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Einstweilige Anordnung; Beschwerde; Kirchenrecht; Evangelische Kirche; Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten (verneint); Pfarrdienstverhältnis; Dienstwohnung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 21.03.2014
Aktenzeichen OVG 5 S 1.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 140 GG, Art 137 WRV, § 123 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO

Leitsatz

Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eines evangelischen Pfarrers gegen seine ehemalige Pfarrgemeinde auf Herausgabe von Akten ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht eröffnet.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein evangelischer Pfarrer, war zunächst Inhaber der Pfarrstelle der Kirchengemeinde M... im Kirchenkreis W... . Nachdem diese Kirchengemeinde zum 1. Januar 2008 mit vier weiteren Gemeinden zur Gesamtkirchengemeinde T... fusioniert hatte, wurde der Antragsteller Pfarrer dieser neu gebildeten Gesamtkirchengemeinde. Seitdem besteht zwischen den Beteiligten Streit um Rechte und Zuständigkeiten der in der Gesamtkirchengemeinde aufgegangenen Ortsgemeinden. Zur Entschärfung des Konflikts wurde dem Antragsteller zum 1. September 2011 die Pfarrstelle des Pfarrsprengels S... im benachbarten Kirchenkreis K... mit Dienstsitz in S... übertragen. Zusätzlich erteilte ihm das Konsistorium mit Bescheid vom 18. August 2011 gemäß einer „Vereinbarung zum Frieden“ vom Februar 2011 für die Dauer seines pfarramtlichen Dienstes im Pfarrsprengel S... zugleich den Dienstauftrag zur Wahrnehmung des geistlichen pfarramtlichen Dienstes in der Ortskirchengemeinde M... . Im Rahmen dieses Auftrags wurde ihm das Amtszimmer des Pfarrhauses als Büro zur Verfügung gestellt.

Mit Bescheid vom 21. Mai 2012 hob das Konsistorium diesen Dienstauftrag mit Ablauf des Monats Juni 2012 wegen „nachhaltiger Störung in der Wahrnehmung des Dienstes“ wieder auf und ordnete mit weiterem Bescheid vom 21. August 2012 „vorsorglich“ die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Den Widerspruch des Antragstellers wies die Kirchenleitung am 15. August 2012 zurück. Über die am 7. September 2012 vom Antragsteller gegen den Bescheid vom 21. Mai 2012 erhobene Klage beim Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz - VG EKBO - (VG 7/12) ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden. Einen Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen, wies das VG EKBO mit Beschluss vom 9. Oktober 2012 zurück. Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde beim Kirchengerichtshof der EKD eingelegt, über die - soweit ersichtlich - ebenfalls noch nicht entschieden ist.

Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 4. Juli 2012 auf, jegliche Amtshandlung in der Ortsgemeinde M... zu unterlassen und die in seinem Besitz befindlichen Unterlagen der Ortsgemeinde bis zum 13. Juli 2012 zu übergeben. Zugleich erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Hausverbot für alle kirchlichen Gebäude der Gesamtkirchengemeinde T... . Zu einer ordnungsgemäßen Pfarramtsübergabe kam es nicht. Am 26. Juli 2012 ließ der Vorsitzende des Gesamtkirchenrats die Räume der Pfarrdienstwohnung in M... öffnen und nahm u.a. aus dem Amtszimmer eine Anzahl Handakten mit.

Der Antragsteller hat noch am selben Tag beim Amtsgericht Neuruppin einen Eilantrag gestellt und - soweit hier noch von Interesse - beantragt, die Akten wieder herauszugeben. Er hat einen Anspruch wegen Besitzentziehung nach § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend gemacht: Die Antragsgegnerin habe die fraglichen Akten aus seiner Dienstwohnung bzw. seinem Amtszimmer entwendet. Im Zeitpunkt der Wegnahme habe er das Amtszimmer im Einvernehmen mit dem Gemeindekirchenrat der Kirchengemeinde M... genutzt.

Die Antragsgegnerin hat entgegnet, die Zuweisung der Pfarrdienstwohnung in M... sei bereits mit der Übertragung der neuen Pfarrstelle und Zuweisung einer Pfarrdienstwohnung in S... erloschen. Der Antragsteller sei bezüglich der Akten nur Besitzdiener kraft Auftrags gewesen. Die Verweigerung der ordnungsgemäßen Übergabe sei als verbotene Eigenmacht des Antragstellers zu werten, der zu wehren sie sich für berechtigt halte. Der Gemeindekirchenrat M... könne keinen Dienstauftrag erteilen, weil er rechtlich nicht mehr existiere und ohnehin nicht die Befugnis habe, Geistlichen Dienstaufträge zu erteilen und Dienstwohnungen zuzuteilen. Die Verwaltung des Pfarrhauses sowie der Besitz an den jeweiligen Räumen oblägen ausschließlich der Gesamtkirchengemeinde. Unabhängig von der Frage der Fortdauer des Dienstauftrages könne der Anstellungsträger bzw. die Körperschaft, für deren Bereich ein Dienstauftrag erteilt sei, im Einvernehmen mit dem Dienstherrn von ihrem Direktionsrecht Gebrauch machen und Sachen aus dem Besitz ihres Besitzdieners zurückfordern. Dieser Dienstanweisung, die hier mehrfach ausgesprochen worden sei, habe der Antragsteller zuwidergehandelt.

Mit Beschluss vom 3. August 2012 hat das Amtsgericht Neuruppin den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Die vom Antragsteller dagegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos.

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2012 hat das Verwaltungsgericht Potsdam den Antrag des Antragstellers,

die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten, ihm folgende am 26. Juli 2012 durch verbotene Eigenmacht entwendeten Sachen herauszugeben:

- sechs Handakten mit der Bezeichnung „Friedhof M... “, „Friedhof G... “, „Friedhof K... “, „Friedhof L... “, „Friedhof V... “ und „Friedhof R... “, die Aufzeichnungen zu seelsorgerischen Gesprächen anlässlich kirchlicher Bestattungen samt der Predigttexte enthalten,

- fünf Handakten mit der Bezeichnung „Schriftverkehr G... “, „Schriftverkehr V... “, „Schriftverkehr R... “, „Schriftverkehr K... “ und „Schriftverkehr L... “,

- drei Handakten mit der Bezeichnung „Schriftverkehr M... “,

- sechs Handakten mit der Bezeichnung „Historie, Geschichte“,

- eine Handakte mit der Bezeichnung „Amtshandlungen“, die seelsorgerische Aufzeichnungen enthält,

- eine Handakte mit der Bezeichnung „Formulare Amtshandlungen“

- eine Handakte mit der Bezeichnung „Gemeindegliederlisten“,

- eine Handakte mit der Bezeichnung „GKG“ (Gesamtkirchengemeinde),

- eine Handakte mit der Bezeichnung „GGV“ (Gesamtgemeindevertretung),

- zwei Handakten mit der Bezeichnung „GKR M... “,

zurückgewiesen. Der Antrag sei bereits unzulässig. Es sei schon zweifelhaft, ob für die Streitigkeit zwischen den Beteiligten der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gegeben sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei für Streitigkeiten aus dem Pfarrdienstverhältnis der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten wegen des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften nicht eröffnet. Jedenfalls aber fehle dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das kirchliche Selbstverwaltungsrecht umschließe die Befugnis, innerkirchliche Streitigkeiten im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis durch die Anrufung eigener Gerichte oder Schlichtungsgremien beizulegen. Sei ein derartiger Rechtsweg geschaffen und von ihm ein effektiver Rechtsschutz auch zu erwarten, dürften staatliche Gerichte nicht vor Erschöpfung des kirchlichen Rechtswegs entscheiden.So liege der Fall hier. Zwischen den Beteiligten bestehe eine Streitigkeit aus dem Pfarrdienstverhältnis des Antragstellers. Mithin sei für alle im Zusammenhang mit der Übergabe der Pfarrgeschäfte und der Dienstwohnung stehenden Auseinandersetzungen zunächst das Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche zuständig. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass auf diesem Wege effektiver Rechtschutz nicht zu erlangen sei.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Beschwerde führt der Antragsteller aus: Der Einbruch in seine Wohnung könne nicht als bloß innerkirchliche Angelegenheit angesehen werden. Kirchlicher Verwaltungszwang sei weder gesetzlich vorgesehen noch sonst statthaft. Darüber hinaus sei der Bescheid über die Beendigung seines Dienstauftrages in der Ortsgemeinde M... nicht sofort vollziehbar gewesen. Es müsse der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch zur Geltung kommen. Der kirchliche Verwaltungsrechtsweg gewährleiste keinen effektiven Rechtsschutz, weil ein Urteil des kirchlichen Verwaltungsgerichts im Land Brandenburg nicht vollstreckt werden könne und aufgrund der Vorgeschichte nicht angenommen werden könne, dass sich die Antragsgegnerin rechtstreu verhalten werde.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist nach dem im Beschwerdeverfahren maßgebenden Prüfungsstoff (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihm die im Antrag im Einzelnen bezeichneten Akten herauszugeben, zu Recht als unzulässig abgewiesen. Das Antragsbegehren unterliegt nicht der Entscheidung der staatlichen Gerichte.

Aus der dem Staat obliegenden Justizgewährleistungspflicht (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 92 GG) folgt, dass die staatlichen Gerichte zur Entscheidung aller Rechtsfragen berufen sind, deren Beurteilung sich nach staatlichem Recht richtet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Der Antragsteller steht in einem öffentlich-rechtlichen Pfarrdienstverhältnis zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die Antragsgegnerin ist eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Gemeinde der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, in deren Sprengel der Antragsteller bis Ende August 2011 eine Pfarrstelle inne hatte. Die Wegnahme der in Rede stehenden Akten durch die Antragsgegnerin ist kein Akt staatlicher Gewalt; sie betrifft das Pfarrdienstverhältnis des Antragstellers. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich ausschließlich nach innerkirchlichem Recht.

Nach dem kirchenpolitischen System des Grundgesetzes ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 und 3 WRV). Hierdurch wird den Kirchen das Recht zur eigenständigen Ordnung und Gestaltung ihrer inneren Angelegenheiten verfassungsrechtlich gewährleistet. Diese Gewährleistung fügt der Religionsfreiheit die für diese freie Betätigung unerlässliche weitere Freiheit der Kirchen zur Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzu (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2002 - BVerwG 2 C 23.01 - juris Rn. 9; Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - juris Rn. 3 f.).

Dort, wo die Kirchen über das Recht zur Selbstbestimmung verfügen, unterliegen sie nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit. Dem stehen Art. 19 Abs. 4 GG und § 40 VwGO nicht entgegen. Beide Vorschriften eröffnen die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen Akte staatlicher Gewalt. Kirchliche Gewalt ist zwar öffentliche, aber nicht staatliche Gewalt. Streitigkeiten wegen Maßnahmen, welche die Kirche in Ausübung des ihr verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts getroffen hat, sind auch dann keine öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten im Sinne des § 40 VwGO, wenn die Religionsgesellschaft den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) besitzt. Dieser Status ist Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit; er soll die Eigenständigkeit und die Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaft unterstützen, sie aber nicht bei der Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten zu einem Handeln in den Formen und mit den Mitteln des öffentlichen Rechts befähigen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2002, a.a.O., Rn. 10 und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2008, a.a.O., Rn. 2 und 5).

Durch den Zusatz in Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ ist die Garantie der kirchlichen Selbstverwaltung nicht unter einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt gestellt. Gesetze, die für alle und damit auch für die Religionsgesellschaften bei der Ordnung ihrer eigenen Angelegenheiten gelten, sind nur solche Rechtsnormen, die für die Kirche dieselbe Bedeutung haben wie für jedermann. Trifft das Gesetz die Kirche in ihrer Besonderheit als Kirche, weil nämlich ihr Selbstverständnis, insbesondere ihren geistlich-religiösen Auftrag beschränkend, und damit anders als den normalen Adressaten, bildet es insoweit keine Schranke (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2002, a.a.O., Rn. 12).

Die Art und Weise, wie die Kirche ihren geistig-religiösen Auftrag auffasst und erfüllt, ist staatlicher Reglementierung nicht zugänglich. Dies gilt auch für die durch Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV, Art. 140 GG garantierte Autonomie, die Ämter im Bereich der Seelsorge zu verleihen und zu entziehen. Das Dienstrecht der Geistlichen gehört zum Kernbereich der innergemeinschaftlichen Angelegenheiten der Kirchen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2002, a.a.O., Rn. 13). Die Ausgestaltung des Dienst- und Amtsrechts unterliegt dem Selbstbestimmungsrecht der Kirche und ist - sofern diese es nicht selbst dem staatlichen Recht unterstellt - der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2008, a.a.O., Rn. 7).

Auch aus der staatlichen Justizgewährungspflicht (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 92 GG) ergibt sich nicht die Befugnis der staatlichen Gerichte, über kircheninterne Maßnahmen zu entscheiden. Aufgrund des Rechtsschutzauftrags sind zwar die Gerichte zur Entscheidung aller Rechtsfragen berufen, deren Beantwortung sich nach staatlichem Recht richtet. Im Bereich der eigenen Angelegenheiten der Kirche ist jedoch kein staatliches Recht zulässig, das die Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften einschränkt (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2002, a.a.O., Rn. 15).

Ein vor jeder staatlichen Einflussnahme geschütztes Selbstbestimmungsrecht steht den Religionsgesellschaften bei rein innerkirchlichen Maßnahmen zu. Das sind Maßnahmen, die materiell, der Natur der Sache oder Zweckbeziehung nach als eigene Angelegenheiten der Kirchen oder Religionsgemeinschaften anzusehen sind. Nur soweit die Kirche die vom Staat verliehenen Befugnisse ausübt oder soweit ihre Maßnahmen den kirchlichen Bereich überschreiten oder in den staatlichen Bereich hineinreichen, betätigt die Kirche mittelbar auch staatliche Gewalt mit der Folge, dass ihre Selbstbestimmung eine in der Sache begründete Einschränkung erfährt (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2008, a.a.O., Rn. 5).

Um eine solche rein innerkirchliche Angelegenheit ohne mittelbare Betätigung staatlicher Gewalt handelt es sich hier. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, rührt der Streit um die Wegnahme der fraglichen Akten aus dem Dienstverhältnis des Antragstellers zur Evangelischen Kirche Berlin-Branden-burg-schlesische Oberlausitz her. Die Akten entstammen unstreitig der dienstlichen Tätigkeit des Antragstellers und befanden sich zum Zeitpunkt der Wegnahme in einer Pfarrdienstwohnung im Pfarrhaus M... . Die Streitfrage, ob die Antragsgegnerin zur Wegnahme der Akten berechtigt und der Antragsteller zur Duldung der Wegnahme verpflichtet war, ist im Wesentlichen danach zu beantworten, ob der Antragsteller im Zeitpunkt der Wegnahme noch mit der Wahrnehmung des geistlichen pfarramtlichen Dienstes in der Ortskirchengemeinde M... beauftragt war und ob der Antragsgegnerin unabhängig davon ein die Akten betreffendes Weisungsrecht zustand, wie sie es in ihrer Übergabeanordnung im Schreiben an den Antragsteller vom 4. Juli 2012 für sich in Anspruch nimmt.

Die jeweiligen Rechte und Pflichten der Beteiligten im Zusammenhang mit dem Dienstauftrag des Antragstellers sind hier zunächst dem Kirchengesetz zur Regelung der Dienstverhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Pfarrdienstgesetz der EKD - PfDG.EKD) vom 10. November 2010 und dem Kirchengesetz zur Zustimmung und Ausführung des Pfarrdienstgesetzes der EKD vom 29. Oktober 2011, insbesondere § 2 Abs. 1 PfDG.EKD (Pfarrdienstverhältnis), § 24 Abs. 4 PfDG.EKD (Pflichtentreue), § 38 Abs. 4 PfDG.EKD (Räumung der Dienstwohnung bei Veränderung des Pfarrdienstverhältnisses) sowie § 41 PfDG.EKD (Übergabepflichten bei Beendigung eines Auftrags) zu entnehmen. Ergänzend sind die Bestimmungen der Verordnung über die Dienstwohnungen der Pfarrerinnen und Pfarrer (Pfarrdienstwohnungsverordnung - PfDWVO) vom 9. September 1998, zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. November 2005, sowie die Pfarrdienstwohnungsausführungsverordnung (PfDWAO) vom 11. Juni 1999, geändert durch Rechtsverordnung vom 15. September 2006, insbesondere § 4 Abs. 3 Nr. 1 und 4 und Abs. 7 PfDWVO (Ende des Dienstwohnungsverhältnisses und Räumung der Dienstwohnung) und § 10 Abs. 2 PfDWVO (Räumung der Diensträume) heranzuziehen.

Diese Regelungen stellen rein innerkirchliches (Dienst-) Recht dar, weil sie ausschließlich Rechtsbeziehungen zwischen der Kirche und ihren Bediensteten zum Gegenstand haben. Mit der Wegnahme der Akten nimmt die Antragsgegnerin ersichtlich keine ihr als Körperschaft übertragene staatliche Hoheitsgewalt wahr. Die Zuständigkeit für Entscheidungen im dienstrechtlichen Bereich der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ist den staatlichen Gerichten auch nicht ausnahmsweise übertragen.

Das gegen die Exemtion von der staatlichen Gerichtsbarkeit gerichtete Beschwerdevorbringen geht fehl. Der Antragsteller räumt ein, dass es für die Entscheidung über seinen Antrag u.a. maßgeblich darauf ankommt, ob der Bescheid des Konsistoriums vom 21. Mai 2012 über die Beendigung seines zusätzlichen Dienstauftrags in M... „sofort vollziehbar“ war. Die Vollziehbarkeit der Anordnung zur Entziehung des Amtsauftrags in der Ortsgemeinde M... richtet sich wiederum ausschließlich nach innerkirchlichem Recht, wie der Beschluss des VG EKBO vom 9. Oktober 2012 erhellt. Das betrifft auch die Frage, ob die Antragsgegnerin „kirchlichen Verwaltungszwang“ ausüben durfte. Selbst wenn sie zur Ausübung unmittelbaren Zwangs in Form der Wegnahme nicht berechtigt gewesen sein sollte, überschreitet die Maßnahme nicht den kirchlichen Bereich. Die Entscheidung über die Reichweite der Befugnisse der Antragsgegnerin ist nach den Vorschriften der Kirche zu treffen und somit den Kirchengerichten vorbehalten.

Der Einwand der Beschwerde, der kirchliche Verwaltungsrechtsweg gewährleiste keinen effektiven Rechtsschutz, weil ein Urteil des kirchlichen Verwaltungsgerichts im Land Brandenburg nicht vollstreckt werden könne, führt nicht weiter. Selbst wenn der von der Kirche eingerichtete Rechtsschutz insoweit unvollständig bleibt, hat der Antragsteller dies nach dem oben dargestellten kirchenpolitischen System des Grundgesetzes hinzunehmen. Abgesehen davon gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragsgegnerin einer gegen sie ergangenen Entscheidung der Verwaltungsgerichte der Evangelischen Kirche nicht beugen würde. Allein die „Vorgeschichte“ rechtfertigt die Annahme, die Antragsgegnerin würde sich nicht rechtstreu verhalten, offenkundig schon deshalb nicht, weil sie allein aus unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten zum Recht am Besitz an den Akten herrührt.

Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass - wenn man den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts für eröffnet hielte - es dem Antragsteller am Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mangelte. Da die Evangelische Kirche einen eigenen Rechtsweg zur Klärung innerkirchlicher Streitigkeiten aus dem Dienstrecht der Kirche einschließlich einstweiliger Anordnungen geschaffen hat (vgl. § 105 Abs. 1 PfDG.EKD sowie § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Kirchengesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland [Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD - VwGG.EKD] vom 10. November 2010), dürften die staatlichen Gerichte nicht vor Erschöpfung des kirchlichen Rechtswegs entscheiden (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. September 1998 - 2 BvR 1476/94 -, juris Rn. 30; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2003 - V ZR 261/02 - juris Rn. 14). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf § 46 VwGG.EKD hingewiesen, wonach auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung vorgesehen und der § 123 VwGO nachgebildet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).