Gericht | FG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 28.05.2015 | |
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Aktenzeichen | 4 K 7114/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in 2002 (Streitjahr) anzusetzenden Verlustes, der den Klägern aufgrund ihrer Beteiligung an der C… GmbH entstanden ist.
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Beide Kläger waren im Streitjahr Gesellschafter der C… GmbH. Die C… GmbH war mit Vertrag vom 09. November 1989 gegründet worden. Ihre Gesellschafter waren neben dem Kläger zunächst die Herren D… und E…, nicht jedoch die Klägerin. Aufgrund eines Streites über die Firmenpolitik schied Herr D… Ende 1991 aus der Gesellschaft aus. Für ihn trat die Klägerin ein. Ab dem Jahr 1992 hielten dann der Kläger einen Anteil von 17.000 DM (entspricht 33,33 %) und die Klägerin einen Anteil von 12.700 DM (entspricht 24,90 %) am Stammkapital von 51.000 DM der C… GmbH – die Höhe des Anteils der Klägerin haben die Beteiligten im Termin zu mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt. Zudem waren beide Kläger Gesellschafter der F… GbR. An der GbR war der Kläger zu 9 % beteiligt und die Klägerin zu 91 %.
In der Bilanz der C… GmbH zum 31. Dezember 1991 waren auf der Passivseite u. a. diverse Verbindlichkeiten aufgeführt. Laut des Kontennachweises zur Bilanz bestanden keine Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern – weder gegenüber dem Kläger noch gegenüber Herrn D…. Auf der Aktivseite wurden hingegen verschiedene Verrechnungskonten geführt, die u. a. mit „Verrkto. D…+B…“ und „V-Kto. B…“ bezeichnet waren und z. T. Guthaben enthielten.
In der Bilanz der C… GmbH zum 31. Dezember 1992 wurde auf der Passivseite u. a. ein „Ver-Kto A…“ (Konto 3505) mit einem Betrag in Höhe von 1.077.706,28 DM als Verbindlichkeit geführt.
Die Bilanz der C… GmbH zum 31. Dezember 1996 wies schließlich einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 10.715.190,80 DM aus. Dieser Fehlbetrag belief sich laut der Bilanz zum 31. Dezember 1999 noch auf 10.281.495,08 DM.
Am 15. November 2001 wurde beim Amtsgericht (AG) G… ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C… GmbH gestellt, der mangels Masse mit Beschluss vom 31. Januar 2002 zurückgewiesen wurde. Daraufhin wurde die C… GmbH am 24. Mai 2002 im Handelsregister gelöscht.
Mit einem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 08. Juli 2008 beanstandeten die Kläger, dass die ihnen aufgrund ihrer Beteiligung an der C… GmbH entstandenen Verluste steuerlich bisher nicht berücksichtigt worden seien. Ihrer Auffassung nach müssten ihnen die aufgrund der Insolvenz der C… GmbH im Streitjahr entstandenen Verluste zuerkannt werden, und zwar für den Kläger der folgende Verlust:
Verlorenes Stammkapital | ./. 17.000 DM |
Eigenkapitalersetzendes Darlehen | ./. 755.683,96 DM |
Zwischensumme | ./. 772.683,96 DM |
Anteilige Verluste der F… GbR | ./. 11.189,26 DM |
Gesamtsumme | ./. 783.873,22 DM |
./. 400.788,01 € |
Für die Klägerin wurde der folgende Verlust geltend gemacht:
Verlorenes Stammkapital | ./. 12.750,00 DM |
Anteilige Verluste der F… GbR | ./. 113.135,82 DM |
Gesamtsumme | ./. 125.885,82 DM |
./. 64.364,40 € |
Zum Nachweis legten die Kläger zunächst die folgenden Unterlagen vor:
- Kopie eines Blattes der Kontennachweise zur Bilanz der C… GmbH zum 31. Dezember 2000, das die sonstigen Verbindlichkeiten aufführte; als Konto 3505 war ein Verrechnungskonto des Klägers („Ver-Kto A…“) mit einem Betrag von 755.683,96 DM, als Konto 3514 war ein Verrechnungskonto der F… GbR („Ver-Kto F… GbR“) mit einem Betrag von 124.325,08 DM genannt;
- drei Datev Kontoauszüge aus dem Jahr 2000 zum Konto 3505 (Verrechnungskonto des Klägers) und ein Datev-Kontoauszug aus dem Jahr 2000 zum Konto 3514 (Verrechnungskonto F… GbR);
- handschriftlich erstellte Übersicht „Verzins. V.-Konto. B… Kto. 1331 u. 3505“.
Inhaltlich führten die Kläger aus, dass die C… GmbH Ende 1991, Anfang 1992 aufgrund des Ausstiegs des ehemaligen Gesellschafters D… keine ausreichenden Finanzierungsmittel mehr gehabt habe, um ihre Tätigkeit in der gewohnten Weise weiter ausüben zu können. Daher habe er, der Kläger, der Gesellschaft Darlehen gewährt, die er später aufgrund der Insolvenz der C… GmbH verloren habe. Schriftliche Darlehensverträge existierten nicht, es sei alles mündlich abgesprochen worden. Die Darlehen seien auf Verrechnungskonten verbucht worden. Diese Vorgehensweise habe darauf beruht, dass die C… GmbH Teil der Firmengruppe des Klägers sowie Teil der Firmengruppe des ehemaligen Gesellschafters D… gewesen sei. Die einzelnen Firmen hätten untereinander Verrechnungskonten unterhalten, auf denen die wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten gebucht worden seien. Als Nachweis der Darlehensgewährung überreichten die Kläger dem Beklagten Kopien von Auszügen des bei der H… Bank geführten Kontos der C… GmbH aus dem Jahr 1992 sowie von durch den Kläger der C… GmbH erteilten Gutschriften. Auf die vorgenannten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Der Beklagte ermittelte daraufhin Veräußerungsverluste gemäß § 17 EStG für die Kläger und berücksichtigte das verlorene Stammkapital gemäß § 17 i. V. m. § 3c Abs. 2 EStG wie folgt:
- Für den Kläger: 17.000 DM = 8.691,96 € x 50 % = 4.346,- €.
- Für die Klägerin: 12.700 DM = 6.493,41 €
Die weiteren von den Klägern geltend gemachten Verluste setzte der Beklagte nicht an und begründete dies damit, dass die Kläger die diversen angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt hätten.
Dementsprechend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 14. März 2011 den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2002 für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für den Kläger auf 2.545.315 € und die Klägerin auf 691.216 € fest.
Hiergegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein, mit dem sie weiterhin die Berücksichtigung der in ihrem Schreiben vom 08. Juli 2008 dargestellten Verluste begehrten. Zur Begründung führten sie das Folgende aus:
Die C… GmbH habe das Jahr 1992 mit einem Verlust abgeschlossen. Da die GmbH zu diesem Zeitpunkt mehrere Großprojekte bearbeitet habe, habe ein erheblicher Kapitalbedarf bestanden. Eine Finanzierung über Banken sei nicht möglich gewesen, da das Stammkapital aufgebraucht und die Gesellschaft überschuldet, also konkursreif gewesen sei. Der Konkurs habe allein durch das von ihm, dem Kläger, hingegebene Darlehen abgewendet werden können. Das Darlehen habe somit bereits bei der Hingabe die zivilrechtlichen Kriterien des Eigenkapitalersatzrechts als Krisendarlehen erfüllt.
In der Folgezeit sei zwar die Bilanzsumme der C… GmbH aufgrund des Darlehens gestiegen, jedoch sei es auch zu weiteren erheblichen Verlusten gekommen, so etwa im Jahr 1996 in Höhe von knapp 11 Mio. DM. Das Darlehen sei dennoch stehen gelassen worden und habe daher ab 1996 zusätzlich das Kriterium des stehen gelassenen Darlehens erfüllt. Aus diesem Grund sei es für die steuerliche Beurteilung ohne Bedeutung, unter welchen Umständen die Darlehensgewährung erfolgt sei. Auf die Vorlage von weiteren Unterlagen wie Gesellschaftsverträgen, Gesellschafterbeschlüssen oder Insolvenzgutachten, die aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr existent bzw. beschaffbar seien, könne daher verzichtet werden.
Hinsichtlich der Forderungen der F… GbR sei darauf hinzuweisen, dass Träger der Rechte und Pflichten der GbR sie, die Kläger, selbst gewesen seien, da die GbR aufgrund der in 2002 geltenden Rechtslage keine eigene Rechtspersönlichkeit gehabt habe. Daher sei zivilrechtlich ein ihnen, den Klägern, zustehender Anspruch gegen die C… GmbH entstanden, mit dem sie aufgrund der Insolvenz der C… GmbH ausgefallen seien. Für die auf dem Verrechnungskonto aufgelaufenen Forderungen der F… GbR gegen die C… GmbH gelte das vorstehend Ausgeführte zum stehengelassenen Darlehen entsprechend.
Damit sei ersichtlich, so die Kläger zusammenfassend, dass ein an der C… GmbH maßgeblich beteiligter Gesellschafter – nämlich der Kläger – der GmbH in der Krise ein Darlehen hingegeben habe. Dieses sei in der nächsten Krise stehen gelassen worden. Das Darlehen sei daher in jedem Fall kapitalersetzend und gehöre zu den Anschaffungskosten der Beteiligung. Im Übrigen seien sämtliche Gesellschafterdarlehen nach der Neuregelung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) bei Ausfall steuerlich als nachträgliche Anschaffungskosten mit dem Nennwert zu berücksichtigen.
Darüber hinaus komme eine nur hälftige Berücksichtigung des Verlustes aufgrund der Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG nicht in Betracht.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 23. Mai sowie 06. Juli 2011 geänderte Verlustfeststellungsbescheide, die gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 Abgabenordnung (AO) zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurden.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 06. März 2012 stellte der Beklagte dann den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2002 für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für den Kläger auf 2.571.279 € und für die Klägerin auf 695.428 € geändert fest. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Er begründete dies wie folgt:
Als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung seien grundsätzlich auch Verluste zu berücksichtigen, die ein Gesellschafter aufgrund eines der Gesellschaft gewährten Darlehens erleide, wenn die Darlehenshingabe durch das Gesellschaftsverhältnis aufgrund einer Krisensituation veranlasst gewesen sei und eigenkapitalersetzenden Charakter habe. Der Begriff der Krise unterliege engen Voraussetzungen, wobei den Gesellschafter, der die nachträglichen Anschaffungskosten geltend mache, die Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen treffe. Um prüfen zu können, ob eine Krise vorliege, seien die Darlehensvereinbarungen sowie die Protokolle von Gesellschafterversammlungen und die Gesellschafterbeschlüsse vorzulegen, in denen die Feststellung einer Krisensituation und das Ergreifen von Maßnahmen zur Krisenbewältigung dokumentiert werde. Die Kläger hätten jedoch keine vertraglichen Vereinbarungen über eine Darlehenshingabe vorgelegt, sondern lediglich auf die in den Jahresabschlüssen der C… GmbH als Verbindlichkeiten ausgewiesenen Verrechnungskonten verwiesen. Dies sowie die Vorlage von kopierten Kontoauszügen reichten als Nachweis für Einzahlungen durch die Gesellschafter nicht aus. Es sei den Klägern nicht gelungen nachzuweisen, dass die C… GmbH zahlungsunfähig, kreditunwürdig oder überschuldet gewesen sei.
So reiche der Ausweis eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags in der Bilanz zur Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit nicht aus. Die Gesellschaft müsse vielmehr insolvenzreif sein und dies durch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch dokumentieren. Im Übrigen sei erst im November 2001 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden.
Hinsichtlich einer etwaigen Überschuldung sei darauf hinzuweisen, dass die C… GmbH laut dem eingereichten Kontennachweis zur GuV für 1991 einen Jahresüberschuss von 502.085,03 DM ausgewiesen habe. Die Steuerbilanz zum 31. Dezember 1991 habe dann nach Inanspruchnahme einer Abschreibung auf Umlaufvermögen in Höhe von 836.436,20 DM nur noch einen Jahresüberschuss von 25.549,79 DM ausgewiesen. Nur aufgrund dessen habe sich durch den in 1992 erzielten Verlust in Höhe von 299.410,29 DM ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag zum 31. Dezember 1992 von 223.034,63 DM ergeben. Eine Überschuldung der C… GmbH sei daher zweifelhaft.
Schließlich knüpfe auch das stehen gelassene Darlehen an den Eintritt der Krise der Gesellschaft an. Doch auch insoweit sei weder der Zeitpunkt des Eintritts der Krise nachgewiesen noch sei die Finanzierungsentscheidung der Gesellschafter aufgrund des Eintritts der Krise nachvollziehbar. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der gemeine Wert des Darlehens in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abziehe, maßgeblich sei – dies könne ein Wert erheblich unter dem Nennwert des Darlehens sein, im Einzelfall sogar ein Wert von 0 DM bzw. €.
Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Anknüpfung an die Krise der Gesellschaft, der das Darlehen gewährt werde, auch im zeitlichen Geltungsbereich des MoMiG beibehalten worden sei. Allerdings sei ein Darlehen nur dann nach den Vorschriften des MoMiG zu behandeln, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der fraglichen GmbH nach dem 31. Dezember 2008 eröffnet bzw. abgelehnt worden sei. Für die übrigen Darlehen gelte weiterhin das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 08. Juni 1999 (Bundessteuerblatt [BStBl] 1999, 545).
Berücksichtigungsfähig sei daher nur das verlorene Stammkapital. Abweichend von der angefochtenen Feststellung sei dies in voller Höhe zu berücksichtigen, also für den Kläger in Höhe von 17.000 DM (8.691,96 €) und für die Klägerin in Höhe von 12.700 DM (6.494 €). Darüber hinaus könne der Einspruch keinen Erfolg haben.
Hiergegen haben die Kläger am 05. April 2012 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie das Folgende aus:
Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass dem Beklagten im Verwaltungsverfahren Unterlagen übergeben worden seien, aus denen sich die Darlehenshingabe bzw. der Zahlungsfluss sowie die krisenhafte Entwicklung der C… GmbH entnehmen ließen. Die weiteren angeforderten Unterlagen hätten aufgrund der Insolvenz der C… GmbH und der verstrichenen Zeit nicht mehr beschafft werden können. Dies sei jedoch auch nicht erforderlich gewesen, da die vorgelegten Unterlagen ausreichend seien und der Beklagte Herrn E…, den Geschäftsführer der C… GmbH, zu den Vorgängen hätte befragen können. Es bestehe kein Anlass anzunehmen, dass die vorgelegten Unterlagen nicht ordnungsgemäß seien; dies habe der Beklagte im Übrigen auch nicht behauptet.
Zu der C… GmbH sei ergänzend auszuführen, dass diese kapitalintensive Baumaßnahmen durchgeführt habe, die teilweise über Bankdarlehen und teilweise – mittelbar oder unmittelbar – über die GmbH-Gesellschafter finanziert worden seien. Die Bankdarlehen seien durch persönliche Bürgschaften der GmbH-Gesellschafter gesichert worden, da die C… GmbH aufgrund ihres geringen Stammkapitals und der Betriebsergebnisse ansonsten keine Bankdarlehen erhalten hätte. Als Herr D… Ende 1991 als Gesellschafter aus der C… GmbH ausgeschieden sei, hätten laufende Bauvorhaben fertiggestellt und neue Projekte entwickelt werden müssen, die jeweils erhebliche finanzielle Vorleistungen erforderten. Herr D… habe hierfür nach seinem Ausscheiden aus der GmbH nicht mehr aufkommen wollen; auch für die bestehenden Darlehen habe Herr D… keine Haftung mehr übernehmen sollen und wollen. Hinzugekommen sei, dass die Umbruchphase zu laufenden Verluste geführt habe, die das Stammkapital bei weitem überstiegen hätten.
Zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens und zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks sei es also notwendig gewesen, der C… GmbH Kapital zuzuführen. Da der Mitgesellschafter Herr E… sich gegen eine Kapitalerhöhung ausgesprochen habe, habe er, der Kläger, die Mittel durch eigenkapitalersetzende Darlehen bereitgestellt. Dies sei auch wirtschaftlich vernünftig gewesen, da ihm, dem Kläger, aus der Auflösung seiner Firmengruppe liquide Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Es sei also nicht erforderlich, allerdings aufgrund der Überschuldung der C… GmbH und wegen fehlender Sicherheiten auch nicht möglich gewesen, einen teureren Bankkredit aufzunehmen. Die Darlehen seien mit der Maßgabe hingegeben worden, dass eine Befriedigung nur im Rang nach allen anderen Gläubigern der GmbH erlangen sollten. Eine Rückzahlung habe nur aus künftigen Überschüssen erfolgen dürfen. Das Recht zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung der Darlehen im Fall einer Krise sei ausgeschlossen worden. All dies sei jedoch nur mündlich vereinbart worden, was kein Problem dargestellt habe, da es sich bei der C… GmbH sozusagen um einen „Familienbetrieb“ gehandelt habe. Ohne diese Abreden hätte Herr E… als Geschäftsführer einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH stellen müssen.
Die eigenkapitalersetzenden Darlehen seien zudem als Finanzplandarlehen vorgesehen gewesen. Die Darlehen seien für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele unentbehrlich gewesen und für unbestimmte Zeit gegeben worden. Es seien keinerlei Sicherheiten gestellt worden, da keine vorhanden gewesen seien (Konkursreife und Kreditunwürdigkeit). Dass keine Sicherheiten gestellt worden seien, folge auch daraus, dass die Darlehen vollständig ausgefallen seien. Zudem habe kein Tilgungsplan vorgelegen; die Darlehen seien auch nicht planmäßig getilgt worden. Unabhängig davon sei es unschädlich, dass ein Darlehen gemäß einem Tilgungsplan zurückbezahlt werden solle. Schließlich sei ein ungewöhnlich niedriger Zinssatz von 4,5 % p. a. vereinbart worden und habe ein erheblicher Verschuldungsgrad bestanden (Verhältnis des Darlehensbetrags zum Stammkapital), so dass die Darlehen nicht zu marktüblichen Bedingungen gewährt worden seien. Das Stehenlassen der Darlehen bei der Verschärfung der Krise bzw. bei der neuerlichen Krise in 2001 bestätige die Annahme, dass die Darlehen von Anfang an einlagengleichen Charakter haben sollten. Die Darlehen seien daher im vollen Nennwert abzugsfähig. Die Darlehen hätten auch zunächst dazu beigetragen, die C… GmbH aus der Verlust- in die Gewinnzone zu führen. Allerdings habe dann der Bau des Dienstleistungszentrums I… zu einem langjährigen Rechtsstreit mit dem Investor und zu einem erheblichen Verlust im zweistelligen Millionenbereich geführt, so dass die C… GmbH endgültig die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe beantragen müssen. Daher seien sowohl die in der ersten Krise der GmbH in 1992 als auch die als Finanzplandarlehen gegebenen Darlehen endgültig verloren gegangen. Es seien insoweit Verluste des Klägers von 755.683,96 DM entstanden.
Im Übrigen gehe der Hinweis des Beklagten fehl, dass ein Finanzplandarlehen eine Mindestbindungsdauer von zehn Jahren erfordere; zudem gehe es bei dieser Frage um Gründungsdarlehen – die hier strittigen Darlehen seien aber drei Jahre nach Gründung der Gesellschaft gegeben worden. Eine Mindestdauer könne auch gar nicht eingehalten werden, wenn die Insolvenz der Gesellschaft eintrete.
Zu der F… GbR sei das Folgende auszuführen:
Die F… GbR habe die C… GmbH u. a. mit der Durchführung eines größeren Bauvorhabens auf dem Grundstück J…-Straße in K… beauftragt. Aus dieser Geschäftsverbindung seien zum Zeitpunkt der Insolvenz der C… GmbH Forderungen der F… GbR in Höhe von insgesamt 124.325,08 DM verblieben. Diese Mittel seien von ihnen, den Klägern, der C… GmbH mittelbar über die F… GbR in deren Krise zugeführt worden – wären sie, die Kläger, nicht auch Gesellschafter der C… GmbH gewesen, wären sie nicht so vorgegangen. Aufgrund der Insolvenz der C… GmbH seien auch diese Beträge endgültig verloren gegangen. Da sie, die Klägerin, an der F… GbR zu 91% und der Kläger zu 9% beteiligt gewesen sei, sei ihr ein Verlustanteil von 113.135,82 DM zuzurechnen (91% x 124.325,08 DM) und ihm, dem Kläger, von 11.189,26 DM (9% x 124.325,08 DM).
Was die Geltung des MoMiG angehe, sei es zwar richtig, dass dieses Gesetz nur für Insolvenzen gelte, die nach dem 31. Dezember 2008 eröffnet oder abgelehnt worden seien. Es spreche aber vieles dafür, diese Regelung auch auf andere, noch offene Verfahren anzuwenden. Denn der Gesetzgeber habe mit dem MoMiG klargestellt, dass es keinen Unterschied mache, in welchem Zeitpunkt ein Gesellschafterdarlehen hingegeben oder zurückgeführt werde. Bei einem solchen verloren gegangenen Darlehen sei immer auch von einem steuerlichen Verlust in Höhe des Nennwerts auszugehen. Unabhängig davon sei festzuhalten, dass die geltend gemachten Darlehensverluste – wenn nicht das MoMiG Anwendung finden könne – nach den in dem BMF-Schreiben vom 08. Juni 1999 (BStBl 1999, 545) niedergelegten Kriterien (krisenbestimmtes Darlehen; Finanzplandarlehen) anzuerkennen seien.
Hilfsweise werde die Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG begehrt. Da die Darlehen bzw. Forderungen verzinst worden seien, seien sie der Einkunftsart „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ zuzuordnen. Es könne nicht in Betracht kommen, die insoweit entstandenen Verluste mit dem Argument nicht anzuerkennen, dass die Darlehensverluste die private Vermögenssphäre beträfen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2002 vom 06. Juli 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. März 2012 mit der Maßgabe zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für den Kläger um 766.873,22 DM (=392.096,05 €) erhöht und auf nunmehr 2.963.375 € festgestellt wird und für die Klägerin um 113.185,82 DM (=57.870,99 €) erhöht und auf nunmehr 808.614 € festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und hält daran fest, dass auf die Vorlage von Darlehensverträgen mit eindeutigen Aussagen zu den Darlehensmodalitäten sowie von Protokollen der Gesellschafterversammlungen und -beschlüssen nicht verzichtet werden könne.
Die C… GmbH habe sich – wie bereits in der Einspruchsentscheidung ausgeführt – zum Zeitpunkt der Zahlungen durch den Kläger nicht in einer Krise i. S. des § 17 EStG befunden. Der Kläger habe in der Klageschrift selbst eingeräumt, dass eine Aufnahme von Bankdarlehen auch möglich gewesen sei, eine Kreditunwürdigkeit der C… GmbH als Merkmal der Krise i. S. des § 17 EStG also nicht vorgelegen habe bzw. von den Klägern nicht nachgewiesen worden sei.
Hinsichtlich eines etwaigen Finanzplandarlehens sei das Folgende anzumerken: Ein Darlehen sei dann als Finanzplandarlehen zu qualifizieren, wenn es für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele unentbehrlich gewesen sei, eine Verpflichtung zur langjährigen Belassung im Unternehmen bestanden habe und ungewöhnliche Kreditkonditionen vereinbart worden seien (z. B. fehlende Sicherheiten, fehlender Tilgungsplan, fehlende Möglichkeiten der Darlehenskündigung, besonders niedriger Zinssatz). Daneben fordere die Rechtsprechung, dass das Darlehen eine Mindestbindungsdauer von zehn Jahre aufweise. Ob und inwieweit diese Voraussetzungen erfüllt seien, könne mangels Vorlage der o. g. Unterlagen nicht nachvollzogen werden.
Forderungsverluste der F… GbR aus den laufenden geschäftlichen Verbindungen mit der C… GmbH seien im Rahmen der laufenden Gewinnermittlung der F… GbR zu berücksichtigen.
Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der Verlust des Stammkapitals und der Darlehensbeträge nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führe. Als Werbungskosten seien Aufwendungen zu berücksichtigen, die nach ihrer Zweckbestimmung objektiv im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung von Kapital stünden. Verluste der Vermögenssubstanz führten hingegen nicht zu Werbungskosten.
Mit Verfügung vom 01. April 2015, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 07. April 2015, hat der Berichterstatter den Klägern eine Frist gemäß § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gesetzt und diese aufgefordert, bis zum 29. April 2015 alle die den Klagegegenstand betreffenden Darlehensverträge sowie die damit im Zusammenhang stehenden Protokolle von Gesellschafterversammlungen und -beschlüssen der C… GmbH vorzulegen. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 27. April 2015 geantwortet und mitgeteilt, dass die angeforderten Unterlagen aufgrund der lange zurückliegenden Zeit nicht mehr greifbar seien. Zudem haben die Kläger eine eidesstattliche Versicherung des Herrn E… überreicht, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die mit der Klage geltend gemachten (zusätzlichen) Verluste zu Recht weder im Rahmen des § 17 EStG noch des § 20 EStG berücksichtigt.
1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb bei Anteilen an einer Kapitalgesellschaft von mindestens ein Prozent – dies war für beide Kläger unstrittig der Fall – auch der Gewinn bzw. Verlust aus der Auflösung der Kapitalgesellschaft, wenn nicht die Erträge – für das hingegebene Kapital – nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören.
Der Begriff der Auflösung knüpft an das Zivilrecht an. Eine GmbH wird gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG u. a. mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, aufgelöst. Hier hat das AG G… den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C… GmbH mangels Masse mit Beschluss vom 31. Januar 2002 zurückgewiesen. Unabhängig davon, dass zu diesem Zeitpunkt die Auflösung der GmbH im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG erst begonnen hat (instruktiv hierzu: Finanzgericht [FG] Köln, Urteil vom 20. März 2014 3 K 2518/11, Entscheidungen der FG [EFG] 2014, 2136), ist es zwischen den Beteiligten unstrittig und steht nach umfassender Sachverhaltswürdigung auch für das Gericht fest, dass sich der Verlust der Kläger im Jahr 2002 i. S. des § 252 Abs. 1 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB) realisiert hat.
2. Die Berechnungsweise des Auflösungsverlustes ist nicht zu beanstanden.
a) Die Auflösung einer Kapitalgesellschaft gilt als Veräußerung des Gesellschaftsanteils (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Als Gewinn bzw. Verlust aus dieser Veräußerung ist vom Veräußerungspreis auszugehen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei der Auflösung ist der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG). Dieser Ansatz entfällt hier, da die Kläger von der C… GmbH kein Vermögen zugeteilt oder zurückgezahlt bekommen haben. Es wird ferner kein Abzug von Veräußerungs- bzw. Auflösungskosten vorgenommen, da die Kläger keine geltend gemacht haben und solche nach Aktenlage nicht ersichtlich sind. Jedenfalls abzuziehen sind die Anschaffungskosten; wenn der Veräußerungspreis entgegen § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG die Veräußerungskosten und die Anschaffungskosten nicht übersteigt, kommt es zu einem Veräußerungs- bzw. Auflösungsverlust. Im Streitfall sind die Anschaffungskosten und der Auflösungsverlust identisch.
b) § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG definiert den Begriff der Anschaffungskosten nicht. Von den Anschaffungskosten der Geschäftsanteile an einer GmbH spricht § 57o GmbHG nur im Zusammenhang mit einem hier nicht relevanten Sachverhalt, nämlich der Erhöhung des Stammkapitals. Übrig bleibt im Grundsatz nur, zur Auslegung von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG den § 255 Abs. 1 HGB heranzuziehen (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, BStBl II 1999, 638). Danach muss es sich um Aufwendungen handeln, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können.
aa) Das sind die Aufwendungen in Höhe von 17.000 DM (8.691,96 €) sowie 12.700 DM (6.494,- €), die die Kläger geleistet haben, um das Stammkapital der C… GmbH aufzubringen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstrittig.
bb) Anschaffungskosten können grundsätzlich auch die Nennwerte der von den Gesellschaftern vor dem Beschluss, ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht durchzuführen, der GmbH gewährten Darlehen sein, mit denen sie in voller Höhe ausgefallen sind. Denn gemäß § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB gehören zu den Anschaffungskosten auch die nachträglichen Anschaffungskosten.
Dies sind solche Aufwendungen, die zeitlich nach dem Anschaffungsvorgang bzw. nach der Herstellung der Betriebsbereitschaft des betreffenden Wirtschaftsguts anfallen, aber mit dem Erwerbsvorgang noch in einem ursächlichen Zusammenhang stehen (BFH-Urteile vom 03. Juli 1997 III R 114/95, BStBl II 1997, 811; vom 14. März 2011 I R 40/10, BStBl II 2012, 281). Dazu zählen neben (verdeckten) Einlagen nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch – das wurde bereits verneint – Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind. Dazu rechnen Finanzierungshilfen, z. B. durch Übernahme einer Bürgschaft oder durch andere Rechtshandlungen, wenn sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben.
Nach der früheren Rechtsprechung des BFH sind Darlehen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft dadurch „funktionales“ Eigenkapital zugewandt hat. Das bedeutet, das Darlehen muss nach Maßgabe des Zivilrechts einen Ersatz für Eigenkapital darstellen und ebenso wie dieses gesetzlich gebunden sein (vgl. BFH-Urteil vom 02. Oktober 1984 VIII R 36/83, BStBl II 1985, 320, m. w. N.). Als dafür einschlägige Norm wurde § 32a Abs. 1 GmbHG angesehen. § 32a Abs. 1 GmbHG bestimmte: Hat ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten, statt dessen ein Darlehen gewährt, so kann er den Anspruch auf Rückgewähr des Darlehens im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen. Mit Wirkung ab 01. Mai 1998 wurde in § 32a Abs. 1 GmbHG hinter das Wort „hätten“ noch die Klammerdefinition „Krise der Gesellschaft“ eingefügt (Art. 10 Nr. 1 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998, Bundesgesetzblatt I S. 786). Der Begriff „Krise der Gesellschaft“ sollte „den von Rechtsprechung und Literatur umfassend zu § 32a Abs. 1 Satz 1 ausgearbeiteten Zeitpunkt“ bezeichnen (Bundestags-Drucksache 13/10038 S. 28). Krise der Gesellschaft ist daher der Zeitpunkt, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (BFH-Urteile vom 12. Dezember 2000 VIII R 22/92, BStBl II 2001, 385; vom 07. Dezember 2010 IX R 16/10, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2011, 778; vom 24. Januar 2012 IX R 34/10, juris; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Juni 2013 10 K 10289/08, EFG 2013, 1589).
§ 32a Abs. 1 GmbHG wurde durch Art. 1 Nr. 22 und Art. 25 des MoMiG mit Wirkung ab dem 01. November 2008 aufgehoben. In Insolvenzverfahren, die vor diesem Stichtag eröffnet worden sind, ist § 32a GmbHG weiterhin anzuwenden (Art. 103d Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung). Unabhängig davon ist nach der Auffassung des Senats auch weiterhin die Definition der „Krise der Gesellschaft“ gemäß § 32a Abs. 1 a. F. GmbHG zu berücksichtigen, um festzustellen, ob ein Darlehen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst wurde (so auch FG Köln, Urteil vom 20. März 2014 3 K 2518/11, EFG 2014, 2136, mit umfassenden Ausführungen zum Meinungsstand). Das FG Köln führt in dem vorstehend genannten Urteil aus:
„Auf der Suche nach einer Lösung sollte berücksichtigt werden, dass es nicht um die Fortführung einer umfangreichen Regelungsmaterie geht, sondern im Kern nur um die Definition der Krise im Tatbestand von § 32a Abs. 1 GmbHG. Schon die Rechtsfolge für das Insolvenzrecht wird hier nicht benötigt. Auch wenn der Begriff im Gesetz gestrichen worden ist, Bei den meisten GmbHs wird es immer wieder einmal eine Krise geben. Und es ist kein Grund ersichtlich, warum man zu deren Konturierung nicht eine frühere gesetzliche Definition heranziehen sollte. Es gibt diverse Kriterien, mit denen festgestellt werden kann, ob ein Darlehen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist oder nicht. In erster Linie kommt der Fremdvergleich in Betracht, der beim Problem der verdeckten Gewinnausschüttung herangezogen wird, wo es ebenfalls um eine vermögenswerte Rechtshandlung zwischen der GmbH und einem Gesellschafter geht. Der Fremdvergleich würde hier darauf abstellen, ob der Darlehensvertrag zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft dem entspricht, was ein fremder Kapitalgeber mit der Gesellschaft in der konkreten Situation vereinbart hätte. Die dabei von dem fremden Kapitalgeber anzustellenden Überlegungen werden sich weitgehend mit den Punkten decken, die bei der Anwendung von § 32a Abs. 1 GmbHG und der Auslegung des Merkmals der Krise der Gesellschaft herausgearbeitet worden sind. Der Vorteil ist, dass hier auf eine ständige Rechtsprechung zu den verschiedensten Fallgruppen von Gesellschafterdarlehen zurückgegriffen werden kann, die in einer langjährigen Entwicklung entstanden ist. Die damit verbundene Rechtssicherheit sollte nicht ohne Not aufgegeben werden“.
Der Senat macht sich diese Ausführungen zu Eigen. Daher spielt die Neuregelung durch das MoMiG, anders als die Kläger meinen, keine Rolle.
Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, hat das FG aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls als Tatfrage zu entscheiden (BFH-Urteile vom 07. Dezember 2010 IX R 16/10, BFH/NV 2011, 778; vom 24. Januar 2012 IX R 34/10, juris).
Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird. Maßgeblich für die Höhe der Anschaffungskosten ist im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert, im Falle eines stehen gelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht – also der gemeine Wert bzw. Teilwert. Diese Beurteilung beruht auf der Erwägung, dass Wertverluste bis zu diesem Zeitpunkt die Privatsphäre des Gesellschafters belasten (FG Düsseldorf, Urteil vom 5. Juli 2012 11 K 4602/10 F, EFG 2012, 1839; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Juni 2013 10 K 10289/08, EFG 2013, 1589).
Zudem können Verluste aus krisenbestimmten Darlehen und sog. Finanzplandarlehen (mit dem Nennwert) abgezogen werden (FG Düsseldorf, Urteil vom 5. Juli 2012 11 K 4602/10 F, EFG 2012, 1839; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Juni 2013 10 K 10289/08, EFG 2013, 1589). Mit dem Ausdruck „krisenbestimmtes Darlehen“ wird ebenso wie mit dem Schlagwort „Finanzplandarlehen“ im Kern eine Situation bezeichnet, in der die Darlehensgewährung in der Weise in die Finanzplanung der Gesellschaft einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte notwendige Kapitalausstattung durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Das Darlehen soll seiner Bestimmung nach auch in der Krise der Gesellschaft stehengelassen werden; es ist nicht einseitig vom Gesellschafter kündbar (BFH-Urteil vom 07. Dezember 2010 IX R 16/10, BFH/NV 2011, 778).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen gilt das Folgende:
(1) Die Verluste aus den Darlehen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Senat kann offenlassen, ob der Verlust eines Gesellschafterdarlehens im Rahmen der Insolvenz einer GmbH überhaupt unter einen der in § 20 Abs. 1 bis 3 EStG geregelten Tatbestände – welche die Auflösung einer Kapitalgesellschaft nicht regeln – gefasst werden könnte. Jedenfalls haben die Kläger nach der für 2002 eingereichten Einkommensteuererklärung bzw. nach ihren eigenen späteren Ausführungen überhaupt keine Einnahmen aus den hingegebenen Darlehen erzielt. Zudem können die Regeln aus § 20 Abs. 1 bis 3 EStG auch deshalb keine Anwendung finden, da die aus der Beteiligung an der C… GmbH erzielten Einkünfte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören und aufgrund der Anordnung in § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG nur diesen Einkünften zuzurechnen sind.
(2) Die im Rahmen der Berechnung des Auflösungsverlustes angesetzten Forderungen der F… GbR in Höhe von insgesamt 124.325,08 DM sind nach der Überzeugung des Senats nicht durch das Gesellschaftsverhältnis im o. g. Sinne veranlasst. Dies beruht schon auf dem unschlüssigen und in sich widersprüchlichen Vortrag der Kläger. Zunächst haben die Kläger ausgeführt, dass die F… GbR die C… GmbH u. a. mit der Durchführung eines größeren Bauvorhabens auf dem Grundstück J…-Straße in K… beauftragt habe und dass aus dieser Geschäftsverbindung zum Zeitpunkt der Insolvenz der C… GmbH Forderungen der F… GbR in Höhe von insgesamt 124.325,08 DM verblieben seien. Dieser Betrag, so die Kläger damals, seien somit der C… GmbH mittelbar über die F… GbR zugeführt worden. Im Klageverfahren, insbesondere unter Heranziehung der eidesstattlichen Versicherung des Herrn E… vom 24. April 2015, führen die Kläger dann aus, es habe eine regelgerechte Darlehensgewährung durch die F… GbR gegeben, die zu den gleichen Konditionen stattgefunden habe wie die vom Kläger vorgenommene Darlehensgewährung. Trotz Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 FGO bleibt dieser neue und zum früheren Vorbringen gegensätzliche Vortrag rudimentär: Darlehensverträge, Zahlungsnachweise oder andere Unterlagen, die diesen Sachverhaltskomplex belegen könnten, wurden nicht eingereicht. Auch aus dem Kontennachweis zur Bilanz der C… GmbH folgt nur, dass gegenüber der F… GbR eine Verrechnungsverbindlichkeit bestanden hat. Dies deutet auf eine Verbindlichkeit hin, die – so wie von den Klägern ursprünglich dargestellt – aus den gemeinsamen Geschäftsbeziehungen resultierte. Unabhängig davon müssten sich die Kläger an der zivilrechtlichen Gestaltung – Rechtsverhältnis zwischen der GmbH und der GbR – auch steuerlich festhalten lassen (vgl. insoweit FG München, Beschluss vom 04. Mai 2006 1 V 501/06, juris). Partner des von den Klägern behaupteten Darlehensvertrags waren die F… GbR und die C… GmbH. Daran ändern auch die Ausführungen der Kläger zur Rechtsfähigkeit von BGB-Gesellschaften nichts. Zwar war die Frage der Rechtsfähigkeit der GbR Ende der 1990er Jahre noch nicht abschließend geklärt, BGB-Gesellschaften waren zu dieser Zeit jedoch teilrechtsfähig und konnten als Vertragspartner im Rechtsverkehr auftreten (vgl. nur Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06. Juli 1989 6 AZR 771/87, juris; Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Juli 1997 XI ZR 154/96, juris).
(3) Hinsichtlich des verbleibenden Klagebetrags von 755.683,96 DM, den der Kläger als Darlehensverlust geltend macht, gilt Folgendes:
Auch insoweit kann die Klage keinen Erfolg haben: Dies beruht darauf, dass sich – eine Darlehensgewährung in der von den Klägern behaupteten Höhe unterstellt – die C… GmbH in 1992, dem Jahr der Darlehensgewährung, schon nach den klägerischen Ausführungen nicht in einer Krise befand. Insbesondere entstand keine Krise durch das Ausscheiden des vormaligen Gesellschafters D…. Wie die Bilanz zum 31. Dezember 1991 verdeutlicht, bestanden keine Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Herrn D… etwa aus von diesem gewährten Darlehen. Daher war es, unabhängig von der Frage der Bürgschaftsgewährung, nicht notwendig, kurzfristig finanzielle Mittel zu beschaffen, um das Ausscheiden des D… zu kompensieren. Vielmehr benötigte die GmbH, wie vom Kläger ausführlich im Termin zur mündlichen Verhandlung geschildert, Gelder, um die kostenintensiven Projekte der GmbH fortzuführen bzw. um neue Projekte zu ermöglichen. Die Abhängigkeit von frei verfügbaren finanziellen Mitteln in nicht unerheblicher Höhe beruhte also in erster Linie auf dem Unternehmensgegenstand bzw. dem Geschäftsmodell der C… GmbH.
Hinsichtlich einer angeblichen Insolvenzreife der GmbH in 1992 ist auf das Folgende zu verweisen: Die GmbH war weder zahlungsunfähig noch überschuldet (§§ 17 Abs. 1, 19 Abs. 1 Insolvenzordnung [InsO]). Es ist nichts dazu vorgetragen oder aus den Akten ersichtlich, dass die GmbH nicht in der Lage gewesen wäre, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Überschuldet war die GmbH jedenfalls deshalb nicht, weil die Fortführung ihres Unternehmens überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO) bzw. aufgrund der neuen Gesellschafterstruktur ab 1992 gerade gewollt war. Im Übrigen reicht der „nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag“, der in der Bilanz der GmbH zum 31. Dezember 1992 ausgewiesen wurde, für die Annahme einer Überschuldung nicht aus. Denn dieser Fehlbetrag beruht alleine auf den Buchwerten. Ob das Vermögen der GmbH deren Verbindlichkeiten deckt, muss anhand der tatsächlichen Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter beurteilt werden (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 20. März 2014 3 K 2518/11, EFG 2014, 2136).
Hingegen könnte sich die C… GmbH 1996 – aufgrund des in diesem Jahr entstandenen erheblichen Verlustes – bzw. in den Jahren 2001/2002 in der Krise befunden haben, so dass dann die Fallgruppe des stehengelassenen Darlehens Anwendung finden könnte. Allerdings kommt es auf die Erörterung der Frage, ob dies „dem Grunde nach“ der Fall war, schon gar nicht an, da jedenfalls der gemeine Wert der in 1992 hingegebenen Darlehen in den Jahren 1996 bzw. 2001/2002 lediglich 0 DM bzw. € betrug. Dies folgt schon aus den vorliegenden Bilanzen der C… GmbH, die ab 1996 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von mehr als 10 Mio. DM auswiesen, sowie aus dem Vortrag des Klägers, der im Termin zur mündlichen Verhandlung die schwierige finanzielle Situation schilderte, die aufgrund eines aus seiner Sicht in betrügerischer Weise handelnden Geschäftspartners eingetreten war. Unter der Annahme, dass die Darlehen mit Rangrücktritt gewährt worden waren, scheidet eine Rückzahlungszahlungsmöglichkeit der Darlehensbeträge faktisch aus; der Wert ist mithin mit 0 € anzusetzen.
Bei den streitigen Darlehen handelt es sich auch nicht um Finanzplandarlehen. Die Kläger haben lediglich schlagwortartig behauptet, dass es sich um derartige Darlehen gehandelt habe, aber schon ihr eigener Vortrag erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an Finanzplandarlehen gestellt werden. Finanzplandarlehen liegen vor, wenn die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft krisenunabhängig durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten „finanzplanmäßigen“ Kredite sind nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt. Ebenso wie beim krisenbestimmten Darlehen ist eine Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft erforderlich, die die Einbindung des Darlehens in die übrige Finanzierung im Einzelnen regelt (vgl. FG Köln, Urteil vom 20. März 2014 3 K 2518/11, EFG 2014, 2136).
Die Kläger haben trotz Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 FGO nicht substantiiert vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen, dass eine derartige Vereinbarung zwischen den Klägern und der GmbH abgeschlossen wurde. Sie ist auch sonst aus den Akten bzw. der eidesstattlichen Versicherung des Herrn E… nicht ersichtlich. Zudem ist im Zahlungsverhalten des Klägers in 1992 keine „Planmäßigkeit“ zu erkennen. Die eingereichten Bankunterlagen zeigen vielmehr, dass Beträge in sehr unterschiedlicher Höhe – mal waren es 30.000 €, mal 400.000 € – gewährt wurden. Der Senat deutet das Geschehen so, dass der Kläger nach Bedarf bzw. seinen Möglichkeiten der GmbH Mittel hat zukommen lassen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.