Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 27.10.2017 | |
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Aktenzeichen | 5 W 107/17 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2017:1027.5W107.17.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 3. Mai 2017, Gz. ... bei Berlin Blatt 4221-5, wird zurückgewiesen.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 5.000 €
I.
Im Grundbuch von … Blatt 4221 war ursprünglich … als Eigentümerin des Grundstücks Flur 8, Flurstück 135 (postalische Anschrift: …) eingetragen. Sie ist am 10. April 2001 verstorben und ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Charlottenburg vom 22. März 2012, Az. 63 VI 498/11, von H… R…, W… L…, J… R.. sowie der Antragstellerin zu je ¼ beerbt worden.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 2. November 1951 (Urkundenrolle Nr. 957/1951 des Notars …) veräußerte … das Grundstück an die Eheleute …. Bei der Beurkundung wurde … durch seine Ehefrau vollmachtlos vertreten. Die Genehmigung durch …erfolgte zur Urkundenrolle Nr. 981/1951 des Notars … am 9. November 1951. Eingangs des Vertrags wird Bezug genommen auf die zum Verkauf des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch von … Band 26 Blatt 860 erteilte Genehmigung Nr. 10683 vom 25. Oktober 1951 durch die Devisenabteilung des DDR-Ministeriums für Finanzen. Auch die in § 6 des Vertrages beurkundete Auflassung nimmt auf dieses Grundbuchblatt Bezug. Gleichzeitig bewilligen und beantragen die Vertragsparteien in § 6 des Kaufvertrags die Umschreibung des Eigentums auf die Erwerber. In einer weiteren notariellen Urkunde vom 21. November 1952 (Urkundenrolle Nr. 291/1952 des Notars … in Berlin) wurde diese Grundbuchbezeichnung dahingehend berichtigt, dass das Grundstück eingetragen ist im Grundbuch von ….Band 26 Blatt 860. Diese beiden notariell beurkundeten Verträge wurden zusammen mit der Genehmigung des Rates des Kreises … vom 15. Mai 1952 und der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 7. Januar 1952 durch den Notar … am 13. Februar 1953 zur Umschreibung des Eigentums auf die Erwerber beim Grundbuchamt eingereicht. Eine Umschreibung des Eigentums erfolgte zunächst nicht. Mit seit dem 26. August 2008 unanfechtbaren Bescheids des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen wurden vermögensrechtliche Ansprüche der Erben nach F… J…, der seinerseits das Grundstück 1936 verkauft hatte, auch hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Grundstücks abgewiesen. Dieser Bescheid liegt dem Grundbuchamt seit dem 22. März 2017 vor, das daraufhin das Grundstück am 3. Mai 2017 auf die Eheleute … zu jeweils hälftigen Miteigentumsanteilen umgeschrieben hat. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Grundbuchamt die Anträge der Antragstellerin auf Berichtigung des Grundbuchs zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach … zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 4. August 2017. Zuvor hatte sie in dem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die unbekannten Erben nach der am 2. August 1981 verstorbenen … durch Urteil des Landgerichts … vom 28. Juni 2017, Az. 14 O 106/17, die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung deren Eigentumsrechts erwirkt. Zur Begründung seiner Entscheidung habe das Landgericht ausgeführt, die zunächst erteilte Genehmigung des Rates des Kreises …vom 15. Mai 1952 habe das falsche Grundstück betroffen. Es wäre erforderlich gewesen, für das richtige Grundstück eine neue Genehmigung einzuholen. Die Erteilung einer solchen Genehmigung sei mit Inkrafttreten der Verordnung über den Verkehr mit Grundstücken vom 11. Januar 1963 (im Folgenden GVVO) wegen des zwingenden Versagungsgrundes des § 5 Abs. 2 GVVO ausgeschlossen gewesen. Der Eigentumsverschaffungsanspruch der Erwerber sei damit nach § 275 BGB a. F. nachträglich unmöglich geworden. Die Antragstellerin macht bezugnehmend hierauf geltend, die im Kaufvertrag vom 2 November 1951 „bewilligte Auflassung“ habe nach § 2 GVVO der Genehmigung bedurft, weil diese Verordnung nach § 20 GVVO auch auf Rechtsvorgänge Anwendung finde, die bis zum Inkrafttreten der Verordnung noch nicht entschieden gewesen seien. Die Eintragung der Eheleute … habe auch deswegen nicht erfolgen dürfen, weil dem Grundbuchamt bekannt gewesen, sei, dass diese zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen seien. Die Eintragung des Eigentumswechsels am 3. Mai 2017 sei rechtswidrig vorgenommen worden.
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 macht die Antragstellerin ergänzend geltend, der Anspruch der Erwerber auf Übertragung des Eigentums sei mittlerweile verjährt bzw. verwirkt. Auch dies stehe der vorgenommenen Eigentumsumschreibung entgegen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 71 Abs. 1, 73 GBO) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Grundbuchamt hat nach Eintragung der Eheleute … als hälftige Miteigentümer den Antrag der Antragstellerin auf Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbengemeinschaft nach … zu Recht zurückgewiesen.
1.
Die Antragstellerin macht ohne Erfolg geltend, dass Grundbuchamt habe die Eheleute … schon deswegen nicht als neue Eigentümer eintragen dürfen, weil ihm bekannt gewesen sei, dass diese zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben seien.
Es trifft zwar zu, dass ein Verstorbener nicht in das Grundbuch einzutragen ist, weil das Grundbuch den derzeitigen Rechtszustand wiederzugeben hat (BayObLG Rpfleger 1995, 103; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 19 Rn. 98) und ein Verstorbener am Grundbuchverfahren nicht beteiligt werden kann (Hügel/Holzer, GBO, 2. Aufl., § 1 Rn. 48). Erfolgt eine solche Eintragung, ist sie aber weder unzulässig noch unwirksam, wirkt vielmehr für dessen Erben. Es liegt lediglich eine unrichtige Bezeichnung des eingetragenen Berechtigten vor (KG Rpfleger 1965, 366, 367; Demharter, a. a. O. Rn. 99).
Die Eintragung der bereits verstorbenen Eheleute .. ist damit, auch wenn sie verfahrenswidrig ergangen sein sollte, als solche wirksam und wirkt als Eintragung der – namentlich noch nicht bekannten – Erben der nunmehr eingetragenen Eigentümer.
2.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Eintragung der Eheleute … nicht deswegen unwirksam, weil der Veräußerin … deren Rechtsnachfolgern die Erfüllung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums aus dem Kaufvertrag vom 2. November 1951 durch Inkrafttreten der Verordnung über den Verkehr mit Grundstücken vom 11. Januar 1963 nach dem maßgeblichen § 275 BGB aF unmöglich geworden ist.
a) Eine Leistung, die behördlicher Genehmigung bedarf, wird nachträglich unmöglich, wenn die Genehmigung entweder endgültig versagt wird (BGHZ 37, 233, 240; BGH NJW 1969, 837;NJW 1993, 648, 651) oder wenn sie nicht mehr zu erlangen ist, bzw. ihre Erteilung völlig unwahrscheinlich geworden ist. Denn der durch die Genehmigungsbedürftigkeit eingetretene Schwebezustand ist jedenfalls dann beendet, wenn den Parteien nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, die Genehmigung nachzusuchen (BGHZ 76, 242, 248). Der Veräußerer wurde danach mit dem Inkrafttreten der GVVO im Jahr 1963 nach § 275 BGB aF von der Pflicht zur Übereignung des Grundstücks aufgrund eines bereits zuvor geschlossenen Kaufvertrages frei, weil nach § 2 GVVO aF die – noch nicht erfolgte – Auflassung nunmehr in jedem Fall einer behördlichen Genehmigung bedurfte, denn die Bestimmung fand nach § 20 GVVO auch auf Rechtsvorgänge Anwendung, die bis zu ihrem Inkrafttreten noch nicht entschieden waren. Eine solche Genehmigung war aber nach den zwingenden Versagungsgründen des § 5 Abs. 2 Buchstaben c) und f) nicht zu erlangen (BGH DtZ 1994, 247 f.).
b) Eine von keiner der Vertragsparteien zu vertretenden Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffungspflicht des Verkäufers nach § 275 BGB aF durch Inkrafttreten der GVVO vom 11. Januar 1963 konnte im vorliegenden Fall, wie das Grundbuchamt im Ergebnis zutreffend erkannt hat, jedenfalls hinsichtlich der – einklagbaren – schuldrechtlichen Verpflichtung, die Auflassung zu erklären, nicht mehr eintreten, weil – im Unterschied zu den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen – die Vertragsparteien in dem notariellen Kaufvertrag vom 2. November 1951 in dessen § 6 bereits die Auflassung erklärt hatten und die Veräußerin die Eintragung der Erwerberin bewilligt und beantragt hatte. Sie hatte damit mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages ihre geschuldeten Leistungshandlungen vollständig erfüllt. Unmöglichkeit im Sinne von § 275 BGB aF konnte insoweit nicht mehr eintreten, und zwar unabhängig davon, ob die bereits erklärte Auflassung rückwirkend nach § 20 GVVO aF genehmigungsbedürftig geworden ist. Für den Eintritt des Leistungserfolges, nämlich dem Übergang des Eigentums auf den Erwerber, fehlte es mit Abschluss des formwirksamen Kaufvertrages nur noch an dessen Eintragung im Grundbuch. Diese noch ausstehende Umschreibung des Eigentums im Grundbuch ist als hoheitliche Maßnahme keine Leistung, die der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann (§ 241 Abs. 1 BGB). Aus diesem Grund können die nunmehr mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 ausdrücklich erhobenen Einreden der Verjährung bzw. der Verwirkung der – erfolgten – Umschreibung entgegengehalten werden.
c) Nach § 20 GVVO aF findet die Verordnung auf Rechtsvorgänge Anwendung, die bis zu ihrem Inkrafttreten noch nicht entschieden sind. Der – weite – Wortlaut der Vorschrift erfasst damit grundsätzlich auch den Fall, dass bei Inkrafttreten der GVVO die Auflassung bereits erklärt, aber die Eintragung noch nicht erfolgt ist. Dies mag zwar – was vorliegend aber dahinstehen kann – dazu führen, dass tatsächlich eine Eigentumsverschaffung „unmöglich“ geworden ist, weil eine Genehmigung für die bereits erklärte Auflassung auf unabsehbare Zeit nicht zu erlangen gewesen wäre. Dies konnte aber nicht dazu führen, dass der Veräußerer nach § 275 Abs. 1 BGB aF von seiner Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist bzw. – so der Wortlaut von § 275 Abs. 1 BGB nF –der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen wäre.
Als Norm des allgemeinen Schuldrechts ist § 275 BGB in seiner alten und neuen Fassung grundsätzlich nur auf schuldrechtliche Verträge, die zu einer Leistung verpflichten, anwendbar, nicht aber auf dingliche Verträge wie die Auflassung nach § 925 Abs. 1 BGB. Diese ist im Rahmen des mehraktigen Erwerbstatbestandes, der daneben die Eintragung des Erwerbers erfordert, als auf die dingliche Rechtsänderung gerichteter abstrakter Vertrag Teil der Leistung selbst. Auf dingliche Rechtsverhältnisse findet § 275 BGB aber allenfalls dann Anwendung, wenn es um die Erfüllung eines dinglichen Anspruchs in Natur geht (so für die Begrenzung eines Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB durch § 275 Abs. 2 BGB nF BGH NJW 2008, 3122, 3123; für Leistungspflichten aus einer Reallast oder die Unterhaltungspflichten aus einer Grunddienstbarkeit Staudinger/Löwisch § 275 BGB Rn. 10 sowie Ermann/Westermann § 275 BGB Rn. 2 und MüKo/Ernst § 275 BGB Rn. 15).
Dem Grundbuchamt obliegt im Weiteren nach § 20 GBO lediglich die Prüfung, ob die dingliche Einigung in der grundbuchmäßigen Form des § 29 GBO, wie sie materiell zur Herbeiführung der Rechtsänderung erforderlich ist, nachgewiesen ist. Dazu gehört auch der Nachweis einer erforderlichen behördlichen Genehmigung (Demharter, GBO, § 20 Rn. 38). Sind diese Nachweise erbracht, darf das Grundbuchamt die Eintragung nur ablehnen, wenn es aufgrund feststehender Tatsachen zu der Überzeugung gelangt, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde (OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 107; BayObLG Rpfleger 2005, 247; OLG Frankfurt NJW-RR 2006, 450; Demharter, aaO, Rn. 38 aE). Die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts ist dagegen vom Grundbuchamt nicht zu prüfen (Hügel/Hügel, GBO, § 20 Rn. 64). Auch aus diesem Grund kommt es auf mögliche Einreden gegen den schuldrechtlichen Anspruch im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
Danach durfte das Grundbuchamt auf der Grundlage der ihm vorliegenden Auflassung nach dem Wegfall des Genehmigungserfordernisses nach § 2 GVVO aF die Umschreibung vornehmen, weil weitere von ihm zu beachtende Eintragungshindernisse nicht bestanden und § 275 BGB aF auf die erklärte Auflassung keine Anwendung findet. Ob die Veräußerin bzw. die Antragstellerin als deren Rechtsnachfolgerin von den Erwerbern bzw. deren Rechtsnachfolgern schuldrechtlich verlangen konnte, von der bereits beantragten Eigentumsumschreibung, etwa durch Rücknahme des Umschreibungsantrags, Abstand zu nehmen bzw. nach Umschreibung schuldrechtliche Ansprüche gegen jene geltend gemacht werden können, ist dagegen vom Grundbuchamt nicht zu prüfen.
d) Es kommt danach nicht mehr darauf an, dass auch Genehmigungserklärungen grundsätzlich auslegungsfähig sind. Maßgebend ist der nach außen erkennbare Wille der Behörde, wie er sich nach Sinn und Wortlaut als nächstliegende Bedeutung für einen unbefangenen Betrachter ergibt (Demharter, GBO, 30. Aufl. 2016, § 19 Rn. 117). Die Genehmigung des Rates des Kreises …. vom 15. Mai 1952 nach § 6 des Wohnsiedlungsgesetzes vom 22. September 1933/27. September 1938 und die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung von 7. Januar 1952 beziehen sich auf den notariellen Kaufvertrag vom 2. November 1951, in dem das veräußerte Grundstück zwar unter Angabe eines unzutreffenden Grundbuchblattes, aber mit seiner richtigen postalischen Anschrift bezeichnet ist. Es bestehen danach keine vernünftigen Zweifel daran, dass trotz der versehentlichen Falschbezeichnung des Grundbuchblattes Gegenstand des Kaufvertrages und der genannten behördlichen Erklärungen das verfahrensgegenständliche Grundstück ist.
3.
Die Kostenentscheidung ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz (Nr. 14510 KV GNotKG); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.