Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 24.10.2012 | |
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Aktenzeichen | 6 W 138/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 20.6.2012 – 14 O 443/02 – teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 14.7.2011 - VII ZR 113/10 - sind von dem Beklagten Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens in Höhe von
472,40 €
(in Buchstaben: vierhundertzweiundsiebzig und 40/100 EUR)
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 18.8.2011 an die Klägerin zu erstatten.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Beklagte 39 % und die Klägerin 61 %. Der Beklagte trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens allein. Die Gebühr gemäß Nr. 1812 KV GKG wird auf die Hälfte ermäßigt.
I.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 24.5.2006 der Klage der Klägerin teilweise stattgegeben und die weitergehende Klage wie auch die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 10.6.2010 auf die Berufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zurückgewiesen und ihm die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auferlegt.
Das Landgericht hat durch Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 20.6.2012 die von dem Beklagten an Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.226,40 € festgesetzt. Dabei hat es eine 0,8-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3403 VV RVG wegen der Tätigkeit von deren erst- und zweitinstanzlichen anwaltlichen Bevollmächtigten in Form einer Zustimmung zum Fristverlängerungsantrag des Beklagten für erstattungsfähig gehalten.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 9.7.2012 zugestellt worden ist, wendet sich der Beklagte mit seiner am 23.7.2012 beim Beschwerdegericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er geltend macht, die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten seien nicht erstattungsfähig. Eine sinnvolle, über eine zum zweiten Rechtszug gehörende hinausgehende Tätigkeit sei nicht ersichtlich.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für den Beklagten 1.226,40 € und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 €.
Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
Die Zustimmung der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zum Fristverlängerungsantrag des Beklagten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist keine Tätigkeit, die mit den im Berufungsverfahren entstandenen Gebühren mit abgegolten ist. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG gehören zu den Abwicklungstätigkeiten, die zum vorhergehenden Rechtszug gehören, insbesondere die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses usw.. In dieser Vorschrift ist die Stellungnahme zu einem Fristverlängerungsantrag des Rechtsmittelführers nicht als Abwicklungstätigkeit aufgeführt, für die keine gesonderte Vergütung zu zahlen wäre.
Allerdings steht den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als bei dem Bundesgerichtshof nicht zugelassenen Rechtsanwälten eine Verfahrensgebühr aus Nr. 3506 VV RVG nicht zu. Den Auftrag seines Mandanten, für ihn die Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Revisionsgericht einzulegen und zu führen, kann der bei dem Bundesgerichtshof nicht zugelassene Rechtsanwalt nicht erledigen, da er weder eine wirksame Rechtsbeschwerdeschrift nach § 544 Abs. 1 ZPO noch die vorgeschriebene Begründung nach § 544 Abs. 2 ZPO einreichen kann. Das Gleiche gilt für den Auftrag des Mandanten, ihn gegen die von dem Gegner eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zu verteidigen. Der Zwang aus § 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO, sich in dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof durch einen bei diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, gilt sowohl für den Beschwerdeführer als auch für den Beschwerdegegner. Die Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vorzulegen. Der nicht postulationsfähige Rechtsanwalt kann daher einen umfassenden Verfahrensauftrag seines Mandanten, dessen Interessen in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegenüber Gericht und Gegner wahrzunehmen, nicht ausführen (BGH, Beschluss vom 1.2.2007, V ZB 110/06, NJW 2007, 1461, zitiert nach Juris). Eine Gebühr nach Nr. 3506 VV RVG hat die Klägerin auch nicht zur Festsetzung angemeldet. Ihr Festsetzungsantrag vom 15.8.2011 bezieht sich auf eine 0,8-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3403 VV RVG.
Zwar kann grundsätzlich auch in der Person eines vor dem Bundesgerichtshof nicht postulationsfähigen Rechtsanwalts eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG entstehen, wenn er im Auftrag seines Mandanten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Einzeltätigkeiten ausführt (BGH, Beschluss vom 1.2.2007, V ZB 110/06, NJW 2007, 1461, zitiert nach Juris). Derartige Einzeltätigkeiten sind jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Entscheidung des BGH vom 4.5.2006 (III ZB 120/05, NJW 2006, 2266, zitiert nach Juris) stützen. In dem dort entschiedenen Fall hat der BGH die Erstattungsfähigkeit einer 0,8-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3403 VV RVG für Tätigkeiten eines nicht postulationsfähigen Anwalts bejaht, weil dieser als anwaltlicher Vertreter des Beklagten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aufgrund der besonderen prozessualen Situation im dortigen Verfahren nach außen hin erkennbare Tätigkeiten entfaltet hatte, um das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu beenden. So hatte er beim BGH prozessuale Anträge auf eine Verfahrensabtrennung gestellt und mit den anwaltlichen Vertretern des Nichtzulassungsbeschwerdeführers korrespondiert. Außerdem war durch eine eidesstattliche Versicherung die Auftragserteilung glaubhaft gemacht.
Daran fehlt es hier. Bis auf eine Zustimmung zu einem Fristverlängerungsantrag ist eine Tätigkeit der Klägervertreter im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aus den Akten nicht ersichtlich.
Die Klägerin hat trotz Bestreitens des Beklagten nicht gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihre zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eine Prüfung vorgenommen hätten, ob ein BGH-Anwalt im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eingeschaltet werden solle oder nicht. Eine Glaubhaftmachung ist auch nicht auf eine unter Fristsetzung erfolgte Auflage des Beschwerdegerichts hin erfolgt.
Nachgewiesen ist damit allein die Erteilung der Zustimmung zur Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde. Diese Tätigkeit rechtfertigt die Festsetzung einer 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG jedoch nicht. Es kommt nur eine Festsetzung einer 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3404 VV RVG in Betracht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.4.2000, 6 W 45/00, OLGR 2000, 203, zitiert nach Juris). Hier haben die Klägervertreter zwar nicht einmal selbst ein einfaches Schreiben verfasst, allerdings haben die BGH-Anwälte des Beklagten deren Zustimmung zur Fristverlängerung durch ein einfaches Schreiben dem Bundesgerichtshof mitgeteilt, indem sie "im versicherten gegnerischen Einverständnis" beantragt haben, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ein weiteres Mal zu verlängern. Dies reicht zur Entstehung der Gebühr gemäß Nr. 3404 aus. Es wäre bloße Förmelei, wollte man die Entstehung der Gebühr davon abhängig machen, dass eine mündliche Zusage, die der Gegner bereits in einem einfachen Schreiben wahrheitsgemäß mitgeteilt hat, vom anwaltlichen Vertreter noch einmal selbst in ein einfaches Schreiben aufgenommen wird. Dass die Klägervertreter diese Zustimmung tatsächlich erteilt haben, ergibt sich aus dem an sie gerichteten Schreiben der BGH-Anwälte des Beklagten vom 15.10.2010, mit denen diese sich für die Zustimmung zur Fristverlängerung bedankt haben.
Nicht berücksichtigungsfähig ist die mit Schriftsatz vom 27.3.2012 von der Klägerin hilfsweise angemeldete 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3504 VV RVG. Diese Vorschrift gilt nur für das Berufungsverfahren.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Gerichtskosten trägt der Beklagte, weil sie allein durch sein teilweise erfolgloses Rechtsmittel verursacht worden sind, vgl. Nr. 1812 KV GKG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes unterbleibt, weil sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert berechnen, vgl. § 63 Abs. 1 GKG. Im Beschwerdeverfahren wird eine Festgebühr erhoben, wenn die Beschwerde erfolglos bleibt, Nr. 1812 KV GKG, anderenfalls entstehen keine Gerichtsgebühren.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.