Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 20.02.2020 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 S 8/20 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2020:0220.11S8.20.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8a Abs 1 BlmSchG, § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 UmwRG, § 2 Abs 6 UVPG, § 10 Abs 3 S 4 BImSchG |
Die Prognoseentscheidung nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG setzt nicht zwingend voraus, dass bereits die Einwendungsfrist der Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren abgelaufen ist.
Die von § 8a Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Reversibilität der Maßnahme, die Gegenstand einer Zulassung vorzeitigen Beginns der Errichtung ist, kann auch bei der Rodung eines Waldes anzunehmen sein.
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Februar 2020 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen der Beigeladenen tragen die Antragsteller je zur Hälfte.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
I.
Die Beigeladene plant die Errichtung und den Betrieb einer Anlage für den Bau und die Montage von Elektrofahrzeugen am Standort G... im Land Brandenburg.
Am 20. Dezember 2019 beantragte die Beigeladene beim Antragsgegner eine Genehmigung nach § 4 BImSchG und zugleich die Zulassung des vorzeitigen Beginns gemäß § 8a BImSchG. Den Antragsunterlagen war u.a. eine Umweltverträglichkeitsprüfung beigefügt. Der Antragsgegner forderte mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 bzw. 2. Januar 2020 die Träger öffentlicher Belange zur Abgabe einer fachlichen Stellungnahme bis zum 24. Januar 2020 bzw. 31. Januar 2020 auf. Die öffentliche Bekanntmachung des Antrags erfolgte am 3. Januar 2020; der Antrag und die zugehörigen Unterlagen lagen zur Einsichtnahme für jedermann bis einschließlich 5. Februar 2020 aus. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen gegen das Vorhaben noch bis einschließlich 5. März 2020 erhoben werden könnten.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Februar 2020, geändert am 14. Februar 2020, gestattete der Antragsgegner der Beigeladenen gemäß § 8a BImSchG, mit der Errichtung der von ihr beantragten Anlage vorzeitig zu beginnen. Die Zulassung umfasst die Waldrodung Phase I (91,56 ha), die Stubbenrodung und Freimachung des Baufeldes sowie die Baustelleneinrichtung. Zugleich ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Die Beigeladene begann daraufhin am 13. Februar 2020 mit den Rodungsarbeiten.
Die Antragsteller zu 1 und zu 2, zwei nach § 3 UmwRG anerkannte Umwelt- und Naturschutzverbände, legten am 13. bzw. 14. Februar 2020 Widerspruch gegen die Zulassung des vorzeitigen Beginns ein und begehrten gleichzeitig Eilrechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder). Dieses lehnte am selben Tag die Eilanträge ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Zulassung des vorzeitigen Beginns bei Anwendung des für das Eilverfahren vorgegebenen Prüfungsmaßstabs auf der Grundlage des § 8a Abs. 1 BImSchG voraussichtlich rechtmäßig sei.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Antragsteller. Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Februar 2020 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 1 gegen den angegriffenen Bescheid vorläufig bis zu seiner abschließenden Entscheidung mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass weitere Rodungsarbeiten bis dahin zu unterlassen seien.
II.
Der Senat ist rechtlich nicht gehalten, mit der Entscheidung bis zum Ablauf der mit der Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses in Lauf gesetzten einmonatigen Frist zur Begründung der Beschwerden (§ 146 Abs. 4 S. 1 VwGO) zuzuwarten. Der Antragsgegner geht im angefochtenen Bescheid (vgl. Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung) zutreffend davon aus, dass die Waldrodung aus Gründen des Artenschutzes bis Ende Februar durchzuführen ist. Soweit der Antragsteller zu 1 geltend macht, dass Rodungsarbeiten unter Umständen auch noch im Monat März durchgeführt werden könnten, ist zwar einzuräumen, dass die Frage, ab wann die Gefahr einer Verletzung der artenrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG anzunehmen ist, von den konkreten Umständen abhängen dürfte. Insbesondere in Anbetracht des milden Witterungsverlaufs des bisherigen Winters dürfte es gerade im Hinblick darauf jedoch geboten sein, die ebenfalls einen – wenngleich im einzelnen streitigen – Zeitraum in Anspruch nehmenden Rodungsarbeiten so früh wie möglich abzuschließen. Wäre die Beigeladene gezwungen, mit der Fortsetzung der Rodungsarbeiten bis zum Herbst des Jahres zuzuwarten, so würde dies die angegriffene Zulassung des vorzeitigen Beginns entwerten. Der Senat hat allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, wenngleich den oben genannten Umständen geschuldet mit kurzen Fristen. Darüber hinaus hat er jeglichen Vortrag der Verfahrensbeteiligten bis zum Erlass des vorliegenden Beschlusses berücksichtigt.
Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
Zwar sind die Antragsteller, was auch der Antragsgegner und die Beigeladene nicht in Abrede stellen, jedenfalls nach § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG antragsbefugt. Insbesondere handelt es sich bei der Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung einer – wie hier – UVP-pflichtigen Anlage gemäß § 8a Abs. 1 BImSchG um eine sonstige behördliche Entscheidung über die Zulässigkeit eines UVP-pflichtigen Vorhabens im Sinne von § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG ermöglicht bereits eine teilweise Realisierung des Vorhabens. Diese tatsächlichen Wirkungen rechtfertigen es, von einer Zulassungsentscheidung im Sinne von § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG auszugehen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. März 2016 – 8 B 10233/16 – juris, Rn. 5 zu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG a.F. m.w.N.; Eyermann-Happ, VwGO, Kommentar 15. Aufl., § 1 UmwRG, Rn. 7).
Die Beschwerden bleiben auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 S. 3 und 6 VwGO allein maßgeblichen Beschwerdevortrags aber in der Sache ohne Erfolg.
Soweit der Antragsteller zu 2 zur Begründung seiner Beschwerde Passagen seines erstinstanzlichen Vortrags lediglich wortidentisch wiederholt (Schriftsatz vom 16. Februar 2020, Seite 6 bis Schluss), fehlt es bereits an der gemäß § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO erforderlichen Auseinandersetzung mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung.
Soweit sich die Beschwerdebegründungen mit dem angefochtenen Beschluss inhaltlich auseinandersetzen, rechtfertigen sie keine Änderung des erstinstanzlichen Verfahrensausgangs.
Inhaltlicher Maßstab der gerichtlichen Entscheidung ist gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO eine umfassende Interessenabwägung, die zum Gegenstand hat das Aufschubinteresse der Antragsteller, das öffentliche Interesse sowie das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Bescheides über die Zulassung vorzeitigen Beginns vom 13. Februar 2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. Februar 2020. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides Bedeutung. Ausgehend hiervon überwiegt das öffentliche Interesse an der angeordneten sofortigen Vollziehung des Zulassungsbescheides das Interesse der Antragsteller an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zu einer Entscheidung über den von ihnen eingelegten Widerspruch. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich erfolglos bleiben.
Der angegriffene Bescheid des Antragsgegners findet seine gesetzliche Grundlage in § 8a BImSchG. Nach Abs. 1 dieser Norm soll die Genehmigungsbehörde in einem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung auf Antrag vorläufig zulassen, dass bereits vor Erteilung der Genehmigung mit der Errichtung begonnen wird, wenn 1. mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann, 2. ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn besteht und 3. der Antragsteller sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen. Die Zulassung vorzeitigen Beginns eröffnet die Möglichkeit, im Rahmen immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen schon vorab mit der Errichtung der Anlage zu beginnen. Dieses rechtliche Instrument ergänzt die Regelungsmöglichkeiten einer Teilgenehmigung nach § 8 BImschG sowie eines Vorbescheides nach § 9 BImschG und soll Investitionen beschleunigt ermöglichen (vgl. Jarass, BImschG, § 8a, Rn. 1). Es handelt sich dabei um eine vorläufige, die endgültige Zulassung des Vorhabens weder vorwegnehmende noch ersetzende Regelung (BVerwG, Beschluss vom 30. April 1991 – 7 C 35/90 –, juris Rn. 9 zur Vorgängernorm § 15a BImschG a.F.). Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Regelungssystematik sind die Voraussetzungen des § 8a Abs. 1 BImSchG auszulegen.
1. Die vorläufige Zulassung betrifft den Beginn der Errichtung der Anlage.
Unter dem Begriff des Beginns sind Maßnahmen zu verstehen, die sich wieder rückgängig machen lassen und bei denen das Risiko der Rückabwicklung den weiteren Entscheidungsprozess nicht unangemessen belastet. Dabei ist neben der technischen Möglichkeit der Rückgängigmachung vor allem zu berücksichtigen, in welchem Maße getätigte Investitionen entwertet würden. Daneben steht ferner die Überlegung, dass durch die Schaffung vollendeter Tatsachen der Rechtsschutz Dritter gegen das Vorhaben wenn nicht rechtlich, so doch faktisch an Effektivität einbüßen könnte. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die in § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG geregelte Wiederherstellungspflicht des von der vorläufigen Zulassung begünstigten Vorhabenträgers in einen systematischen Zusammenhang mit dem Begriff des „Beginns“ der Errichtung gestellt werden muss; auch dieser Zusammenhang spricht dafür, die Zulassung auf solche Maßnahmen zu beschränken, deren Rückgängigmachung technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1991 – 7 C 35/90 –, Rn. 13 ff., juris; Scheuring/Wirths in Führ, GK- BImSchG, § 8a, Rn. 105). Zwar wird in der Literatur vertreten, dass Errichtungsmaßnahmen nicht reversibel seien, wenn sie mit der Abholzung von Wald verbunden sind (vgl. Cajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 8a, Rn. 23; Scheuring/Wirths, a.a.O., Rn. 106, jeweils m.w.N.). Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die am 15. Oktober 1996 in Kraft getretene Vorschrift des § 8a BImSchG im Gegensatz zu der Vorgängervorschrift des § 15a BImSchG nicht nur die Änderung bestehender Anlagen, sondern nunmehr auch die Neuerrichtung genehmigungsbedürftiger Anlagen erfasst (vgl. zur Gesetzesgenese Mann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juni 2019, § 8a BImSchG Rn. 4 ff., Rn. 10 ff.). Die Neuerrichtung von Anlagen dürfte typischerweise wesentlich häufiger als die Änderung bestehender Anlagen die erstmalige Herstellung des Baugrundes und damit die Beseitigung der bestehenden Vegetation erfordern. Demgemäß wird es in der Literatur auch anerkannt, dass die Rückgängigmachung des vorzeitigen Errichtungsbeginns beispielsweise auch im Zuschütten von Ausschachtungen sowie in Rekultivierungsmaßnahmen einschließlich der Beseitigung von Bodenversiegelungen bestehen kann (vgl. Scheuring/Wirths in GK.BImSchG, § 8a, Rn. 56; Cajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzgesetz, § 8a, Rn. 39). Würde die Beseitigung von Waldflächen zwecks Schaffung des Baugrundes für eine neu zu errichtende Anlage stets ausscheiden, wäre dies geeignet, die Erreichung des Gesetzeszwecks, im Interesse einer Förderung des Wirtschaftsstandortes Deutschlands eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen (vgl. Mann, a.a.O., Rn. 2), nicht unerheblich schmälern. Da die Wiederaufforstung einer gerodeten Waldfläche grundsätzlich möglich ist, ist aus Sicht des Senats auf deren Beschaffenheit abzustellen. Insoweit macht es einen erheblichen Unterschied, ob die Beseitigung eines über lange Zeit gewachsenen Naturwaldes oder gar von nicht wiederherstellbaren Naturdenkmalen in Rede steht oder aber, wie hier, die Beseitigung eines Wirtschaftswaldes, der zudem bauplanungsrechtlich als künftiges Industriegebiet ausgewiesen ist. Daher sind die in Rede stehenden Rodungsmaßnahmen auch mit Blick auf den Gesetzeszweck unter den Begriff des Beginns der Errichtung der Anlage zu fassen.
2. Nach der im vorliegenden Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung geht auch der Senat davon aus, dass mit einer Genehmigungserteilung durch den Antragsgegner zugunsten der Beigeladenen im Sinne von § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gerechnet werden kann.
Nach dem Wortlaut des § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist es nicht erforderlich, dass die Erteilung der begehrten Anlagengenehmigung sicher oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Vielmehr ist mit einer Entscheidung zugunsten des Vorhabenträgers dann zu rechnen, wenn auf Grundlage einer ausreichenden Sachprüfung eine Entscheidung zu dessen Gunsten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (BVerwG, Beschluss vom 22. März 2010 – 7 VR 1/10 –, juris Rn. 16; Mann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juni 2019, § 8a BImSchG, Rn. 39, m.w.N.).
Der Antragsgegner hat diesen Maßstab seiner Prognose zugrundegelegt. Dies zeigt nicht nur die Begründung des angegriffenen Bescheides, sondern die Formulierung seiner Anschreiben an die um Stellungnahme gebetenen Fachabteilungen und Träger öffentlicher Belange. Daraus ergibt sich auch, dass der gesamte Gegenstand der von der Beigeladenen beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und nicht etwa nur dessen von der vorzeitigen Zulassung erfassten Segmente, hier die Zulassung von Rodungsarbeiten, Beurteilungsgegenstand waren.
2.1. Die vom Antragsgegner getroffene Genehmigungsprognose basiert auf einer ausreichenden Beurteilungsgrundlage.
Dem Antragsgegner lagen die vollständigen Antragsunterlagen für die beantragte Genehmigung einschließlich der UVP-Prüfung vor, er hat Stellungnahmen seiner einschlägigen Fachabteilungen sowie der betroffenen Träger öffentlicher Belange eingeholt und von ihnen bereits Rückmeldungen erhalten. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 3. Januar 2020 und der Antrag mit den zugehörigen Unterlagen und einer Kurzbeschreibung des Vorhabens lagen vom 6. Januar bis zum 5. Februar 2020 öffentlich aus. Zudem hatte die Beigeladene die Öffentlichkeit, insbesondere auch Naturschutzverbände, über das beabsichtigte Vorhaben informiert und entsprechende Rückäußerungen dem Antragsgegner vorgelegt.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller beruht die vom Antragsgegner getroffene Prognose nicht deshalb auf einer defizitären Grundlage, weil die Einwendungsfrist erst am 5. März 2020 abläuft und die Öffentlichkeitsbeteiligung im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung noch nicht vollständig abgeschlossen war. § 8a Abs. 1 BImSchG setzt aufgrund der Anknüpfung an das laufende Genehmigungsverfahren voraus, dass ein Genehmigungsantrag bereits gestellt wurde. Weitere verfahrensrechtliche Voraussetzungen für die Zulassung des vorzeitigen Beginns enthält die Norm nicht. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelungssystematik verbietet es sich, für die Zulassung vorzeitigen Beginns schematisch an die Durchführung bestimmter Verfahrensabschnitte im Genehmigungsverfahren anzuknüpfen. Entscheidend ist allein, ob davon ausgegangen werden kann, dass der Behörde im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung ausreichend Tatsachenmaterial für ihre Prognose hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Anlage vorlag. Zwar wird es regelmäßig der Fall sein, dass diese Prognose erst aufgrund der Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahren getroffen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1991 – 7 C 35/90, –, juris Rn. 11 zu § 7a Abs. 1 Nr. 1 AbfallG und der im dortigen Fall erforderlichen Offenlegung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens). Denn die Behörde kann in der Regel erst aufgrund des Ergebnisses solcher Beteiligungsverfahren beurteilen, ob berechtigte Einwände bestehen (BVerwG, a.a.O.). Jedoch kann die genehmigende Behörde im Einzelfall auch schon vor Abschluss der erforderlichen Beteiligungsverfahren Kenntnis der entscheidungserheblichen Tatsachen erlangt haben, die ihr eine solche Prognose ermöglicht. Hiervon geht der Senat bei summarischer Prüfung aller Umstände aus. Der Antragsgegner durfte davon ausgehen, dass sich durch den Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung keine durchgreifenden weiteren Erkenntnisse ergeben werden.
Das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung ist bereits weit fortgeschritten. Wie bereits dargelegt, ist die Auslegung abgeschlossen. Damit hatte die Öffentlichkeit Gelegenheit, sich über den Genehmigungsantrag und die Antragsunterlagen zu informieren. Nach dem vorliegenden Aktenstand sind bis zum Erlass des von den Antragstellern angegriffenen Bescheides 67 Einwendungsschreiben eingegangen.
Überdies durfte der Antragsgegner unbeschadet dessen, dass die Einwendungsfrist im Genehmigungsverfahren selbstverständlich ausgeschöpft werden darf, aufgrund der vorliegenden Umstände ausnahmsweise davon ausgehen, dass Einwender, die nicht nur die Erteilung der Anlagengenehmigung, sondern auch gerade die Zulassung des vorzeitigen Errichtungsbeginns beanstanden, ihre Argumente frühzeitig geltend machen. Das betrifft insbesondere auch die Antragsteller.
So hat das vom Antragsgegner frühzeitig eingebundene Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände für das Land Brandenburg, in dem auch der Antragsteller zu 1 vertreten ist, bereits unter dem 25. November 2019 eine vorläufige/erste Stellungnahme abgegeben und die von ihm erbetenen weiteren Unterlagen sind ihm durch den Antragsgegner unter dem 27. Januar 2020 per CD zugänglich gemacht worden. Flankierend hat die Beigeladene eine offensive Informationspolitik betrieben und nach ihrem Vortrag gegenüber der interessierten Öffentlichkeit eine Vielzahl von Informationsveranstaltungen durchgeführt. Dabei sei auch der Antragsteller zu 1 intensiv eingebunden worden und ihm zahlreiche Möglichkeiten zur Stellungnahme erteilt worden, die er aber habe verstreichen lassen. So sei das Landesbüro zum Scopingtermin am 18. November 2019 eingeladen worden. Am 4. Dezember 2019 habe die Beigeladene den Antragsteller zu 1 angerufen und eine Vorstellung des Projekts und eine Zusammenarbeit angeboten. Eine weitere Einladung sei für den 10. Dezember 2019 erfolgt und später eine weitere Kontaktaufnahme versucht worden. Hierauf habe der Antragsteller zu 1, anders als andere NGOs, nichts zum Verfahren beigetragen. Soweit der Antragsteller zu 1 darauf entgegnet, auch er habe Vertreter in diese Veranstaltungen entsandt, im Zuge dessen allerdings immer wieder erfahren müssen, dass es – jedenfalls bislang – an hinreichenden Lösungen für die mit Planung bzw. Realisierung des Projekts verbundenen Probleme fehle, steht das der oben genannten Einschätzung des Senats, der Antragsgegner habe aufgrund der vorliegenden Umstände ausnahmsweise davon ausgehen dürfen, dass Einwender, die nicht nur die Erteilung der Anlagengenehmigung, sondern auch gerade die Zulassung des vorzeitigen Errichtungsbeginns kritisieren, ihre Argumente frühzeitig geltend machen, nicht entgegen.
Es kommt hinzu, dass vorzeitig in der Öffentlichkeit bekannt war, dass die Anlage der Beigeladenen auf einem Waldgelände errichtet werden sollte. Auch ist der vergleichsweise enge Zeitrahmen, den sich die Beigeladene für die Errichtung und Inbetriebnahme der Anlage gesetzt hat, hinreichend öffentlich publiziert worden. Darüber hinaus war in der Bekanntmachung des Antragsgegners vom 2. Januar 2020 (Amtsblatt für Brandenburg – Nr. 1 vom 3. Januar 2020) angegeben, dass die Inbetriebnahme der Anlage im Juli 2021 erfolgen soll. Dass dies in einem nicht unerheblichen Maße Rodungsarbeiten vor Beginn der Vegetationsperiode im Jahr 2020 bedingen würde, musste sich – insbesondere an dem Genehmigungsverfahren interessierten Naturschutzverbänden – aufdrängen. Dies zeigt auch die entsprechende, mit der Ankündigung einer Stellungnahme im Rahmen des öffentlichen Beteiligungsverfahrens verbundene und vom Antragsgegner durch E-Mail vom 28. Januar 2020 beantwortete Anfrage des Antragstellers zu 2, ob ein Antrag der Beigeladenen nach § 8a BImSchG vorliege bzw. bereits beschieden sei und ob zwischenzeitlich eine Rodungsgenehmigung verfügt worden sei. Damit war absehbar, dass mit der Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung voraussichtlich nicht bis zum Ablauf der Einwendungsfrist oder gar der Durchführung des Erörterungstermins zugewartet werden würde. Dass mit dem Genehmigungsantrag gleichzeitig ein Antrag auf Zulassung vorzeitigen Beginns eingereicht worden war, war im Übrigen den ausgelegten Unterlagen zu entnehmen.
Hiervon abgesehen sind mögliche Einwände von Teilen der betroffenen Öffentlichkeit nur ein Aspekt der Beurteilungsgrundlage. Da der Antragsgegner vor Erlass des hier angegriffenen Bescheides eine umfangreiche Trägerbeteiligung durchgeführt und die Zuarbeit seiner Fachabteilungen eingeholt hat, die jeweils zum Ergebnis hatte, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfüllt seien, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass er über die Zulassung des vorzeitigen Errichtungsbeginns vor Ablauf der Einwendungsfrist entschieden hat. Entsprechendes gilt erst recht mit Blick auf den für den 18. März 2020 angesetzten Erörterungstermin.
Das Vorbringen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren rechtfertigt auch nicht die Annahme, die Genehmigungsprognose des Antragsgegners beruhe auf einer defizitären Beurteilungsgrundlage, weil keine ausreichenden naturschutzfachlichen Gutachten vorgelegen hätten. So habe eine ausreichende Erfassung der relevanten Daten schon deshalb nicht stattfinden können, weil die Begutachtung im Winter und somit zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden sei, in welchen die Bestandteile von Fauna und Flora nicht in dem für die Bewertung wesentlichen Ausmaß hätten ermittelt werden können. Dies trifft nicht zu.
Ausweislich der vom Antragsgegner bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingereichten Antragsunterlagen der Beigeladenen enthält der Antrag eine – im Übrigen auch im Internet veröffentlichte – Umweltverträglichkeitsprüfung mit integriertem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag. Diesem Fachbeitrag liegt ein methodisches Vorgehen „worst-case“ zugrunde. Die zu rodende Fläche sei Anfang Dezember 2019 in näher bezeichnetem Umfang begangen worden, um abzuschätzen, welche artenschutzrechtlich relevanten Arten dort in welchen Populationsgrößen siedelten. Da es sich aus jahreszeitlichen Gründen nur um eine Einschätzung hätte handeln können, sei im Zweifelsfall das „worst-case-Szenario“ herangezogen worden. So wurde durch verschiedene, im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag im Einzelnen genannte Methoden überprüft, ob bestimmte Vogelarten sowie Pflanzen- und Tierarten im relevanten Vorhabenbereich möglicherweise vorkommen. Zudem wurden Lebensraumstrukturen wie Baumhöhlen, Großvogelnester oder Reptilienhabitate kartiert, es erfolgte eine Datenabfrage bei Naturschutzbehörden und ehrenamtlichen Naturschützern und wurden weitere Maßnahmen vorgenommen. Auf dieser Grundlage erfolgten dann die einzelnen naturschutzfachlichen Prüfungen. Dieses methodische Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Durch das im artenschutzfachlichen Fachbeitrag im Einzelnen beschriebene Vorgehen erscheint es gewährleistet, dass sämtliche relevante Arten bei der naturschutzfachlichen Bewertung berücksichtigt wurden. Auf dieser Grundlage wurden dann auch die verschiedenen Vermeidungs- und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen beschrieben.
2.2. Die vom Antragsgegner getroffene Prognose, dass die Genehmigungsvoraussetzungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen, unterliegt aus den mit den Beschwerden angeführten Gründen keinen durchgreifenden Zweifeln.
2.2.1. In diesem Zusammenhang trägt der Antragsteller zu 2 vor, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen habe, der Schutz unstreitig vorhandener Reptilien wie Zauneidechsen und Schlingnattern sei durch Maßnahmen des Antragsgegners gesichert. Tatsache sei, dass die Rodung ohne jedwede Rücksicht auf vorhandene Reptilien in diesem Bereich, insbesondere auch der Schlingnatter, die sich im gesamten Waldbereich aufhalte, vorgenommen werde. Dadurch würden diese streng geschützten Arten vernichtet. Dabei verkennt der Antragsteller zu 2, dass ausweislich des artenschutzrechtlichen Fachbeitrages flächendeckend potentielle Habitate für Reptilien (Zauneidechsen und Schlingnattern) erfasst und nach deren Eignung als Lebensstätte bewertet wurden. Sodann enthält der Fachbeitrag die Festlegung von Tabuzonen (Reptilien). Hiermit setzt sich der Antragsteller zu 2, der mit Schriftsatz vom 19. Februar 2020 selbst auf den UVP-Bericht sowie den bezeichneten artenschutzrechtlichen Fachbeitrag verweist, nicht auseinander.
2.2.2. Soweit der Antragsteller zu 1. mit Schriftsatz vom 19. Februar 2020 erstmals einzelne Feststellungen bzw. Vermeidungs- und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 16. Dezember 2019 des UVP-Berichts beanstandet, vermag der Senat daraus keine durchschlagenden Bedenken dagegen abzuleiten, die es rechtfertigen würden, die dortigen Feststellungen und Maßnahmen nicht im Rahmen des angegriffenen Bescheids zu verwerten und den dortigen naturschutzrechtlichen Auflagen zugrunde zu legen.
Hinsichtlich der Rüge, der Feldsperling sei bei der Ermittlung des Artenspektrums der im Rodungsgebiet vorkommenden Vogelarten zu Unrecht als „Offenlandart“ ausgeschlossen worden (s. Tabelle 1 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags), wird schon nicht dargelegt, warum diese Annahme angesichts der vorliegend nur in Rede stehenden Rodung von Waldflächen unzutreffend bzw. im Allgemeinen naturschutzfachlich unvertretbar ist.
Auch hinsichtlich der Annahme, der Ortolan, der Rothalstaucher, die Schafstelze, die Uferschwalbe, die Wachtel und die Wasserralle seien „fälschlich aus Verbreitungsgründen als Brutvogel (BV) ausgeschlossen“ worden, fehlt es schon an Darlegungen, warum diese Vogelarten in den streitgegenständlichen Waldgebieten als Brutvögel auftreten sollten. Zwar zählt der mitteleuropäische Raum zum Verbreitungsgebiet der genannten Vögel, allerdings handelt es sich hierbei um Vogelarten, deren Lebensraum nicht geschlossene Waldflächen sind, wie sie hier in Rede stehen, bzw. die sich im Bereich von Gewässern aufhalten, die weder im Rodungsbereich noch unmittelbar angrenzend existieren.
Letzteres erklärt auch, warum die Existenz der Teichfledermaus in der Tabelle 2 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags verneint wird.
Dass die Nordfledermaus „in einem Winterquartier im Südosten von Berlin nachgewiesen“ wurde (so der Antragsteller zu 1), lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass diese Fledermausart auch in den streitgegenständlichen Waldflächen vorkommt. Denn auch die Nordfledermaus hat ihren Lebensraum im Bereich von Feuchtgebieten und an Gewässern (vergleiche Wikipedia).
Soweit beanstandet wird, die Zahl der Bäume, welche als für höhlenbrütende Vögel und baumbewohnende Fledermäuse gleichermaßen geeignet angesehen worden seien, stimmten exakt überein, was Zweifel an der Kartierungsmethode oder an der Kompetenz der Kartierer aufwerfe, Vögel brüteten z.B. nicht unter herabhängender Rinde, Mopsfledermäuse hingegen schon, verkennt Antragsteller zu 1, dass in der Habitatstruktur-Kartierung nur die Existenz von allgemein potentiellen Quartierbäumen, untergliedert in Höhlenbäume, Bäume mit Höhlen und Spalten, Bäume mit Spalten und Bäume mit Rindenablösung, festgestellt worden ist, ohne dass hierbei von Bedeutung war, ob hierin Vögel oder Fledermäuse Unterkunft finden können.
Die Rüge des Antragstellers zu 1, die vorgeschlagenen Kompensationsmaßnahmen wären zu beanstanden, wenn zu diesem Zweck beispielsweise Waldflächen entwaldet würden, um Ersatzflächen für Reptilien zu schaffen, wird nicht näher begründet. Soweit damit gerügt werden soll, die Entwaldung würde zum Lebensraumverlust für andere Arten, etwa dort lebende Vögel führen, ist schon nicht ersichtlich, dass dies vorliegend der Fall wäre. Dass die notwendigen Kompensationsmaßnahmen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag generell „ohne Details“ aufgelistet seien und auch der Vorschlag, für die Fledermäuse solle ein „Bunker“ als Ersatzfläche zur Verfügung gestellt werden, „nicht prüffähig“ sei - so der Antragsteller zu 1 weiter -, ist unerheblich. Denn im Fachbeitrag sind nur die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen zu benennen, ohne dass es der Festlegung der dafür benötigten Flächen bedarf.
Soweit schließlich gerügt wird, das Vorkommen der Schlingnatter sei in den Antragsunterlagen nicht berücksichtigt, rechtfertigt auch das keine andere Beurteilung. Denn im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag des UVP-Berichts wird in Tabelle 2 über das potentielle Vorkommen von FFH-Anhag IV-Arten unter „Reptilien“ ausdrücklich auch die Schlingnatter aufgeführt und unter Ziffer 7.4 Reptilien dargelegt, dass die in der Abbildung 6 genannten Potentialflächen für Reptilien „ein gewisses Potential als Lebensraum für Schlingnattern/Glattnattern“ bieten. Dementsprechend sind in Tabelle 4 Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen für Reptilien vorgesehen, solche finden sich - mag die Schlingnatter dort auch nicht ausdrücklich aufgeführt werden - auch unter den Inhalts- und Nebenbestimmungen des angegriffenen Bescheids unter Ziffer 4.2 und 4.3.
2.2.3. Ferner beruft sich der Antragsteller zu 2 auf ein - in Kopie vorgelegtes - Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 22. Januar 2020 zum Geschäftszeichen VG 1 K 6019/18.GI (UA S. 29 ff.), wonach § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG, der Ausnahmen von den Verboten des § 44 BNatSchG im Einzelfall „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art“ zulässt, im Bereich des Vogelschutzes nicht mit den vorrangigen Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie (VRL) vereinbar und deshalb unwirksam sei, da die in Art. 9 Abs. 1 VRL geregelten Ausnahmetatbestände abschließend seien und keinen mit § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG übereinstimmenden Ausnahmetatbestand kennen würden. Vorliegend ist dies zwar deshalb von Bedeutung, weil die Erteilung einer Ausnahme von den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG für sieben dort genannte Vogelarten im angegriffenen Bescheid des Antragsgegners in der Fassung vom 14. Februar 2020 (dort zu I.2) auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG gestützt ist. Allerdings wird die vom Verwaltungsgericht Gießen vertretene Rechtsauffassung insbesondere mit Blick auf die Vermeidung von Wertungswidersprüchen, die sich aus der vom EuGH gebilligten Durchbrechung der Verbote der Vogelschutzrichtlinie beispielsweise für Freizeitaktivitäten wie die Ausübung der Jagd ergäben, nach überwiegender Ansicht - und nach Auffassung des Senats mit guten Gründen - in Frage gestellt und eine Gleichstellung der Ausnahmemöglichkeiten der FFH-Richtlinie und der VRL bzw. die Anreicherung des Art. 9 Abs. 1 VRL um ein ungeschriebenes weiteres Tatbestandsmerkmal vorschlagen (vgl. nur Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, Kommentar, 2. Auflage, § 45 Rz. 32 f. m.w.N.).
2.2.4. Zudem macht der Antragsteller zu 2 geltend, dass das Gericht erster Instanz fehlerhaft davon ausgehe, die Problematik des Schutzes des Trinkwassers und der Trinkwasserversorgung sowie des Wasserhaushalts und der Abwasserbehandlung sei gesichert. Er beruft sich dazu auf seinen bisherigen Vortrag. Damit kann der Antragsteller zu 2 schon deshalb nicht durchdringen, weil er sich wie bereits eingangs dargelegt, nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu diesen Aspekten (Entscheidungsabdruck S. 6) auseinandersetzt.
2.2.5. Zudem weist der Antragsteller zu 1 darauf hin, dass im Hinblick auf den Wasserbedarf des Projekts der Beigeladenen noch erhebliche Probleme zu bewältigen seien, deren Lösbarkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinesfalls festzustellen sei.
Damit dringt er nicht durch. Der Senat geht bei der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Prognoseentscheidung des Antragsgegners davon aus, dass dieser zutreffend von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Wasserversorgung ausgehen durfte.
In diesem Zusammenhang trägt der Antragsteller zu 1 vor, dass er anhand der ihm vorliegenden Unterlagen die Aussage des Antragsgegners nicht nachvollziehen könne, dass der von der Beigeladenen angemeldete Wasserbedarf befriedigt und die von dieser benötigten Mengen bereitgestellt werden könnten. Demgegenüber lässt sich dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners, der Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist, entnehmen, dass der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) die erforderlichen technischen und rechtlichen Anforderungen für lösbar halte. Voraussetzung sei, dass unter anderem noch bestimmte Erlaubnisse und Genehmigungen erteilt werden (Stellungnahme WSE vom 5. Februar 2020). Der Stellungnahme der oberen Wasserbehörde vom 13. Februar 2020 zu den vorhandenen Wasserkapazitäten des WSE lässt sich unter anderem der Genehmigungsstand der verschiedenen Anträge des WSE auf Erhöhung der Wasserentnahme entnehmen. Dass bestimmte Anträge von vornherein nicht positiv beschieden werden könnten, folgt daraus nicht.
Ferner beruft sich der Antragsteller zu 1 darauf, dass weitere Wasserentnahmen der Wasserversorger sich negativ auf die Gewässer und das Grundwasser auswirken könnten. Das auf der geplanten Baufläche befindliche Wasserschutzgebiet enthalte Verbote zur Anlage von Brunnen. Zudem könnte die geplante Grundwasserentnahme starken Einfluss auf umliegende geschützte Lebensräume haben, die stark von der Wasserverfügbarkeit abhingen. Diese nicht näher konkretisierten Einwände können mit Blick auf die eben beschriebene Erklärung des WSE und der Stellungnahme der oberen Wasserbehörde nicht durchgreifen.
Auch soweit sich der Antragsteller zu 1 auf eine Wasserscheide zwischen Löcknitz und Spree beruft, ergibt sich aus diesem Vortrag gerade nicht, dass eine Genehmigungsfähigkeit hinsichtlich des in Rede stehenden Vorhabens von vornherein ausschiede.
Schließlich kann der Antragsteller zu 1 die Prognose des Antragsgegners auch nicht hinsichtlich der Abwasserbeseitigung erschüttern. Insoweit wird auf die im Verwaltungsvorgang enthaltene Stellungnahme der unteren Wasserbehörde des Landkreises Oder-Spree vom 11. Februar 2020 verwiesen, wonach aus abwassertechnischer Sicht davon ausgegangen werden könne, dass die von der Beigeladenen gleichzeitig mit der Genehmigung beantragte Indirekteinleitung genehmigungsfähig sei. Zudem lässt sich der Stellungnahme des WSE vom 5. Februar 2020 entnehmen, welche Aspekte bei der Schmutzwasserbeseitigung – die damit grundsätzlich nicht infrage gestellt wird – zu berücksichtigen seien.
2.3. Das Verwaltungsgericht hat zudem ein hinreichendes öffentliches Interesse und auch ein berechtigtes Interesse der Beigeladenen am vorzeitigen Beginn angenommen, § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Der Antragsteller zu 2 trägt dagegen vor, dass in der Kürze der Zeit kein berechtigtes Interesse der Beigeladenen an dem vorzeitigen Beginn bestehe. Der Antragsteller zu 1 meint, dass die Voraussetzung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht vorlägen, da weder der Antragsgegner noch die Beigeladene tragfähige Gründe dafür geltend gemacht hätten, dass mit einer Entscheidung über die Freigabe der Rodung nicht es zu einer Prüfung der Einwendungen gegen die Antragsunterlagen abgewartet werden könne.
Diese Erwägungen greifen nicht durch. Unter Zugrundelegung des Prüfungsmaßstabes im Eilverfahren besteht jedenfalls ein öffentliches Interesse an dem vorzeitigen Beginn. § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG bezieht sich auf ein Interesse gerade an dem vorzeitigen Beginn der Errichtung. Für ein öffentliches Interesse im Sinne von § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist daher erforderlich, dass das öffentliche Interesse an dem mit der vorzeitigen Zulassung verbundenen Zeitgewinn besteht. Es muss dabei ein solches Gewicht haben, dass eine vollständige Durchführung des Genehmigungsverfahrens – an dem aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit gleichfalls ein öffentliches Interesse besteht – nicht abgewartet zu werden braucht (Mann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 90. EL Juni 2019, § 8a BImSchG, Rn. 62). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Das von der Beigeladenen geplante Vorhaben weist eine herausragende Bedeutung für den Wirtschaftsstandort der betreffenden Region und des gesamten Landes Brandenburg gerade auch mit Blick auf die zu erwartende Schaffung einer hohen Anzahl von Arbeitsplätzen auf. Der Antragsgegner hat dazu im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Arbeitslosenquote im betroffenen Landkreis 2018 über dem Durchschnitt des Landes Brandenburg und deutlich über dem gesamtdeutschen Durchschnitt gelegen habe. Überdies weise der Landkreis einen ungleich größeren Bevölkerungsrückgang auf, als dies in Brandenburg insgesamt der Fall sei. Es sei davon auszugehen, dass mit der Ansiedlung eine Trendwende in der Bevölkerungsentwicklung zu erreichen wäre. Mit der zu erwartenden deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Region würden zahlreiche neue Arbeitsplätze vor Ort geschaffen und es steige damit der Anreiz für einen Zuzug insbesondere junger Menschen, womit der demographische Wandel verlangsamt und die Bevölkerungszahl steigen würde. Zudem sei davon auszugehen, dass die Ansiedlung zur Stärkung der Innovationskraft in Brandenburg beitragen werde. Das Vorhaben werde zahlreiche Synergie-Effekte mit lokalen Industrien ermöglichen sowie den Zuzug weiterer Industrien fördern.
Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ermöglicht Rodungsmaßnahmen bis Ende Februar 2020, deren Durchführung für die zügige Realisierung des Vorhabens von Bedeutung ist. So geht der Antragsgegner davon aus, dass durch die frühzeitige Rodung der Waldfläche die Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 2021 ermöglicht werden könne. Wie die Beigeladene ausführt, sei es „kein Geheimnis“, dass sie die Realisierung des Vorhabens stets an einen strikten Zeitplan geknüpft und davon auch dessen Umsetzung abhängig gemacht habe. Damit dient das Bemühen des Antragsgegners, eine zügige Realisierung des Vorhabens zu ermöglichen, nicht lediglich dem Interesse der Beigeladenen, die Anlage frühestmöglich in Betrieb zu nehmen, sondern gleichzeitig dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Projekts. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist dabei anzuerkennen, dass der Faktor Zeit bei der vorliegenden Dimension des Vorhabens und seiner Strahlwirkung auf weitere Vorhaben in der Region ein entscheidender Faktor ist, der das bezeichnete öffentliches Interesse im Sinne von § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG begründet. Vor diesem Hintergrund kann der Erwägung der Antragsteller, dass die Beigeladene erst am 19. Dezember 2020 den Genehmigungsantrag gestellt habe, keine Bedeutung zukommen.
Ob zudem auch ein berechtigtes Interesse der Beigeladenen gerade an dem vorzeitigen Beginn der Errichtung zu bejahen ist, kann nach alledem dahinstehen, weil der Gesetzeswortlaut Tatbestandsvoraussetzungen des öffentlichen Interesses und des berechtigten Interesses des Vorhabenträgers an dem vorzeitigen Beginn in ein Alternativverhältnis stellt.
2.4. Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend auch die Voraussetzungen des § 8a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG bejaht. Danach ist Voraussetzung, dass die Beigeladene sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wieder herzustellen. Diesen Anforderungen wird der zwischen der Beigeladenen und dem Antragsgegner geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag aus den zum Begriff des Beginns der Errichtung bereits dargelegten Gründen gerecht.
3. Unabhängig davon, dass sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig darstellt, führt die nach § 80 Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung auch im Übrigen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung. Das in den obigen Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG im Einzelnen beschriebene öffentliche Interesse an der mit dem Projekt verbundenen Stärkung des Wirtschaftsstandortes und insbesondere der Schaffung einer Vielzahl von Arbeitsplätzen wiegt schwer. Das Interesse der Antragsteller, den Wald nicht vor der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Rodung zu überlassen, muss dahinter zurückstehen. Dabei ist in die Abwägung mit einzustellen, dass mit der Beseitigung des Waldes aufgrund der bauplanungsrechtlichen Ausweisung der Fläche als Industriegebiet ohnehin zu rechnen war, dass es sich um einen Wirtschaftswald handelt, dass der Landkreis im Übrigen über einen verhältnismäßig hohen Waldanteil verfügt und dass die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen, wenngleich mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, zur Entstehung von Waldflächen mit höherer naturfachlicher Wertigkeit führen werden. Das ergibt sich schon daraus, dass die Verpflichtung zur Wiederbewaldung einen Anteil von 30 % Laubbäumen beinhaltet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).