Gericht | SG Neuruppin 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 13.12.2010 | |
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Aktenzeichen | S 25 KR 138/06 | ECLI | ||
Dokumententyp | Gerichtsbescheid | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Bei der Abgrenzung der versicherungspflichtigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit setzt die Annahme einer Beschäftigung wesentlich voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko und die frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Diese Grundsätze sind auch beim sog. Fremdgeschäftsführer einer GmbH regelmäßig auch anzuwenden. Ist der Geschäftsführer nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt, so liegt in der Regel ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor.
3. Dies gilt auch dann, wenn der Betroffene seine Arbeit praktisch frei gestalten kann und sich Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsleistung allein aus den betrieblichen Erfordernissen und nicht aus Weisungen des Arbeitgebers ergeben.
4. Bei der Frage der Versicherungspflicht eines Fremdgeschäftsführers einer Familien - GmbH ist regelmäßig auf die (Rechts)macht, unliebsame Entscheidungen auch im nur theoretischen Konfliktfall zu verhindern, abzustellen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 01. Juli 2002 bis zum 10. Mai 2004.
Der im Juni 1972 geborene Kläger, der im Juli 2000 vor der Handwerkskammer Potsdam die Meisterprüfung im Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk abgelegt hat, ist seit dem 01. Juli 2002 als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) tätig. Die Beigeladene zu 1) wurde durch notariellen Vertrag vom 11. Juni 2002 gegründet und am 27.August 2002 in das Handelregister des Amtsgerichts Neuruppin eingetragen. Gegenstand des Unternehmens sind Dachdecker- und Dachklempnerleistungen, Dachgeschossausbau, Zimmerleistungen, Sanitär-, Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation, Grund- und Rohrleitungsbau, Transportleistungen für Eigen- und Fremdbedarf, Vermietung von Baumaschinen, Hebezeuge und Fördermittel, deren Instandsetzung, Bauserviceleistungen sowie Baustoffhandel. Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beträgt 25.000,00 €, die Anteile werden zu 49 % (12.000,00 €) von der Mutter des Klägers – Frau M T – und zunächst zu 51 % (13.000,00 €) von einer weiteren Gesellschafterin – Frau S J –, zu der keine familiäre Bindung bestand, gehalten. Der Kläger wurde mit Wirkung zum 02. Juli 2002 als Geschäftsführer bestellt. Er ist zur Vertretung der Gesellschaft allein berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Mit Wirkung ab dem 11. Mai 2004 veräußerte die Zeugin J ihren Mehrheitsgesellschaftsanteil in Höhe von 51 % an die Lebensgefährtin des Klägers – Frau C P – (Urkunde der Notarin G F vom 14. Mai 2004).
In dem zuvor unter dem 11. Juni 2002 geschlossenen Gesellschaftervertrag, der durch die Gesellschafterversammlung vom 10. Mai 2004 im Wesentlichen unverändert geblieben war, ist unter anderem geregelt, dass die Geschäftsführung zur Vornahme von Handlungen und Rechtsgeschäften, die der Bedeutung und dem Umfange nach von besonderem Gewicht sind oder über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, bei mehreren Gesellschaftern die Zustimmung der Gesellschaftsversammlung benötigt (§ 5 Ziffer 3 des Gesellschaftervertrages vom 11. Juni 2002). Ferner ergibt sich aus dem Gesellschaftervertrag, dass die Gesellschafterversammlung nur beschlussfähig ist, wenn mindestens die Hälfte des Stammkapitals vertreten ist (§ 7 Ziffer 3 des Gesellschaftervertrages).
Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) unter dem 02. Juli 2002 geschlossene Geschäftsführerdienstvertrag enthielt im Wesentlichen folgende Regelungen:
- Führung der Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, dieses Vertrages, des Gesellschaftsvertrages der GmbH sowie den in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüssen
- Zurverfügungstellung der gesamten Arbeitskraft
- Anzeigepflicht von Nebentätigkeit und Übernahme nur nach schriftlicher Zustimmung
- regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 bzw. 37,5 Arbeitsstunden
- Arbeitszeit: montags bis freitags von 7:00 bis 17:30 Uhr
- Einstellungen und Entlassungen grundsätzlich nur nach Rücksprache mit den Gesellschaftern
- Investitionen gemäß Investitionsplan mit Gesellschaftsversammlungsbeschluss
- 13 Monatsgehälter in Höhe von monatlich 2.500,00 €
- Gewinnbeteiligung in Höhe von 10 % des sich aus der Handelsbilanz ergebenen Jahresgewinns vor Steuern; Deckelung der Gewinnbeteiligung auf 25 % der Jahresvergütung
- jährlicher Urlaub von 30 Arbeitstagen unter Gewährung von Urlaubsgeld für jeden genommenen Urlaubstag in Höhe von 25,00 € pro Tag
- Entgeltfortzahlung bei Erkrankung oder Tod für drei Monate
- Abschluss einer Lebensdirektversicherung in Höhe von ca. 150,00 € mit widerruflichem Bezugsrecht
- Befristung bis zum 31. Dezember 2003
- Verlängerung jeweils um zwei Jahre, wenn nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten durch einen der beiden Vertragspartner schriftlich gekündigt wird.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 bat der Kläger bei der Beklagten um die versicherungsrechtliche Beurteilung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. In einem „Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers einer Familien-GmbH“ vom 25. Oktober 2005, der von dem Kläger und der weiteren Gesellschafterin Frau M T unterzeichnet worden ist, gab der Kläger unter anderem an, dass er durch Sonderrechte über seine Lebenspartnerin und über seine Mutter Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern könne, keinem Direktionsrecht unterliege und bezüglich der Zeit, der Art und des Ortes seiner Beschäftigung frei sei, dass er seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten könne, selbständig Personal einstellen und/oder entlassen könne, dass er sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen müsse, in den letzten drei Jahren lediglich eine Woche Urlaub genommen habe, ferner dass von der Vergütung Lohnsteuer entrichtet werde, die Verbuchung seiner Vergütung als Betriebsausgabe erfolge, dass er eine Gewinnbeteiligung abhängig von der Höhe des Gewinnes der Beigeladenen zu 1) erhalte und dass er der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen in Höhe eines Betrages von 15.000,00 € gewährt habe.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, bis zum 10. Mai 2004 Arbeitnehmer der GmbH gewesen zu sein. Erst durch den Gesellschafterbeschluss vom 10. Mai 2004 mit der Veräußerung und der Abtretung des Kapitalanteils der Mehrheitsgesellschafterin an die Lebensgefährtin des Klägers seien familiäre Verhältnisse eingetreten, so dass ab dem 11. Mai 2004 von einer „Familien-GmbH“ ausgegangen werden könne. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2006 „Teilwiderspruch“ und begehrte die Aufhebung des Bescheides insoweit, als dass für den Zeitraum vom 01. Juli 2002 bis zum 10. Mai 2004 von einer Versicherungspflicht ausgegangen werde und darüber hinaus die Feststellung, dass in dem genannten Zeitraum Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe. Zur Begründung führte er aus, unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätze stelle sich die angegriffene Entscheidung als unzutreffend dar. Es sei zunächst festzuhalten, dass es sich – im maßgeblichen Zeitraum – bei den Gesellschafterinnen M T und S J um eine gelernte Krankenschwester sowie eine gelernte Erzieherin handele. Frau J als gelernte Erzieherin habe überdies im fraglichen Zeitraum eine Kindertagesstätte geleitet, habe als mit dem Betrieb der GmbH nichts zu tun gehabt. Der Kläger habe im Juli 2000 die Meisterprüfung im Installateur- und Heizungsbauhandwerk bestanden. Er allein verfüge demnach über die fachlichen Voraussetzungen, die der Gegenstand des Unternehmens voraussetze. Aus dieser fachlichen Qualifikation und dem Umstand, dass die Gesellschafterinnen Krankenschwester bzw. Erzieherin gewesen seien, folge ohne weiteres, dass der Kläger Weisungen der Gesellschafter in Bezug auf Art, Ort und Zeit seiner Leistungserbringung für das Unternehmen gerade nicht unterlag, weil derartige Weisungen auf Grund der bei dem Kläger vorhandenen Fachkenntnisse gar nicht haben erteilt werden können. Der Kläger sei Kopf und Seele des Unternehmens. Seine Auffassung habe – auch bei grundlegenden strategischen Unternehmensentscheidungen – die Beschlussfassung der Gesellschafterinnen, deren Funktion sich auf eine reine Kapitalbeteiligung beschränkt habe, bestimmt. Auf die inhaltliche und die fachliche Unternehmensführung hätten die Gesellschafterinnen keinerlei Einfluss ausüben gewollt und gekonnt. Im Übrigen sei der Beklagten zwar zuzugeben, dass erst mit Wirkung ab dem 11. Mai 2004 von einer „Familien-GmbH“ ausgegangen werden könne, gleichwohl habe bereits zuvor die Mutter des Klägers eine Beteiligung von 49 % gehalten. Am tatsächlichen Erscheinungsbild der Tätigkeit des Klägers habe sich seit der Aufnahme der Tätigkeit am 01. Juli 2002 nicht das Geringste geändert, so dass auch ab diesem Zeitpunkt eine beherrschende Stellung des Klägers als Geschäftsführer vorgelegen habe. Allein diese beherrschende Stellung sei ausreichend, um eine nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung des Klägers anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Kapitalbeteiligung der Mutter des Klägers, der Ausbildungen beider Gesellschafterinnen und des Umstandes, dass die mit 51 % beteiligte Gesellschafterin im Unternehmen in keiner Weise tätig gewesen sei, sondern eine Kindertagesstätte geleitet habe, sei in jedem Falle von einer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Hinzu trete ferner, dass der Kläger von Beginn an von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei, allein über Fach- und Branchenkenntnisse sowie den erforderlichen Meistertitel verfügt habe und Tantiemen in Höhe von 10 % des Jahresgewinnes erhalten habe.
Mit Schreiben vom 05. April 2006 ergänzte die Beklagte ihren Bescheid vom 23. Januar 2006 und führte aus, eine so genannte „Familien-GmbH“ ab dem 01. Juli 2002 liege nicht vor. Voraussetzung für das Eintreten von Versicherungspflicht sei, dass eine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt werde. Der Kläger sei an der GmbH kapitalmäßig nicht beteiligt gewesen und habe weder Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nehmen können, noch nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse – insbesondere das eigene Arbeitsverhältnis betreffend – verhindern können. Daran ändere auch nichts, dass die Mutter des Klägers einen Kapitalanteil an der GmbH von 49 % innehatte. Gesellschafterbeschlüsse würden mit einfacher Mehrheit gefasst, angesichts der Kapitalverteilung von 51 zu 49 % sei sie jederzeit überstimmbar gewesen. Die Organstellung als Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung an der GmbH und die damit verbundene Arbeitgeberfunktion reiche nicht für die Annahme einer Selbstständigen Tätigkeit aus. Wesentlich sei, dass der Kläger im Hinblick auf das ihm monatlich zustehende Bruttogehalt ein eigenes Unternehmerrisiko nicht getragen habe. Der Kläger habe seit dem 01. Juli 2002 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt zur Beigeladenen zu 1) gestanden und der Sozialversicherungspflicht gemäß den §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 1 Nr. 1 SGB IV, 25 Abs. 1 SGB III und 20 Abs. 1 SGB XI unterlegen.
Den weiterhin aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stehe ein Geschäftsführer einer GmbH, der selbst an dieser Gesellschaft nicht beteiligt ist und der eine von der Ertragslage der GmbH unabhängige monatlich gleich bleibende Vergütung sowie bezahlten Urlaub erhalte, grundsätzlich in einem abhängigen, die Sozialversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis, wobei nur im Ausnahmefall eine abweichende Beurteilung möglich sei. Der Kläger mag zwar im täglichen Geschäftsbetrieb bereits in der Zeit vom 01. Juli 2002 bis zum 10. Mai 2004 „im Wesentlichen frei walten und schalten“ gekonnt und auch was Ort, Zeit und Dauer seiner Arbeitsleistung betraf weitgehend weisungsfrei agiert haben, gleichwohl habe die GmbH die Geschäftspolitik bestimmt. Gemäß § 5 Ziffer 3 des Gesellschaftervertrages vom 11. Juni 2002 sei vereinbart worden, dass sich die Geschäftsführung auf alle Handlungen und Rechtsgeschäfte, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringe und welche zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlich erscheinen, erstrecke. Zur Vornahme von Handlungen und Rechtsgeschäften, die der Bedeutung und den Umfang nach von besonderem Gewicht seien oder über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, sei jedoch bei mehreren Gesellschaftern die Zustimmung der Gesellschaftsversammlung erforderlich. Der Kläger habe keine Möglichkeit gehabt, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Die Gesellschafter der GmbH hätten das Recht gehabt, dem Kläger jederzeit Weisungen zu erteilen. Der Kläger habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Er habe ein festes monatliches Gehalt erhalten, das nicht von der unmittelbaren Ertragslage der GmbH abhängig gewesen sei. Er habe auch den Wegfall der Bezüge bei schlechter Geschäftslage nicht befürchten müssen. Auftretende Schwankungen gezahlter Tantiemen würden dem Entgeltrisiko entsprechen, das ein vom Umsatz abhängig bezahlter Arbeitnehmer ebenfalls zu tragen habe. Auch der Verzicht von Urlaubsansprüchen und Urlaubsgeldzahlungen machten den Kläger nicht zu einem Selbständigen. Die Beigeladene zu 1) sei in dem streitbefangenen Zeitraum auch nicht von dem Kläger geführt worden. Er habe weder die Gesellschafter der GmbH persönlich dominiert, noch seien diese von ihm wirtschaftlich abhängig gewesen. Erst ab dem Zeitpunkt, an dem die Mehrheitsgesellschafterin ihre Anteile am Gesellschaftskapital auf die Lebensgefährtin des Klägers übertragen habe, sei von einer so genannten „Familien-GmbH“ auszugehen und bei Würdigung der Gesamtumstände davon auszugehen, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt trotz des weiterhin fehlenden Unternehmerrisikos, woran auch die Darlehensgewährung vom 06. Mai 2004 nichts ändere, in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mehr zur Beigeladenen zu 1) stehe. Hierbei sei entscheidend, dass der Kläger erst ab dem 11. Mai 2004 Geschäftsführer einer so genannten „Familien-GmbH“ sei, dass er als einziger über die für die Führung des Betriebes notwendigen Branchenkenntnisse verfüge und auf Grund der Familienbeziehungen nunmehr allein seine Meinung bei Gesellschafterbeschlüssen in der Regel den Ausschlag geben würde. Insoweit könne erst ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von Weisungsgebundenheit ausgegangen werden. Im Übrigen habe der Kläger selbst auch nur erklärt, dass er über seine Lebensgefährtin oder über seine Mutter Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern könne. Auch habe gemäß § 7 des Geschäftsführerdienstvertrages Einigkeit zwischen den Vertragsparteien bestanden, dass der Kläger als Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig sei. Auch die von der Beigeladenen zu 1) abgeschlossene Lebensdirektversicherung spreche für eine abhängige Beschäftigung. Denn die Direktversicherung sei eine Form der betrieblichen Altersversorgung, die in der Regel zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vereinbart werde. Vom Arbeitsentgelt seien Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden und es sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die damaligen Meldungen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen hätten. Der von der Beigeladenen zu 1) im Jahr 2002 durchgeführten versicherungsrechtlichen Beurteilung werde höheres Gewicht beigemessen, als der nunmehr vertretenen Auffassung, dass der Kläger von Anbeginn seiner Tätigkeit nicht abhängig beschäftigt gewesen sei. Denn nach den vorgelegten Unterlagen sei das Beschäftigungsverhältnis zunächst als abhängige Tätigkeit gelebt worden. Eine rückwirkende Einschätzung aufgrund einer geänderten Motivationslage könne nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit bereits in dem Zeitraum vor dem 11. Mai 2004 führen. Die gesamten Sozialversicherungsbeiträge seien entsprechend der gesetzlichen Verpflichtungen der §§ 28 ff. SGB IV abgeführt und die Jahresmeldungen sowie Beitragsnachweise abgegeben worden. Die Beiträge seien daher auch zu Recht entrichtet worden, eine Beitragserstattung scheide im Hinblick auf § 26 Abs. 2 SGB IV, wonach nur zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten seien, aus.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. August 2006 bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren und vertieft diese.
Er beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2006 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit dem 01. Juli 2002 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides.
Das Gericht hat die D GmbH (Beigeladene zu 1)), die D (Beigeladene zu 2)), die B (Beigeladene zu 3)), sowie die P der Beklagten (Beigeladene zu 4)), mit Beschluss vom 19. Mai 2008 zum Verfahren notwendig beigeladen.
Die Beigeladenen zu 2) bis 4) haben sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen; die Beigeladene zu 1) hat sich im Verfahren nicht geäußert. Keiner der Beigeladenen hat Anträge gestellt.
Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01. Dezember 2009 den Kläger persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der früheren Mehrheitsgesellschafterin Frau S J und der Mutter des Klägers – Frau M T – als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung sowie der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 01. Dezember 2009. Nachdem die Kammer aufgrund des Ausbleibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme den Rechtstreit vertagt hatte und den Beteiligten zum Ergebnis der Beweisaufnahme und der persönlichen Anhörung des Klägers Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war, hat die Kammer die Beteiligten mit Verfügung vom 05. November 2010 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen lagen vor und waren – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. a) Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2006 in der Fassung des in entsprechender Anwendung des § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Ergänzungsschreibens vom 05. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2006, mit dem die Beklagte über die Versicherungspflicht des Klägers zur Kranken-, Sozialen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ab dem 01. Juli 2002 entschieden hat. Nach dem Gesamtzusammenhang des Vortrages der Beteiligten ist dabei lediglich noch der Zeitraum vom 01. Juli 2002 bis zum 10. Mai 2004 zur Entscheidung des Gerichts gestellt.
b) Die so verstandene (§ 123 SGG) – gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage, über die die Kammer gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden kann, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidungsform mit gerichtlicher Verfügung vom 05. November 2010 ordnungsgemäß angehört worden sind, ist unbegründet.
2. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass die vom Kläger angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind, denn der Kläger unterlag – entgegen seiner Auffassung –während des noch streitigen Zeitraums vom 01. Juli 2002 bis zum 10. Mai 2004 bei seiner Tätigkeit als Fremdgeschäftsführer der Beigeladenen zu 1) der Sozialversicherungspflicht; Der Kläger ist durch die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten dementsprechend auch nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Dementsprechend besteht ein Anspruch des Klägers auf die begehrte – entgegen gesetzte – Feststellung seiner Sozialversicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht. Die Beklagte ist bei der Entscheidung über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in dem von der Klägerin eingeleiteten Verfahren gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger, wie dies auch der geübten Beitragspraxis der Beigeladenen zu 1) seit dessen Eintritt in die Firma entspricht, im nur noch streitgegenständlichen Zeitraum in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu diesem stand und der Versicherungspflicht unterlag.
a) Für eine solche Entscheidung war die Beklagte gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV als Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird (vgl. § 28i SGB IV). Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 Hs. 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Sozialen Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung, dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechnet und als Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt. Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen, wie vorliegend, vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. September 2003, - B 12 RA 3/02 R, zitiert nach juris).
b) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V); § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI); § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) und § 25 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist dabei § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das gesamte Bild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat dabei lediglich indizielle Wirkung (vgl. hierzu eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2009, - B 12 KR 21/07; Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R sowie Urteil vom 04. Juli 2007, - B 11 a AL 5/06 R, jeweils zitiert nach juris).
Bei den Organen juristischer Personen, zu denen auch Geschäftsführer einer GmbH gehören, ist eine abhängige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer gelten (vgl. § 5 Abs. 1 S. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes), im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern der Gesellschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen und in der Regel keinen Weisungen Dritter bezüglich Zeit, Art und Ort ihrer Arbeitsleistung unterliegen. Demgemäß ist sowohl bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH als auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern mit einer Minderheitsbeteiligung an der Gesellschaft regelmäßig eine abhängige Beschäftigung gegeben, es sei denn, sie sind aufgrund ihres Kapitaleinsatzes in der Lage, ihnen nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft zu verhindern oder ihr tatsächlicher Einfluss auf die Gesellschaft ist größer als der ihnen aufgrund ihres Geschäftsanteils an sich zustehende Einfluss (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R sowie Urteil vom 07. September 1988, - 10 RAr 10/87, jeweils zitiert nach juris). Dabei ist jedoch die Nichtausübung eines Rechtes unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist, die Rechtsmacht also noch besteht, selbst wenn von dieser tatsächlich kein Gebrauch gemacht wird (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. August 1990, - 11 RAr 77/89, zitiert nach juris). Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat dabei lediglich indizielle Wirkung. Die Abgrenzung ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichtet werden. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen oder die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligte des Arbeitsprozesses geht der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgeübt worden ist, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend ist hierbei auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen (Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, zitiert nach juris).
Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12. Juli 2006 stellt die rechtlichen Zusammenhänge und Maßstäbe zutreffend dar und würdigt den Sachverhalt überzeugend. Der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Merkmale durch die Beklagte schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage ausdrücklich an. Hierauf nimmt die Kammer daher zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug. Die Kammer macht die Erwägungen der Beklagten zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung (§ 136 Abs. 3 SGG). Nur ergänzend bleibt hinzuzufügen: Die Kammer teilt zunächst die Auffassung der Beklagten, dass der Geschäftsführer einer GmbH, der am Stammkapital – wie hier – nicht beteiligt ist (so genannter Fremdgeschäftsführer), grundsätzlich abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungspflichtig ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R, zitiert nach juris). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur unter besonderen Umständen insbesondere bei Familiengesellschaften in Betracht, wenn ein externer Geschäftsführer die Gesellschaft faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führt, „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Diese Situation ist im Falle des Klägers nicht gegeben und außerhalb von Familiengesellschaften auch kaum denkbar. Dass der Kläger faktisch auch frei „schalten und walten“ konnte, wie er wollte, reicht allein nicht aus, um eine abhängige Beschäftigung zu verneinen. Gegen eine selbstständige Tätigkeit des Klägers spricht vor allem das Fehlen eines Unternehmerrisikos. Der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladenenzu 1) liegt für den hier zu beurteilenden Zeitraum ein schriftlicher Arbeitsvertrag (Geschäftsführerdienstvertrag vom 02. Juli 2002) zugrunde, an den bei der Beurteilung der Versicherungspflicht zunächst anzuknüpfen ist. Die Regelungen des Arbeitsvertrages sprechen eindeutig für eine abhängige Beschäftigung: Dem Kläger steht danach – unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens – ein festes monatliches Entgelt für eine fest umrissene Tätigkeit zu, er hat einen für Arbeitnehmer üblichen Urlaubsanspruch, erhält nach den übereinstimmenden Angaben im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers einer „Familien-GmbH“ vom 25. Oktober 2005 Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. Gekündigt worden ist der Vertrag bis heute nicht, weder schriftlich noch mündlich. Entsprechend der arbeitsvertraglichen Verpflichtung ist auch die äußere Abwicklung erfolgt, das heißt die Beigeladene zu 1) hat u. a. die Personalausgaben für den Kläger als Betriebsausgabe verbucht, Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für diese entrichtet und darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) ausweislich des Geschäftsführerdienstvertrages eine Lebensversicherung zu Gunsten des Klägers ab und zahlte die monatlichen Versicherungsprämien. Dies sind für die Kammer in einer wertenden Betrachtung herausragende Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung und gegen ein Unternehmerrisiko sprechen. Demgegenüber hat der Umstand, dass der Kläger seine Arbeit als Geschäftsführer der GmbH selbst einteilen, er Zeit, Ort und Art ihrer Ausführung selbst bestimmen konnte und er insoweit keinen Weisungen Dritter unterlag und er von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches befreit war, keine entscheidende, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Bedeutung. Dies ist bei so genannten Diensten höherer Art nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist auch insoweit auf die jeweilige Rechtsmacht abzustellen. Unerheblich ist insoweit, dass eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgeübt wird, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Die Gesellschafter haben hier dem Kläger – nach ihren Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung – zwar bei der Unternehmensführung bis zu herausragenden organisatorischen und strukturellen Entscheidungen weitgehend freie Hand gelassen. Ihre Rechtsmacht haben die Gesellschafter jedoch nie aufgegeben. Deutlich wird dies – neben der ausdrücklichen Regelung im Gesellschaftervertrag vom 11. Juni 2002, wonach der Geschäftsführer zur Vornahme von Handlungen und Rechtsgeschäften, die der Bedeutung und dem Umfang nach von besonderem Gewicht sind oder über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf (§ 5 Ziffer 3 S. 2), die beschlussfähig ist, wenn mindestens die Hälfte des Stammkapitals vertreten ist (§ 7 Ziffer 3 S. 1) – insbesondere auch durch die Ausführungen der Zeugin J im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die – unwidersprochen – darauf hinwies, dass sie sich ein gewisses Mitspracherecht habe erhalten wollen und den Blick auf das von ihr investierte Geld, eine gewisse Sicherheit und auch Kontrolle über ihr Geld behalten wollte. Darüber hinaus hält es die Kammer in diesem Zusammenhang auch für bedeutsam, dass der Kläger Nebentätigkeiten nur nach schriftlicher Zustimmung durch die Gesellschaft übernehmen darf (§ 1 Ziffer 3 des Geschäftsführerdienstvertrages) und Investitionen nur mit Gesellschaftsversammlungsbeschluss erfolgen können (§ 1 Ziffer 6 des Geschäftsführerdienstvertrages). Selbst wenn der Kläger als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) im fraglichen Zeitraum – entsprechend seinem Vortrag und den Angaben der im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme gehörten Zeugen – über eine erhebliche Machstellung verfügt haben mag und auch wichtige unternehmerische Entscheidung eigenständig treffen durfte, ändert dies nichts an der Einstufung dieser „höheren“ Tätigkeit als versicherungspflichtig. Es bleibt dabei, dass bei Fremdgeschäftsführern in der Regel eine abhängige Beschäftigung angenommen werden muss (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Besondere Umstände, die eine andere Sichtweise gebieten könnten, dominieren im Falle des Klägers nicht; das hält die Kammer für eindeutig. So war er im noch streitbefangenen Zeitraum insbesondere der Mehrheitsgesellschafterin J gerade nicht verwandtschaftlich verbunden. Es kann auch nicht davon die Rede sein, dass er die Beigeladene zu 1) „faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken“ führte; er konnte nicht „schalten und walten“, wie er wollte, weil er etwa die Gesellschafter persönlich dominierte und diese wirtschaftlich von ihm anhängig waren. Allein faktische wirtschaftliche Macht und privilegierte Vertragsbedingungen ändern noch nichts an der abhängigen Stellung des Klägers als Fremdgeschäftsführer. Entscheidend bleibt, dass dem Kläger – zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum – die Rechtsmacht fehlte, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung in seinem Sinne herbeizuführen, um ihm nicht genehme Entscheidungen zu verhindern. Entscheidend kann insoweit nur der theoretische Konfliktfall sein, für den die Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich eine rechtliche Lösungsregelung getroffen haben. Daher ist es auch unerheblich, über welche Ausbildung die Gesellschafterinnen J und T verfügen.
Schließlich stellt zwar die Gewährung des Darlehens in Höhe eines Betrages von 15.000,00 € auch nach Auffassung der Kammer ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit des Klägers dar, da ein solches Engagement arbeitnehmeruntypisch ist. Andererseits erhielt der Kläger (wie ausgeführt) ein festes - von der monatlichen Ertragslage des Beigeladenen zu 1) unabhängiges - monatliches Gehalt. Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ist indes erst dann gerechtfertigt, wenn ein echtes Unternehmerrisiko getragen wird, wovon unter anderem jedoch erst dann ausgegangen werden kann, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 2005, - L 13 R 112/05, zitiert nach juris), was hier zu keinem Zeitpunkt der Fall gewesen ist. In der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kann die Höhe des finanziellen Engagements die gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechenden Umstände nicht überlagern. Die Tatsache, dass er weder tatsächlich noch rechtlich zur Bestimmung der Geschicke des Beigeladenen zu 1) in der Lage war, wiegt zu schwer. Dabei hatte die Kammer im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass die Hingabe des Darlehens erst am 06. Mai 2004, mithin kurz vor dem Ende des hier noch streitgegenständlichen Zeitraumes, zur Auszahlung gelangte und daher – in der Zusammenschau mit dem Wechsel in der Zusammensetzung der Gesellschafter zum 10. Mai 2004 – die Beklagte zu Recht erst mit Wirkung ab dem 11. Mai 2004 vom Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen ist. Dieser Sichtweise entsprechen im Übrigen auch die eigenen Angaben des Klägers im Feststellungsbogen vom 25. Oktober 2005, der dort angab, Gesellschaftsbeschlüsse über seine Lebenspartnerin und über seine Mutter verhindern zu können, womit er sich erkennbar erst auf einen Zeitraum bezog, in dem seine Lebenspartnerin und seine Mutter Gesellschafterinnen der Beigeladenen zu 1) gewesen sind. Weil sich die Mehrheitsgesellschafterin J erst am 10. Mai 2004 durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile der von ihr im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung betonten Kontroll- und Mitsprachemöglichkeit begeben hat, verbleibt es auch bis zu diesem Zeitpunkt bei der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers als abhängige Beschäftigung.
c) Die Kammer vermag auch nicht die Auffassung einer vollständigen Unabhängigkeit der steuerrechtlichen von der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der klägerischen Tätigkeit zu teilen. Richtig ist zwar, dass zwischen diesen Rechtsgebieten keine Bindungswirkung besteht, also der Einzugsstelle jeglicher Beurteilungsspielraum und jegliche Entscheidungskompetenz bei Vorlage eines Steuerbescheides genommen wäre, doch besteht eine starke Indizwirkung im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Dies hat der Gesetzgeber etwa in § 28p SGB IV berücksichtigt, wonach bei Betriebsprüfungen auf die Lohnsteuerprüfungen zurückgegriffen werden kann (§ 10 Abs. 2 der Beitragsverfahrensordnung). Auch findet sich ein entsprechender der Bezug in § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung, als Nachfolgevorschrift der früheren Arbeitsentgeltverordnung. Die Kammer kann und will nicht darüber hinweggehen, dass der Kläger bei Abgabe seiner Steuererklärung – gegebenenfalls über seinen Steuerberater – stets seine Arbeitnehmereigenschaft vorgetragen hat. Im Übrigen ist die steuerrechtliche Behandlung auch nicht nur eine bloße Formalie. Wenn gegenüber dem Finanzamt über Jahre hinweg nach besten Wissen und Gewissen erklärt wird, als Arbeitnehmer sein Geld zu verdienen und gegebenenfalls auch entsprechende Vergünstigungen steuerlicher Art in Anspruch genommen werden, ist dies ein gewichtiges Indiz, das für die Qualifizierung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht. Dies gilt auch für die Betriebsprüfungen. Dass die in der Vergangenheit mehrfach durchgeführten Betriebsprüfungen keinerlei Beanstandungen dieser Praxis ergeben haben, ist rechtlich nicht ausschlaggebend, ergänzt aber das Bild einer zutreffend als abhängige Beschäftigung eingestuften Tätigkeit des Klägers. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger und die Beigeladene zu 1) bei der Frage, ob der Kläger ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausübt, in einem Rechtsirrtum befanden, bestehen nicht, denn in dem Betrieb des Beigeladenen zu 1) sind und waren fortlaufend Arbeitnehmer beschäftigt, für die eine Meldung zur Sozialversicherung zu erfolgen hatte, für die der Kläger die Verantwortung trug. Die Frage der Sozialversicherungspflicht und die diese begründenden Tatsachen waren daher dem Kläger vertraut, so dass – entgegen der Auffassung des Klägers – nichts dafür spricht, die Meldung habe auf einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung beruht.
d) Es sprechen schließlich – darauf hat auch die Beklagte bereits zutreffend hingewiesen – auch keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung aller Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind auszuschließen. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu Unklarheiten und Unsicherheiten führt, hat das Bundessozialgericht den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht nachträglich geändert werden sollen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 08. Dezember 1999, - B 12 KR 12/99 R, zitiert nach juris). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung.
3. a) Wenn der Kläger nach alledem mit seinem Begehren auf Feststellung der Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht durchzudringen vermochte, war die Klage auch hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens abzuweisen. Denn der Kläger war in dem zur Beurteilung gestellten Zeitraum vom 01. Juli 2002 bis zum 10. Mai 2004 mehr als nur geringfügig abhängig beschäftigt und unterlag daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XI sowie § 25 SGB III der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der Sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
b) Schließlich hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden nach deren Auslegung und ihrem Gesamtzusammenhang nicht nur über die Versicherungspflicht dem Grunde nach entschieden, sondern – zumindest im Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 – eine umfassende Entscheidung für den zur Beurteilung gestellten Zeitraum herbeigeführt, so dass es sich nicht lediglich um eine rechtswidrige Elementenfeststellung handelt (vgl. zu diesem Aspekt eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2009, - B 12 R 11/07 R, zitiert nach juris). Die Problematik der unzulässigen Elementenfeststellung und der Verpflichtung zur konkreten Verbescheidung über das Vorliegen der Versicherungspflicht stellt sich im Übrigen nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht, weil für den Kläger in der Vergangenheit – entsprechend seinem Bruttoarbeitsentgelt – tatsächlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind (vgl. hierzu auch: Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 15. September 2010, - S 25 KR 186/06 sowie Urteil vom 06. Oktober 2010, - S 25 KR 73/06, jeweils zitiert nach juris).
4. Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 193 SGG). Auch hält es die Kammer nicht für geboten, dem unterlegenen Kläger eventuelle Kosten der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen.