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Verfahrensrecht; Rücknahmeerklärung; Wirksamkeit; Feststellung der Erledigung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 25. Senat Entscheidungsdatum 22.09.2011
Aktenzeichen L 25 AS 1621/11 B ER WA ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Es wird festgestellt, dass das Verfahren L 25 AS 1343/11 B ER durch die Rücknahme der Beschwerde durch den Antragsteller am 13. August 2011 erledigt ist.

Die mit Schriftsatz vom 29. August 2011 erneut erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2011 (S 201 AS 13885/11 ER) wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei dem Sozialgericht Berlin S 82 AS 18442/10 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag, den Antragsgegner im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu verpflichten, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 2010 die zugesicherten Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 419,17 Euro nachzuzahlen, wird als unzulässig verworfen.

Das vom Antragsteller erhobene „Rechtsmittel“ gegen die „Verfahrensbeendigung“ wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Das Beschwerdeverfahren L 25 AS 1343/11 B ER kann nicht fortgesetzt werden, da es durch Rücknahme der Beschwerde durch den Antragsteller mit Schriftsatz vom 13. August 2011 beendet worden ist.

Der Antragsteller sieht zwar die Rücknahme der Beschwerde als nicht wirksam erklärt an. Bei einem solchen Streit über die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme wird das Verfahren vor dem Landessozialgericht weitergeführt; dieses entscheidet durch Beschluss, ob der Rechtsstreit durch die Rücknahme der Beschwerde erledigt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 176, Rn. 2a). Ist dies der Fall, stellt es die Erledigung fest; nur wenn die Rücknahme nicht oder nicht wirksam erklärt ist, entscheidet es in der Sache selbst.

Die Rücknahme der Beschwerde, die durch den Antragsteller mit Schriftsatz vom 13. August 2011 unmissverständlich unter Nennung auch des Aktenzeichens L 25 AS 1343/11 B ER erklärt worden ist, ist wirksam. Namentlich ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller die Erklärung im Zustand der Prozessunfähigkeit abgegeben haben könnte. Soweit der Antragsteller unbelegt einen „gesundheitlichen Zusammenbruch[...]“ am 12. August 2011 mitteilt, lässt sich dem eine Prozessunfähigkeit – insbesondere eine solche einen Tag später – nicht entnehmen.

Ob dann, wenn die Prozesserklärung für das Gericht und für den Prozessgegner sogleich als Versehen offenbar gewesen, diese nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln ist (so Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Juni 2005 - 9 C 8/04 - juris), lässt der Senat offen. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil weder für den Senat noch für den Antragsgegner die Beschwerderücknahme als Versehen offenbar gewesen war. Der jetzige Hinweis des Antragstellers, dass nur die „doppelten/mehrfachen Verfahrensanhängigkeiten“ beendet werden sollten, greift hier insoweit nicht durch, weil dem Schriftsatz vom 13. August 2011 die nunmehr vorgetragenen Beweggründe für die Beschwerderücknahme nicht zu entnehmen waren.

Eine Rücknahme der Beschwerde ist des Weiteren als Prozesshandlung grundsätzlich weder widerrufbar noch anfechtbar. Derartige prozessgestaltende Erklärungen binden vielmehr das Gericht und die Beteiligten. Denn das Prozessrecht will die Verfahrenslage weitgehend vor Unsicherheit schützen und lässt deshalb einen Widerruf oder eine Anfechtung derartiger Prozesserklärungen grundsätzlich nicht zu (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Dezember 1995 - 6 RKa 18/95 - juris). Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 578 bis 591 der Zivilprozessordnung (ZPO) oder gemäß § 179 Abs. 2, § 180 SGG vorliegen. Diese Fälle liegen hier aber offenkundig nicht vor.

Soweit der Antragsteller hilfsweise die Anträge aus dem Verfahren L 25 AS 1343/11 B ER erneut stellt, ist die darin zu erblickende neu eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2011 als unzulässig zu verwerfen. Denn die Beschwerdefrist von einem Monat nach § 173 SGG ist nunmehr offenkundig verstrichen.

Der nunmehr erneut gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei dem Sozialgericht Berlin S 82 AS 18442/10 ist unzulässig, denn für die Wiederaufnahme ist nach § 179 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 584 Abs. 1 ZPO das LSG nicht zuständig.

Der Antrag, den Antragsgegner im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu verpflichten, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 2010 die zugesicherten Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 419,17 Euro nachzuzahlen, ist ebenfalls unzulässig, weil das Sozialgericht in dem Beschluss vom 24. Juni 2011 über diesen Antrag nicht entschieden hat, nach Aktenlage eine erstinstanzliche Entscheidung, die über den genannten Anspruch entschieden hat, nicht erkennbar ist und das Landessozialgericht nach § 29 SGG zur erstinstanzlichen Entscheidung hier nicht berufen ist.

Das von dem Antragsteller hilfsweise erklärte „Rechtsmittel“ gegen die Verfahrensbeendigung ist ebenfalls als unzulässig zu verwerfen, weil insoweit keine rechtsmittelfähige Entscheidung vorliegt. Insoweit kommt nur – wie eingangs dargelegt – die Entscheidung durch Beschluss darüber in Betracht, ob der Rechtsstreit durch die Rücknahme der Beschwerde erledigt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.