Gericht | VG Frankfurt (Oder) 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 28.03.2012 | |
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Aktenzeichen | 6 K 76/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes der Brandenburgischen Polizei am xxx. November 2007 in ihrer Wohnung in xxx. Im Einzelnen rügt sie, dass die Brandenburgischen Polizeibeamten sich ohne Vorliegen eines Durchsuchungsbefehls trotz ihres entgegen stehenden Willens Zutritt zur Wohnung verschafft hätten und zwar unter der Androhung, ansonsten die Tür einzutreten; sich, nachdem sie sich auf diese Weise Zutritt verschafft hätten, trotz mehrfacher Aufforderung geweigert hätten, ihre Wohnung zu verlassen und die Tochter xxx, ohne erkennbare Gefahrenlage, die dieses Handeln hätte rechtfertigen können, gegen ihren Willen aus dem Hochbett im Kinderzimmer gezerrt und das weinende und schreiende Kind in das Polizeiauto getragen und fortgebracht hätten.
Die Klägerin war von 199xxx bis April 200xxx mit dem Vater ihrer am xxx geborenen Tochter xxx verheiratet. Im Sorgerechtsverfahren übertrug das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 2. Oktober 2007 (xxx) dem Vater das alleinige Sorgerecht. xxx hielt sich seit dem 9. Oktober 2007 im Haushalt des Vaters, xxx, auf.
Am späten Nachmittag des xxx. November 2007 gelangte xxx in die ca. 2 km entfernt liegende Wohnung der Klägerin. Die Lebensgefährtin des Vaters meldete xxx um 18:05 Uhr bei der Polizeiwache xxx als vermisst, informierte über den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, und teilte mit, ihr sei in unmittelbarer Nähe zur Wohnung des Kindesvaters ein schwarzer 3-er BMW Kombi mit dem „Teilkennzeichen F.-?“ aufgefallen, welcher vermutlich der mit der Klägerin befreundeten, xxx wohnhaften Familie xxx gehörte. Ausweislich des vorliegenden Einsatzberichtes vom xxx. November 2007 erhielten die Beamten Polizeioberkommissarin (POKin) xxx und der Polizeikommissar PK (PK) xxx um 19.24 Uhr vor dem Hintergrund der „eingegangenen Vermisstenmeldung“ den Auftrag in die xxx zu fahren. Bei ihrem dortigen Eintreffen um 19:30 Uhr konnten sie den fraglichen Pkw nicht feststellen. Der gleichzeitig dort eingetroffene Kindesvater erhielt im Beisein der Beamten einen Anruf der Klägerin, mit dem diese ihn über das Eintreffen von xxx in ihrer Wohnung informierte und mitteilte, diese sei „ohne Schuhe und völlig aufgelöst allein“ bei ihr angekommen.
Die Beamten begaben sich daraufhin zur Wohnanschrift der Klägerin und stellten dort nach ihrem Eintreffen um 19.35 Uhr unter anderem den parkenden schwarzen 3-er BMW Kombi mit dem Kennzeichen xxx der Frau xxx fest. Dessen Motor war nach ihren Feststellungen nicht mehr handwarm. Nachdem sie mehrfach geklingelt und sich als Polizisten kenntlich gemacht hatten, gelangten die beiden Beamten in die im Hochparterre eines Mehrfamilienhauses belegene Wohnung der Klägerin. Dort befanden sich zu diesem Zeitpunkt neben der Klägerin deren Eltern, Herr und Frau xxx, sowie Frau xxx, Frau xxx und Frau xxx. xxx und die gleichaltrige Freundin xxx sowie deren Schwester xxx hielten sich auf dem Hochbett im Kinderzimmer auf. Ausweislich des Einsatzberichts bestätigte die Klägerin die Anwesenheit ihrer Tochter und versuchte im Verlauf des ersten Gesprächs auf Anraten ihres Prozessbevollmächtigten, mit dem sie mehrfach telefonierte, eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen und bei den beschuldigten Beamten zu erstatten. Die näheren Umstände des Zutritts dieser Beamten zur Wohnung der Klägerin sowie die dortigen Gegebenheiten sind von der Klägerin und den weiter mit ihr anwesenden Personen in einer an das zuständige Familiengericht adressierten eidesstattlichen Versicherung vom xxx. November 2007 und von den Beamten im Einsatzbericht bzw. im Aktenvermerk jeweils vom xxx. November 2007 dargestellt worden. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Blatt 9 bis 11 der Gerichtsakte und Blatt 3 bis 10 des Verwaltungsvorganges verwiesen.
Im weiteren Verlauf - nach ihren Angaben zwischen 19:30 Uhr und 20:00 Uhr – trafen zwei Beamte des Abschnitts 66 der Berliner Polizei bei der Wohnung der Klägerin ein. Diesen wurde der Zutritt in die Wohnung der Klägerin nicht gewährt. Als PK xxx die Wohnung der Klägerin verließ, um sich zu den Berliner Beamten zu begeben, schloss der Vater der Klägerin, Herr xxx, die Wohnung von innen ab. Die POKin xxx befand sich weiter in der Wohnung und verlangte, die Tür zu öffnen. Die sich außerhalb der Wohnung befindenden Beamten verlangten erneut und mehrfach die Öffnung der Tür und drohten an, diese ansonsten einzutreten. Nachdem einer der Berliner Beamten begonnen hatte, gegen die Tür zu treten, wurde diese von innen geöffnet und die drei Beamten gelangten in die Wohnung.
Im weiteren Verlauf (nach ihren Angaben gegen 20:00 Uhr bzw. gegen 20:15 Uhr) trafen die zuständige Sachbearbeiterin des Jugendamtes xxx, Frau xxx, sowie POKin xxx und KKin xxx von der Polizeiwache xxx in der Wohnung der Klägerin ein. Sie befragten dort xxx sowie xxx und xxx, die sich während der gesamten Abends auf dem Hochbett im an das Wohnzimmer angrenzenden Kinderzimmer befanden. Wegen der Einzelheiten der Befragung wird auf den diesbezüglichen Aktenvermerk vom xxx. November 2007 (Blatt 11 bis 13 des Verwaltungsvorganges) verwiesen. Nach ihren Angaben entschied Frau xxx gegen 21:30 Uhr bis 22:00 Uhr, xxx in Obhut des Jugendamtes zu nehmen. Nachdem von Seiten der Polizei und Frau xxx erfolglos versucht worden war, xxx zum freiwilligen Verlassen des Hochbettes und der Wohnung bzw. die anwesenden Erwachsenen zur diesbezüglichen Einwirkung auf xxx zu bewegen, wurde xxx gegen 24:00 Uhr von zwei Beamten der Berliner Polizei vom Hochbett gezogen und aus der Wohnung getragen. Sie wurde zunächst in ein Kinderheim verbracht und lebt seit dem xxx. Dezember 2007 wieder im Haushalt der Klägerin.
Ausweislich des vorliegenden Verwaltungsvorganges wurde von Beamten des Abschnitts xxx der Berliner Polizei am xxx. November 2007 eine Strafanzeige gegen den Vater der Klägerin wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Verbindung mit Nötigung aufgenommen. Nach dem dort aufgenommenen Sachverhalt waren diese beiden Beamten wegen der beabsichtigten Anzeige eines Hausfriedensbruchs zur Wohnung der Klägerin entsandt worden, auf diese Anzeige sei dann durch die Klägerin verzichtet worden. Am xxx. November 2007 wurde um 0:43 Uhr Strafanzeige des Kindesvaters wegen Entziehung Minderjähriger - § 235 StGB - gegen den „Fahrer des BMW mit Kennzeichenfragment F.-“ aufgenommen. Der Ausgang dieses Strafverfahrens ist nicht mehr zu ermitteln.
Die Klägerin hat am xxx. November 2007 Feststellungsklage bei dem Verwaltungsgericht Potsdam erhoben. Das Verfahren ist am 7. Januar 2008 an das (bei Klageeingang) örtlich zuständige Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) verwiesen worden. Ebenfalls am xxx. November 2007 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen das Land Berlin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes der Berliner Polizei erhoben (Az.: 1 A 278.07).
Die Klägerin trägt vor, xxx sei, nachdem der Kindesvater sie am xxx. Oktober 2007 aus der Schule zu sich geholt habe, im väterlichen Haushalt bewacht und überwacht worden. Am xxx. November 2007 habe sie trotzdem entweichen können und sei ohne Schuhe und Jacke durch den gesamten Ort xxx zu ihrer Mutter nachhause gelaufen, wo sie kurz nach 18:00 Uhr eingetroffen sei. Sie, die Klägerin, habe dem Kindesvater gegen 19:30 Uhr mitgeteilt, dass xxx da sei, woraufhin dieser geäußert habe, er komme sie sofort holen. Kurz danach hätten zwei Polizisten geklingelt, die sofort Kindesentziehung unterstellt hätten. Ihr Prozessbevollmächtigter, mit dem sie im folgenden oft telefoniert habe, habe sie darüber informiert, dass sie ohne Gerichtsbeschluss niemandem öffnen müsse. Die Sorgerechtssache müsse vom Familiengericht geklärt werden. Dann hätten weitere Beamte an die Tür gedonnert und und angedroht diese einzutreten, wenn sie nicht geöffnet würde. Die Polizistin sei trotz ihrer Aufforderung die Wohnung zu verlassen, in derselben geblieben. Im weiteren Verlauf des Abends hätten sich bis zu 13 Polizeibeamte und Frau xxx in der Wohnung aufgehalten.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Brandenburgischen Beamten seien unzuständig gewesen und hätten ohne Rechtsgrundlage gehandelt, da weder eine Straftat noch eine objektive Gefahrenlage und auch keine Gefahr im Verzug vorgelegen habe und die Beamten die Erforderlichkeit einer gerichtlichen Herausgabeanordnung sowie im vorliegenden Fall einer Vollstreckungsanordnung missachtet hätten. Angesichts mehrfach eindeutiger Erklärung des Hausverweises und des verweigerten Verlassens hätten die Polizeibeamten Hausfriedensbruch nach § 123 StGB begangen. Auch die Voraussetzungen einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII hätten nicht vorgelegen, so dass auch die Amtshilfe für das Jugendamt rechtswidrig gewesen sei. Aus dem Vorbringen des Beklagten selbst ergebe sich, dass das Handeln der Polizeibeamten nicht von den erforderlichen Rechtsgrundlagen gedeckt gewesen sei.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 20. Februar 2012 zur Passivlegitimation trägt die Klägerin vor, dass zumindest in der „ersten Phase (Zutritt zu Privatwohnung verschaffen, drinbleiben)“, von einem ausschließlich Brandenburgischen Polizeieinsatz auszugehen sei. Es seien ausschließlich Brandenburgische Beamte gewesen, die Einlass begehrt und die gewaltsame Wohnungsöffnung angedroht hätten. Auch sei die Aufforderung der Klägerin die Wohnung zu verlassen, ausschließlich gegen Brandenburgische Beamte ergangen sowie die Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch ausdrücklich nur gegen diese gerichtet gewesen. Die Vermisstenanzeige sei „schon auf der Wache“ mit dem Anruf der Klägerin erledigt gewesen, für die Aufklärung zur Kindeswohlgefährdung sei das Betreten ihrer Wohnung nicht erforderlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Einsatz der Brandenburgischen Polizei vom xxx. November 2007 in ihrer Wohnung in der xxx rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Sachverhaltsdarstellungen der beteiligten Beamten, wonach nach dem Klingeln an der Gartentüre das Licht in der Wohnung der Klägerin gelöscht worden und erst, nachdem für die Klägerin erkennbar gewesen sei, das es sich um Polizeibeamte gehandelt habe, ein Fenster geöffnet worden sei. Weiter verweist er darauf, dass den Beamten zunächst der Zutritt in die Wohnung verwehrt und erst nach mehrmaligem Anfragen gestattet worden sei. Letztlich sei der Zutritt freiwillig gewährt worden. Da die anwesenden Personen alle durcheinander gesprochen hätten und die Klägerin mit ihrem Rechtsanwalt telefoniert habe, sei ein sachliches Gespräch nicht zu Stande gekommen. Ein Kontakt mit den vermissten Kind sei erst nach Eintreffen weiterer Unterstützungskräfte und der Vertreterin des Jugendamtes zustande gekommen. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Situation von den Beamten als äußerst merkwürdig eingeschätzt worden sei, da für alle Personen Papier und Stifte bereit gelegen habe, um die Aussagen der Beamten schriftlich festzuhalten. Teilweise sei die Maßnahme von seiten der Klägerin und ihrer Angehörigen videografiert worden.
Der Beklagte gibt an, für die Bearbeitung und Durchführung der angezeigten Vermisstensuche sei das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder), Schutzbereich Dahme-Spreewald zunächst nach § 75 Absatz 1 Brandenburgisches Polizeigesetz (BbgPolG – in der seinerzeit geltenden Fassung vom 19. März 1996 – GVBl. I, S. 74 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Mai 2007 – GVBl. I, S. 97 -) örtlich zuständig gewesen. Nachdem der Aufenthalt des vermissten Kindes bei der Kindesmutter in Berlin bekannt geworden sei, sei die dortige Polizei örtlich zuständig gewesen. Wegen der unmittelbaren Nähe zur Landesgrenze und weil davon ausgegangen worden sei, das die Beamten der Polizeiwache xxx zuerst am Einsatzort eintreffen würden, sei der Einsatz nicht abgebrochen worden. Die Beamten hätten sich nach dem Anruf der Klägerin beim Kindesvater davon überzeugen müssen, dass eine erhebliche Gefahr für das Kindeswohl nicht vorliege und weitere Handlungen nicht notwendig seien. Die Zuständigkeit bis zum Eintreffen der örtlich zuständigen Polizeivollzugsbeamten ergebe sich hierzu aus § 76 Abs. 1 i. V. m. § 77 Abs. 1 Nr. 3 BbgPolG. Danach seien die Beamten zur Unterstützung im Falle einer möglichen weiteren Eskalation vor Ort geblieben.
Zuletzt trägt der Beklagte vor, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Klägerin an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Mit dem Überschreiten der Landesgrenze hätten die Maßnahmen der Brandenburgischen Beamten – sowohl Gefahrenabwehr als auch Ermittlungen zu der angezeigten Kindesentziehung - als solche des Polizeipräsidenten in Berlin gegolten. Es stehe daher insgesamt ein Einsatz des Polizeipräsidenten in Berlin in Frage, der bereits Gegenstand des übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht Berlin gewesen sei.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 28. März 2012 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin POKin xxxl.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten, ferner auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie den Inhalt der Gerichtsakte 1 A 278.07 des Verwaltungsgerichts Berlin.
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Allerdings ist die Klage zulässig, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zutritts und Verbleibens der Brandenburgischen Beamten in der sogenannten „ersten Phase“ begehrt.
Sie ist insoweit statthaft als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), denn die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit von polizeilichen Maßnahmen, die bereits vor Klageerhebung erledigt waren.
Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich zwar nicht aus der vorgetragenen Wiederholungsgefahr. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt die konkrete absehbare Möglichkeit voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. August 2009 – OVG 1 N 68.09 -). Die Klägerin hat nicht ansatzweise vorgetragen, das diese Voraussetzungen erfüllt sein könnten. Allein der Umstand, dass ihr geschiedener Ehemann weiterhin allein sorgeberechtigt ist und sie nur bevollmächtigt hat, genügt gerade vor dem Hintergrund, dass xxx mit dessen Zustimmung seit über vier Jahren in ihrem Haushalt lebt, für die Annahme einer konkreten Wiederholungsgefahr nicht.
Das berechtigte Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen ergibt sich aus dem Gesichtspunkt eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs, da es sich bei den streitigen Maßnahmen nach dem Vorbringen der Klägerin um einen schwerwiegenden Eingriff in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG handelt und die Einordnung der Maßnahme als Durchsuchung im Sinne von Art 13 Abs. 2 GG zumindest möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. April 1993 – 2 BvR 817/90,2 BvR 728/92, 2 BvR 802/95, 2 BvR 1065/95 – NJW 1994, 3087; Gerhardt, in Schoch u. a., VwGO-Kommentar, Stand Juni 2011, § 113 Rn. 91).
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht ersichtlich, dass mit dem Abschluss des übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens 1 A 287.07 vor dem VG Berlin das Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren vollständig entfallen ist. Dies würde bereits voraussetzen, dass in diesem gegen das Land Berlin gerichteten Verfahren der gesamte Einsatz am xxx. November 2007, also auch soweit er allein von den Brandenburgischen Beamten durchgeführt wurde, Gegenstand war und nur dort zum Gegenstand gemacht werden konnte.
Dies erscheint auf Grund der nachfolgenden Erwägungen zumindest zweifelhaft: Unter welchen Voraussetzungen Polizeivollzugsbeamte des Landes Brandenburg im Zuständigkeitsbereich eines anderen Bundeslandes oder des Bundes tätig werden dürfen, ist in § 76 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG geregelt. Dabei kommt hier ersichtlich nur ein Tätigwerden in den Fällen des § 77 Abs. 1 BbgPolG in Betracht, das weiterhin voraussetzt, dass das jeweilige Landesrecht oder Bundesrecht dies vorsieht. Der Verweisung auf § 77 Abs. 1 BbgPolG wird, weil der Landesgesetzgeber keine Bestimmungen treffen kann, die in das Hoheitsrecht eines anderen Landes eingreifen kann, der Charakter einer beamtenrechtlichen Erlaubnis beigemessen, dass die Polizeiangehörigen von der durch das fremde Landesrecht eingeräumten Befugnis, dort Amtshandlungen vorzunehmen, Gebrauch machen dürfen (vgl. hierzu Knape/Kieworr, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht für Berlin, 9. Aufl. 2006, § 7 Anm. I.A., § 8 Anm III.A.). Das Recht, in Berlin Amtshandlungen vorzunehmen, ergibt sich für Polizeidienstkräfte eines anderen Landes oder des Bundes aus § 8 Abs. 1 Satz 1 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG). Werden Polizeidienstkräfte eines anderen Landes nach Abs. 1 der Vorschrift tätig, haben sie die gleichen Befugnisse wie die des Landes Berlin. Ihre Maßnahmen gelten als Maßnahmen des Polizeipräsidenten in Berlin; sie unterliegen insoweit dessen Weisungen, § 8 Abs. 2 ASOG (in Brandenburg entsprechend: § 77 Abs. 2 BbgPolG). Hieraus wird für die Fälle, in denen Polizeibeamte in einem anderen Bundesland tätig werden, um die dortigen Polizeikräfte zu unterstützen, gefolgert, dass nicht die – grundsätzlich zu verklagende – Anstellungskörperschaft passiv legitimiert ist, sondern dasjenige Bundesland, in dem der jeweilige Polizeibeamte tätig wird (Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, K 119). Entgegen der Auffassung des Beklagten erscheint nach Maßgabe dieser Bestimmungen aber nicht zwingend, dass allein räumlich anknüpfend an den Einsatzort in jedem Falle insgesamt das Bundesland, in dem die Amtshandlung vorgenommen wurde, passiv legitimiert ist. Für den Fall, dass Polizeibedienstete in fremdem Bereich auf Anforderung oder mit Zustimmung der zuständigen Behörden tätig werden - etwa in den Fällen der § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ASOG bzw. § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BbgPolG – ist dies folgerichtig (vgl. hierzu etwa OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 2. März 1995 – 1 U 23/94 -, zitiert nach juris dort Rn. 16). Werden Polizeibeamte dagegen auf eigene Initiative, gerade in den Fällen des § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BbgPolG, im fremden Bereich tätig, ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit ihres Tätigwerdens unter anderem, dass die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen nicht rechtzeitig treffen kann. Insoweit erscheint nicht einleuchtend, dass das Bundesland, in dessen Gebiet die landesfremde Polizei tätig wird, sich auch zurechnen lassen muss, ob auf die eigene Initiative handelnden Polizeikräfte zutreffend vom Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ausgegangen sind. Jedenfalls solange im Einzelfall keine Zustimmung erteilt und die Weisungsbefugnis faktisch nicht ausgeübt werden konnte, spricht Überwiegendes dafür, die im betreffenden Zeitraum ausgeübten Maßnahmen gegenüber der Anstellungskörperschaft zu überprüfen. Im vorliegenden Fall rügt die Klägerin zum einen ausdrücklich die fehlende Befugnis der Brandenburgischen Beamten. Zum anderen ist auch nach den Schilderungen des Verfahrensablaufs im allgemeinen durch den Beklagtenvertreter und im besonderen durch die Zeugin nicht davon auszugehen, dass die zuständigen Berliner Polizeibehörden in der Anfangsphase Einfluss auf das Handeln der Brandenburgischen Beamten hätten nehmen können. Der Beklagtenvertreter hat hierzu angegeben, es werde in der Regel über das bevorstehende Überschreiten der Landesgrenze informiert. Dabei handelt es sich aber um eine einseitige Information an die Leitstelle in Berlin. Ebenso hat die Zeugin angegeben, sich (nur) in ihrer Dienststelle rückversichert zu haben, bevor sie den Einsatz auf Berliner Landesgebiet fortgesetzt habe. Für den Zeitabschnitt bis zum Eintreffen der ersten Berliner Beamten, von denen POK xxx in der von der Klägerin ins hiesige Verfahren eingeführten Beweisaufnahme vor dem VG Berlin am 10. Oktober 2008 ausdrücklich angegeben hatte, er sei bis zum Eintreffen seines Wachleiters der ranghöchste anwesende Polizist gewesen, spricht demnach Überwiegendes für die selbständige Überprüfbarkeit der polizeilichen Maßnahmen gegenüber dem Beklagten. Allerdings stellt – worauf die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erneut hingewiesen worden sind – jedenfalls der Zeitpunkt, in dem die Berliner Polizei den Einsatz übernommen und die weitere Anwesenheit Brandenburgischer Beamter deren zumindest konkludente Zustimmung voraussetzte, die Zäsur für die selbständige Überprüfung von Maßnahmen Brandenburgischer Beamter dar.
Letztlich kann die Frage, ob Rechtsschutzbedürfnis und Passivlegitimation des Beklagten für die sogenannte erste Phase vorliegen, aber offen bleiben. Denn die Klage bleibt jedenfalls in der Sache ohne Erfolg. Der Zutritt der beiden Beamten xxx und xxx in die Wohnung der Klägerin und ihr dortiges Verbleiben gegen den Willen der Klägerin war nicht rechtswidrig.
Die Beamten waren sowohl nach Brandenburgischem als auch nach Berliner Landesrecht befugt, im Zuständigkeitsbereich des Landes Berlin zu handeln. Nach § 76 Abs. 1 BbgPolG dürfen Polizeivollzugsbeamte im Zuständigkeitsbereich eines anderen Landes u. a. in den Fällen des § 77 Abs. 1 dieses Gesetzes und nur dann tätig werden, wenn das jeweilige Landesrecht es vorsieht. § 8 Abs. 1 Satz 1 ASOG lässt unter den dort in Nummer 1 bis 5 beschriebenen Voraussetzungen u. a. Amtshandlungen von Polizeidienstkräften eines anderen Landes in Berlin zu. Die – im Wesentlichen gleichlautenden – Voraussetzungen der §§ 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 5 BbgPolG bzw., 8 Abs. Satz 1 Nr. 3, 5 ASOG lagen hier vor:
Die Vornahme von Amtshandlungen im Zuständigkeitsbereich des Landes Berlin ist für Brandenburger Polizeivollzugsbeamte u. a. erlaubt zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr, zur Verfolgung von Straftaten auf frischer Tat sowie zur Verfolgung und Wiederergreifung Entwichener, wenn die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen nicht rechtzeitig treffen kann (§ 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BbgPolG, entsprechend § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ASOG). Nach § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BbgPolG, entsprechend § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ASOG gilt die Erlaubnis auch zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und zur Gefahrenabwehr in den durch Verwaltungsabkommen mit anderen Ländern geregelten Fällen. Nach Art. 6 Abs. 1 des am 1. Mai 1996 in Kraft getretenen Verwaltungsabkommens zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die gegenseitige Unterstützung durch Polizeikräfte (Abl. 26/96, Seite 606) können, soweit die Mitwirkung der jeweils zuständigen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint, Polizeikräfte eines Landes im anderen Land unaufschiebbare Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen. Durch diese Vereinbarung wird die Regelung in § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 1. Alternative BbgPolG, entsprechend § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 1. Alternative ASOG erweitert und auf unaufschiebbare Maßnahmen zur Gefahrenabwehr schlechthin ausgedehnt (Knape/Kieworr, a.a.O., § 7 ASOG Anm. II A. 1b). Hier bestanden ausreichende Anhaltspunkte, die die maßgebliche Ex-ante-Prognose einer im Einsatzzeitpunkt fortbestehenden Gefahr trugen. Die durch die Vermisstenanzeige ausgelöste Fahndung, die ausweislich der im Verwaltungsvorgang vorhandenen Notierung zum Zwecke der „Ingewahrsamnahme“ erfolgte, war entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits durch ihren Anruf beim Kindesvater erledigt. Die Beamten durften und mussten sich davon überzeugen, dass xxx sich tatsächlich am angegebenen Ort befand. Vor dem Hintergrund der in der Vermisstenanzeige dargelegten Umstände, die den Verdacht auf eine Entführung trugen, durften sie sich vor allem auch davon überzeugen, ob der ggf. festgestellte Aufenthalt auch dem Willen des Kindes entsprach. Im Hinblick auf das Gewicht der betroffenen Rechtsgüter konnten sie auch rechtsfehlerfrei von der Unaufschiebbarkeit zu ergreifender Maßnahmen ausgehen. Zudem legte die räumliche Nähe zwischen der xxxstraße xxx und dem Wohnort der Klägerin in der Tat nahe, dass sie vor den Beamten der Berliner Polizei am Einsatzort eintreffen würden.
Von der erforderlichen Unterrichtung des Polizeipräsidenten von Berlin (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BbgPolG, § 8 Abs. 1 Satz 2 ASOG) ist hier angesichts der vom Beklagtenvertreter in den mündlichen Verhandlung geschilderten üblichen Verfahrensweise und dem Eintreffen der Beamten der Berliner Polizei kurz – unter Berücksichtigung aller Angaben ist von einem zeitlichen Abstand zwischen 10 und 25 Minuten auszugehen - nach den Brandenburgischen Beamten auszugehen.
Der Einsatz der beiden Brandenburgischen Beamten war entgegen der Auffassung der Klägerin auch in der Sache nicht zu beanstanden. Die Beamten durften in der hier allein zu überprüfenden Phase ihre Wohnung betreten und auch gegen ihren erklärten Willen dort verweilen.
Dabei geht das Gericht davon aus, dass den beiden Beamten der Zutritt zunächst freiwillig gewährt wurde. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der von ihr mit Klageerhebung eingereichten eidesstattlichen Versicherung vom xxx. November 2007, deren Wortlaut mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert wurde, kein Anhaltspunkt für eine Androhung von Gewalt bereits durch die Beamten xxx und xxx. Auch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. März 2011 in das vorliegende Verfahren eingeführte Beweisaufnahme vor dem VG Berlin am 10. Oktober 2008 ergibt keine diesbezüglichen Anhaltspunkte. Den im engeren zeitlichen Zusammenhang abgegebenen Aussagen der Mutter der Klägerin, Frau xxx, sowie von Frau xxx vor dem VG Berlin lässt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass sich die Beamten xxx und xxx zwangsweise Zutritt verschafft hätten. Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung und damit nach Ablauf der gemäß § 87b Abs. 1 VwGO gesetzten Frist angegeben hat, bereits diese beiden Beamten, die sich durch das - entgegen ihren Angaben in den Einsatzberichten - unverschlossene Gartentor auf das Grundstück begeben hätten, hätten ihr angedroht, die Wohnungstür auch gewaltsam zu öffnen; sie habe sie unter anderem aus Angst hereingelassen, bedarf es weder weiterer Aufklärung - die Zeugin hat angegeben, sich an wörtliche Äußerungen beim Zutritt nicht mehr erinnern zu können – noch einer Entscheidung darüber, ob dieser Vortrag unverschuldet verspätet war. Denn das Vorbringen der Klägerin ist in sich selbst widersprüchlich. Sie hatte mit Schriftsatz vom 03. Dezember 2008 an das VG Berlin (dort Blatt 76 der dortigen Gerichtsakte) ausdrücklich und unter Darstellung der hierfür ursächlichen Motivation ausgeführt „Es ist richtig, dass die Brandenburger Polizisten zunächst die Wohnung mit Einverständnis der Hausrechtsinhaberin, also der Klägerin, betreten durften.“ Eine Erläuterung für diesen Widerspruch hat sie in der mündlichen Verhandlung nicht ansatzweise gegeben.
Im Übrigen lagen die Voraussetzungen sowohl für das erste Betreten als auch das Verbleiben gegen den später unstreitig erklärten Willen der Klägerin vor. Rechtsgrundlage sind insoweit § 36 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Abs. 2 ASOG, die gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 ASOG für das Handeln im fremden Landesgebiet Anwendung finden. Nach der erstgenannten Bestimmung können die Ordnungsbehörden und die Polizei eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers u. a. dann betreten und durchsuchen, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben und Freiheit erforderlich ist. Nach § 36 Abs. 2 ASOG kann die Polizei eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Person befindet, die nach § 20 Abs. 3 vorgeführt oder nach § 30 in Gewahrsam genommen werden darf. Nach § 30 Abs. 2 ASOG kann die Polizei Minderjährige, die sich der Obhut des Sorgeberechtigten entzogen haben, in Gewahrsam nehmen, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen. Letztgenannte Bestimmung stellt eine typische Eingriffsbefugnis zum Schutz privater Rechte dar (Denninger in Lisken/Denninger, a. a. O., E 248).
Wie bereits oben ausgeführt, lagen im maßgeblichen Zeitpunkt objektive Anhaltspunkte vor, die auf eine Gefahr zumindest für xxx Freiheit hindeuteten. Die Frage, wie und insbesondere ob sie auf eigenen Entschluss ohne Schuhe und Jacke aus der väterlichen Wohnung in die der Klägerin gelangt war, war ungeklärt.
Das Gericht geht davon aus, dass es sich in der hier relevanten „ersten Phase“ und im Hinblick auf die Maßnahmen der Gefahrenabwehr, deren Überprüfung die Klägerin allein erreichen kann, um ein bloßes Betreten im Sinne von § 36 Abs. 1 ASOG handelte und nicht bereits um eine Durchsuchung, die im Hinblick auf Art 13 Abs. 2 GG eine richterliche Anordnung oder Gefahr im Verzug voraussetzt (§ 37 Abs. 1 ASOG) und das Einhalten der besonderen Verfahrensvorschriften der Absätze 2 bis 4 erfordert. Unter dem Betreten einer Wohnung ist das Eintreten, Verweilen und Besichtigen zu verstehen, während eine Durchsuchung das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts darstellt. Kennzeichnend für die Durchsuchung ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe in einer Wohnung, um dort planmäßig etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will, etwas nicht klar zu Tage liegendes, vielleicht Verborgenes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften; mithin das Ausforschen eines für die freie Entfaltung der Persönlichkeit wesentlichen Lebensbereichs, dass unter Umständen bis in die Intimsphäre des Betroffenen dringen kann. Demgemäß macht die beim Betreten einer Wohnung unvermeidliche Kenntnisnahme von Personen, Sachen und Zuständen den Eingriff in die Wohnungsfreiheit noch nicht zu einer „Durchsuchung“. Mit einer Durchsuchung soll etwas aufgespürt werden, dass der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht herausgeben oder offen legen will (Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. September 1974 – I C 17.73 – zitiert nach juris, dort Rn. 16; Urteil vom 25. August 2004 – 6 C 26.03 – Rn. 24; zum Charakter einer auf Vollstreckung einer familiengerichtlichen Herausgabeanordnung gerichteten Maßnahme, die von vornherein die Wegnahme gegen den Willen des Wohnungsinhabers bezweckt, BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. November 1999 – 1 BvR 2017/97, (zitiert nach juris).
Hieran gemessen steht insbesondere nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung am 28. März 2012 fest, dass das maßgeblich zu überprüfende Verweilen gegen den Willen der Klägerin (noch) nicht den Charakter einer Durchsuchung hatte: Die Zeugin hat auf diesbezügliche Fragen mehrfach angegeben, es sei zuerst um die Klärung gegangen, warum das Kind ohne Schuhe in die Wohnung der Mutter gelangt sei und ob eine Straftat vorgelegen habe. Insbesondere hat sie dazu plausibel dargelegt, dass und warum der Einsatz auf Herstellung des persönlichen Kontaktes zum Kind gerichtet war. Gegenstand des Betretens bzw. Ausforschungsobjekt war – soweit die hier allein maßgeblichen Maßnahmen der Gefahrenabwehr berührt sind - damit xxx Wille und die Frage, ob sie sich aus freiem Entschluss in die Wohnung der Mutter begeben hatte und dort verbleiben wollte. Dabei ist nicht ersichtlich, dass es sich um etwas handelte, was die Klägerin nicht offenlegen wollte. Im Gegenteil hat sie auf Fragen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, sie habe sowohl xxx Anwesenheit im angrenzenden Kinderzimmer bestätigt und keinerlei Einwände gegen eine Befragung ihrer Tochter gehabt, sondern sich diese vielmehr ausdrücklich gewünscht.
Soweit sich die Klägerin gegen die Dauer des Verweilens wendet, geht das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der zulässige Zweck des Betretens im hier allein relevanten Zeitraum noch nicht erfüllt war. Die Zeugin hat angegeben, sie habe mit dem betreffenden Kind nicht gesprochen. Aus den zeitnah abgefassten Einsatzberichten und Aktenvermerken jeweils vom xxx. November 2007 ist eine Befragung durch die zuerst eingetroffenen Beamten ebenfalls nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat angegeben, sich nicht sicher zu sein, ob die zuerst eingetroffenen Beamten mit xxx gesprochen hätten. Soweit sie angegeben hat, sie habe von sich aus versucht, die Beamten zur Kontaktaufnahme mit xxx zu bewegen, diese hätten aber schematisch gehandelt, hat die Zeugin nachvollziehbar dargelegt, warum sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen Kontakt zu dem sich auf dem Hochbett im Kinderzimmer aufhaltenden Kind hat herstellen können. Die Zeugin hat die Lage in der Wohnung der Klägerin und die Gesprächsanbahnung mit den anwesenden sechs Erwachsenen im vor dem Kinderzimmer liegenden Raum wiederholt als schwierig und unkooperativ beschrieben und angegeben, es hebe viel verbale Unruhe gegeben, die Stimmung sei aggressiv gewesen. Dies ist vor dem Hintergrund der im Übrigen vorliegenden Stellungnahmen beider Seiten auch glaubhaft. Die Zeugin, die in der mündlichen Verhandlung besonnen und ruhig wirkte und auch auf wiederholte Vorhalte des Prozessbevollmächtigten gelassen reagierte, hat auch plausibel gemacht, dass diese Situation es erfordert hätte, „durchzurennen“ oder „jemanden beseite zu schieben“ um die Kontaktaufnahme zu dem Kind zu erreichen.
Die Maßnahme war auch unter Berücksichtigung des Gewichts der betroffenen Rechtsgüter verhältnismäßig. Insbesondere mussten sich die Beamten nicht darauf beschränken, sich xxx zur Begutachtung von außen - durch das Küchenfenster der im Hochparterre gelegenen Wohnung - präsentieren zu lassen, was die Klägerin ihnen nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung „auf höflicheres Bitten“ als einzig zulässige Maßnahme zugestanden hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für die Klägerin (§ 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes). Das Gericht hat sich insofern an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit angelehnt (vgl. NVwZ 1996, 563/NVwZ 2004,1327; dort Nr. 35.1).