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Anwendbarkeit einer Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit auf Leiharbeitnehmer


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 5. Kammer Entscheidungsdatum 09.08.2012
Aktenzeichen 5 TaBV 770/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 77 Abs 1 S 1 BetrVG

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 07.03.2012 – 5 BV 92/11 – abgeändert.

1.

Der Beteiligten zu 2. wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, während der Geltung der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 in ihrem Betrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer in der Weise zu beschäftigten, dass sie ihre Arbeitszeit nicht innerhalb der in der Anlage zur Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 festgelegten Rahmenarbeitszeit und des in § 6 dieser Betriebsvereinbarung geregelten Gleitzeitrahmens selbst bestimmen können und dass diese Leiharbeitnehmer keinen Zeitausgleich gemäß § 7 der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 nehmen können, indem sie im Rahmen ihrer Gleitzeitsalden tages- oder stundenweise Freizeitausgleich nehmen.

2.

Der Beteiligten zu 2. wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, während der Geltung der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 bei denjenigen Leiharbeitnehmern, die sie in ihrem Betrieb einsetzt und die im Drei-Schicht-System, wie es in der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung unter „Mehrschichtarbeit“ „GLAZ-C-3-Schicht“ festgelegt ist, arbeiten, sofern sie in der dort geregelten Frühschicht arbeiten, eine tägliche Pausenzeit von 45 Minuten zu erfassen und in dieser Form an den vertraglichen Arbeitgeber des jeweiligen Leiharbeitnehmers weiterzureichen, obwohl der jeweilige Leiharbeitnehmer eine tägliche Pausenzeit von nicht mehr als 35 Minuten in Anspruch genommen hat.

3.

Der Beteiligten zu 2. wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, während der Geltung der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 bei denjenigen Leiharbeitnehmern, die sie in ihrem Betrieb einsetzt und die im Drei-Schicht-System, wie es in der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung unter „Mehrschichtarbeit“ „GLAZ-C-3-Schicht“ festgelegt ist, arbeiten, sofern sie in der dort geregelten Frühschicht arbeiten, eine tägliche Pausenzeit von 45 Minuten zu erfassen und in den monatlichen Zeitnachweisen zu dokumentieren, wenn tatsächlich eine Pausenzeit von 35 Minuten bei der Abrechnung der geleisteten Arbeitszeit berücksichtigt wurde.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Arbeitgeberin stellt in ihrem Betrieb in Hennigsdorf mit derzeit ca. 2000 Stammarbeitnehmern und ca. 450 Leiharbeitnehmern Schienenfahrzeuge her.

Bei ihr gilt seit 01.01.2011 ein Firmentarifvertrag vom 28.01.2011 (Bl. 46 bis 51 d. A.).

Die Verleihunternehmen, mit denen die bei der Arbeitgeberin eingesetzten Leiharbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, wenden auf ihre Arbeitnehmer entweder den MTV Zeitarbeit BZA vom Mai 2010 (Auszug Bl. 18 bis 23) oder den MTV Zeitarbeit iGZ vom 30.04.2010 (Bl. 28 bis 38 d. A.) an.

In § 4.1 des MTV Zeitarbeit BZA heißt es:

„Die tatsächliche Lage der Arbeitszeit wird an die des Kundenbetriebs angepasst. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach den im jeweiligen Kundenbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen des Kundenbetriebes.“

In § 3, 3.1.3 des MTV Zeitarbeit iGZ ist bestimmt:

„Die monatliche Arbeitszeit wird an die des Entleihers angepasst. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach den im jeweiligen Entleiherbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen des Entleihers.“

Beide MTV sehen die Einrichtung von Arbeitszeitkonten, Regelungen zum Freizeitausgleich für Plusstunden, ein Verfahren zum Saldenausgleich beim Ausscheiden von Mitarbeitern sowie Zuschläge im Falle von Mehrarbeit vor.

Am 01.09.2011 wurde bei der Arbeitgeberin die ab 01.10.2011 in Kraft getretene Betriebsvereinbarung Nr. 53 Gleitende Arbeitszeit (GLAZ) (künftig: BV Nr. 53, Bl. 39 bis 44 d. A.) abgeschlossen.

In § 1 „Geltungsbereich“ der BV Nr. 53 heißt es:

„Diese BV gilt für alle Arbeitnehmer inklusive der Auszubildenden des Betriebes Hennigsdorf der BTG. Sie gilt nicht für die leitenden Angestellten gemäß § 5 BetrVG sowie für leitende Führungskräfte gemäß der gültigen Regelungsabrede am Standort Hennigsdorf (Executives).

In § 2 „Gleitzeitmodelle“ ist bestimmt:

„(1) Die Beschäftigten können im Rahmen der nachfolgenden Regelungen Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen. Die Gleitzeitmodelle sind in der Anlage geregelt.

(2) In der Kernarbeitszeit muss grundsätzlich jeder Beschäftigte anwesend sein. Dauer und zeitliche Lage der Pausen richten sich nach den jeweils gültigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und betrieblichen Bestimmungen (siehe u. a. BV Nr. 5 „Dauer und Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit“ in der jeweils gültigen Fassung).

(3) Es wird eine über die Kernzeit hinausgehende tägliche Arbeitszeitspanne als tägliche Rahmenzeit für die einzelnen Arbeitszeitmodelle in Anlage 1 festgelegt. Innerhalb der Rahmenzeit können die Beschäftigten Plus- und Minusstunden erzeugen. Die tägliche Höchstarbeitszeit darf jedoch 10 Stunden nicht überschreiten.“

§ 3 der BV Nr. 53 regelt die „Führung des Gleitzeitkontos“, § 6 enthält detaillierte Bestimmungen zum „Gleitzeitrahmen“.

§ 7 Abs. 1 der BV Nr. 53 bestimmt:

„Die Beschäftigten können im Rahmen ihrer Gleitzeitsalden tages- oder stundenweise Freizeitausgleich nehmen.“

§ 5 „Mehrarbeit“ der BV lautet:

„Gleitzeitsalden und Mehrarbeitsguthaben werden getrennt geführt. Mehrarbeit muss angeordnet und genehmigt sein.“

In § 8 „Informations- und Kontrollrechte des Betriebsrats“ der BV Nr. 53 heißt es:

„Dem BR ist jederzeit Einblick in die Arbeitszeitkonten zu gewähren. Auf Anforderung werden ihm auch die Zeitdaten einzelner Beschäftigter bzw. Beschäftigtengruppen mitgeteilt sowie Sonderauswertungen zur Verfügung gestellt.

Monatlich erhält der BR unaufgefordert eine Auswertung zur Über- /Unterschreitung der Gleitzeitgrenzen am Monatsende“.

§ 9 der BV Nr. 53 enthält Regelungen zur „Zeiterfassung und –abrechnung“

In § 11 „Ausscheiden von Beschäftigten“ ist bestimmt:

„(1) Im Falle des Ausscheidens von Beschäftigten ist darauf zu achten, dass Gleitzeitguthaben bzw. –defizite am Tage des Ausscheidens ausgeglichen sind. Die Beschäftigten sind rechtzeitig darauf hinzuweisen.

(2) Kann ein Beschäftigter ein positives Gleitzeitguthaben nicht abbauen, wird dieses inklusive Mehrarbeitszuschlägen vergütet.

(3) Beschäftigte, die eine Gleitzeitschuld aus Gründen, die nicht in ihrer Person liegen, nicht ausgleichen können, werden so behandelt, als ob das Gleitzeitguthaben ausgeglichen wäre. Liegen die Gründe dafür in der Person des Beschäftigten, wird das Gleitzeitdefizit wie unbezahlte Freistellung verrechnet.“

In der Anlage zur BV Nr. 53 sind die Gleitzeitmodelle, die hierfür jeweils geltenden Kernarbeitszeiten und Rahmenzeiten sowie die jeweilige Pausendauer geregelt. Im Zeiterfassungssystem der Arbeitgeberin werden diese Pausenzeiten automatisch von der Arbeitszeit abgezogen. In der Anlage zur BV Nr. 53 ist u. a. bestimmt, dass bei der „GLAZ-C-3-Schicht“ die Pausendauer bei der Frühschicht 35 Minuten täglich beträgt. In dieser Schicht werden auch Leiharbeitnehmer eingesetzt, die in der Frühschicht wie die Stammarbeitnehmer 35 Minuten Pause machen.

In einem Monatsgespräch am 24.10.2011 (Protokoll Bl. 45) erfuhr der Betriebsrat, dass die BV Nr. 53 jedenfalls teilweise nicht auf die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer angewendet wird. Diese müssen sich zwar an den Zeiterfassungsgeräten an- und abmelden und werden nicht außerhalb der in der BV geregelten Rahmenarbeitszeiten beschäftigt, arbeiten aber nicht in Gleitzeit, vielmehr werden ihre Arbeitszeiten in den wöchentlichen Dienstplänen festgelegt. Ein Arbeitszeitkonto wird für sie nur aus technischen Gründen wegen der Teilnahme an der Zeiterfassung geführt. Die geleistete Ist-Arbeitszeit wird an das Verleihunternehmen weitergeleitet. Freizeitausgleich beantragen die Leiharbeitnehmer bisher über ihren Vertragsarbeitgeber.

Bei Übergabe der Nachweislisten für zwei im 3-Schicht-System tätige Leiharbeitnehmer im Oktober 2011 stellte der Betriebsrat fest, dass für diese in der Frühschicht eine 45-minütige tägliche Pause erfasst wurde. In der Personalrunde am 04.11.2011 (Protokoll Bl. 55) teilte die Personalleiterin mit, dass der Zeitnachweis der Leiharbeitnehmer nur für Ist-Zeiten gelte und an die Verleihfirma übergeben werde. Ein vom Betriebsrat hierfür verlangter Nachweis ist nicht erfolgt.

Mit am 13.12.2011 beim Arbeitsgericht Neuruppin eingereichten Anträgen hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet, mit dem er die Untersagung betriebsvereinbarungswidrigen Verhaltens der Arbeitgeberin in Bezug auf die im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer u. a. durch deren Nichteinbeziehung in die Gleitzeit und den Freizeitausgleich, durch die Erfassung und Weiterreichung unzutreffender Pausenzeiten und deren Dokumentation in den monatlichen Zeitnachweislisten unter Androhung von Ordnungsgeld begehrt hat.

Der Betriebsrat hat im Wesentlichen gemeint, die Arbeitgeberin habe es zu unterlassen, die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer entgegen der Regelungen der BV Nr. 53 zu beschäftigen, zu deren Anwendung sie gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verpflichtet sei. § 1 der BV Nr. 53 beschränke deren Geltungsbereich nicht auf die in einem Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin stehenden Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin verstoße dagegen, wenn sie lediglich einen Teil der darin enthaltenen Regelungen auf die Leiharbeitnehmer anwende, nicht aber die Regelungen zur Teilnahme an der Gleitzeit (§ 2) und zum Zeitausgleich (§§ 6, 7). Die Zeitarbeitstarifverträge stünden dem nicht entgegen. Da für im 3-Schicht-System tätige Leiharbeitnehmer in der Frühschicht eine Pause von 35 Minuten gelte, sei diese auch in der Erfassung und Berechnung der Arbeitszeiten nach § 9 der BV Nr. 53 als Pause zu berücksichtigen, und keine längere Pause von 45 Minuten, wie von der Arbeitgeberin erfasst und weitergeleitet. Selbst wenn jedoch die Arbeitgeberin gegenüber den Verleihunternehmen diese Pausenzeit (nachträglich) korrigiere, liege in der Erfassung der „falschen“ Pausenzeit auf den monatlichen Zeitnachweisen ein Verstoß gegen die BV Nr. 53. Die Arbeitgeberin müsse nicht nur die tatsächlich geltenden Pausenzeiten berücksichtigen, sondern diese auch dokumentieren.

Die Arbeitgeberin hat im Wesentlichen gemeint, die BV Nr. 53 finde keine Anwendung auf die in ihrem Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer, da sich ihr Geltungsbereich nicht auf diese erstrecke, und sich dabei auf einen Beschluss des LAG Hessen vom 17.03.1992 – 5 TaBV 147/91 – (Bl. 98 bis 101 d. A.) bezogen. Sie überprüfe auf den Hinweis des Betriebsrats, welche Pausenzeit für die in der GLAZ-C-3-Schicht tätigen Leiharbeitnehmer in der Zeiterfassung hinterlegt sei und ob bei deren weitergeleiteter Ist-Arbeitszeit 35 oder 45 Minuten berücksichtigt worden seien. Mangels Anwendbarkeit der BV Nr. 53 auf die Leiharbeitnehmer seien die Anträge insgesamt zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 07.03.2012 – 5 BV 92/12 –, auf dessen Gründe zu I. (Bl. 111/112 d. A.) bezüglich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Neuruppin die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Auslegung der Bestimmungen der BV Nr. 53 ergebe, dass die Betriebspartner die Leiharbeitsverhältnisse nicht hätten mitregeln wollen. Bereits im Geltungsbereich der BV Nr. 53, der auf Arbeitnehmer der Arbeitgeberin abstelle, fehlten Anhaltspunkte dafür, dass auch Leiharbeitnehmer erfasst sein sollten. Überdies enthalte § 5 der BV eine Regelung über „Mehrarbeit“, das insoweit einschlägige Mitbestimmungsrecht stehe aber dem Betriebsrat des Verleiherbetriebes zu. Auch spreche § 11 Abs. 2 der BV Nr. 53 gegen eine Einbeziehung der Leiharbeitnehmer, da diese Regelung im Falle ihrer Anwendbarkeit zu erheblichen Mehrkosten für die Arbeitgeberin führen würde. Die arbeitsvertraglich nicht unter das bei der Arbeitgeberin geltende Tarifwerk der Metall- und Elektroindustrie fallenden Leiharbeitnehmer könnten unbeschadet der Verweisungsklauseln in den Zeitarbeitstarifverträgen nicht ohne weitere – nicht existente – Anpassungsregelungen sinnvoll unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses zu II. (Bl. 113/114 d. A.) Bezug genommen.

Gegen diesen, dem Betriebsrat am 28.03.2012 zugestellten Beschluss richtet sich seine am 27.04.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Beschwerde, die er mit am 25.05.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Der Betriebsrat meint, nach dem Wortlaut von § 1 Satz 1 der BV Nr. 53 sollten alle im Betrieb der Arbeitgeberin in Hennigsdorf beschäftigten Arbeitnehmer unter den Geltungsbereich der BV Nr. 53 fallen, also auch die bei ihrem Inkrafttreten dort beschäftigten mehrere hundert Leiharbeitnehmer. Die darin geregelte Arbeitszeitgestaltung betreffe auch sie. Die Mehrarbeitsregelung in § 5 der BV Nr. 53 könne auch auf die Leiharbeitnehmer angewendet werden, da die Anordnung von Mehrarbeitszeiten durch den Entleiher der Mitbestimmung des Betriebsrats im Entleiherbetrieb unterfalle. Auch die Regelung in § 11 der BV Nr. 53 sei auf Leiharbeitnehmer anwendbar. § 11 Abs. 1 stehe als organisatorische Vorgabe beim Ausscheiden von „Beschäftigten“ einer Anwendung auch auf die Leiharbeitnehmer nicht entgegen. Gegen die Anwendbarkeit der Regelung in § 11 Abs. 2 spreche nicht schon die Tatsache, dass diese Regelung die Arbeitgeberin Geld kosten würde. Es handle sich nicht um eine bei der Arbeitgeberin unübliche Regelung, da bereits im Jahre 2010 ein Aufschlag von 1 € pro Arbeitsstunde auf die Stundenvergütung von Leiharbeitnehmern, deren Vertragsarbeitgeber ihnen für die vergleichbare Tätigkeit eine geringere Vergütung zahle, zwischen den Betriebsparteien vereinbart worden sei. Auch sei die Regelung nicht systemwidrig, da die Arbeitgeberin durch die Arbeitszeitgestaltung derartige Kosten beeinflussen könne und selbst die Verantwortung dafür trage, wenn Plusstunden aus betriebsbedingten Gründen nicht ausgeglichen werden könnten. Die Regelung in § 11 Abs. 3 der BV Nr. 53 sei widerspruchsfrei auch auf Leiharbeitnehmer anwendbar, da die Entleiherin die Umstände bei der Arbeitszeitgestaltung selbst beeinflusse. Die Tatsache der unterschiedlichen Tarifwerke könne schon deshalb kein Beleg für die Nichtanwendbarkeit der BV Nr. 53 sein, weil die Zeitarbeitstarifverträge bezüglich der Arbeitszeitgestaltung gerade auf die im Entleiherbetrieb geltenden Regelungen verwiesen und damit einen Vorrang dieser Regelungen begründen wollten. Auch die Führung von Arbeitszeitkonten sowohl beim Entleiher als auch bei den Verleihern sei nicht systemwidrig und spreche nicht gegen die Anwendung der BV Nr. 53.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 28.03.2012, 5 BV 923/11, abzuändern und folgenden Anträgen stattzugeben:

1.

Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, während der Geltung der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 in ihrem Betrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer in der Weise zu beschäftigen, dass sie ihre Arbeitszeit nicht innerhalb der in der Anlage zur Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 festgelegten Rahmenarbeitszeit und des in § 6 dieser Betriebsvereinbarung geregelten Gleitzeitrahmens ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können und dass diese Leiharbeitnehmer keinen Zeitausgleich gem. § 7 der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 nehmen können, indem sie im Rahmen ihrer Gleitzeitsalden tages- oder stundenweise Freizeitausgleich nehmen.

2.

Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, während der Geltung der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 bei denjenigen Leiharbeitnehmern, die sie in ihrem Betrieb einsetzt und die im Drei-Schicht-System, wie es in der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung unter „Mehrschichtarbeit“ „GLAZ-C-3-Schicht“ festgelegt ist, arbeiten, sofern sie in der dort geregelten Frühschicht arbeiten, eine tägliche Pausenzeit von 45 Minuten zu erfassen und in dieser Form an den vertraglichen Arbeitgeber des jeweiligen Leiharbeitnehmers weiterzureichen, obwohl der jeweilige Leiharbeitnehmer eine tägliche Pausenzeit von nicht mehr als 35 Minuten in Anspruch genommen hat.

3.

Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, während der Geltung der Betriebsvereinbarung Nr. 53 „Gleitende Arbeitszeit“ vom 01.09.2011 bei denjenigen Leiharbeitnehmern, die sie in ihrem Betrieb einsetzt und die im Drei-Schicht-System, wie es in der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung unter „Mehrschichtarbeit“ „GLAZ-C-3-Schicht“ festgelegt ist, arbeiten, sofern sie in der dort geregelten Frühschicht arbeiten, eine tägliche Pausenzeit von 45 Minuten zu erfassen und in den monatlichen Zeitnachweisen zu dokumentieren, wenn tatsächlich eine Pausenzeit von 35 Minuten bei der Abrechnung der geleisteten Arbeitszeit berücksichtigt wurde.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin meint, die BV Nr. 53 sei auf die im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer nicht anzuwenden. In § 1 der BV Nr. 53 sei ausdrücklich geregelt, dass diese nur für ihre Arbeitnehmer gelten solle, Leiharbeitnehmer seien aber Betriebsangehörige des Verleihbetriebes, sie stünden zu diesem in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 14 AÜG blieben Leiharbeitnehmer auch während des Verleihs Angehörige des Entsendebetriebes. Es erschließe sich nicht, weshalb sich die gewählte Formulierung nicht auf die Arbeitsverhältnisse selbst, sondern auf den Betrieb Hennigsdorf beziehen solle. Mangels Erstreckung des Geltungsbereichs der BV Nr. 53 auf die Leiharbeitnehmer sei sie nicht verpflichtet, die Leiharbeitnehmer an der Gleitzeit teilnehmen zu lassen und gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG die Betriebsvereinbarung auch ihnen gegenüber durchzuführen. Eine andere Bedeutung des Wortlauts des Geltungsbereichs ergebe sich auch nicht aus anderen Umständen bzw. weiteren Formulierungen der BV Nr. 53. Dass die Leiharbeitnehmer Schichtmodellen zugeordnet werden müssten, liege in der Natur der Sache eines Produktionsbetriebes, lege aber eine Erstreckung der Betriebsvereinbarung auf die Leiharbeitnehmer nicht nahe. Für sie werde kein Arbeitszeitkonto geführt, das sie zur selbständigen Entscheidung über ihr Kommen und Gehen berechtige. Ein „Arbeitszeitkonto“ werde für sie nur aus technischen Gründen geführt, um die geleistete Ist-Arbeitszeit zu erfassen, die dann an den jeweiligen Verleiher weitergeleitet werde, der individuelle Arbeitszeitkonten für seine Arbeitnehmer führe. Auch daraus ergebe sich daher keine andere Auslegung des Geltungsbereichs. Auch den weiteren Formulierungen der BV Nr. 53 ließen sich keine Anhaltspunkte hierfür entnehmen. Allein die theoretische Möglichkeit der Anwendung der §§ 5 und 11 auf Leiharbeitnehmer führe nicht zu einer anderen Auslegung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten in II. Instanz wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 25.05.2012 (Bl. 125-134 d. A.) und vom 31.07.2012 (Bl. 151-153 d. A.), den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 02.07.2012 (Bl. 148-150 d. A.) und das Protokoll vom 09.08.2012 (Bl. 154-156 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte und gemäß §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1, Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Betriebsrats ist begründet. Die Arbeitgeberin hat die in den Anträgen aufgeführten Verhaltensweisen zu unterlassen, weil diese gegen die in ihrem Betrieb geltende BV Nr. 53 verstoßen.

1.

Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig, insbesondere ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das von der Arbeitgeberin zu unterlassende Verhalten wird darin genau genug bezeichnet. Es handelt sich um Leistungsanträge, weshalb es ein besonderes Rechtsschutzinteresse nicht dargelegt werden musste. Die fehlerhafte Angabe des Aktenzeichens I. Instanz im Antrag war unschädlich, da der Antrag aufgrund der Beschwerdeschrift in der Weise auszulegen war, dass er sich gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts mit dem Aktenzeichen 5 BV 92/11 richtete.

2.

Der Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung der in den Anträgen bezeichneten Verhaltensweisen seitens der Arbeitgeberin folgt aus der BV Nr. 53. Diese Betriebsvereinbarung hat die Arbeitgeberin nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durchzuführen. Dementsprechend hat der Betriebsrat einen Durchführungsanspruch, der auch in Form eines Anspruches auf Unterlassung von Verstößen gegen die Betriebsvereinbarung bestehen kann. Dabei handelt es sich nicht um die Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens, weshalb es keiner Prüfung bedarf, ob ein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG vorliegt (vgl. Beschlüsse des BAG vom 29.04.2004 – 1 ABR 30/02 -, EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 8, vom 23.06.1992 – 1 ABR 11/92 -, EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 51 und vom 10.11.1987 – 1 ABR 55/86 -, EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 19 sowie Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 25.02.2011 – 18 TaBV 2/10 -, LAGE § 77 BetrVG 2001 Nr. 11).

3.

Die Arbeitgeberin verstößt gegen die BV Nr. 53, wenn sie deren Bestimmungen bei der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern nicht oder jedenfalls zum Teil, nämlich im Hinblick auf die in den Anträgen bezeichneten Verhaltensweisen, nicht anwendet.

3.1

Soweit Mitbestimmungsrechte des Entleiherbetriebsrates auch für Leiharbeitnehmer zur Anwendung kommen, gelten darauf beruhende Betriebsvereinbarungen auch für diesen Personenkreis nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend (vgl. GK-Kreutz, 9. Aufl. § 77 Rn. 182; Fitting, 26. Aufl. § 77 Rn 35). Anderes gilt nur, soweit Leiharbeitnehmer nach dem festgelegten persönlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung ausdrücklich ausgenommen werden oder die Auslegung eine Herausnahme der Leiharbeitnehmer aus dem persönlichen Geltungsbereich ergibt (vgl. Ulber-Verena zu Dohna-Jaeger, § 14 AÜG Rn. 138). Da dem Betriebsrat des Entleiherbetriebes das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG auch für Leiharbeitnehmer zusteht (vgl. Beschluss des BAG vom 15.12.1992 – 1 ABR 38/92 -, EzA § 14 AÜG Nr. 3), ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die auf der Grundlage des § 87 Abs. 1 Nr. 2 abgeschlossene BV Nr. 53 auch die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer erfasst.

3.2

In § 1 der BV Nr. 53 ist der persönliche Geltungsbereich der BV festgelegt. Leiharbeitnehmer sind darin nicht ausdrücklich von der Geltung der BV ausgenommen. Auch eine Auslegung dieser Bestimmung ergibt keine Herausnahme der Leiharbeitnehmer aus dem persönlichen Geltungsbereich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist vom Wortlaut und dem dadurch vermittelten Wortsinn. Bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Beteiligten und der von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelungen zu berücksichtigen, soweit sie im Regelungswerk Niederschlag gefunden haben. Ferner ist auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Beteiligten liefern kann. Bleiben im Einzelfall Zweifel, kann auf weitere Kriterien zurückgegriffen werden (vgl. Beschluss des BAG vom 14.11.2006 – 1 ABR 5/06 -, EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 10).

§ 1 Satz 1 der BV Nr. 53 bestimmt nach seinem Wortlaut, dass „diese BV für alle Arbeitnehmer inklusive der Auszubildenden des Betriebes Hennigsdorf der BTG“, somit dieses Betriebes der Arbeitgeberin, gilt. Diese Formulierung umfasst nicht nur die Arbeitnehmer, mit denen die Arbeitgeberin vertraglich gebunden ist, sondern alle im Betrieb tätigen Arbeitnehmer, somit auch die Leiharbeitnehmer. Der „Betrieb Hennigsdorf der BTG“ bezeichnet nämlich nicht die Rechtsperson, mit der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen haben, sondern die in Hennigsdorf gelegene organisatorische Einheit der Arbeitgeberin, in der sie gemeinsam mit anderen fortgesetzt bestimmte arbeitstechnische Zwecke, den Bau von Schienenfahrzeugen, verfolgt. Nimmt man § 1 Satz 2 der BV Nr. 53 hinzu, wonach die BV „nicht für die leitenden Angestellten gemäß § 5 BetrVG sowie für die leitenden Führungskräfte gemäß der gültigen Regelungsabrede am Standort Hennigsdorf (Executives)“ gilt, wird deutlich, dass damit alle Arbeitnehmer erfasst sein sollen, für die das im Eingangssatz der BV Nr. 53 zitierte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG greift, auf dessen Grundlage die BV abgeschlossen wurde. Wortlaut und Wortsinn der Regelungen zum persönlichen Geltungsbereich in § 1 der BV Nr. 53 lassen deshalb eine Herausnahme der Leiharbeitnehmer nicht erkennen.

Auch die anderen von den Beteiligten diskutierten Bestimmungen der BV Nr. 53 liefern dafür keine Anhaltspunkte:

Die Präambel, die den Gegenstand der BV und ihren Zweck näher bezeichnet, stellt auf „die Beschäftigten“ ab, denen eine Selbstbestimmung von Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit bei angemessenem Ausgleich mit den betrieblichen Belangen ermöglicht werden soll. Daraus lässt sich nicht entnehmen, dass die Leiharbeitnehmer davon ausgeschlossen sein sollen.

Wenn § 5 der BV Nr. 53 eine getrennte Führung von Gleitzeitsalden und Mehrarbeitsguthaben anordnet, kann diese Bestimmung unproblematisch auch auf die Leiharbeitnehmer zur Anwendung kommen, unabhängig davon, dass auch im Verleiherbetrieb Gleitzeitsalden und Mehrarbeitsguthaben aufgrund der Zeitarbeitstarifverträge geführt werden. Ob bei Maßnahmen, die Leiharbeitnehmer betreffen, der Betriebsrat des Entleiherbetriebes oder der Betriebsrat des Verleihers mitzubestimmen hat, richtet sich allein danach, ob der Vertragsarbeitgeber oder der Verleiher die mitbestimmungspflichtige Entscheidung trifft. Für im Betrieb der Entleiherin durch die Entleiherin angeordnete Mehrarbeit wird deshalb das Mitbestimmungsrecht durch den dortigen Betriebsrat wahrgenommen (vgl. Beschluss des BAG vom 19.06.2001 – 1 ABR 43/00). Dies rechtfertigt auch die Führung von Mehrarbeitsguthaben für die Leiharbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin.

Die Regelungen in § 11 der BV Nr. 53 sprechen ebenfalls nicht für eine Herausnahme der Leiharbeitnehmer aus dem persönlichen Geltungsbereich der BV. Abs. 1 dieser Bestimmungen enthält organisatorische Vorgaben, die ohne weiteres auch auf die Leiharbeitnehmer angewendet werden können. Auch Abs. 2, wonach ein bei Ausscheiden nicht abbaubares Gleitzeitguthaben inklusive Mehrarbeitszuschlägen vergütet wird, steht einer Anwendung auf die Leiharbeitnehmer nicht entgegen. Finanzielle Zusatzbelastungen der Arbeitgeberin im Interesse möglichst gleicher Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer sind bei dieser keineswegs unüblich, worauf der Betriebsrat unter Bezugnahme auf die 2010 vereinbarte zusätzliche Vergütungsregelung für Leiharbeitnehmer hingewiesen hat. Zudem hat es die Arbeitgeberin selbst in der Hand, durch ihren Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung auch der Leiharbeitnehmer auf einen Ausgleich etwaiger Guthaben rechtzeitig hinzuwirken. Ebenso kann die Arbeitgeberin dem in Abs. 3 geregelte Verfall von Minusstunden weitgehend entgegenwirken, da es in der Regel in ihrem Verantwortungsbereich liegt, wenn Leiharbeitnehmer Gleitzeitschulden aus Gründen, die nicht in ihrer Person liegen, nicht rechtzeitig abbauen können. Allerdings erscheint zweifelhaft, ob die Bestimmungen des § 11 der BV Nr. 53 zum „Ausscheiden von Beschäftigten“ überhaupt den Fall der Beendigung des Arbeitseinsatzes eines Leiharbeitnehmers regeln, da die Abwicklung noch bestehender Gleitzeitguthaben oder –defizite der Leiharbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin bei deren Einsatzbeendigung wegen des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses des Leiharbeitnehmers mit dem Verleiher und der ohnehin laufenden Weitergabe der Ist-Zeiten des Leiharbeitnehmers an den Verleiher für die Arbeitgeberin nicht dieselbe Bedeutung haben dürften wie bei Beendigung der Tätigkeit eines Stammarbeitnehmers. Soweit die Auslegung im Ergebnis dazu führte, dass diese Regelungen für die Einsatzbeendigung von Leiharbeitnehmern nicht passten, hätte dies indes allenfalls zur Folge, dass sie auf diesen Fall nicht zur Anwendung kämen. Allein dies erlaubt jedoch nicht den Schluss, dass Leiharbeitnehmer aus dem persönlichen Geltungsbereich der BV Nr. 53 generell ausgenommen wären.

Nicht erkennbar ist schließlich, weshalb es wegen der unterschiedlichen Tarifsituation im Betrieb der Arbeitgeberin und der Verleihunternehmen besonderer Anpassungsregelungen in der BV Nr. 53 bedurft hätte, um diese sinnvoll auf die Leiharbeitnehmer anzuwenden, wie das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die von der Beklagten eingereichte Entscheidung des Hessischen LAG vom 17.03.1992 gemeint hat. Die doppelte Führung von Arbeitszeitkonten bei der Arbeitgeberin und dem jeweiligen Verleihunternehmen ist im Rahmen der Regelung der jeweils geltenden unterschiedlichen Arbeitsbedingungen sinnvoll und keineswegs systemwidrig. Vielmehr begründen auch die Regelungen in Ziffer 4.1 des MTV Zeitarbeit BZA sowie § 3, 3.1.3 des MTV Zeitarbeit iGZ die Geltung der Arbeitszeitregelungen bei der Arbeitgeberin und somit die Anwendung der BV Nr. 53 auch auf die Leiharbeitnehmer.

4.

Die Arbeitgeberin verstieß in der Vergangenheit durch in den Anträgen bezeichneten Verhaltensweisen gegen die BV Nr. 53, da sie deren Bestimmungen nicht auf die Leiharbeitnehmer anwandte. Die begehrte Untersagung unter Androhung von Ordnungsgeld gemäß § 890 Abs. 1 und 2 ZPO rechtfertigt sich aus der bestehenden Wiederholungsgefahr.

Die Arbeitgeberin beschäftigte in ihrem Betrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer, ohne dass diese ihre Arbeitszeit innerhalb der in der Anlage zur BV Nr. 53 festgelegten Rahmenarbeitszeit und des in § 6 dieser BV geregelten Gleitzeitrahmens selbst bestimmen und im Rahmen ihrer Gleitzeitsalden tages- oder stundenweise Freizeitausgleich gemäß § 7 dieser BV nehmen konnten. Damit verstieß die Arbeitgeberin gegen die genannten Bestimmungen der Betriebsvereinbarung. Sie erfasste bei im Betrieb in der GLAZ-C-3-Schicht tätigen Leiharbeitnehmern in der Frühschicht eine Pausenzeit von 45 Minuten und reichte diese an deren vertraglichen Arbeitgeber weiter, obwohl diese eine Pausenzeit von nicht mehr als 35 Minuten in Anspruch genommen hatten. Dadurch verstieß die Arbeitgeberin gegen die Regelungen zur Zeiterfassung und –abrechnung in § 9 Abs. 1 der BV Nr. 53, wonach die tatsächlich geleistete Arbeitszeit mit den Zeiterfassungsgeräten zu erfassen ist. Die Arbeitgeberin hat bisher nicht nachgewiesen, dass der Zeitnachweis der Leiharbeitnehmer nur zur Erfassung der Ist-Zeiten gelte und so an die Verleihfirma übergeben werde bzw. bei der weitergeleiteten Ist-Arbeitszeit die tatsächliche Pausenzeit von 35 Minuten berücksichtigt wurde. Selbst wenn sie diese „falsche“ Pausenzeit indes nachträglich korrigierte und deshalb bei der Abrechnung die tatsächliche Pausenzeit von 35 Minuten berücksichtigte, verstieß sie gegen § 9 der BV, indem sie die falschen Pausenzeiten von 45 Minuten in den monatlichen Zeitnachweisen dokumentierte.

5.

Aus diesen Gründen war der Beschluss des Arbeitsgerichts Neuruppin abzuändern und nach den Anträgen des Betriebsrats zu beschließen.

III.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei.

IV.

Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.