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Entscheidung 11 U 113/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 22.05.2012
Aktenzeichen 11 U 113/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28. September 2010 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus (6 O 260/09) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten ihrer Streithelferin, welche diese selbst zu tragen hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind wie folgt zu tragen:

Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel.

Die Klägerin trägt ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu zwei Dritteln.

Die Beklagte trägt ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu einem Drittel und die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin zur Hälfte.

Die Streithelferin der Klägerin trägt ihre außergerichtlichen Kosten zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beide Parteien können die Sicherheiten auch in der Form einer selbstschuldnerischen, unbedingten, unbefristeten Bürgschaft eines auf dem Gebiet der Europäischen Union ansässigen Bank - oder Sparkasseninstituts erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 27.665,90 €.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Abgabe einer Freigabeerklärung der Beklagten hinsichtlich eines von der Ma… GmbH … bei dem Amtsgericht Eggenfelden hinterlegten Betrages in Höhe von 27.665,90 €. Ursprünglich hat die Klägerin Freigabe zu ihren eigenen Gunsten sowie ihrer beiden im Klageantrag zu 1. benannten Sub- Subunternehmerinnen verlangt, den Klageantrag dann aber bereits in der ersten Instanz auf die Letzteren beschränkt. Sie selbst will an dem Hinterlegungsbetrag nicht mehr beteiligt werden, sondern nur noch die Befreiung von ihren eigenen Verbindlichkeiten den Sub-Subunternehmerinnen gegenüber erreichen.

Mit der Widerklage begehrt die Beklagte die Abgabe einer Freigabeerklärung der Klägerin hinsichtlich desselben Betrages zu ihren Gunsten. Die in der Berufungsinstanz gegen die Streithelferin der Klägerin mit dem gleichen Ziel erhobene Drittwiderklage ist inzwischen zurückgenommen worden.

Die Klägerin plant und projektiert Betonteile für den Tiefbau. Die Beklagte produziert die dazu benötigten Fertigteile; ebenso die beiden im erstinstanzlichen Klageantrag zu 1. bezeichneten Subunternehmrinnen der Klägerin, die weiteren Hinterlegungsbeteiligten, darunter ihre Streithelferin

Die Ma… GmbH erteilte der Klägerin einen Auftrag für das Bauvorhaben „Schacht P…“. Daneben erhielt die Klägerin einen Auftrag „Schacht A…“, diesen allerdings von der S… in R….

Für einen Teil des Bauvorhabens Schacht P… erteilte die Klägerin der Beklagten einen Subunternehmerauftrag. Ob das Projekt ausdrücklich in drei verschiedenen Teilabschnitten getrennt behandelt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Parteien schlossen eine „Rahmen-Sicherungsvereinbarung“ vom 17.10./21.10.2008 (K 1, Bl. 5 - 7 d. A.), deren inhaltliche Bewertung u. a. im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung steht. Sie enthält eine an die Beklagte gerichtete Abtretung der Klägerin, deren Auslegung zwischen den Parteien umstritten ist.

Die “Vorbemerkung“ der Rahmen-Sicherungsvereinbarung lautet :

“ Die P… hat im Bauvorhaben P… und A… von dem Hauptauftraggeber (680414) unbekannt (Anmerkung des Senats: das ist die von der Beklagten dem Auftrag zugeteilte Nummer, wie zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits unstreitig geblieben ist), (680444) S… R… (nachfolgend „H…“) den Auftrag zur Lieferung von Betonfertigteilschächten einschl. Ausrüstung als Generalübernehmerin erhalten.

Die P… beabsichtigt, diese Leistungen an die B… als ausführenden Auftragnehmer weiterzugeben.

In Ansehen des und zur Absicherung der Vergütungsansprüche der B… vereinbaren die Parteien ergänzend zu ihren sonstigen vertraglichen Vereinbarungen und diesen im Zweifel vorgehend für diesen Auftrag in o. g. Vorhaben sowie jedwede künftigen sonstigen Aufträge und Vorhaben folgendes:“

Nach Abschluss ihrer Arbeiten an dem Bauvorhaben Schacht P… legte die Klägerin gegenüber der Hauptauftraggeberin Ma… GmbH Rechnung. Diese auch von der Ma… GmbH in ihrem „Zahlungsavis“ vom 05.08.2009 erwähnte Rechnung befindet sich nicht bei der Akte.

In ihrem Zahlungsavis errechnete die Ma… GmbH eine noch offene Restforderung der Klägerin in Höhe von 27.665,90 €. Hierauf nimmt sie in einem an die Anwälte der Beklagten gerichteten Schreiben vom 05.08.2009 Bezug, verbunden mit der Mitteilung, ihr seien zwischenzeitlich nicht nur von der Beklagten, sondern auch von der Streithelferin der Klägerin und der Mu… GmbH Forderungsabtretungen seitens der Klägerin vorgelegt worden; eine Zahlung werde angesichts dessen an keine der Zessionarinnen erfolgen. Stattdessen hat Ma… zugunsten der Parteien dieses Rechtsstreits sowie der beiden erwähnten Subunternehmerinnen der Klägerin den errechneten Restbetrag bei dem Amtsgericht Eggenfelden hinterlegt.

Die Klägerin hat behauptet, das Bauvorhaben Schacht P… sei - für die Beklagte erkennbar - sowohl von ihr selbst als auch von der Ma… GmbH stets in die Leistungsabschnitte I, II und III eingeteilt worden. Sie hat darauf verwiesen, dass es lediglich für den Abschnitt II zu einem Unterauftrag an die Beklagte gekommen sei.

Nur hierauf also könne sich die in der Rahmen-Sicherungsvereinbarung vom Oktober 2008, mithin in dem Abtretungsvertrag der Parteien, erwähnte Auftragsnummer „680414“ beziehen, so die Argumentation der Klägerin. Ausweislich der von der Beklagten selbst gefertigten Anlage zu einer - zwischen den Parteien unstreitig nicht zustande gekommenen - „Tilgungsvereinbarung“ (K 3, Blatt 82 der Akte) sei aber gerade diese Forderung der Beklagten durch Zahlung erfüllt worden.

Die Klägerin hat zudem behauptet, die Ma… GmbH habe den Betrag, um dessen Freigabe sich die Parteien streiten, ausdrücklich für das Teilstück P… „III“ bei Gericht hinterlegt. Sie hat gemeint, schon deshalb habe die Beklagte erkennbar an ihm keine Rechte, da sie an der Fertigstellung dieses Bauabschnitts nicht mitgearbeitet habe.

Die Streithelferin der Klägerin hat sich dem angeschlossen und zudem die Auffassung vertreten, die in der Rahmen-Sicherungsvereinbarung der Parteien enthaltene Abtretung sei als Globalzession unwirksam, weil sie, die Streithelferin, unter verlängertem Eigentums-vorbehalt Baumaterialien an die Klägerin geliefert habe. Deshalb könne die Beklagte aus dem Abtretungsvertrag keine Rechte ableiten, so dass sie antragsgemäß zu verurteilen und die Widerklage abzuweisen sei.

Hinsichtlich der Sachanträge der Parteien in der ersten Instanz nimmt der Senat auf den Tatbestandsteil der Gründe des angefochtenen Urteils Bezug.

Die Beklagte hat behauptet, die Ma… GmbH habe den Betrag als Restforderung der Klägerin aus dem gesamten Auftrag „Schacht P…“ hinterlegt. Sie hat die Auffassung vertreten, an sie seien jedenfalls nach dem ersten Absatz der Ziffer I. der Rahmen-Sicherungsvereinbarung vom Oktober 2008 die Ansprüche der Klägerin sowohl gegen die Ma… GmbH als auch die S… abgetreten worden, unabhängig davon, ob und inwieweit sie, die Beklagte, überhaupt als Subunternehmerin an einzelnen Bauabschnitten beteiligt gewesen sei. Da sie aus den beiden Bauvorhaben P… und A… gegen die Klägerin noch insgesamt 40.881,66 € beanspruchen könne, so ihre weitere rechtliche Folgerung, stehe der hinterlegte Betrag ausschließlich ihr zu.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen nimmt der Senat Bezug

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt und die sie - zusammengefasst - wie folgt begründet:

Die Kammer habe entgegen ihrer Urteilsbegründung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31.08.2010 noch den Standpunkt eingenommen, die Beklagte habe eine Forderung gegen die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt, sofern der hinterlegte Betrag nur für das Bauvorhaben „P… II“ bestimmt gewesen sein sollte. Denn insoweit habe nach dem bisherigen Vortrag keine Beauftragung der Beklagten existiert.

Fehlerhaft habe die Kammer bei der Bewertung der Rahmen- Sicherungsvereinbarung der Parteien nicht zwischen den beiden Bauvorhaben P… einerseits und A… andererseits - mit jeweils von der Beklagten selbst zugeteilten Auftragsnummern - unterschieden. Sie sei daher zu Unrecht von einer abgetretenen und noch offenen Gegenforderung der Beklagten ausgegangen. Es sei von dem Landgericht übersehen worden, dass sie, die Klägerin, ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten, soweit diese - ausschließlich - unterbeauftragt gewesen sei, nämlich hinsichtlich des Bauabschnitts P… II, bereits vollständig erfüllt habe. Dies habe im Übrigen auch der Geschäftsführer der Beklagten in dem Termin vor der Kammer am 31.08.2010 gesagt. Angesichts des zuvor vom Landgericht protokollierten Hinweises, die Beklagte habe nicht dargelegt, hinsichtlich des Bauabschnitts P… III überhaupt beauftragt gewesen zu sein, habe die Klägerin auf die Protokollierung der Aussage des Beklagten- Geschäftsführers verzichtet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts 84307 Eggenfelden zu HL 17/09 die Freigabe des hinterlegten Betrags in Höhe von 27.665,90 € nebst Zinsen zugunsten der Firma M… GmbH, Donaueschingen, sowie zugunsten der Firma Mu… GmbH, O…, zu erklären,
weiter
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 512,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 06.01.2010 zu zahlen,
sowie die Widerklage abzuweisen

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Darüber hinaus hat sie in der Berufungsinstanz Drittwiderklage gegen die Streithelferin der Klägerin mit dem Antrag erhoben, sie zu verurteilen, die Freigabe des von der Ma… GmbH hinterlegten Betrages zu ihren Gunsten zu erklären. Die Drittwiderklage ist inzwischen zurückgenommen worden.

Die Beklagte argumentiert, die Klägerin verkenne nach wie vor die Tragweite der Rahmen- Sicherungsvereinbarung der Parteien. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die „Schlussabrechnung“ der Ma… GmbH, die Gegenstand von deren Zahlungsavis geworden sei.

Die Beklagte verweist außerdem auf das von ihr so bezeichnete „Schuldanerkenntnis“ des Geschäftsführers der Klägerin vom 11.05.2009. Sie bestreitet, dass sie insoweit ganz oder zum Teil befriedigt worden sei. Auch stellt sie in Abrede, dass ihr Geschäftsführer sich in anderem Sinne geäußert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteienvortrags in beiden Instanzen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Die Akte HL 17/09 des Amtsgerichts Eggenfelden lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO.

III.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Vielmehr hat es bei der Entscheidung des Landgerichts zu verbleiben.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte zu, der Freigabe des von der Hauptauftraggeberin, Ma… GmbH …, zugunsten der Streithelferin der Klägerin sowie der weiteren Hinterlegungsbeteiligten, der Mu… GmbH O…, hinterlegten Betrages zuzustimmen.

Die Widerklage hingegen ist begründet.

1. Ohne Erfolg beanstandet die Klägerin, die Kammer sei in der Begründung des angefochtenen Urteils von dem Inhalt eines zuvor erteilten rechtlichen Hinweises zu ihrem, der Klägerin, Nachteil abgewichen.

Die Kammer hat die Beklagte darauf hingewiesen, es sei nicht zu erkennen, dass diese eine Forderung gegen die Klägerin habe, sofern der hinterlegte Betrag nur für das Bauvorhaben P… III bestimmt gewesen sein sollte, in welchem sie keinen Auftrag besessen habe.

Damit hat das Gericht der Klägerin signalisiert, deren Argumentation folgen zu wollen. Jedenfalls durfte die Klägerin den Hinweis so verstehen. Sodann hat die Kammer die Klage ohne weiteren Hinweis abgewiesen und sich zur Begründung auf die ihrer Auffassung nach berechtigten Zahlungsansprüche der Beklagten auf der Grundlage der Rahmen-Sicherungs-vereinbarung der Parteien vom Oktober 2008 gestützt . Das stellt eine Überraschungsentschei-dung zu Lasten der Klägerin dar. Als solche ist das angefochtene Urteil wegen Verletzung der Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts nach § 139 ZPO verfahrenswidrig und verstößt gegen das Verfassungsgebot rechtlichen Gehörs.

Gleichwohl bleibt das im Streitfall ohne rechtliche Konsequenz, abgesehen davon, dass die Klägerin nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht beantragt hat. Denn die Klägerin verbindet ihre Rüge nicht mit Sachvortrag, den sie mangels Hinweises der Kammer auf deren veränderte, dem Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung unterlassen haben will und jetzt nachzuholen hätte. Die Klägerin trägt vielmehr in tatsächlicher Hinsicht nur das vor, was sie auch bereits in der ersten Instanz vorgetragen hat.

2. Die Klägerin hat entgegen der Auffassung der Beklagten ein rechtliches Interesse, mithin ein Rechtsschutzbedürfnis, gerichtet auf Abgabe deren Freigabe-Willenserklärung zugunsten der Streithelferin der Klägerin sowie der Mu… GmbH O…. Denn im Falle eines Prozesserfolges hätte die Klägerin erreichen können, von ihren Verbindlichkeiten gegenüber ihrer Streithelferin sowie der Mu… GmbH befreit zu werden. Sie hat klargestellt, dass sie selbst keinen Anspruch mehr auf den hinterlegten Betrag erhebt. Wer von ihren beiden Subunternehmerinnen, nämlich der Streithelferin der Klägerin und der Mu… GmbH, den hinterlegten Betrag wird beanspruchen können, wird gegebenenfalls erst in einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen ihnen entschieden werden.

3. Ein - hier allein in Betracht kommender - Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative BGB besteht nicht. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt und bewiesen, dass ihrer Streithelferin und/oder der Mu… GmbH ein besseres Recht an dem von der Ma… GmbH hinterlegten Betrag zusteht als der Beklagten. Die Voraussetzungen für den von der Klägerin verfolgten Freigabeanspruch zugunsten der weiteren Hinterlegungsbeteiligten sind somit nicht erfüllt.

Die Klägerin hätte, was ihr nicht gelungen ist, darlegen müssen, dass beide nach ihrer Auffassung bevorrechtigten Hinterlegungsbeteiligten - oder wenigstens eine von ihnen - in der Lage sei(en), gegen die Beklagte bereicherungsrechtliche Ansprüche durchzusetzen.

Die Stellung eines an einem Hinterlegungsverfahren Beteiligten kann eine bereicherungs-rechtliche, von ihm herauszugebende Position, mithin ein „Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB, darstellen. Über die dem formal Beteiligten eingeräumte Möglichkeit, durch Versagen der Freigabe die Auszahlung des hinterlegten Betrages an den wahren Berechtigten zu vereiteln, entfaltet die Beteiligtenposition unmittelbar vermögensrechtliche Wirkungen.

Grundsätzlich gilt in dem so genannten Prätendentenstreit Folgendes.

Die Beteiligung an dem Freigabeverfahren stellt im System der Bereicherungsansprüche nach § 812 Abs. 1 BGB eine Bereicherung des Beteiligten „in sonstiger Weise“ dar, weil sie anders als durch eine Leistung des wahren Berechtigten auf dessen Kosten erlangt worden ist. Die diesen behindernde Rechtsposition wird an den wahren Berechtigten herausgegeben, indem der auf seine Kosten bereicherte Beteiligte seine Rechtsposition durch Erklärung der Freigabe aufgibt (vgl. BGH NJW-RR 2007, 845 m.w.N.; Palandt, 70. A.; § 812 BGB, Rn 93). Rechtsgrundlos hat der in Anspruch genommene, formell Beteiligte seine Rechtsposition dann erlangt, wenn der hinterlegte Betrag ihm materiellrechtlich nicht zusteht.

Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Prätendentenstreit im rechtstechnischen Sinne. Dennoch ist die Interessenlage gleich, lediglich mit der Besonderheit, dass die Klägerin die Freigabe nicht (mehr) zu ihren Gunsten begehrt, sondern ausschließlich zugunsten der im erstinstanzlichen Klageantrag genannten weiteren Hinterlegungsbeteiligten. Die vorstehend dargestellten Grundsätze sind daher auch auf den Streitfall anzuwenden. Die Klägerin trifft somit die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass den beiden weiteren Hinterlegungsbeteiligten, deren Bevorzugung mit der Klage verfolgt wird, an dem hinterlegten Betrag das im Verhältnis zu der Beklagten bessere Recht zustehe (vgl. in diesem Zusammenhang OLG München, Urteil vom 17.01.2011 - Az 19 U 446/10 - unter II.1 b) m.w.N.

Die Klägerin kann die Freigabe von der Beklagten indessen bereits deshalb nicht mit Erfolg verlangen, weil sie die bessere Berechtigung ihrer Streithelferin und /oder der Mu… GmbH an dem von der Ma… GmbH hinterlegten Betrag nicht dargelegt hat.

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes.

a) Der Beklagten stehen gegen die Klägerin ausweislich der von dieser überreichten Forderungsaufstellung (K 3, „Anlage zur Tilgungsvereinbarung“) noch vertragliche Vergütungsan-sprüche zu. Teilbeträge hiervon mögen noch streitig sein. Jedoch hat es die Klägerin nicht mit Substanz unternommen, den rechnerischen Saldo der Aufstellung zugunsten der Beklag-ten auszuräumen, der den hinterlegten Betrag überschreitet; auch nicht in der Berufungs-instanz. Vielmehr hat sie die Forderungsaufstellung lediglich mit rechtlichen Argumenten angegriffen, welche nicht überzeugen.

b) Die so belegten Vergütungsansprüche der Beklagten sind entgegen der Auffassung der Klägerin und ihrer Streithelferin Gegenstand der Rahmen - Sicherungsvereinbarung der Parteien vom 17./21.10.2008. Der von der Ma… GmbH hinterlegte Betrag „betrifft“ die Forderung, welche die Klägerin unter Ziffer I., Absatz 1 der Vereinbarung - wirksam - an die Beklagte abgetreten hat, wobei dieser Abtretungsvertrag denjenigen Abtretungsverträgen, die die Klägerin mit ihrer Streithelferin und der Mu… GmbH geschlossen hat, bereits, wie unstreitig ist, zeitlich vorgeht.

Die Abtretung an die Beklagte erfasst den hinterlegten Betrag. Grund für die Hinterlegung durch die Ma… GmbH mag deren ursprünglich gegenüber der Klägerin entstandene Werklohnverpflichtung aus dem Bauvorhaben „P…“ gewesen sein. Das hat die Beklagte in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 31.08.2010 als solches unstreitig gestellt. Der von dem Senat beigezogenen Akte des Hinterlegungsverfahrens lässt sich allerdings nicht einmal diese Begründung der Hinterlegung entnehmen.

Jedenfalls hat aber die Ma… GmbH nicht, wie die Klägerin und ihre Streithelferin geltend machen, bei der Hinterlegung erkennbar zwischen einzelnen Abschnitten des Bauvorhabens P…, etwa I, II oder III, differenziert. Solches ergibt sich weder aus der Annahmeanordnung des Amtsgerichts Eggenfelden vom 24.08.2009 (Blatt 9 der Beiakte) noch der ihm beigefügten „Anlage zum Antrag auf Annahme von gesetzlichen oder gesetzlich zugelassenen Zahlungsmitteln zur Hinterlegung“ vom selben Tag (Blatt 10 der Beiakte) noch dem Schreiben der Hinterlegerin an die Mu… GmbH, ebenfalls vom selben Tag (Blatt 7 der Beiakte). Allerdings kann dies auch dahin gestellt bleiben. Denn der Beklagten wurden mit der Vereinbarung der Parteien vom 17./21. 10.2008, wie deren Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ergibt, alle Ansprüche aus den Bauvorhaben der Klägerin abgetreten, gleichviel, ob sie den „Schacht P…“ betreffen oder den „Schacht A…“. Letzterer ist der Hauptauftraggeberin S… zuzuordnen. Ziffer I., 1. Absatz der Rahmen-Sicherungsvereinbarung lautet:

„Die P… tritt bereits jetzt ihre sämtlichen etwaigen eigenen Forderungen und Ansprüche aus den oben genannten Bauvorhaben P… und A… gegen den Hauptauftraggeber bis zur Höhe der Forderungen der B… an die P… und zur Absicherung der Vergütungsansprüche der B… unwiderruflich an die B… ab. Die B… nimmt diese Abtretung bereits jetzt an.“

Entgegen der Auffassung der Klägerin und ihrer Streithelferin betrifft die Abtretung auch dann den hinterlegten Betrag, wenn die Beklagte innerhalb des Bauvorhabens „P…“ nicht in vollem Umfang „unterbeauftragt“ gewesen sein sollte. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des ersten Absatzes der Ziffer I, der im Gegensatz zu dem zweiten Absatz eine entsprechende - einschränkende - Regelung gerade nicht vorsieht.

Eine Beschränkung der Abtretung auf Forderungen, welche auf Bauleistungen zurückgehen, an denen die Beklagte als „Unterbeauftragte“ mitgewirkt hat, lässt sich auch nicht dem Umstand entnehmen, dass sowohl in der Überschrift als auch in der bereits wörtlich zitierten „Vorbemerkung“ der Rahmen-Sicherungsvereinbarung vom 17./21.10.2008 als Bauvorhaben: „Schacht P…“ bzw. „P…“ genannt werden, jeweils mit der Auftragsnummer: „680414“.

Zunächst hat die Klägerin nicht hinreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass es sich dabei um eine von dem Hauptauftraggeber, der Ma… GmbH, zugeteilte Auftragsnummer handele. Vielmehr hat die Beklagte mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 06.09.2010 (Blatt 118/120 der Akte) ausgeführt, dies sei ihre Auftragsnummer, unter der - im Übrigen - das gesamte Bauvorhaben „P…“ bei ihr geführt worden sei. Bereits in der Klageschrift (Blatt 1/3 der Akte) hatte die Klägerin den „bei der Beklagten unter Nr.: 680414 geführte(n) Auftrag“ erwähnt. Danach steht zur Überzeugung des Senats als unstreitig fest, dass es die Beklagte war, die dem Auftrag die Nummer zuwies. Diese war indessen, wie die Gesamtwürdigung der Sachverhaltsumstände auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes in beiden Instanzen ergibt, nicht lediglich für einen Teilabschnitt des Bauvorhabens mit der Folge gedacht, dass eine zum Gegenstand der Vereinbarung der Parteien gemachte Abtretung von einer „Unterbeauftragung“ der Beklagten abhängig sein sollte. Vielmehr sollte diese Auftragsnummer offenkundig für das gesamte Bauvorhaben ab dem Zeitpunkt der Beauftragung der Beklagten gelten. Abgesehen davon, dass - anders als im Absatz 2 der Ziffer I. der Vereinbarung - erkennbar keine Regelung bezüglich einer „Unterbeauftragung“ der Beklagten getroffen wurde, folgt dies auch daraus, dass jener Absatz 2 nicht etwa zwischen einzelnen Abschnitten eines und desselben Bauvorhabens differenziert, sondern allgemein von den „oben genannten Bauvorhaben P… und A…“ spricht.

Darauf, ob die Klägerin die Beklagte mit weiteren Arbeiten an dem Bauvorhaben „P…“ beauftragte, nämlich der Projektierung von Betonfertigteilschächten für nachfolgende Leistungsabschnitte, die Beklagte aber - angeblich - mangels Zahlung der Klägerin auf noch offene Forderungen ihre Tätigkeit einstellte, so der Vortrag der Beklagten in dem nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingegangenen Schriftsatz vom 06.09.2010 (Blatt 118/125 d. A.), kommt es angesichts des bereits Ausgeführten nicht entscheidend an. Der neue Sachvortrag war allerdings der Beklagten nicht nachgelassen worden. Er gab, da nicht entscheidungserheblich, dem Landgericht keinen Anlass, die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 1 oder 2 ZPO wieder zu eröffnen.

Da, wie bereits ausgeführt, offen bleiben kann, ob die Ma… GmbH den streitigen Geldbetrag ausschließlich in Ansehung des von der Klägerin und ihrer Streithelferin so bezeichneten Bauabschnitts „P… III“ hinterlegt hat, bedarf es nicht der Vernehmung des von der Klägerin zum Beweis ihrer entsprechenden Behauptung benannten Zeugen C… Ma….

4. Die Ziffer I. der „Rahmen-Sicherungsvereinbahrung“ der Parteien vom 17./21.10.2008 stellt entgegen der Auffassung der Streithelferin der Klägerin keine - von ihr als unwirksam, weil sittenwidrig, qualifizierte - Globalzession dar. Es werden darin von der Klägerin bestimmte Ansprüche an die Beklagte abgetreten. Entscheidend ist aber, dass nicht nur die Streithelferin an die Klägerin Baumaterialien mit verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert hat, sondern auch die Beklagte. Beide Lieferantinnen sind daher gleichermaßen schutzwürdig.

Die für die Globalzession bei deren etwaiger Kollision mit verlängertem Eigentumsvorbehalt von Materiallieferanten höchstrichterlich aufgestellten Grundsätze kommen daher nicht zugunsten der Klägerin zur Anwendung. Der Abtretungsvertrag der Parteien ist unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt vielmehr unbedenklich.

IV.

Die Begründetheit der Widerklage ergibt sich bereits daraus, dass nach der insoweit übereinstimmenden Auffassung der Parteien die Beklagte das der Klägerin vorgehende, mithin bessere Recht an dem hinterlegten Betrag innehat. Die Klägerin hat daraus bereits die Konsequenz gezogen, die Beklagte nicht (mehr) auf Freigabe zu ihren eigenen Gunsten in Anspruch zu nehmen. Auch insoweit hat die Berufung der Klägerin also keinen Erfolg.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbe-fugnis der Parteien auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch eine Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Urteil beruht auf der Bewertung der besonderen Umstände des Streitfalles. Der Senat weicht weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch der eines anderen Oberlandesgerichts ab.