Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 81. Senat | Entscheidungsdatum | 11.03.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 81 D 1.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 35 Abs 2 DG BB, § 56 DG BB, § 58 Abs 1 DG BB, § 43 Abs 1 S 1 aF BG BB, § 19 Abs 3 aF BG BB |
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der am 1... 195 in L... geborene Beklagte legte 1971 die Reifeprüfung ab. Von 1971 bis 1975 studierte er an der Pädagogischen Hochschule H..., wo er 1975 den akademischen Grad eines Diplom-Lehrers mit der Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in den Fächern Werkunterricht Klassen 4-6 und polytechnischer Unterricht Klassen 7-10 der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule der DDR erwarb. Anschließend war er als Lehrer für Polytechnik zunächst in L..., seit 1978 an verschiedenen Schulen in R... tätig. Im Oktober 1996 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer zur Anstellung, im Dezember 1998 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12) ernannt. Das Gesamturteil in den dienstlichen Beurteilungen von August 1996 und Juni 1998 lautete jeweils: „Eignung und Leistungen entsprechen den Anforderungen“. Zum 1. August 2007 wurde der Beklagte - wie von ihm im Juni 2007 beantragt - von der Grund- und Oberschule R... an die V...-Grundschule in S... umgesetzt.
Der Beklagte ist geschieden. Er ist Vater zweier in den Jahren 1978 und 1984 geborener Söhne. Seit Januar 2008 werden 50 Prozent seiner monatlichen Dienstbezüge (Besoldungsgruppe A 12) einbehalten. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind - soweit ersichtlich - geordnet. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Ein im Jahre 2003 gegen ihn geführtes Strafverfahren vor dem Amtsgericht S... endete mit einem Freispruch.
Am 2... September 2007 wurde das Staatliche Schulamt F... durch die Leiterin der 1... Grundschule S... davon unterrichtet, dass der Beklagte, der an dieser Schule mit 22 LWS in den fünften und sechsten Klassen unterrichte, zur Zeit durch die Polizei wegen des Verdachts vernommen werde, eine Schülerin dieser Schule am Vortag missbraucht zu haben. Nach Anhörung am 2... September 2007, bei der der anwaltlich vertretene Beklagte erklärte, er werde sich nicht äußern, untersagte ihm die Leiterin des Staatlichen Schulamts mit Bescheid vom 2... September 2007 „aufgrund des Vorfalls am 2...09.2007“ mit sofortiger Wirkung und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte sowie das Betreten der 1... Grundschule und der V...-Grundschule S....
Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft F... vom 2... Oktober 2007 (... wurde der Beklagte des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) in drei Fällen, nämlich in zwei Fällen im Zeitraum vom 2... Dezember 2005 bis zum 1...Januar 2006 in R..., sowie in einem weiteren Fall am 2... September 2007 in S..., angeklagt. Daraufhin leitete die Leiterin des Staatlichen Schulamts mit Verfügung vom 1... November 2007 nach § 18 Abs. 1 LBG gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein, da zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, er habe in den angeklagten Fällen seine Pflichten als Lehrkraft nach § 19 LBG verletzt, und setzte es sogleich im Hinblick auf die erhobene öffentliche Klage aus. Mit Schreiben vom 2...November 2007 ... wurde dem Beklagten die Einleitung des Disziplinarverfahrens mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Mit Bescheid vom 1... Dezember 2007 enthob die Leiterin des Staatlichen Schulamts den Beklagten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von 50 Prozent seiner monatlichen Dienstbezüge an.
Durch Urteil des Amtsgerichts S... vom 11. April 2008 -... wurde der Beklagte - nach umfangreicher Beweisaufnahme - wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in drei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit sexuellem Missbrauch von Kindern, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung ein. Nach im Berufungsverfahren erzielter Verständigung und Geständnis des Beklagten hob das Landgericht F... mit rechtskräftigem Urteil vom 23. März 2009 -... - das erstinstanzliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf und verurteilte den Beklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen sowie wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht traf hierzu die folgenden tatsächlichen Feststellungen, wobei der Beklagte als Angeklagter bezeichnet ist:
„III.
1.
Im Schuljahr 2005/2006 zumindest bis zum 1... unterrichtete der Angeklagte an der Grund-und Oberschule in R... in der B... unter anderem die 10. Klasse, die auch die am 2... 1990 geborene Schülerin S... besuchte. S... achtete den Angeklagten und vertraute ihm und so nahm sie sein Angebot, mit ihr über ihre Bewerbungen zu sprechen und diese gegebenenfalls zu bearbeiten, an.
Am 2... 2005 begab sich die damals fünfzehnjährige S... in die Kellerräume der Grund- und Oberschule (ehemals Gesamtschule) in R..., um mit ihrer Klassenlehrerin Frau H..., der Ehefrau des Angeklagten, zu der sie ein besonders enges Vertrauensverhältnis hatte, etwas zu besprechen. Dabei traf sie zufällig auf den Angeklagten, der sich ebenfalls in dem im Kellerbereich befindlichen Unterrichtsraum für W... aufhielt. Im Verlaufe eines Gespräches fragte der Angeklagte die S..., ob sie von ihm angefasst werden wolle. Da S..., deren Alter dem Angeklagten bekannt war, nicht antwortete, zog er sie zu sich heran, umarmte sie und schob seine Hände unter ihre Oberbekleidung, so dass seine Hände ihre Haut berührten und streichelte ihr über den Rücken. Anschließend fasste er an das mit einer Hose bedeckte Gesäß und streichelte dieses. Auch ließ er seine Hände eine Zeit lang auf ihrem Gesäß ruhen. Sodann erklärte S..., dass sie gehen werde. Der Angeklagte fragte noch, ob sie ihn am nächsten Tag erneut aufsuchen werde. S... verließ den Raum und kam der Bitte des Angeklagten nicht nach. Völlig erschrocken und verwirrt berichtete sie ihrer Freundin K... von dieser Begebenheit.
2.
Am Vormittag des 1... 2006 beziehungsweise des 1... 2006 traf S... im Keller der Grund- und Oberschule R... erneut auf den Angeklagten. Beide hielten sich wiederum allein im W...-Raum auf. Der Angeklagte nahm S... bei den Händen, zog sie an sich heran und küsste sie zunächst flüchtig auf die Wange und sodann auf den Mund. Dabei schob er seine Hände vorn unter ihre Oberbekleidung und streichelte ihren Bauch und ihren Oberkörper, so auch ihre von einem BH bedeckten Brüste. Dabei ließ er seine Hände auf den Brüsten ruhen. S... in drückte nunmehr die Arme des Angeklagten nach unten, um sich von diesen Berührungen zu befreien und verließ den Raum.
Infolge der genannten Handlungen des Angeklagten litt S... psychisch. Sie trug auffällig weite, ihre Weiblichkeit verdeckende Bekleidung und ritzte sich auch.
In der nachfolgenden Zeit wurde der Angeklagte mit einem anderen Lehrauftrag beauftragt, bis er im August 2007 seine Lehrtätigkeit an der e... Grundschule in S... aufnahm und dort neben W... auch M... und P... unterrichtete.
3.
Am Vormittag des 2... 2007 forderte der Angeklagte zwischen 2 Schulstunden die am 1... 1995 geborene S... auf, ihn in der großen Pause in dem W...-Raum der e... Grundschule aufzusuchen. Daraufhin begab sich die damals 11jährige S..., deren Alter dem Angeklagten bekannt war, in der Hofpause zum W...-Raum, wo sie auf den Angeklagten traf und sich gemeinsam mit ihm in den W...-Raum begab. Dort reichten sie sich zur Begrüßung die Hände und klopften sich gegenseitig auf den Rücken. Nunmehr fasste der Angeklagte die S... mit beiden Händen im Hüftbereich an und fragte, ob „das hier in Ordnung sei“, woraufhin S... dies bejahte. Anschließend fasste der Angeklagte mit seinen Händen unter den Pullover der S... und berührte deren nackten Oberkörper. Sodann schob er seine Hände, die Haut der S... berührend, bis kurz unter den Brustansatz. S..., der diese Situation sehr unangenehm war, rief „ih“, woraufhin der Angeklagte von ihr abließ. Daraufhin verließ sie den Raum. Der Aufforderung des Angeklagten, niemandem von diesem Geschehen zu berichten, folgte S... nicht, sondern begab sich unverzüglich zu ihren Schulfreundinnen, so unter anderem der A... und berichtete über das Geschehen. Nach der darauffolgenden Schulstunde informierte sie im Schulsekretariat die Sekretärin der Schule Frau K... und die Schulleiterin Frau P... über den Vorfall.
In allen 3 Fällen war dem Angeklagten jeweils bewusst, dass er die sexuellen Handlungen nicht ausführen durfte.
Die Vorfälle tun dem Angeklagten außerordentlich leid, auch was die psychischen Auswirkungen auf die Schülerinnen betrifft. In der Berufungshauptverhandlung hat er sich ausdrücklich bei S... und S... hierfür sowie für die Unannehmlichkeiten, die ihnen durch die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht sowie in Vorbereitung auf die Berufungshauptverhandlung entstanden sind, entschuldigt.“
Mit Schreiben vom 30. April 2009 teilte der Ermittlungsführer dem Beklagten mit, dass das Disziplinarverfahren mit Blick auf das rechtskräftige Urteil fortgeführt werde. Nach dem Ergebnis des Strafverfahrens habe er seine Pflichten als Lehrkraft nach § 19 LBG verletzt und ein Dienstvergehen im Sinn des § 43 LBG begangen. Dem Beklagten stehe es frei, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes zu bedienen. Der Beklagte äußerte sich nicht.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2009 informierte die Leiterin des Staatlichen Schulamts F... den dortigen Personalrat unter Hinweis auf das (auszugsweise in Kopie beigefügte) rechtskräftige Strafurteil darüber, dass sie beabsichtige, gegen den Beklagten Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erheben, und bat um Mitwirkung gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 7 PersVG. Der Personalrat erhob keine Einwendungen. Die von der Leiterin des Staatlichen Schulamts mit Schreiben vom 23. Juni 2009 erbetene Zustimmung gemäß § 2 Nr. 12 BZVMBJS zur Erhebung der Disziplinarklage erteilte das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport mit Schreiben vom 27. Juli 2009.
Am 31. Juli 2009 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Potsdam Disziplinarklage gegen den Beklagten erhoben. Zu deren Begründung hat er ausgeführt, auf Grund der gemäß § 24 Abs. 1 LDG bindenden tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils stehe fest, dass der Beamte drei Missbrauchstaten begangen habe, nämlich sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen - der 15jährigen Schülerin S... - in zwei Fällen und sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen - der 11jährigen Schülerin S.... Mit jeder dieser drei Missbrauchstaten habe er vorsätzlich ein Dienstvergehen im Sinn des § 43 Abs. 1 i.V.m. § 19 LBG a.F. begangen. Es werde für angemessen gehalten, den Beklagten aus dem Dienstverhältnis zu entfernen.
Der Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren die Beteiligung des Personalrats bzw. die Ordnungsmäßigkeit seiner Anhörung bestritten. Jedenfalls sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis trotz seiner Verurteilung nicht gerechtfertigt. Er sei disziplinarisch nicht vorbelastet und habe seit 1975 beanstandungsfrei seinen Dienst verrichtet. Das gegen ihn im Jahr 2003 geführte Strafverfahren wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs sei vorliegend nicht zu berücksichtigen, weil er freigesprochen worden sei. Es hätte an der Schule entsprechende Gerüchte über ihn gegeben, die nicht durch Tatsachen belegt worden seien. Hierzu werde beantragt, den damaligen Rektor der Schule als Zeugen zu hören. Im Übrigen werde auf die für ihn sprechenden Umstände wie seine geständige Einlassung in der Berufungsverhandlung ohne Zeugenvernehmung, die nicht übermäßige Intensität der vorgenommenen Handlungen sowie die Entschuldigung bei den Geschädigten Bezug genommen.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 17. Januar 2012 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, wesentliche Mängel des behördlichen Verfahrens seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei der Personalrat ordnungsgemäß beteiligt worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts F..., an die das Verwaltungsgericht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG gebunden sei, habe sich der Beklagte eines innerdienstlichen Dienstvergehens schuldig gemacht. Dabei könne die Existenz von Gerüchten an der Schule, an der der Beklagte 2003 tätig gewesen sei, als wahr unterstellt werden, da die im vorliegenden Verfahren erhobenen Vorwürfe gegen den Beklagten ausschließlich auf die Vorgänge am 2... 2005, 1... 2006 und 2... 2007 gestützt seien und vom Beklagten letztlich selbst eingeräumt würden. Das festgestellte Dienstvergehen erfordere unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalles die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, da er das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Der sexuelle Missbrauch von Kindern werde grundsätzlich als ein schweres Dienstvergehen angesehen, da er in hohem Maße persönlichkeits- und gemeinschaftsschädlich sei. Erschwerend wirke sich zudem die Dienststellung des Täters als Lehrer aus sowie die jeweils innerdienstliche Tatbegehung im Dienstgebäude. Durchgreifende Entlastungsgründe, die die Prognose rechtfertigen könnten, das Dienstvergehen habe keinen endgültigen Vertrauensverlust zur Folge, lägen nicht vor. Der Beklagte habe nicht in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt, sondern die Initiative ergriffen, indem er die Schülerinnen zu sich bestellt bzw. in den von ihm genutzten W...-Raum verbracht habe. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens seien weder der Umstand, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet sei, noch seine seit 1975 erbrachten Leistungen in entscheidendem Maße entlastend. Die Ablegung eines rechtzeitigen Geständnisses und die Entschuldigung bei den Opfern reichten als Milderungsgründe schon deswegen nicht aus, weil sie erst in der Berufungsverhandlung im Wege einer „Verständigung“ geleistet worden seien und zuvor insbesondere die Glaubwürdigkeit der Zeugin H... im erstinstanzlichen Verfahren in erheblicher und für die Kammer nicht nachvollziehbarer Art und Weise in Zweifel gezogen worden sei. Erschwerend sei auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte die dritte Tat während des bereits laufenden Ermittlungsverfahrens begangen habe. Auch der Verweis auf die Kenntnis der Bedeutung und Schwere von sexuellem Missbrauch aufgrund des Verfahrens aus dem Jahr 2003 - unabhängig von der Frage des Freispruchs - sei naheliegend. Schließlich sei von durchschlagender Bedeutung, dass der Beklagte als Lehrer, dessen vorrangige Aufgabe im Umgang mit Schutzbefohlenen und Kindern bestehe, im Kernbereich seiner Pflichten versagt habe. Abgesehen von der Gefahr ähnlichen Versagens im dienstlichen Bereich sei hier ferner zu berücksichtigen, dass in Fällen des Missbrauchs von Kindern das Ansehen des betroffenen Beamten in einem Maße herabgesetzt sei, welches einen normalen Umgang nicht nur mit anvertrauten Schutzbefohlenen, sondern auch mit den Kollegen nahezu unmöglich mache bzw. ausschließe.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, zu deren Begründung er sich zunächst auf sein erstinstanzliches Vorbringen bezieht. Darüber hinaus trägt er vor, das Verwaltungsgericht hätte seinem erstinstanzlichen Beweisantrag nachgehen müssen, um das im Rahmen der Verständigung ergangene Urteil des Landgerichts F... rechtlich bewerten zu können. Das Verwaltungsgericht habe die von ihm als wahr unterstellte Tatsache der Existenz von Gerüchten an der Schule, an der er - der Beklagte - bis zum Jahr 2003 tätig gewesen sei, wie auch den Umstand, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet gewesen sei, nicht in ausreichendem Maße im Rahmen der Abwägung berücksichtigt. Bei seinem Hinweis, die Glaubwürdigkeit der Zeugin im erstinstanzlichen Strafverfahren sei in erheblicher und für die Kammer nicht nachvollziehbarer Art und Weise in Zweifel gezogen worden, berücksichtige das Verwaltungsgericht nicht, dass er im erstinstanzlichen Strafverfahren lediglich von seinem Recht als Angeklagter Gebrauch gemacht habe, sich zur Sache nicht einzulassen und mit den ihm zum zur Verfügung stehenden Mitteln die Verteidigung durchzuführen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die negative Wertung seines zulässigen rechtsstaatlichen Vorgehens den Abwägungsprozess des Verwaltungsgerichts insgesamt beeinflusst habe. Zudem hätte das Verwaltungsgericht den Freispruch aus dem Jahre 2003 entlastend bewerten müssen. Soweit das erstinstanzliche Urteil ausführe, es sei nicht davon auszugehen, dass die Verfehlung des Beklagten unter den Kollegen wegen Zeitablaufs in Vergessenheit geraten werde, treffe dies gleichermaßen für die Gerüchte zu, die über den Beklagten im Umlauf gewesen seien und die zu seiner Vorverurteilung geführt hätten. Eine solche Situation reiche jedoch gerade nicht, um ihn aus dem Dienst zu entfernen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. Januar 2012 zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers (ein Heft Angestelltenpersonalakte, ein Heft Beamtenpersonalakte, ein Heft Disziplinarakte) sowie der Akten des Strafverfahrens -... (drei Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung waren.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die von der Leiterin des Staatlichen Schulamts F... mit Zustimmung des für Schule zuständigen Ministeriums (§ 35 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 LDG in Verbindung mit § 2 Nr. 12 der bei Klageerhebung geltenden Verordnung über die beamtenrechtlichen Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport - BZVMBJS - vom 23. Februar 2006, GVBl. II S. 42) erhobene Disziplinarklage ist zulässig und begründet. Der Beklagte hat durch das strafrechtlich abgeurteilte Verhalten ein Dienstvergehen begangen, das seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfordert.
Wesentliche Mängel des Disziplinarverfahrens im Sinne von § 56 LDG sind nicht erkennbar. Insbesondere hat die nach § 68 Abs. 1 Nr. 7 PersVG erforderliche Mitwirkung des Personalrats (§ 67 PersVG) stattgefunden; die Vorsitzende des Personalrats hat mit Schreiben vom 18. Juni 2009 mitgeteilt, dass der Personalrat keine Einwendungen gegen die Einleitung der Disziplinarklage erhebe.
Der dem Beklagten vorgeworfene Sachverhalt ist erwiesen. Der Senat ist insoweit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG an die tatsächlichen Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts F... vom 23. März 2009 gebunden. An der gesetzlich vorgeschriebenen Bindungswirkung nehmen auch Strafurteile teil, die - wie das vorliegende - nach § 267 Abs. 4 StPO in abgekürzter Fassung abgesetzt sind (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 -, juris, Rn. 12; Beschluss vom 27. März 2012 - 2 WD 16.11 - juris, Rn. 20). Unerheblich ist auch der Umstand, dass das rechtskräftig gewordene Berufungsurteil nach Verständigung unter Inaussichtstellen einer Strafobergrenze von elf Monaten Gesamtfreiheitsstrafe auf Grundlage eines Geständnisses des Beklagten ohne weitere Beweisaufnahme ergangen ist. Ein Fall des Ausschlusses der Bindungswirkung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG wegen Zustandekommens des Strafurteils unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 2013 - 2 B 78.12 - juris, Rn. 9 ff.) ist nicht gegeben, denn das Landgericht hat die tatsächlichen Feststellungen seines Urteils nicht etwa ausschließlich auf ein inhaltsleeres Formalgeständnis (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - GSSt 1/04 - juris, Rn. 42; Beschluss vom 25. Januar 2006 - 1 StR 438/05 - juris, Rn. 20 ff.) des Beklagten in der Hauptverhandlung gestützt. Vielmehr ist das rechtskräftige Urteil auf der Grundlage der in die mündliche Verhandlung - auch durch die Bezugnahme in der vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten für ihn abgegebenen Erklärung - eingeführten tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts S... vom 11. April 2008 ergangen, das seinerseits auf einer umfangreichen Beweisaufnahme durch Vernehmung von 22 Zeugen basierte. Im Übrigen hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er stelle die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts F... vom 23. März 2009 nicht in Frage. Die Frage einer Lösung von diesen tatsächlichen Feststellungen nach § 58 Abs. 1 Satz 2 LDG stellt sich danach ebenfalls nicht, da keine Anhaltspunkte für eine offenkundige Unrichtigkeit bestehen.
Für die Beantwortung der Frage, ob ein Beamter seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zur Tatzeit maßgebend, soweit nicht im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiell-rechtlich günstigeres neues Recht gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 -, juris Rn. 33). Nach dem hier somit noch anwendbaren § 43 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F. begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Hierbei umfasst der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten, die eine Einheit darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 -, juris Rn. 12). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Durch die in tatsächlicher Hinsicht festgestellten drei Missbrauchshandlungen, die er jeweils am Dienstort, nämlich in den Räumen der Schule, an der er tätig war, zur Unterrichtszeit und gegenüber Schülerinnen begangen hat, deren Lehrer er zum jeweiligen Zeitpunkt war, hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft gegen seine allgemeine Dienstpflicht nach § 19 Satz 3 LBG a.F. verstoßen, mit seinem Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert.
Das Dienstvergehen des Beklagten erfordert unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 LDG). Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die von der Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 71 ff. m.w.N.; Senatsurteil vom 18. Februar 2014 - OVG 81 D 1.11 -, UA S. 27).
Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das weitere Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173 ff., zit. nach juris Rn. 10 ff., sowie Beschluss vom 28. Juni 2010 - 2 B 84.09 -, juris Rn. 13 ff. jeweils m.w.N.).
Die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG). Ein endgültiger Verlust des Vertrauens ist anzunehmen, wenn aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 74).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Durch den innerdienstlich begangenen sexuellen Missbrauch (§ 174 Abs. 1 Nr. 1, § 176 Abs. 1 StGB) ihm als Lehrer anvertrauter Schülerinnen hat der Beklagte in außerordentlich schwerer Weise im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten versagt. Mit einem solchen Verhalten beeinträchtigt ein Lehrer nicht nur das Ansehen des Berufsbeamtentums, sondern zeigt damit in der Regel seine Nichteignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 -, juris Rn. 17). Schüler, Eltern, Dienstherr und Öffentlichkeit müssen sich unbedingt darauf verlassen können, dass sexuelle Übergriffe von Lehrern auf Schüler unterbleiben. Deshalb ist bei sexuellem Missbrauch von anvertrauten Schülerinnen und Schülern unter 16 Jahren durch Lehrer gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 1, § 176 Abs. 1 StGB die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst indiziert, wenn es in der Gesamtheit an hinreichend gewichtigen entlastenden Gesichtspunkten fehlt (vgl. für den Fall eines außerdienstlich erfolgten sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 StGB BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 18, und Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 2 B 44.09 -, juris Rn. 5 ff.). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2012 - 2 B 140.11 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Dabei ist zunächst zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er nicht nur in einem Einzelfall, sondern in drei Fällen eine Schülerin sexuell missbraucht hat, und dass ihm jedenfalls bei der Missbrauchstat an S... auf Grund des zu diesem Zeitpunkt bereits geführten, durch Strafanzeige vom 14. Februar 2006 eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen der an S... begangenen Taten, von dem er ausweislich der Vertretungsanzeige seines Prozessbevollmächtigten vom 28. April 2006 jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Kenntnis hatte, Gewicht und mögliche Konsequenzen derartiger Handlungen in besonderem Maße bewusst sein mussten. Der Umstand, dass er bei den von ihm begangenen Straftaten seine Autoritäts- und Vertrauensstellung als Lehrer ausnutzte, begründet bereits die Schwere des Dienstvergehens, ist also nicht zusätzlich zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen.
Die zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigenden Gesichtspunkte rechtfertigen keine abweichende Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens. Zwar liegen die von ihm begangenen Missbrauchstaten nach der Art der Tatbegehung - Berührung der Haut unter der Oberbekleidung und im Fall der S... von Brust und Gesäß jeweils mit Bekleidung (BH bzw. Hose) - nicht im oberen Bereich denkbarer Intensität, und hat der Beklagte in allen Fällen von den Schülerinnen abgelassen, als diese durch Ausruf („ih“, S...), Wegdrücken der Hände oder die Erklärung, jetzt zu gehen (S...), deutlich machten, dass ihnen die Berührung unangenehm war. Der Umstand, dass es schwerere Formen der Tatbegehung geben könnte, verringert indessen nicht die objektive Schwere der begangenen Taten.
Milderungsgründe, die es rechtfertigen könnten, von der durch die Schwere der Tat indizierten disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen, liegen nicht vor.
Von der Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe und Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch etwa einer verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich aus allen denkbaren Umständen ergeben, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.).
Davon ausgehend sind weder dem Vorbringen des Beklagten noch dem sonstigen Akteninhalt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von Erkenntnissen insbesondere zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung zu entnehmen, die den Schluss auf das Vorliegen eines anerkannten Milderungsgrundes oder aber jedenfalls auf das Vorliegen von Entlastungsmomenten, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes vergleichbar ist, zuließen.
Anhaltspunkte für eine existenzbedrohende wirtschaftliche Notlage, Krankheiten, Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder anderen Drogen, das Bestehen einer - körperlichen oder psychischen - Ausnahmesituation oder verminderter Schuldfähigkeit bestehen nicht. Der Beklagte war im Tatzeitraum verheiratet. Die Ehe ist erst nachträglich zerbrochen; nach Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat seine Ehefrau auf Grund des streitgegenständlichen Sachverhalts die Scheidung eingereicht.
Es ist auch nichts dafür erkennbar, dass der Beklagte im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt hätte. Die bei den Taten zu Lasten der S... bestehende Situation - Aufhalten allein mit der Schülerin in dem im Keller befindlichen WAT-Unterrichtsraum - ist für einen Lehrer in dem Sinne durchaus typisch, dass sich das Alleinsein mit Schülerinnen in einem Unterrichtsraum nicht immer wird vermeiden lassen können. Jedenfalls bei der zweiten Tat und bei derjenigen zu Lasten der S..., in der er die Tatsituation durch Aufforderung der Schülerin, ihn im WAT-Raum aufzusuchen, gezielt hergestellt hat, kann weder von einer einmaligen noch von einer persönlichkeitsfremden Handlung gesprochen werden.
Auch ein tätiges Abrücken von der Tat ist nicht erkennbar. Zwar hat der Beklagte die Mädchen gehen lassen, als diese seine Berührungen (z.T. verbal) abwehrten. Bei S... hat er es aber ein weiteres Mal versucht; im Fall S... folgte umgehend deren Anzeige und anschließend die Untersagung der Führung der Dienstgeschäfte.
Soweit der Beklagte geltend macht, er sei auf Grund des Strafverfahrens im Jahr 2003 trotz des Freispruchs Gerüchten ausgesetzt gewesen, ist eine Ausnahmesituation, die einen Milderungsgrund darstellen könnte, nicht zu erkennen. Es ist schon kaum vorstellbar, dass ein unter Gerüchten, er belästige Schülerinnen, leidender Lehrer durch diesen psychischen Druck dazu verleitet werden könnte, das ihm zu Unrecht zugeschriebene Verhalten zu verwirklichen. Unabhängig davon stand ihm, wenn ihn die Gerüchte so belastet haben sollten, die Möglichkeit offen, schon zu einem früheren Zeitpunkt die Umsetzung an eine andere Schule zu erstreben. Dass er sich hierum bemüht hätte, trägt der Beklagte selbst nicht vor.
Auch für eine sog. negative Lebensphase, also das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben, wobei hinzu kommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 ff. zit. nach juris, Rn. 40 m.w.N.), bestehen keine Anhaltspunkte.
Dass der Beklagte im Strafverfahren - wenn auch erst in zweiter Instanz - ein Geständnis abgelegt und sich bei den Geschädigten entschuldigt hat, vermag auch unter dem Gesichtspunkt eines entlastenden Moments ein Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme nicht zu rechtfertigen. Zur Klarstellung weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass umgekehrt der Umstand, dass Geständnis und Entschuldigung erst in zweiter Instanz erfolgten, nachdem im erstinstanzlichen Verfahren eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt worden war, dem Beklagten nicht erschwerend zur Last zu legen ist. Ein Verhalten, das die Rechtsordnung im Strafverfahren hinnimmt, um eine wirkungsvolle Verteidigung zu gewährleisten, darf dem Beamten nachträglich im sachgleichen Disziplinarverfahren nicht als erschwerender Umstand bei der Maßnahmebemessung zur Last gelegt werden (BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 2 B 56.12 - juris, Rn. 8). Zulässiges Verteidigungsverhalten schließt es ein, Belastungszeugen, insbesondere das Tatopfer, mit unzutreffenden Behauptungen anzugreifen oder gar der Lüge zu bezichtigen, um ihre Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben zu erschüttern; vom Recht auf Verteidigung nicht mehr gedeckt ist dagegen eine Herabwürdigung von Zeugen, die keinen Bezug zur Tat aufweist, (BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 2 B 56.12 - juris, Rn. 7). Die Grenze zulässigen Verteidigungsverhaltens ist durch die Verteidigungsstrategie des Beklagten im Verfahren vor dem Amtsgericht, auch soweit er behauptet hat, die Geschädigte S... habe über einen Mitschüler unrichtige Behauptungen aufgestellt, nicht überschritten worden.
Dass der Beklagte, der schon seit 1975 als Lehrer tätig war, bis zu seiner Suspendierung ordentliche dienstliche Leistungen erbracht hat und disziplinarrechtlich unbescholten war, fällt angesichts der Schwere der Verfehlung nicht ausschlaggebend ins Gewicht. Jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris, Rn. 82 und vom 23. November 2006 - 1 D 1.06 -, juris Rn. 40). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, juris Rn. 43 m.w.N.).
Weitere durchgreifende entlastende Umstände hat der Beklagte gegenüber dem Senat - der dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben hat, entlastende Aspekte vorzutragen - nicht geltend gemacht.
Schließlich rechtfertigen es - auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK - weder die lange Dauer des Disziplinarverfahrens noch das lange Zurückliegen des Dienstvergehens, von der Entfernung aus dem Dienst abzusehen, wenn - wie hier - diese Maßnahme disziplinarrechtlich geboten ist. In diesem Fall lässt sich die Anerkennung eines Milderungsgrundes der überlangen Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis vereinbaren. Zwar kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme in diesen Fällen unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren ausgelösten wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben, so dass sie eine günstige Persönlichkeitsprognose ermöglichen. Demgegenüber geht es bei der Dienstentfernung darum, das Beamtenverhältnis in Fällen besonders schwerer Dienstvergehen zu beenden, weil der Beamte im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. An dem endgültigen Vertrauensverlust, den er durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermögen eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Januar 2013 - 2 B 89.11 -, juris Rn. 11, vom 30. August 2012 - 2 B 21.12 -, juris Rn. 15 und vom 1. Juni 2012 - 2 B 123.11 -, juris Rn. 4 und 6; Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 84). Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er die Entfernung aus dem Dienst bzw. Beamtenverhältnis im Gegensatz zu allen anderen Disziplinarmaßnahmen vom Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs ausgenommen hat (§ 15 LDG).
Auf der Grundlage aller be- und entlastenden Umstände fällt die prognostische Gesamtwürdigung für den Beklagten negativ aus. Durch das wiederholte schwerwiegende innerdienstliche Fehlverhalten zu Lasten der ihm als Lehrer anvertrauten Schülerinnen, und damit im Kernbereich seiner Pflichten, hat er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG), ohne dass es darauf ankäme, ob das Ansehen des Beklagten unter seinen Kollegen derart herabgesetzt ist, dass ein störungsfreier Dienstablauf mit ihm nicht gewährleistet werden könnte. Es liegen keine Umstände vor, die geeignet wären, die Schwere des Dienstvergehens erheblich herabzusetzen, oder die sonst die Prognose rechtfertigen könnten, das erforderliche Vertrauen sei wiederherstellbar. Unter diesen Voraussetzungen ist das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums zu beenden.
Der Umstand, dass der Beklagte im sachgleichen Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, steht der Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme nicht entgegen. Das in Art. 103 Abs. 3 GG verankerte Verbot der Doppelbestrafung gilt wegen der unterschiedlichen Zielrichtung der Maßnahmen nicht im Verhältnis von Disziplinarrecht und Strafrecht. Das Maßnahmeverbot nach § 14 Abs. 1 LDG erstreckt sich nicht auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Abzuwägen sind das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastungen andererseits. Hat ein Beamter - wie hier - durch vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört, ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte stellt sich für den Beklagten nicht als unverhältnismäßig dar. Die Auflösung des Beamtenverhältnisses beruht auf einer schuldhaften Verletzung von Dienstpflichten durch den Beklagten und ist ihm daher als vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 2002 - 1 D 8.01 -, juris Rn. 41 und vom 20. Februar 2002 - 1 D 19.01 -, juris Rn. 38).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs. 4 LDG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 LDG in Verbindung mit § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 70 LDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG liegen nicht vor.