang erfolgte geänderte Gewichtung sei nicht rechtsfehlerhaft, nicht sachfremd und nicht willkürlich bezogen auf die Antragsteller oder andere Bieter erfolgt. Die Antragsteller seien auch bei der nachträglichen Beschränkung der Kriterien in die Spitzengruppe der sodann ausgewählten fünf gleichwertigen Angebote gelangt.
Die veränderte Gewichtung der Kriterien sei nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften (§§ 159 Abs. 3 Satz 1, 89 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch), welchen die Antragsgegnerin unterliege, geboten gewesen. Danach sollen Grundstücke, die die Antragsgegnerin in Sanierungsgebieten erworben habe, „unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung an Personen … veräußert werden, die sich verpflichten, das Grundstück innerhalb angemessener Frist entsprechend den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme zu nutzen“. Diese Regelung sei allgemein gefasst, ohne Beschränkung auf den Wohnort oder das soziale Umfeld des Bewerbers. Maßgeblich seien das bauliche Konzept, das Nutzungskonzept und das Finanzierungskonzept des jeweiligen Bieters. Bei Vorliegen gleichwertiger Angebote sei das Losverfahren das objektivste Verfahren.
Die Nebenintervenientin hat ebenfalls die Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt.
Sie hat auf maßgebliche, sich aus den Vorschriften des BauGB ergebenden rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen und die Angebotswertung der Antragsgegnerin im Einzelnen verteidigt.
Das Landgericht P. hat ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 24.11.2011 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verfügungsantrag sei als zulässig anzusehen. In einem sog. Unterschwellenwertverfahren könnten Bieter grundsätzlich Primärrechtsschutz im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens erlangen. Der Verfügungsantrag sei jedoch unbegründet. Den Antragstellern stehe gegen die Antragsgegnerin kein Anspruch nach §§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB auf Abschluss eines notariellen Kaufvertrages zu, der durch die begehrte einstweilige Verfügung gesichert werden könnte. Das durchgeführte Losverfahren sei nicht zu beanstanden, insbesondere nicht als willkürlich zu erachten. Die von der Antragsgegnerin intern mit einer vorläufigen Gewichtung durchgeführte Wertung der Angebote habe keine verbindliche Entscheidung zu Gunsten der Antragsteller dargestellt. Der Punktewertung sei eine Außenwirkung nicht zugekommen. Bereits in den Ausschreibungsunterlagen sei darauf hingewiesen worden, dass durch die Antragsgegnerin lediglich ein Vorschlag auszuarbeiten sei, die Entscheidung jedoch durch die Stadt P. getroffen werde.
Gegen diesen ihnen am 29.11.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13.12.2011 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsteller.
Mit der Beschwerde vertiefen die Antragsteller ihren Vortrag aus erster Instanz. Sie halten die Entscheidung des Landgerichts für fehlerhaft, da diese sich nur unzureichend mit der Frage der angeblichen Gleichwertigkeit der fünf bestplatzierten Kaufangebote, der Frage der zu Gunsten der Antragsteller gebotenen Vorhersehbarkeit des Losverfahrens sowie der angeblichen Neubewertung der Angebote anhand eines erst im Gerichtsverfahren nachgereichten, nicht identifizierbaren Bewertungsbogens (Anlage AG 3) auseinandergesetzt habe.
Die Antragsteller meinen ferner, im Falle eines Grundstücksverkaufs nach öffentlicher Ausschreibung liege eine einem Vergabeverfahren vergleichbare Interessenlage der Bieter vor. Es entstehe ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis (§§ 241, 311 BGB), welches außerhalb der förmlichen Vergaberegeln zur Gleichbehandlung und Durchführung eines fairen und transparenten Verfahrens verpflichte. Der benachteiligte Bieter habe grundsätzlich die Möglichkeit, im Wege des Primärrechtsschutzes vor den Zivilgerichten etwaige Rechtsverletzungen dieses vorvertraglichen Schuldverhältnisses überprüfen zu lassen und Rechtsschutz durch einstweilige Verfügung zu erlangen. Das von der Antragsgegnerin erstellte Exposé sei der relevante Verfahrensmaßstab. Auch ein Vergleich mit den Privatisierungsrichtlinien der Stadt P. mache deutlich, dass ihrem Angebot der Vorzug hätte gegeben werden müssen. Von der Absicht der Durchführung eines Losverfahrens seien sie rechtswidrig nicht in Kenntnis gesetzt worden.
Es liege ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht vor, da die Bewertungstabelle (Anlage AG 3), die zur Auswahl der Beteiligten für das Losverfahren geführt habe, - unstreitig - im Nachhinein erstellt worden sei.
Die Antragsteller verfolgen mit der Beschwerde die in I. Instanz formulierten Anträge weiter.
Die Antragsgegnerin und die Nebenintervenientin beantragen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.
Die Antragsgegnerin und die Nebenintervenientin vertiefen ihren Vortrag erster Instanz.
II.
A.
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt worden ( §§ 935, 936, 922, 567, 569 ZPO).
Ohne Einfluss auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde ist der Umstand, dass das Landgericht das Verfahren fehlerhaft geführt und es unterlassen hat, aufgrund zwingend gebotener mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann bei einseitigem Verfahren der Antrag durch Beschluss zurückgewiesen werden (§ 937 Abs. 2 ZPO). Damit korrespondiert die Vorschrift der §§ 936, 922 Abs. 3 ZPO, wonach der den Antrag zurückweisende Beschluss dem Gegner nicht mitzuteilen ist, dieser also nicht zu beteiligen ist. Hat das Gericht allerdings Zweifel und beteiligt es aus diesem Grunde den Antragsgegner wie hier geschehen, ist die mündliche Verhandlung geboten (Zöller/ Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 937 Rn 2a).
B.
Die sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zwar unterliegt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keinen Zulässigkeitsbedenken. Den Antragstellern steht jedoch kein Verfügungsanspruch zur Seite.
1. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus den §§ 241 Abs. 2, 280, 311 Abs. 2 BGB wegen Verletzung von Pflichten aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis.
Nach allgemeiner Rechtsansicht ist eine Partei nicht gehalten, den Eintritt eines ihr konkret drohenden Schadens abzuwarten. Vielmehr soll es ihr rechtlich möglich sein, sich bereits im Vorfeld des Schadenseintritts unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen gegen die drohende rechtswidrige Handlung zur Wehr zu setzen.
a. Diese Grundsätze sollen nach der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht auch bei öffentlichen Bieterverfahren zur Beschaffung von Leistungen durch öffentliche Auftraggeber unterhalb der Schwellenwerte des § 2 VgV zur Anwendung kommen. Diese sog. Unterschwellenwertvergabeverfahren, die nicht dem rigiden „Überwachungssystem“ der Vorschriften des 4. Teils des GWB und europarechtlichen Vergaberichtlinien unterfallen, sollen bei Beschaffungsvorgängen öffentlicher Auftraggeber im Wege öffentlicher Ausschreibung auf Betreiben eines unterlegenen Bieters einer rechtlichen Überprüfung im Wege des Primärrechtschutzes zugänglich sein. Dadurch soll dem klagenden Bieter die Möglichkeit erhalten werden, den Zuschlag auf sein Angebot zu erlangen. Die rechtlichen Einzelheiten eines solchen gesetzlich nicht explizit geregelten Primärrechtsschutzes sind umstritten (s. hierzu OLG Düsseldorf, NZBau 2010, 531; Thüringer OLG, VergabeR 2009, 524; Brandenburgisches Oberlandesgericht, VergabeR 2008, 294). Einer Entscheidung hierüber bedarf es nicht.
Ein Unterschwellenwertvergabeverfahren in der Beschaffungswirtschaft liegt hier nicht vor. Die Antragsgegnerin bzw. ihre Treugeberin – die Stadt P. – will sich im vorliegenden Falle keine Leistungen beschaffen, sie veräußert vielmehr ihr Vermögen unter bestimmten Bedingungen im Wege öffentlicher Ausschreibung.
Es ist mittlerweile höchstrichterlich entschieden, dass eine Grundstücksveräußerung durch einen öffentlichen Auftraggeber, gekoppelt mit einer Bauverpflichtung, dem Bereich der europaweit ausschreibungspflichtigen Vergabeverfahren (Richtlinie 2004/18/EG iVm §§ 97 ff GWB und §§1 ff VgV) nicht bzw. nur unter ganz engen sachlichen Voraussetzungen unterfällt. Zu fordern ist, dass die mit der Veräußerung gekoppelte Bauleistung dem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse des öffentlichen Auftraggebers dient (EuGH, Urteil vom 25.03.2010, C-451/ 08, „Müller/Bad Wildeshausen“, VergabeR 2010, 441). Ein solches Interesse ist laut EuGH dann anzunehmen, wenn der öffentliche Auftraggeber Eigentümer des Bauwerks werden soll oder über einen Rechtstitel verfügt, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke im Hinblick auf deren öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt, oder er aus der Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks wirtschaftliche Vorteile ziehen soll oder wenn der öffentliche Auftraggeber sich an der Erstellung des Bauwerks finanziell beteiligt oder Risiken für den Fall des wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks übernimmt. Die bloße Ausübung von städtebaulichen Regelzuständigkeiten bzw. die Tatsache, dass mit dem Verkauf eines Grundstücks bestimmte städtebauliche Regelzuständigkeiten oder Maßnahmen verfolgt werden, begründet noch keinen öffentlichen Auftrag (s. hierzu auch OLG München, Beschluss vom 27.09.2011 - Verg 15/11 -, VergabeR 2012, 59). Bereits aus diesem Grunde kann die bislang von einzelnen Oberlandesgerichten entwickelte Rechtsprechung zur Nachprüfung von sog. Unterschwellenwertvergabeverfahren nicht zur Anwendung kommen.
b. Die Anwendung der §§ 241 Abs. 2, 280, 311 Abs. 2 BGB scheidet aus einem weiteren Grunde aus.
Im vorliegenden Falle ist kein in einem Hauptsacheverfahren durchsetzbarer Anspruch der Antragsteller auf Abschluss eines Grundstückskaufs ersichtlich, der durch einstweiligen Rechtsschutz gesichert werden könnte.
Der Zweck eines zum Verkauf eines Grundstücks eingeleiteten Bieterverfahrens durch die öffentliche Hand ist die Feststellung der Ernsthaftigkeit eines bekundeten Erwerbsinteresses und die Begrenzung der Zahl der Verhandlungspartner des Verkäufers (so BGH, Urteil v. 22.02. 2008, V ZR 56/07, VergabeR 2008, 649). Auf ein solches Verfahren können die auf der Grundlage des Vergaberechts zu den Pflichten eines Ausschreibenden entwickelten Grundsätze für Beschaffungsvorgänge nicht ohne weiters übertragen werden. In den Be-schaffungsvergabeverfahren schreibt die öffentliche Hand die von ihr benötigten Leistungen aus. Wer willens und in der Lage ist, die Leistung zu erbringen, beziffert als Teilnehmer seine Forderung, das wirtschaftlichste Gebot erhält den Zuschlag. Damit kommt der Vertrag über die beschriebene Leistung zu dem gebotenen Preis zustande. Dies scheidet bei einem Bieterverfahren betreffend den Verkauf eines Grundstücks aus, weil es an einem annahmefähigen Angebot des Verkäufers fehlt und den Geboten der Teilnehmer an dem Verfahren keine bindende Wirkung zukommt mangels notarieller Beurkundung (§ 311 b Abs. 1 S. 1 BGB) (so BGH a.a.O.). Die Beurkundungspflicht gilt auch bei gemischten Verträgen, sofern eine gegenseitige Abhängigkeit dergestalt besteht, dass die Vereinbarungen nur zusammen gelten sollen (hier Bauverpflichtung) (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 311 b Rn 32)
Wegen Nichteinhalten der Formvorschriften des § 311 b BGB fehlt es an einem solchermaßen qualifizierten vorvertraglichen Schuldverhältnis, das die Anwendung von §§ 241, 280, 311 BGB rechtfertigen könnte. § 311 b ist die Spezialvorschrift zu vorvertraglichen Rechts-verhältnissen im Grundstücksrecht. Mindestvoraussetzung für einen Unterlassungsanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist die Enttäuschung berechtigterweise in Anspruch genommenen Vertrauens, welches wegen Formmangels des Angebots ausscheidet. Nur bei einem schweren Verstoß gegen die Pflicht zu redlichem Verhalten – erforderlich ist in der Regel ein vorsätzlicher Verstoß – kann bei einem formbedürftigen Vertrag Schadensersatz nach § 311 in Betracht kommen (Palandt, a.a.O., § 311 Rn 39; BGH NJW 1996, 1994; OLG Koblenz, NJW-RR 1997, 974).
Einen solchen Verstoß behaupten die Antragsteller nicht einmal.
2. Ein auf §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch scheidet aus. Es ist hier kein nach § 823 Abs. 1 BGB zu schützendes absolutes Rechtsgut der Antragsteller ersichtlich. Tangiert ist allenfalls ihr Vermögen, und damit kein geschütztes Recht iSv § 823 Abs. 1 BGB.
3. Ein Verfügungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung eines den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes.
Ein solches Schutzgesetz liegt nur vor, wenn die Norm dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Kreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf den Inhalt und Zweck eines Gesetzes an sowie darauf, ob der Gesetzgeber bei Erlass der Norm gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder Personenkreisen intendiert hat. Die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches muss erkennbar vom Gesetz erstrebt sein oder zumindest im Rahmen des haftpflicht-rechtlichen Gesamtsystems sinnvoll und tragbar erscheinen.
Dies ist zu entscheiden durch umfassende Würdigung des gesamten Regelungszusammen-hangs der Norm (Palandt, a.a.O., § 823 Rn 57; BGH, NJW 2008, 1734; WM 2010, 1393).
Normen, die die Gesamtheit der Staatsbürger als Summe des Einzelnen schützen, wie z.B. Vorschriften zum Schutz der Verkehrssicherheit, Nahrungsmittelsicherheit etc., können zum Schutz des Einzelnen bestimmt sein, wenn dieser Schutz nicht nur als Reflex der Norm erreicht wird, sondern in ihrem Aufgabenbereich liegt, selbst wenn die Norm im Einzelfall noch der Konkretisierung durch Verwaltungsakt bedarf (BGH, NJW 2004, 356; NJW 2006, 2110).
Die hier einzig als Schutzgesetz in Betracht kommenden Vorschriften des BauGB betreffend Sanierungsgebiet/Sanierungsmaßnahmen (§§ 136, 159 Abs. 3, 89 Abs. 3 u. 4) genügen diesen Anforderungen nicht. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen, innerhalb derer die Aus-schreibung stattfindet, dienen dem Wohl der Allgemeinheit (§ 136 Abs. 3 Nr. 4 BauGB). In der Ausschreibung wird demzufolge von den Bietern gefordert, durch geeignete Unterlagen (Konzepte) glaubhaft zu machen, dass sie gewillt und in der Lage sind, das Grundstück entsprechend den Sanierungszielen und –zwecken herzurichten und zu nutzen.
Aus § 89 Abs. 3 BauGB können keine individuellen Schutzrechte hergeleitet werden. Diese Vorschrift spricht von der Beteiligung weiter Kreise der Bevölkerung und von der Veräußerung an Personen, die sich verpflichten, das Grundstück innerhalb angemessener Frist entsprechend den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme zu nutzen. Daraus ist kein Rechtsschutz zugunsten eines Einzelnen oder einer bestimmten Personengruppe herzuleiten.
4. Der Verfügungsanspruch kann auch nicht auf die aus Art. 3 GG resultierenden Ver-fahrensgrundsätze der Diskriminierungsfreiheit und Transparenz gestützt werden, wie dies die Antragsteller wünschen und dies auch teilweise in der Literatur vertreten wird. Zwar ist die öffentliche Hand bei ihrer Tätigkeit – auch im fiskalischen Bereich – an die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz gebunden. Dies sind allerdings Verhaltensvorschriften, die innerhalb des jeweiligen Rechtsverhältnisses und den damit verbundenen Regelungen zu beachten sind. Sie stellen nicht selbst die erforderliche zivil-rechtliche Anspruchsgrundlage dar.
5. Schließlich kommen als Anspruchsgrundlage nur noch §§ 826, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB in Betracht, deren Voraussetzungen jedoch ebenfalls nicht erfüllt sind.
§ 826 BGB als deliktsrechtliche Generalklausel knüpft strenge Voraussetzungen an eine Schadensersatzpflicht wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
aa. Diese Vorschrift kann die zivilrechtliche Abschlussfreiheit begrenzen bzw. einen mittelbaren Abschlusszwang begründen (Palandt, a.a.O., vor § 145 Rn 9). Ist die Ablehnung eines Vertragsschlusses eine unerlaubte Handlung, ergibt sich aus dem Deliktsrecht für den Schädiger die Abschlusspflicht. Dieser Grundsatz ist für den Anwendungsbereich des § 826 BGB entwickelt worden (RG 115, 258; 148, 334); er wird heute, soweit es um den Vertragsschluss zwischen Unternehmen oder demjenigen mit einem Monopolisten geht, durch die Vorschriften des GWB verdrängt.
Zwar ist die Anwendung von § 826 BGB hier nicht auf der Hand liegend. Es stehen sich im vorliegenden Verfahren Privatparteien gegenüber, an der Antragsgegnerin sind nur Privatpersonen als Gesellschafter beteiligt. Einer privaten Partei ist es nach deutschen Recht unbenommen, ihr Vermögen zu veräußern, an wen sie will, zu welchen Bedingungen dies erfolgen soll und auf welche Art und Weise ein Käufer ausgewählt werden soll. Privatparteien sind bis zum endgültigen Vertragsschluss in ihren Entschließungen grundsätzlich frei, dies selbst dann, wenn der andere Teil in Erwartung des Vertrages bereits Aufwendungen getätigt hat. Es besteht allenfalls eine Pflicht zum Schadensersatz, nämlich dann, wenn eine Partei die Verhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, nachdem sie in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages erweckt hat (§ 311 BGB). Diese Ersatzpflicht beschränkt sich auch nur auf die nach Entstehung des Vertrauenstatbestandes gemachten Aufwendungen und verpflichtet nicht etwa zum Abschluss des angestrebten Vertrages (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 311 Rn. 30).
Bei Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 826 BGB im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finden können, ist jedoch nicht auf die Antragsgegnerin, sondern auf die Stadt P. abzustellen, in deren Auftrag die Antragsgegnerin als Treuhänderin tätig wird. Der treuhänderische Charakter des ausgeschriebenen Verkaufsobjektes ist maßgeblich, das Objekt ist in wirtschaftlicher Hinsicht der Stadt P. zuzuordnen. Es kann zugunsten der Antragsteller unterstellt werden, dass die Treugeberin/Stadt P. im Hinblick auf städtisches Grundeigentum eine Art Monopolstellung einnimmt und ihr demzufolge das einer Privatperson erlaubte freie Gebaren nicht zukommt, weil sie den Abschluss eines Kaufvertrages unter bestimmten Bedingungen öffentlich in Aussicht gestellt hat.
bb. Schreibt die öffentliche Hand die Veräußerung ihres Vermögens öffentlich aus und stellt sie Regeln für die Ermittlung des am besten geeigneten Angebots auf, so kann eine willkürliche Abweichung von diesen Regeln oder gar ein Handeln in unredlicher Absicht einen Schadensersatzanspruch und in dessen Vorfeld den Unterlassungsanspruch begründen.
Ob Willkür und/oder Unredlichkeit vorliegt, beurteilt sich hauptsächlich unter Heranziehung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 GG. Aus der Mehrzahl von Angeboten, die sämtlich unter Einhaltung der formellen Ausschreibungsbedingungen eingegangen sind, muss die Antrags-gegnerin sich für ein Angebot entscheiden. Hat die Antragsgegnerin Kriterien für diese Ent-scheidungsfindung angegeben, darf sie von diesen nicht willkürlich abweichen. Ist also z.B. ausgeschrieben, das Angebot mit dem höchsten Preis erhalte den Zuschlag, wird sie gehindert sein, auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zuzuschlagen.
Die Antragsteller greifen das Verhalten der Antragsgegnerin bzw. der Stadt P. an, das zu der Entscheidung betreffend Durchführung eines Losverfahrens geführt hat. Dieses Verhalten ist auf Willkür zu prüfen (§ 826 BGB). Die Durchführung der zweifachen Wertung, endend in der Durchführung des Losverfahrens, ist jedoch nicht willkürlich.
(1) Die Antragsgegnerin hat sich an die mit der Ausschreibung veröffentlichten Be-dingungen gehalten.
Danach sollte eine Auswahl der Bewerber nach Auswertung der Fragebögen und der eingereichten Konzepte erfolgen, wobei der Inhalt der eingereichten Konzepte nach Städtebaurecht (§§ 136 -165 BauGB) zu beurteilen war. Konkrete Kriterien und deren Gewichtung, anhand derer das zuschlagsfähige Angebot ermittelt werden sollte, waren nicht ausgeschrieben. Dafür bestand auch keine rechtliche Verpflichtung.
In Ermangelung einer solchen Ausschreibung ist es den Antragstellern bereits verwehrt, sich auf die „erzielte höchste Punktezahl“ zu berufen und darauf, mit dieser Punktezahl quasi eine feste Rechtsposition /Anwartschaft erreicht zu haben, die die Antragsgegnerin zunichte gemacht habe. Denn die Antragsgegnerin hat kein Erwartung der Bieter begründet, dass aufgrund einer Punktevergabe und nach höchster Punktezahl entschieden wird. Die von ihr erstellte Legende zur Punktevergabe stellt eine interne Arbeitshilfe für die von ihr zu treffende Vorauswahl dar. Auf diese Weise wollte die Antragsgegnerin sicherstellen, eine nachvollziehbare und vergleichbare inhaltliche Wertung der Angebote zu gewährleisten, ähnlich einem Notenspiegel bei Beurteilung schulischer Leistungen. Die inhaltliche Bewertung mit Punkten diente der Vorbereitung eines Vorschlages an die allein entscheidungsbefugte Stadt P.. Dies ergibt sich aus den Ausschreibungsbedingungen.
An diesen Vorschlag war die Stadt P. nicht gebunden, sie konnte abweichend ent-scheiden, allerdings nur innerhalb der von den Ausschreibungsbedingungen gezogenen Grenzen.
Die Entscheidung zur neuerlichen Wertung unter veränderter Legende, nämlich unter Ent-fallen der Kriterien „Anzahl von Personen“, „derzeitiger Wohnort“, „soziales Umfeld „und „Anzahl WE/Gewerbe“, liegt innerhalb dieser Grenzen.
(2) Diese Neuwertung hat einen sachlichen Hintergrund; sie berücksichtigt die gesetzlichen Vorgaben. Durch Ausschluss der vorstehend genannten Kriterien ist die Wertung ver-objektiviert worden, subjektive Komponenten wie insbesondere „derzeitiger Wohnort“ und „soziales Umfeld“, die außerhalb von P./B. angesiedelte Bieter ins Hinter-treffen gerieten ließen, wurden eliminiert. Für eine Heranziehung dieser subjektiven Kompo-nenten ist im Rahmen der zu berücksichtigenden städtebaulichen Vorschriften ein sachlicher Grund nicht ersichtlich.
Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, sieht das BauGB ( §§ 159, 89 Abs. 3 ) eine bei der Veräußerung von Grundstücken in Sanierungsgebieten vorzunehmende Beschränkung des Kreises potentieller Bieter im Hinblick auf deren Wohnort oder soziales Umfeld nicht vor, wenn es von „Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung“ spricht, die sich „verpflichten, das Grundstück … entsprechend den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen zu nutzen“. Auch die beabsichtigte Anzahl von Nutzern und damit einhergehend die Frage nach Schaffung von Wohnraum und/oder Gewerbe spielt nach BauGB keine Rolle.
(3) Soweit die Antragsteller darauf abstellen wollen, dass der von den Bietern auszufüllende Fragebogen u.a. darauf abstellt, wie die derzeitige Wohnsituation beschaffen ist und in welchem Umfang Bereitschaft zur Schaffung von Wohn- und Gewerberaum besteht, kann dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Der Ausschreibung ist bereits nicht zu entnehmen, dass dem Fragebogen Bedeutung für die Zuschlagsentscheidung zukommt.
Die Argumentation, das Angebot der Antragsteller entspreche den Privatisierungsrichtlinien der Stadt und dem städtebaulichen Rahmenplan für Sanierungsgebiete, verkennt, dass ihnen dadurch keine einklagbare Rechtsposition zugewachsen ist und dass die Entscheidung der Antragsgegnerin bzw. der Stadt P. nur am Maßstab der Willkür zu messen ist. Niemand stellt in Abrede, dass das Konzept der Antragsteller inhaltlich den Vorgaben der Richtlinien und dem Rahmenplan entspricht, andernfalls ihr Angebot nicht in das Losverfahren einbezogen worden wäre.
Soweit die Antragsteller geltend machen, die Punktelegende für die zweite Wertung (Anlage AG 3) sei nachträglich erstellt worden, damit liege ein Verstoß gegen Dokumentations-pflichten der Antragsgegnerin vor, greift dies nicht.
Die Antragsgegnerin war zu einer Dokumentation im Einzelnen nicht verpflichtet. Maß-geblich ist hier allein, ob die Auswahl der 5 Bieter für das Losverfahren in einer Weise nachvollziehbar ist, dass willkürliches Verhalten ausscheidet. Zur Demonstration dessen ist Anlage AG 3 – wenn auch nachträglich - erstellt worden. Zudem ist eine Benachteiligung der Antragsteller nicht zu erkennen, da sie sich unter den 5 ausgewählten Bietern befunden haben.
(4) Die Durchführung eines Losverfahrens unter mehreren als gleichwertig anzusehenden Angeboten kann nicht als willkürlich angesehen werden. Vielmehr eröffnet es den beteiligten Bietern gleiche Chancen auf Berücksichtigung ihres Angebots.
Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Antragsteller, von der Durchführung eines Losverfahrens vorab in Kenntnis zu setzen, bestand nicht.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.