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Asylrechts (Somalia/Malta)


Metadaten

Gericht VG Potsdam 6. Kammer Entscheidungsdatum 05.02.2014
Aktenzeichen VG 6 L 53/14.A ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 27a AsylVfG, § 34a AsylVfG, Art 3 Abs 1 EGV 343/2003, Art 3 Abs 2 EGV 343/2003, § 80 Abs 5 VwGO

Leitsatz

Hinsichtlich des Asylverfahrens in Malta sind derzeit bei summarischer Prüfung systemische Mängel nicht gegeben (wie Beschluss vom 20. November 2013 - VG 6 L 768/13.A -, juris).

Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, nach Maßgabe der sich aus einer zusammen schauenden Betrachtung aller in Bezug auf den Asylbewerber erkennbaren Umstände ergebenden Würdigung der äußeren Verhältnisse gleichsam ins Blaue hinein von Amts wegen sämtliche irgendwie denkbaren Sachverhaltsmöglichkeiten auszuforschen.

Tenor

Der Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers wird abgelehnt.

Der Eilrechtsschutzantrag des Antragstellers wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens

Gründe

I.

Mit seiner am 29. Januar 2014 erhobenen Klage VG 6 K 198/14.A sowie dem zugleich geltend gemachten Eilrechtsschutzantrag wendet sich der nach eigenen Angaben aus Somalia gebürtige Antragsteller gegen eine Rückführung nach Malta im Rahmen des Dublin II-Regimes.

Nach seinen Angaben gegenüber dem Bundesamt war er im September 2011 von Somalia nach Äthiopien gereist, von dort weiter in den Sudan und nach Libyen, von wo er 2012 nach Malta gelangte. Dort habe er sich ein Jahr lang aufgehalten und ein Asylverfahren erfolgreich („anerkannt“) betrieben, bevor er nach Dänemark und weiter nach Deutschland gereist sei. Hier brachte er am 21. August 2013 bei der Außenstelle Eisenhüttenstadt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag an. Das Bundesamt erzielte am 27. August 2013 einen auf Maltaweisenden Eurodac-Treffer (MT11461/12). Auf ein entsprechendes Ersuchen des Bundesamtes vom 27. November 2014 erklärte die maltesische Behörde am 11. Dezember 2013 ihre Wiederaufnahmebereitschaft hinsichtlich des Antragstellers. Daraufhin stellte das Bundesamt mit am 22. Januar 2014 zugestelltem Bescheid vom 20. Januar 2014 fest, dass der Asylantrag (des Antragstellers in Deutschland) unzulässig ist (Nr. 1), und ordnete es seine Abschiebung nach Malta an (Nr. 2).

Der Antragsteller lässt im vorliegenden Verfahren behaupten, er sei in Malta noch nicht als Flüchtling anerkannt worden, sondern habe dort ein Schengenvisum ausgestellt erhalten, mit dem er weitergereist sei. Da Deutschland Malta verspätet um Wiederaufnahme ersucht und der Antragsteller einen Anspruch auf ermessensgerechten Selbsteintritt Deutschlands in sein Asylverfahren habe, erweise sich der Bundesamtsbescheid als rechtswidrig.

II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist bereits deshalb abzulehnen, weil die von Gesetzes wegen erforderlichen Unterlagen und Erklärungen nicht beigebracht worden sind; im Übrigen hat die Rechtsverfolgung nicht die hinreichende Erfolgsaussicht, § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO.

III.

Der trotz anwaltlicher Vertretung allenfalls sinngemäß angebrachte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage VG 6 K 198/14.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 anzuordnen,

bleibt ohne Erfolg; er ist zwar zulässig, indes unbegründet.

a)

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG (i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, Art. 1 Nr. 47 - BGBl. I S. 3474) statthaft und auch innerhalb der einwöchigen Antragsfrist angebracht worden. Dabei kann das im Hauptsacheverfahren angebrachte Klagebegehren im Sinne des in Betracht kommenden Anfechtungsantrages (§ 40 Abs. 1 1. Fall VwGO) ausgelegt werden.

b)

Der Antrag ist aber unbegründet, denn die Feststellung, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig ist (Nr. 1 des Bundesamtsbescheides), sowie die Abschiebungsanordnung nach Malta (Nr. 2) erweisen sich im Rahmen der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO angezeigten summarischen Prüfung als rechtmäßig. Mit seinen Einwänden gegen den Bundesamtsbescheid wird der Antragsteller angesichts des europarechtlich vereinheitlichten und auf eine einzige Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrages in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und des Dublin II-Verbundes abzielenden Asylsystems (vgl. Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO) kaum gehört werden können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass für die hier inmitten stehende Zuständigkeitsfrage nach den Maßgaben in Art. 49 Satz 3 der Verordnung (EU) 604/2013 (ABl. EU L 180 S. 31; „Dublin III-VO“) für den vor dem 1. Januar 2014 gestellten Asylantrag des Antragstellers insoweit die Vorschriften der Dublin II-VO anzuwenden sind.

aa)

Die angefochtene Feststellung beruht auf § 27a AsylVfG; die Abschiebungsanordnung findet in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ihre Rechtsgrundlage.

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn sie in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll. Vorliegend geht es um die Abschiebung des Antragstellers nach Malta, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG; § 26a Abs. 2 AsylVfG). Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Maltas aus § 27a AsylVfG i.V.m. den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (ABl. EU L 50 S. 1; „Dublin II-VO“), denn Malta hat mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 seine Zuständigkeit bezüglich des Asylverfahrens des Antragstellers anerkannt. Dabei kann an dieser Stelle offen bleiben, ob sich die Zuständigkeit Maltas aus Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO ergibt, wie das Bundesamt aufgrund des Eurodac-Treffers angenommen hat, oder aus Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO, was die Angabe des Antragstellers gegenüber dem Bundesamt nahelegt, er sei in Malta „anerkannt“ worden.

bb)

Die beanspruchte Zuständigkeit Deutschlands dürfte sich weder aus verfahrensrechtlichen Erwägungen (1) noch aus etwaigen systemischen Mängeln des maltesischen Asylverfahrens (2) oder aus sonstigen individuellen Gründen (3) ergeben, die im vorliegenden Verfahren eine von der europarechtlichen Zuständigkeitsstruktur abweichende Regelung rechtfertigen könnten.

(1)

Der Zuständigkeit Maltas für die Behandlung des Asylantrags des erstmals und ohne Identitätsdokumente am 15. August 2013 in Hamburg vorstellig gewordenen Antragstellers steht nicht entgegen, dass das Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes am 27. November 2013 an Malta gerichtet worden ist. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ist für die Frage der Zuständigkeit im Asylverfahren nicht die Drei-Monats-Frist nach Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO unmittelbar oder analog anwendbar. Nach jener Vorschrift kann ein Mitgliedstaat in dem Fall, in dem ein Asylantrag gestellt worden ist, er aber einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrages für zuständig erachtet, spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrags den anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Die Vorschrift ist zum einen nicht auf das Wiederaufnahmeverfahren anwendbar, noch kann der Antragsteller hieraus eigene Rechte ableiten.

(aa) Nach zutreffender Ansicht betrifft die Fristregelung des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO allein die Erstaufnahme eines Asylbewerbers, nicht aber seine Wiederaufnahme, nachdem er schon andernorts einen Asylantrag gestellt hat und sich hieraus die anderweitige Zuständigkeit ergibt (VG Potsdam, Urteil vom 5. Februar 2013 - VG 6 K 2512/12.A -). Soweit anderwärts vertreten wird, Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO könne nach seinem Wortlaut auch auf Art. 16 Abs. 1 lit. a Dublin II-VO Anwendung finden, stehen dem systematische Überlegungen entgegen. Im Aufbau der Art. 16 bis 20 Dublin II-VO ist das Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 20 Dublin II-VO deutlich von dem (Erst-)Aufnahmeverfahren nach Art. 16 bis 19 Dublin II-VO abgesetzt: Das Aufnahmeverfahren der Art. 16 bis 19 Dublin II-Verordnung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wird, einen anderen Mitgliedstaat für zuständig erachtet. In diesem Fall kann der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde, den anderen für zuständig erachteten Mitgliedstaat ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO). Dies hat sobald wie möglich, jedenfalls innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrages zu erfolgen. Nach Art. 4 Abs. 2 Dublin II-Verordnung gilt dieser Antrag als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaates ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. In Deutschland beginnt die Frist danach spätestens mit der Asylantragstellung nach § 23 AsylVfG zu laufen. Wird das Aufnahmegesuch nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung des Asylantrages erstmalig zuständig geworden. Diese Zuständigkeitsfiktion im Aufnahmeverfahren tritt jedoch nur ein, wenn der Asylsuchende nicht bereits - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat ein Asylgesuch gestellt hat. Dieser Fall wird nämlich gesondert im Wiederaufnahmeverfahren geregelt, welches u. a. eingeleitet wird, wenn sich der Antragsteller während der Prüfung seines Antrages im zuständigen Mitgliedstaat unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält (Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO). Das Wiederaufnahmeersuchen ist daher nicht an eine Frist seitens des ersuchenden Mitgliedstaates gebunden. Vielmehr geht Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO gerade umgekehrt davon aus, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert, wenn er nicht innerhalb der Frist von einem Monat bzw. innerhalb der verkürzten Frist von zwei Wochen eine Antwort erteilt. Anders als nach Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO (im Aufnahmeverfahren) wird dadurch automatisch die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaats fingiert (vgl. VG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2011 - Au 3 K 10.30468 -; juris, Rn. 23). Art. 20 Dublin II-VO enthält erkennbar eine Vollregelung für das Wiederaufnahmeverfahren, indem er im Wesentlichen eigene Regelungen vorhält und nur punktuell auf einige, nicht aber alle Regelungen der Art. 4, 16 und 27 Dublin II-VO verweist. Es ist also von einem vollständigen, nicht ergänzungsbedürftigen Regelungskomplex auszugehen (vgl. ebenso i. E. VG Oldenburg, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 3 B 150/11 -; VG Stade, Urteil vom 16. Oktober 2012 - 6 A 2049/12 -; beides juris; Funcke-Kaiser, GK AsylVfG, Stand: Juni 2010; § 27a Rn. 271).

Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass der EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 (Rs. C-411/10 u. a. -, juris) ausgeführt hat, dass ein Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, eine Situation zu vermeiden hat, in welcher dessen Grundrechte verletzt werden, so dass ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zu vermeiden ist. Gegebenenfalls müsse er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (vgl. EuGH a.a.O., Rn. 98 und 108). Hieraus kann allerdings kein Anspruch abgeleitet werden, der zur Begründung einer Zuständigkeit nach Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO geeignet ist. Tatsächlich nimmt der EuGH in diesem Zusammenhang nicht auf Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Bezug, sondern auf die spezielle Situation des Asylsuchenden bei seiner Erstaufnahme nach einer geglückten Flucht. Im vorliegenden Fall, wie auch in anderen Fällen der Wiederaufnahme, ist eine solche Findungsphase aber bereits abgeschlossen, da der Asylantragsteller bereits in einem Land Aufnahme gefunden hat oder hatte.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf aus seiner Sicht günstigere Bestimmungen der Dublin III-VO Bezug nimmt, verkennt er, dass diese Verordnung für die Frage der Zuständigkeitsbestimmung hier ausdrücklich nicht anwendbar ist.

(bb) Selbst wenn die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO analog auf die Wiederaufnahmefälle Anwendung fände, so begründet sie keinen subjektiven Anspruch auf die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaates für die Durchführung des Asylverfahrens. Die überwiegend verfahrenstechnischen Regelungen der Dublin II-VO sollen nach dem dritten Erwägungsgrund entsprechend den Schlussfolgerungen von Tampere eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats umfassen. Nach dem vierten Erwägungsgrund soll diese Formel auf objektiven und für die Mitgliedstaaten und die Betroffenen gerechten Kriterien basieren. Sie soll insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und um das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Von dieser Zweckbestimmung ausgehend ist nicht erkennbar, dass die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO unmittelbar subjektive Rechte i.S.d. deutschen subjektiven öffentlichen Anspruchs begründet. Vielmehr dient die Dreimonatsfrist in erster Linie dem Zweck, zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten zeitnah Klarheit darüber zu schaffen, welcher von ihnen für die Bearbeitung des gestellten Asylantrags zuständig ist (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - RN 9 E 12.30323 -, juris, Rn. 27). Es ist daher lediglich eine faktische Folge oder ein Reflex, dass der Asylantragsteller von einer raschen Abklärung des für ihn zuständigen Mitgliedstaats ausgehen können soll.

(2)

Die abstrakt und ohne jeden substanziellen Bezug auf die konkrete Situation des Antragstellers – unterstellt, sein Asylantrag ist in Malta noch nicht abschließend beschieden – behaupteten systemischen Mängel des maltesischen Asylverfahrens lassen sich in der vorgetragenen Allgemeinheit nicht feststellen.

Es ist auch angesichts der antragstellerseits angeführten Erkenntnisse trotz der dort – gemessen an einem gewünschten Idealstandard – mitgeteilten Defizite des maltesischen Asylverfahrens, soweit sie mit Blick auf veraltete und überholte Quellen aus 2010, 2011 und 2012 etwas für die aktuelle Situation herzugeben vermögen, nicht ersichtlich, dass in Malta die Durchführung eines den Geboten der Rechtsstaatlichkeit i.S.v. Art. 2 EUV und der Charta der Grundrechte i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EUV i.V.m. Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (vom 12. Dezember 2007, ABl. Nr. C 303 S. 1) genügenden Asylverfahrens nicht hinreichend gewährleistet ist mit der Folge, dass eine Überstellung dorthin dazu führen würde, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. zum Maßstab EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – Rs. C-411/10 und C-493/10 -, juris). Mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des vergemeinschafteten Asylsystems stehen einer Überstellung im Rahmen des Dublin II-Regimes nicht schon (irgend)eine Verletzung von EU-Recht, vereinzelte Verstöße gegen sonstige Grundrechte sowie anderweitige Missstände unterhalb der Schwelle „systemischer Mängel“ entgegen (vgl. Thym, Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Italien, ZAR 2013, S. 331, unter Bezugnahme u.a. auf EGMR, Beschluss vom 2. April 2014 - Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336). Folglich bedeutet nicht jeder Verstoß gegen EU-Recht und insbesondere gegen idealtypische Vorstellungen bezüglich eines Asylverfahrens zugleich einen systemischen Mangel des (gesamten) mitgliedstaatlichen Verfahrens und die Gefahr unmenschlicher bzw. erniedrigender Behandlung des Asylbewerbers dort.

Der Antragsteller zählt nach allen derzeit ersichtlichen Erkenntnissen jedenfalls nicht zu den besonders schutzbedürftigen Personen, auf die die ins Verfahren eingeführten Erkenntnismittel besonders abheben. Die angebliche Traumatisierung ist nicht glaubhaft gemacht. Dabei unterstellt das Gericht insofern, dass ein Reisegeschehen der vom Antragsteller dargestellten Art traumatisiert; dass aber eine Traumatisierung mit einem die besondere Schutzbedürftigkeit begründenden Krankheitswert gegeben ist, hat der Antragsteller nicht belegt und folgt auch keineswegs zwangsläufig aus dem unterstellten Geschehen.

Nach dem Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums vom 19. April 2013 wird besonders Schutzbedürftigen sowie Minderjährigen in Malta eine bessere Behandlung zuteil als den in geschlossenen Flüchtlingszentren untergebrachten übrigen Flüchtlingen (S. 2 „The government relocated vulnerable migrant populations and provided care appropriate to their conditions. Authorities moved migrants deemed to be minors to residential facilities and provided them requisite services, such as education or training“). Hinsichtlich der in den „detention centers“ untergebrachten Flüchtlinge gestattet die maltesische Regierung demnach Besuche von unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern einschließlich ausländischer Diplomaten (S. 3 „The government permitted visits to detention centers by independent human rights observers, inscluding foreign diplomats“) und hat es Verbesserungen der allgemeinen Unterbringungssituation gegeben (S. 3 „the government undertook a number of improvements, such as providing mental health counseling and social services for migrants immediately upon their arrival in [the] country“…„Improvements in detention conditions continued during the year. Authorities renovated or built new toilets, showers, and kitchens in some of the closed centers, designated as facilities where irregular migrants were detained pending adjudication of their cases“), die in den antragstellerseits eingeführten Unterlagen nicht erwähnt werden. Der US-Außenamtsbericht weist zudem darauf hin, dass Migranten in Malta Rechtsberatung erhalten, worauf sie ein Recht vor einer Anhörung haben (S. 4 „Migrants receive access to legal counsel and are informed of their rights on arrival at a closed center“…„arrested persons were intitled to access to legal counsel prior to interrogation“). Allein der Umstand, dass Flüchtlinge in Malta in geschlossenen „detention centers“ untergebracht sind, bedeutet im Lichte der einschlägigen EMRK-Rechtsprechung zu dem Art. 4 GRCh entsprechenden Art. 3 EMRK (vgl. insoweit Beschluss vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336) keine erniedrigende und/oder unmenschliche Behandlung, zumal es hierfür aus der Lage Maltas folgende sachliche Gründe gibt.

Unterstellt, der Antragsteller hat in Malta bereits internationalen Schutz zuerkannt erhalten, was seine diesbezügliche Angabe gegenüber dem Bundesamt nahelegt und ohne Weiteres erklärt, wie es ihm mit Blick auf die Identitätskontrollen gelungen sein kann, auf dem Luftweg nach Dänemark zu reisen, um zu dem offenbaren Wunschziel nach Deutschland zu gelangen, verfangen seine ausführlich vorgebrachten, in Bezug auf seine persönliche Lage unsubstanziierten Darlegungen zu den angeblichen systemischen Mängeln des maltesischen Asylverfahrens schon im Ansatz nicht. Dann wäre allenfalls fraglich, ob – auch oder allein – das dem Asylverfahren nachgelagerte ausländerrechtliche Verfahren in Malta Gefahren für eine unmenschliche und/oder erniedrigende Behandlung des Antragstellers birgt; an der durch den (beschiedenen) Asylantrag in Malta begründeten fortwirkenden Zuständigkeit Maltas ändert sich nichts (vgl. hierzu auch VG Cottbus, Urteil vom 7. Januar 2014 - VG 5 K 1080/13.A -). Hierzu hat der Antragsteller wiederum nichts vorgebracht.

Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, nach Maßgabe der sich aus einer zusammenschauenden Betrachtung aller in Bezug auf den Asylbewerber erkennbaren Umstände ergebenden Würdigung der äußeren Verhältnisse gleichsam ins Blaue hinein von Amts wegen sämtliche irgendwie denkbaren Sachverhaltsmöglichkeiten auszuforschen. Vielmehr ist es Sache des mitwirkungs-, darlegungs- und nach Kräften beweisbelasteten Asylbewerbers, seine „guten Gründe“ für die vorgebliche Zufluchtnahme von sich aus umfassend und wahr zu unterbreiten; diese Verpflichtung des Asylbewerbers besteht gleichermaßen in Bezug auf ein Dublin-Verfahren. Der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens hat bei seiner Meldung als Asylsuchender in Hamburg noch nicht einmal das ihm nach dem jüngsten Vortrag angeblich ausgestellte Visum, geschweige denn sonstige Identitäts- und Nachweisdokumente vorgelegt. Er hat auch nicht ansatzweise plausibel gemacht, warum es ihm in Malta unmöglich gewesen sein könnte, gerichtliche Hilfe, ggf. mit anwaltlichem Beistand, zu erlangen, um seinem Schutzgesuch zum Erfolg zu verhelfen. Offenbar ist ihm eine Kontaktaufnahme zu Anwälten und über diese zum Gericht in Deutschland aber problemlos möglich, wobei ihm solches angesichts seiner Englischkenntnisse in Malta umso leichter hätte fallen sollen.

(3)

Der Antragsteller kann sich nach allen derzeit erkennbaren Umständen nicht auf sonstige, individuelle Gründe stützen, die ein Absehen von der angeordneten Rückführung nach Malta gebieten könnten.

Da er keinen subjektiven, öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf hat, dass Deutschland gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nach freiem Ermessen von der dort vorgesehen Möglichkeit eines Selbsteintritts in sein Asylverfahren Gebrauch macht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11 -, juris), und eine Überstellung in den nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-Verordnung ermittelten zuständigen Mitgliedstaat – hier nach Malta – lediglich dann ausscheidet, wenn diese Überstellung den Antragsteller der tatsächlichen Gefahr aussetzte, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh unterworfen zu sein (so bereits EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und C-493/10 -, juris), können allenfalls außergewöhnlich zwingende humanitäre Gründe das Selbsteintrittsrecht bewirken, wie es in Art. 15 Dublin II-VO (vgl. nunmehr Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO) bereits angelegt ist. Solche außergewöhnlich zwingenden Gründe hat der Antragsteller nicht vorgebracht, geschweige denn glaubhaft gemacht, und sind bei ihm auch sonst in Bezug auf Malta nicht erkennbar, so dass der antragstellerseits gerügte „völlige Ermessensausfall“ abwegig erscheint und das Bundesamt insoweit schlicht nichts weiter zu begründen hatte. Die in Malta anzutreffenden Unzulänglichkeiten insbesondere hinsichtlich einer Inhaftierung von Asylbewerbern stellen jedenfalls bei im Einzelfall fehlender besonderer Schutzbedürftigkeit keine menschenunwürdige und/oder erniedrigende Behandlung der Betroffenen dar (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - Au 3 S 12.30121 -, juris; VG Trier, Beschluss vom 6. August 2012 - 5 L 829/12.TR -).

Den vom Antragsteller geltend gemachten „Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (des Bundesamtes) über die Voraussetzungen für einen Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland“ gibt es nicht; der Antragsteller verkennt die europarechtsspezifische Terminologie der Dublin II-VO und überträgt das bundesdeutsche Rechtsinstitut der Ermessensentscheidung unreflektiert auf vermeintlich subjektive öffentlich-rechtliche Bestimmungen des Unionsrechts (vgl. hierzu Thym, Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11 -, NVwZ 2014, S. 130 ff.).

Der Antragsteller hat mit der lapidaren Behauptung, traumatisiert zu sein, auch nicht etwa z.B. eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit glaubhaft gemacht, welche als vorübergehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis i.S.v. § 60a Abs. 2 AufenthG bei Abschiebungsanordnungen nach § 34a Abs. 1 AsylVfG von der Antragsgegnerin zu beachten wäre (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6/12 -; juris Rn. 4; ständige Rechtsprechung der 6. Kammer des VG Potsdam). Der Antragsteller hat vielmehr überhaupt keine persönlichen Belange vorgebracht, geschweige denn glaubhaft gemacht, welche Anknüpfungspunkt für die Annahme sein könnten, dass ihm in Malta mit beachtlicher (vgl. „real risk“ i.S.v. Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011, ABl. EU L 337/9 vom 20. Dezember 2011) Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung widerfahren wird.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).