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Umsatzsteuer 2011, 2012 und 2013


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 17.06.2020
Aktenzeichen 7 K 7306/17 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2020:0617.7K7306.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2013, jeweils vom 21.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.11.2017, werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten bei der Umsatzsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 darum, ob die Erlösanteile aus Eigenleistungen bei der Erbringung von Reiseleistungen im Inland steuerbar und steuerpflichtig sind.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung –GmbH–. Gegenstand des Unternehmens ist laut Handelsregister die Veranstaltung von Pauschalreisen, die Erbringung touristischer Dienstleistungen, die Vermittlung von Reisen sowie die Vermietung und der Handel mit Ausrüstungsgegenständen und Kleidung.

Die Klägerin ist eine Reiseveranstalterin, die fast ausschließlich Reiseleistungen an den Endverbraucher erbringt. (…) Die Klägerin bietet (…) insbesondere Kanutouren und Kajakreisen in verschiedene Regionen S...s an. Angeboten werden unterschiedliche Komplettpakete inklusive Anreise, die überwiegend per Bus erfolgt. (…). Die Überfahrt nach S... erfolgt in der Regel per Fähre. In S... unterhält die Klägerin ein angemietetes Lager (Basiscamp B… in C…), in dem die Ausrüstungsgegenstände und Lebensmittel für die Kunden bereitgestellt werden (Bl. 114 ff. der Gerichtsakte –GA–, Zeitungsartikel vom 07.02.2017 in der nicht paginierten Körperschaftsteuerakte, Bl. 103 der Betriebsprüfungsakte Band I von II –BP Bd. I von II–, Bl. 292 der Betriebsprüfungsakte Band II von II –BP Bd. II von II–). Die von der Klägerin angemieteten Gebäude in den Basiscamps sind fest mit dem Boden verankerten und verfügen über Telefone, Internetanschluss und die notwendige technische Ausrüstung. Die freien Mitarbeiter in S... sind in den Sommermonaten zum Teil ständig bzw. in einigen Camps nur bei der An- und Abreise vor Ort.

Von der Klägerin selbst angeschaffte, sowie zum Teil auch angemietete Kanus, Zelte und Ausrüstungsgegenstände werden vor Ort gelagert. Die Reisen werden direkt an den Endverbraucher zu einem Gesamtpreis pro Person verkauft. Bei der Option der Anreise durch Bus und Fähre starten und enden die Reisen in Deutschland. Die Eigenanreise mit eigenem Pkw ist ebenfalls möglich (Bl. 43 GA).

Die Klägerin erbringt gemischte Reiseleistungen. Sie erbringt Leistungen mit eigenen Mitteln und nimmt Reisevorleistungen in Anspruch. Nur für die auf Reisevorleistungen basierenden Leistungen nahm die Klägerin die Margenbesteuerung gemäß § 25 Umsatzsteuergesetz –UStG– in Betracht vor.

Die Klägerin erklärte folgende Umsätze und Vorsteuern für die Streitzeiträume (Bl. 5/2011 ff. der Umsatzsteuerakte –USt–):

        

2011 (Bl. 5/2011 ff. USt)

2012 (Bl. 6/2012 ff. USt)

2013 (Bl. 1/2013 ff. USt)

nicht steuerbare Umsätze

495.813,00 €

452.605,00 €

397.299,00 €

steuerpflichtige Umsätze zu 19 %

588.040,00 €

626.814,00 €

737.165,00 €

Lieferungen § 3 Abs. 1b UStG

-       

-       

119,00 €

sonstige Leistungen § 3 Abs. 9a UStG 19 %

4.906,00 €

10.301,00 €

9.851,00 €

steuerpflichtige Umsätze zu 7 %

73,00 €

55,00 €

-       

steuerfrei Umsätze mit Vorsteuerabzug Reiseleistungen § 25 Abs. 2 UStG

18.405,00 €

17.855,00 €

14.123,00 €

steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug § 4 Nr. 10b und 11 UStG

16.565,00 €

19.599,00 €

17.171,00 €

Summe Umsatzsteuer aus steuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen

112.664,85 €

121.055,70 €

141.955,65 €

abzüglich Vorsteuer

82.836,95 €

79.312,34 €

84.615,08 €

verbleibende Umsatzsteuer

29.827,90 €

41.743,36 €

57.340,57 €

Die Klägerin fügte den Umsatzsteuererklärungen selbst erstellten Anlagen bei, aus denen ersichtlich ist, wie die Klägerin die erzielten Gesamtumsätze aus den erbrachten Reiseleistungen in steuerpflichtige, steuerfreie und nicht steuerbare Umsätze aufteilte (Bl. 2/2011, 2/2012, 7/2013 USt). Zunächst setzte sie die Aufwendungen für Eigenleistungen (Abschreibung für Anlagevermögen in S…, Lebensmittel S…, Programmkosten S…, Zeltplatzmiete S…, allgemeine Kosten B… (S…), Telefonkosten S…, Energiekosten S…) und Aufwendungen für Fremdleistungen (Reisevorleistungen innerhalb der EU, Personenbeförderung mit Fähren und Bussen in/nach S…, allgemeine Reisekosten S…, Aufwand für selbstständige Betreuer in S…) und Reisevorleistungen außerhalb der EU ins Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen. Der Anteil der Aufwendungen für Eigenleistungen an den Gesamtaufwendungen betrug nach dieser Berechnungsmethode für 2011: 24,15 %, für 2012: 20 % und für 2013: 14,95 %.

Anhand dieses Prozentsatzes ermittelte die Klägerin den Anteil des Reiseentgeltes an den Einnahmen aus eigenveranstalteten Reisen, der auf Eigenleistungen entfällt, wie folgt:

2011: 24,15 % von 1.942,583,46 € = 469.133,91 €

2012: 20,00 % von 2.049.584,14 € = 409.916,82 €

2013: 14,95 % von 2.375.159,00 € = 355.086,00 €

Die Klägerin geht davon aus, dass der Teil des Reisepreises, der bei eigenveranstalteten Reisen im/ins Ausland auf Eigenleistungen entfalle, am „Ort der schwedischen Betriebsstätte“ erbrachte werde und somit in Deutschland nicht steuerpflichtig sei. Eine Aufteilung in einzelne Eigenleistungen erfolgte nicht.

Den steuerpflichtigen Umsatz ermittelte die Klägerin, indem sie den ermittelten Anteil des Reisepreises, der auf Eigenleistungen entfällt, von den Gesamteinnahmen abzog. Von dem verbleibenden Betrag zog sie den Aufwand für Reisevorleistungen ab. Den sodann ermittelten Brutto-Regieertrag teilte sie auf in einen steuerfreien (§ 25 Abs. 2 UStG) und einen steuerpflichtigen Regieertrag (=steuerbarer und steuerpflichtiger Regieertrag bei eigenveranstalteten Reisen nach/in S…, der der Margenbesteuerung unterliegt).

Die Klägerin war im Streitzeitraum in S… steuerlich nicht registriert (Bl. 13 GA).

Ab dem 23.09.2015 führte der Beklagte für die Veranlagungszeiträume 2011, 2012 und 2013 bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung durch.

Im Zuge der Prüfung stellte der Prüfer fest, dass die Ermittlung der steuerpflichtigen Marge gemäß § 25 Abs. 3 UStG grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. Die Reiseleistungen seien jedoch als einheitliche Leistung gegenüber dem Kunden anzusehen. Die einheitliche Leistung beinhalte folgende Einzelleistungen (Bsp. Sommertouren): Planung und Organisation, Transport ins Veranstaltungsgebiet (überwiegend Reisevorleistung), Bereitstellung der Transportmittel (Kanu, Kajak, Floß), Einweisung in den Gebrauch durch Personal vor Ort, Bereitstellung von Ausrüstung und Verpflegung, Bereitstellung von Unterkünften (Hütten, Tipi) und Übernachtungsplätzen (Campgrounds, Inseln) und die Betreuung durch Reiseleiter und weiteres Personal. Aus Sicht des Kunden handele es sich um ein Leistungsbündel von Haupt- und Nebenleistungen, die ein wirtschaftliches Ganzes bilden würden. Bei Erbringung eines Bündels von Leistungen sei das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln und aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers festzustellen, ob der Steuerpflichtige an den Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt (Gerichtshof der Europäischen Union –EuGH–, Urteil vom 25.02.1999, C-349/96). Die einheitliche sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) werde gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG in D… ausgeführt. Die Sonderregelung gemäß § 3a Abs. 3 UStG komme nicht zur Anwendung, da eine Aufteilung in Einzelleistungen nicht vorzunehmen sei. Anders als bei Anbietern „klassischer“ Pauschalreisen mit klar abgrenzbaren einzelnen Leistungsteilen seien die angebotenen Reisen der Klägerin viel stärker von den seitens des Unternehmers erbrachten Eigenleistungen geprägt, ohne das hierbei einzelne Leistungsteile klar hervorträten. Die Klägerin selbst habe keine Aufteilung der Entgelte in der Anlage zur Umsatzsteuer vorgenommen. Der Prüfer verweist insofern auf das Urteil des Finanzgerichts –FG– München vom 29.11.2001 (14 K 3554/97, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2002, 353). Für den Umsatzanteil, der auf Eigenleistungen entfalle, bestimme sich der Ort der Leistung folglich nach § 3a Abs. 1 UStG. Die Leistungen würden daher am Sitz des Unternehmers in D… ausgeführt und seien somit im Inland steuerbar und steuerpflichtig (Bl. 294 BP Bd. II von II).

Auf einem Ausdruck der Internetseite der Klägerin vom 20.03.2018 (Bl. 114 ff. GA) ist ersichtlich, dass bei einer Buchung eines Reisepakets (…) neben den Reiseleistungen, die inklusive sind, auch optionale Reiseleistungen hinzugebucht werden können (z.B. Fahrrad, Wasserwanderkarte, vegetarisches Proviantpaket). Weiterhin sind Voucher abgedruckt, die zur Einlösung der Leistungen vor Ort dienen, auf denen Informationen zur Reise (Gast, Rückfahrt, Rückkunft, Ankunftszeit, Ausstieg, Ausstiegsort) und Hinweise oder die jeweilige Leistung (z.B. Morning Light Kanutour) vermerkt sind.

In den Akten der Betriebsprüfung befindet sich ein Ausdruck einer Tabelle, aus der sich die verschiedenen Touren und deren Inhalt (Art der Verpflegung, Unterkunft, Anreise) in der Weise ergeben, dass bei der jeweiligen Tour und der jeweiligen Art der Verpflegung, Unterkunft, Anreise ein Kreuz für das jeweilig Zutreffende gesetzt wurde (Bl. 106 BP Bd. I von II). Weiterhin ist der Katalog abgedruckt, aus dem sich die verschiedenen Touren und die in den Touren enthaltenen Leistungen ergeben (Bl. 110 BP Bd. I von II). Aus welchem Jahr der Katalog stammt, ist nicht ersichtlich.

Die nach Auffassung des Prüfers zusätzlich nach dem Regelsteuersatz zu besteuernden Umsätze ermittelte dieser wie folgt (Bl. 295 BP Bd. II von II):

        

2011   

2012   

2013   

Bemessungsgrundlage

394.229,00 €

344.467,00 €

298.391,00 €

Umsatzsteuer

74.903,00 €

65.445,00 €

56.694,00 €

Mit Umsatzsteuerbescheiden vom 21.09.2016 setzte der Beklagte die Prüfungsergebnisse um und erhöhte die Umsatzsteuer für die Streitjahre entsprechend (Bl. 10/2011, 16/2012, 19/2013 USt).

Mit Datum vom 20.10.2016 legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 01.11.2017 als unbegründet zurückwies.

Die Klägerin hat am 23.11.2017 Klage erhoben.

Die Klägerin geht davon aus, dass bei den Einzelleistungen, die nicht der Margenbesteuerung unterliegen, jede Leistung selbständig zu beurteilen sei, soweit nach den allgemeinen Regeln keine einheitliche Leistung vorliege. Es liege keine einheitliche Leistung besonderer Art vor, die zur Anwendung der Ortsbestimmung des § 3a Abs. 1 UStG führe. Die Fiktion der einheitlichen Dienstleistung gelte nur für Reiseleistungen, die unter die Sonderregelung des § 25 UStG fielen.

Bei den einzelnen Teilleistungen handele es sich um abgrenzbare Einzelleistungen, die nur teilweise im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung (–HL–, –NL–) zueinanderständen. Die Hauptleistungen seien dabei die „Überlassung der Wasserfahrzeuge“ (Kanus, Kajak, Floß) und die „Erbringung von Übernachtungsleistungen“. Die übrigen Teilleistungen würden Nebenleistungen darstellen. Dafür spreche, dass der Reisende bei der Buchung sein „Wasserfahrzeug“ (Kajak, Kanu, Hausfloß) sowie seine „Übernachtungsoption (Zelt, Tipi, Ferienhaus) unter einer Reihe verschiedenster Auswahlmöglichkeiten wählen könne. Auch aus den Erfahrungsberichten auf der Homepage sei ersichtlich, dass der Verbraucher zwischen diesen Leistungen differenziere, da es hauptsächlich um die Beschreibung der Kanus oder den Zustand der Übernachtungsmöglichkeiten ginge.

Bei Reisen, die sich auch oder ausschließlich auf das Ausland erstrecken, unterliege nur die jeweilig im Inland erbrachte Einzelleistung der Besteuerung (Abschn. 25.1 Abs. 3 S. 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass –UStAE–).

Der Ort der einzelnen Eigenleistungen bestimme sich wie folgt:

Art der Teilleistung

Ort der Leistung

Planung und Organisation

unselbständige NL

Bereitstellung der Kanus, Kajaks, Flöße

HL 1, S…, § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG

Bereitstellung von Ausrüstung für die Wasserfahrzeuge

NL zu HL 1, S…, § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG

Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten

HL 2, S…, § 3a Abs.3 Nr. 1 UStG

Bereitstellung von Ausrüstung für die Übernachtung

NL zu HL 2, S…, § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG

Bereitstellung von Verpflegung

HL 3, S…, § 3 Abs. 7 UStG

Die Tatsache, dass ein einheitliches Entgelt erhoben werde, reiche für die Annahme einer einheitlichen Leistung nicht aus (Abschn. 3.10 Abs. 2 Satz 4 UStAE). Dies widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH– und des EuGH (EuGH, Urteil vom 25.02.1999 – C-349/96, Sammlung der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union –Slg.– 1999, I-973; BFH, Urteil vom 10.02.2010 – XI R 49/07, Bundessteuerblatt –BStBl. – II 2010, 1109).

Das Urteil des FG München vom 29.11.2001 (14 K 3554/97), auf das sich der Prüfer in seinem Bericht beziehe, sei nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar. Das Urteil beziehe sich auf einen Reiseveranstalter, der Sportreisen in verschiedene Länder anbiete. Der Schwerpunkt der erbrachten Eigenleistung habe dort in der Planung und Durchführung der verschiedenen Sportaktivitäten der Reiseteilnehmer sowie die entsprechende Betreuung der Reiseteilnehmer vor Ort gelegen. Die Überlassung eines Grundstücks zu Sportzwecken und der Sportgeräte habe nicht im Vordergrund der bezogenen Leistung gestanden. Vorliegend handele es sich um klar abgrenzbare Teilleistungen. Nicht die sportliche Betätigung des Reisenden im Allgemeinen sei Inhalt der Leistung gewesen, sondern der Transport zum Urlaubsort, die Überlassung des Wasserfahrzeuges und die Verpflegung. Jede der Leistungen habe einen eigenen Zweck. Durch Bündelung entstehe daher keine einheitliche Leistung.

Die Durchführung von gemischten Reiseleistungen stelle umsatzsteuerlich keine einheitliche Leistung dar (BFH, Urteil vom 20.11.1975 – V R 138/73, BStBl. II 1976, 307; OFD Karlsruhe, Verfügung vom 29.02.2016 – S 7419 Karte 1). So würden beispielsweise Flugleistungen, die innerhalb einer an den Reisenden einheitlich erbrachten Pauschalreise typsicherweise unverzichtbarer Bestandteil der Reise seien, aber dennoch nach § 3b UStG besteuert (FG Hessen vom 27.04.2017 – 6 K 1668/14, n.v.; BFH, Urteil vom 01.03.2017 – V R 23/17, BStBl. II 2018, 503). Der Ort der Betreuungsleistung richte sich nur deshalb nach § 3a Abs. 1 UStG, weil keine andere Sondervorschrift Anwendung finde.

Die Klägerin habe selbst keine Aufteilung der Gesamtentgelte vorgenommen, da die Aufteilung auf die einzelnen Teilleistungen im Rahmen der Deklarationspflicht nicht vorgesehen sei. Es sei lediglich die Bemessungsgrundlage der Leistungen anzugeben, die aufgrund ihres Leistungsorts in Deutschland nicht steuerbar seien. Insofern bietet die Klägerin an, diese Aufteilung nachzuholen.

Sollte es entgegen der Auffassung der Klägerin aufgrund der Anwendung des § 3a Abs. 1 UStG auf das Vorliegen einer Betriebsstätte in S… ankommen, so sei für die Auslegung des Begriffs Betriebsstätte i. S. d. § 3a Abs. 1 S. 2 UStG nicht § 12 Abgabenordnung –AO–, sondern die unionsrechtliche Bestimmung gemäß Art. 11 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (VO EU Nr. 282/2011) vom 15.03.2011 –MwStVO– maßgeblich. Das Camp in B… in C… sowie die Inseln & Tipis am E… und F… würden zu einer umsatzsteuerlichen Betriebsstätte in S… führen, da sie einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweisen, die es von der personellen und technischen Ausstattung her erlaube, Dienstleistungen zu erbringen. Die dort arbeitenden freien Mitarbeiter träfen eigenständig Entscheidungen über Auswahl und Ausgabe der Wasserfahrzeuge, der Ausrüstung und der Verpflegung der Reisenden. Das „Leistungsbündel Eigenleistung“ werde nur in S… vor Ort erbracht.

In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Klägerin erklärt, dass der wesentliche Umsatz in den Sommermonaten daraus resultiere, dass Kunden mit dem Bus nach S… transportiert würden, dort an den vereinbarten Übergabepunkten Kanus, ein Zelt, Lebensmittel und weitere für das Leben im Freien erforderliche Ausrüstungsgegenstände entgegennähmen und auf häufig kommunalen Zeltplätzen auf mehrtägigen Touren übernachteten. Die Gemeinden im Zielgebiet erhöben eine Art Kurtaxe, mit der die Nutzung der Zeltplätze abgegolten sei und die von der Klägerin nach Art deutscher Ferienwohnungsvermieter erhoben und an die Gemeinde weitergeleitet würde. In welchem Umfang in den Streitjahren in S… bei der Klägerin angestellte Mitarbeiter oder freie Mitarbeiter die Materialien usw. ausgegeben hätten, könne nicht zweifelsfrei gesagt werden. Nach den Streitjahren sei die Klägerin in S… umsatzsteuerlich erfasst worden und versteuere dort die in S… zu versteuernden Umsatzanteile.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2013, jeweils vom 21.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.11.2017, aufzuheben,

die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass es sich vorliegend bei den aufgrund von Eigenleistungen erbrachten Leistungen um ein aus mehreren Leistungselementen bestehendes, aber wirtschaftlich als einheitliche Leistung anzusehendes Leistungsbündel handele.

Das von der Klägerin zusammengestellte Leistungsbündel bilde nach den Vorstellungen der Reiseteilnehmer ein wirtschaftliches Ganzes, bei dem nicht eine einzelne Leistung den alleinigen Hauptzweck darstelle. Abgrenzbare Einzelleistungen lägen nicht vor. Insofern sei die Anwendung der Sonderregelung zur Ortsbestimmung gem. § 3a Abs. 3 UStG nicht möglich. Hierfür spreche auch, dass die Klägerin selbst keine Aufschlüsselung des berechneten Umsatzanteils für die von ihr erbrachten Eigenleistungen in Teilleistungen vorgenommen habe.

Da keine steuerliche Anmeldung in S… erfolgt sei, führe die Nichtversteuerung im Inland dazu, dass an einen privaten Endverbraucher erbrachte Leistungen innerhalb des Gemeinschaftsgebiets unversteuert blieben.

Zudem sei eine Betriebsstätte in S… zu verneinen. Dort befände sich lediglich ein gemietetes Lager, in dem die Ausrüstungsgegenstände und Lebensmittel für die Reisegäste bereitgehalten würden. Dieses Lager weise keine beständige Struktur auf, die eine autonome Erbringung der Reiseleistungen ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass an den einzelnen Plätzen in S… die entsprechenden Verträge mit den Kunden abgeschlossen würden, dort die Rechnungslegung erfolge oder Aufzeichnungen gemacht würden. Auch die Betreuung vor Ort führe nicht zur Annahmen einer Betriebsstätte. Gemäß BFH-Urteil vom 23.09.1993 (V R 132/89, BStBl. II 1994, 272) werde die Reisebetreuungsleistung von angestellten Reiseleitern am Unternehmenssitz ausgeführt. Zudem habe die Klägerin in der Vergangenheit erklärt, dass der von ihr genutzte Begriff „Betriebsstätte“ nicht im Sinne des Umsatzsteuerrechts zu verstehen sei (Bl. 11 ff., 100 GA).

Folglich befände sich der Ort der Leistung gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG im Inland. Dies sei auch dann der Fall, wenn einzelne Leistungsteile nicht von diesem Ort aus erbracht würden (BFH, Urteil vom 26.03.1992 – V R 16/88, BStBl. II 1992, 929).

Dem Gericht haben neun Bände Steuerakten zur Steuernummer … (Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Vertragsakte, Bilanzakte, Einspruch, Betriebsprüfungsakten Band I, Band I von II, Band II von II), die der Beklagte für die Kläger führt, vorgelegen.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die streitigen als Eigenleistungen erbrachten Reiseleistungen sind nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3a Abs. 1 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig.

I. Die Klägerin erbringt Reiseleistungen zum Teil als Eigenleistung und zum Teil unter Inanspruchnahme von sog. Reisevorleistungen i. S. von § 25 UStG. Daher muss zur Ermittlung der Umsatzsteuer der einheitliche Reisepreis aufgeteilt werden. Die Reiseleistungen eines Unternehmers, bei denen er gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen i. S. von § 25 Abs. 1 UStG in Anspruch nimmt, unterliegen der sog. Margenbesteuerung des § 25 Abs. 3 UStG. Erbringt der Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG. Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen (BFH, Urteil vom 22.08.2019 – V R 12/19, V R 9/16, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2019, 2420).

Für die Besteuerung der Reiseleistungen des Unternehmers, die mit eigenen Mitteln ausgeführt werden, gelten dagegen die allgemeinen Vorschriften. Jede einzelne Reiseleistung ist umsatzsteuerlich selbständig zu beurteilen, wenn und soweit nach den allgemeinen Regeln keine einheitliche Leistung vorliegt (Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, UStG, 87. EL September 2019, § 25 Rn. 143, m. w. N.).

Die Klägerin ermittelte, gemäß den Anlagen zu den Umsatzsteuererklärungen, die Höhe der Eigenleistungen, indem sie zunächst die Aufwendungen für Eigenleistungen (Abschreibung für Anlagevermögen in S…, Lebensmittel S…, Programmkosten S…, Zeltplatzmiete S…, allgemeine Kosten B… (S…), Telefonkosten S…, Energiekosten S…) und die Aufwendungen für Fremdleistungen (Reisevorleistungen innerhalb der EU, Personenbeförderung mit Fähren und Bussen in/nach S…, allgemeine Reisekosten S…, Aufwand für selbstständige Betreuer in S…) und Reisevorleistungen außerhalb der EU ins Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen setzte und so den jeweiligen Prozentsatz ermittelte. Den so ermittelten Prozentsatz wendete die Klägerin auf den Gesamtumsatz an.

Die Ermittlung der Höhe der Leistungen, die der Margenbesteuerung unterliegen, und die Höhe der Eigenleistungen ist vorliegend unstreitig.

II. Die durch die Klägerin erbrachten Eigenleistungen stellen eine einheitliche Leistung dar. Der Ort dieser einheitlichen Leistung ist gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG die Betriebsstätte der Klägerin in S….

1. Für die Frage, ob mehrere Tätigkeiten steuerrechtlich zu nur einem Umsatz oder mehreren eigenständigen Umsätzen führen, gelten folgende Grundsätze: Zunächst ist in der Regel jede Leistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln (EuGH, Urteil vom 25.02.1999 – C-349/96 – Card Protection Plan, Slg. 1999, I-973, Rn. 29). Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind. Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei kommt es für die Beurteilung, ob ein Vorgang „untrennbar” ist, auf die Sicht des Durchschnittskunden an, dem es ggf. um die Verbindung verschiedener Elemente geht. Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG (BFH, Urteil vom 10.01.2013 – V R 31/10, BStBl. II 2013, 352, II. 1. a) der Gründe m. w. N.).

2. Davon ausgehend hat die Klägerin im Streitjahr weder selbständige Leistungen im Zusammenhang mit im Ausland gelegenen Grundstücken noch im Zusammenhang mit der Vermietung eines Beförderungsmittels vor Ort tatsächlich bewirkt. Es handelt sich vielmehr um einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang, der zu einer einheitlichen Leistung führt.

In dem Urteil vom 20.11.1975 (V R 138/73, BStBl. II 1976, 307) hat der BFH darauf hingewiesen, dass zusammengehörige Vorgänge nicht deshalb als einheitliche Leistung angesehen werden könnten, weil sie einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel dienen würden. Er weist aber darauf hin, dass die Annahme einer einheitlichen Leistung gerechtfertigt sei, wenn die einzelnen Faktoren so ineinandergreifen würden, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten würden (siehe hierzu auch BFH, Urteil vom 15.09.1994 – XI R 51/91, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 1995, 305). In dem dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um das Angebot von Pauschalreisen, die neben dem üblichen Angebot von Unterkunft, Transport und Verpflegung keine anderen wesentlichen Leistungen umfassen. Der BFH argumentiert insofern auch damit, dass bereits beim Angebot einer Pauschalreise durch den Veranstalter mit den Vorzügen der einzelnen Leistungen geworben wird. Die Beurteilung der Reisenden erfolge bezüglich der einzelnen Leistungen getrennt und es ließen sich auch Veränderungen der einzelnen Elemente vornehmen.

Für den vorliegenden Sachverhalt folgt der Senat der Entscheidung des BFH nicht. Für die Beurteilung des Vorliegens einer einheitlichen Leistung sind vorliegend andere Kriterien heranzuziehen, als sie der BFH noch für seine Entscheidung zu den Pauschalreisen herangezogen hat. Hinzukommt, dass es vorliegend neben den einzelnen im Rahmen einer Pauschalreise angebotenen Leistungen einen übergeordneten Hauptzweck, nämlich das Erlebnis Reisen in der Natur mit Wasserfahrzeugen und des Lebens in der Natur, gibt. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil zugrunde lag. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers hat die Klägerin vorliegend ein Bündel von mehreren Leistungen erbracht, die für die Teilnehmer untrennbar miteinander verbunden sind und ihnen auch als einheitliche Leistung verkauft werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Leistungsempfänger in erheblichem Umfang Einfluss auf das angebotene Leistungspaket nehmen können. Die Klägerin bewarb die Leistungen nicht einzeln, sondern vielmehr machte nur die Zusammenstellung der Leistungen Sinn. Auf der Internetseite der Klägerin werden speziell zusammengestellte Pakete zu einem einheitlichen Preis angeboten. Es geht vorliegend um ein einheitliches Reiseerlebnis. Die verschiedenen Faktoren wie Unterkunft, Verpflegung und Transport mit Wasserfahrzeugen greifen ineinander, da die zur Verfügung gestellten Zelte ihre optimale Funktion (Ortsungebundenheit, Transportfähigkeit unter Inkaufnahme eines begrenzten Witterungsschutzes und einer begrenzten Schlafqualität) insbesondere im Zusammenhang mit Kanutouren entlang von (nach Zahlung einer Kurtaxe) frei nutzbaren Zeltplätzen in einem Kanugebiet entfalten konnten. Umgekehrt könnte das Kanu für die vorgesehenen und von den Reisenden offenbar als attraktiv angesehenen Routen nicht ohne Übernachtung in Zelten genutzt werden, da nach Aktenlage keine anderen Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen würden. Die Klägerin trägt zwar vor, dass der Reisende bei der Auswahl seiner Übernachtungsmöglichkeit und des Wasserfahrzeuges unter einer Reihe verschiedenster Auswahlmöglichkeiten wählen könne. Auf einer Liste, auf der die verschiedenen Touren dargestellt sind, ist jedoch jeweils angekreuzt, welche Art des Transports, der Unterkunft und der Verpflegung erfolgt. Die Auswahl wird daher durch die Klägerin getroffen und entspricht auch den Möglichkeiten, die die Art der Fortbewegung (Kanu, Kajak, Trekking) mit sich bringt. Auch die Beschreibung der einzelnen Touren in dem Katalog sprechen für eine einheitliche Leistung. Dort wird beispielsweise eine Kanutour (…) angeboten. Die Einzelleistungen (u.a. Kanu, Paddel, Schwimmweste, kleine Kanuschule, Tourenvorschläge, Kartenmaterial, Outdoorverpflegung, Outdoorausrüstungspaket, Ansprechpartner, Reiseunterlagen) sind vorgegeben und Alternativen werden nicht genannt. Dass die Organisation der Reisen in den Streitjahren wesentlich anders erfolgte, ist für den Senat nicht ersichtlich und wurde durch die Klägerin nicht vorgetragen. Die Klägerin trägt zwar vor und weist dies durch einen Ausdruck der Internetseite nach, dass einzelne Reiseleistungen optional dazu gebucht werden könnten (Fahrrad, Wasserwanderkarte, vegetarischer Proviant etc.), dies ändert aber nichts daran, dass die Reiseleistungen, die inklusive sind, nicht zur Disposition der Reisenden stehen. Die hinzugebuchten Leistungen werden Teil des Leistungspakets und behalten insofern auch nicht ihre Eigenständigkeit. Ohne das Leistungspaket machen auch die Zusatzleistungen keinen Sinn. Die Einzelleistungen für sich machen für den Reisenden keinen Sinn und behalten entgegen des Vortrags der Klägerin gerade nicht ihren eigenen Zweck. Die Übernachtung im Zelt macht ohne die entsprechende Ausrüstung und Verpflegung keinen Sinn (zum Vorliegen einer einheitlichen Leistung bei Unterbringung und Frühstück: BFH, Urteil vom 23.11.2013 – V R 33/10, Der Betrieb – DB – 2014, 691). Auch die Kanuschule und die Kanuausrüstung sind nur im Zusammenhang mit dem Verleih des Kanus denkbar. Soweit ersichtlich werden die einzelnen Leistungen auch nicht getrennt voneinander angeboten.

Im Ergebnis wird die gesamte Reise um die Art der Fortbewegung herum organisiert. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Leistung den alleinigen Hauptzweck darstellt. Die Leistungen sind vielmehr miteinander verbunden.

Dass die Reisenden im Wesentlichen die einzelnen Leistungen bewerten, wird von der Klägerin vorgetragen, aber nicht glaubhaft gemacht. Auch bei Wahrunterstellung spricht dies nicht gegen die Einheitlichkeit der Leistung, da eine Bewertung von Teilleistungen innerhalb der Gesamtleistung logisch ist, da der Reisende auf die Einzelaspekte eingehen muss, um zum Ausdruck zu bringen, was ihm gefallen hat und was nicht. Eine Pauschalbewertung wäre insofern weder sinnvoll noch zielführend. Es lassen sich aus der Frage der Bewertung vorliegend aber keine Rückschlüsse auf die Frage der Einheitlichkeit der Leistung ziehen.

Der erkennende Senat folgt der Argumentation des FG München (Urteil vom 29.11.2001 – 14 K 3554/97, EFG 2002, 353), das in einem ähnlichen Fall entschieden hat, dass Leistungen eines inländischen Reiseveranstalters in Eigenleistung, wie die Planung, Organisation, Durchführung und Betreuung der im Ausland betriebenen Sportaktivitäten der Reiseteilnehmer, diese wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung bei richtlinienkonformer Auslegung am Sitz des Unternehmers im Inland ausgeführt wird. Bei dem Kläger in diesem Verfahren handelte es sich um einen Reiseveranstalter, der Sportreisen (Surfen, Tennis, Skifahren, Tauchen, Radfahren) erbrachte. Die Kunden waren am Urlaubsort jedoch völlig frei, über ihre tatsächliche sportliche Betätigung zu entscheiden. Das FG entschied, dass die dortige Klägerin ein Bündel von Haupt- und Nebenleistungen erbracht habe, die nach den Vorstellungen der Reiseteilnehmer ein wirtschaftliches Ganzes bilde, bei dem nicht eine einzelne Leistung den alleinigen Hauptzweck darstelle.

Auch in dem hiesigen Fall handelt es sich um ein wirtschaftliches Ganzes und nicht um einzelne Teilleistungen, wie sie bei einer Pauschalreise angeboten werden, die bis auf das Reiseziel keinen übergeordneten speziellen Reisezweck verfolgt. Angeboten wird ein Gesamtpaket, dass insbesondere den übergeordneten Zweck eines Urlaubs mit Wasserfahrzeugen hat, wobei die Leistungen insgesamt für diesen Zweck von der Klägerin ausgesucht und zusammengestellt wurden. Dabei geht es dem Reisenden um das Gesamtpaket, auf das er auch nur zu einem sehr geringen, untergeordneten Teil Einfluss hat.

3. Der Ort der einheitlichen Leistung ist gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG am Ort der Betriebsstätte in S…. Die Umsätze sind daher nicht im Inland steuerbar und steuerpflichtig.

Der Ort der sonstigen Leistung richtet sich grundsätzlich nach § 3a Abs. 1 UStG. Demnach werden sonstige Leistungen, die an einen Endverbraucher erbracht werden, an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG als Ort der sonstigen Leistung.

a) Eine Betriebsstätte liegt bei richtlinienkonformer Auslegung des Begriffs gemäß Art. 11 Abs. 2 MwStVO nur dann vor, wenn diese einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die von der personellen und materiellen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistung ermöglicht (vgl. EuGH, Urteil vom 07.05.1998 – C-390/96 – Lease Plan, UR 1998, 343 m. w. N., ebenso Abschn. 3a.1 Abs. 3 UStAE).

Für die Annahme einer festen Niederlassung in einem Staat ist es nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige dort über Personal verfügt, das bei ihm selbst angestellt ist, oder über Sachmittel, die sich in seinem Eigentum befinden. Auch wenn eine feste Niederlassung nicht zwingend eigenes Personal und eigene technische Ausstattung erfordert, muss dem Steuerpflichtigen jedoch – aufgrund des Erfordernisses eines hinreichenden Grads an Beständigkeit der Niederlassung – eine vergleichbare Verfügungsgewalt über das Personal (z. B. durch Mitspracherechte bei der Auswahl der Mitarbeiter) und die Sachmittel zustehen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.11.2017 – 7 K 7228/15, EFG 2018, 500, Revision anhängig unter XI R 3/18).

b) Die Standorte in S… (Camp in B… in C… sowie die Inseln & Tipis am E…) verfügen nach Auffassung des Senats über einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur, die von der personellen und materiellen Ausstattung her eine autonome Erbringung der Dienstleistungen ermöglicht. Nach Auskunft der Klägerin verfügen die Standorte zum Teil über angemietete Gebäude, die fest mit dem Boden verankerten sind, Telefone, Internetanschluss und weisen die notwendige technische Ausrüstung aus. Dies erscheint glaubhaft, da eine Durchführung der von der Klägerin angebotenen Reisen anderenfalls nicht vorstellbar erscheinen würde.

Die dort arbeitenden freien Mitarbeiter treffen eigenständig Entscheidungen über Auswahl und Ausgabe der Wasserfahrzeuge, der Ausrüstung und der Verpflegung der Reisenden. Die Mitarbeiter sind in den Sommermonaten zum Teil ständig bzw. in einigen Camps nur bei der An- und Abreise vor Ort. Weiterhin treffen die Mitarbeiter vor Ort auch Entscheidungen in Bezug auf den Einkauf von Lebensmitteln und Reparaturbedarf und dokumentieren Verluste und Schäden. Der Darstellung der Klägerin entspricht der Lebenserfahrung und Darstellung auf ihrer Website. Auch der Beklagte hat die Darstellung nicht substantiiert beststritten.

Bei lebensnaher Auslegung des Sachverhalts ist weiterhin davon auszugehen, dass auch vor Ort diverse organisatorische Entscheidungen getroffen und Beschwerden entgegengenommen und die Reiseplanung angepasst werden. Es ist auch unerheblich, ob die Mitarbeiter bei der Klägerin festangestellt sind, da die Klägerin die Mitarbeiter selbst auswählt und im Zusammenhang mit der organisatorischen Leitung der Reisen durch die Klägerin auch von einer Weisungsbefugnis gegenüber den freien Mitarbeitern auszugehen ist.

Auch dass die Mitarbeiter nur in der Saison anwesend sind, spricht nicht gegen eine ausreichende personelle Struktur vor Ort, da es sich bei den streitgegenständlichen Umsätzen um ein Saisongeschäft handelt und die Umsätze daher nur in den Sommermonaten erzielt werden. Zudem gilt der Grundsatz (EuGH 28. 6. 2007 – C-73/06, Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst – DStRE – 2008, 827), dass eine Betriebsstätte durch „ein ständiges Zusammenwirken von Personal- und Sachmitteln” gekennzeichnet ist.

Die Leistung der Organisation, Buchung und Bezahlung der Leistung kann zwar ausschließlich am Sitz der Klägerin im Inland erfolgen. Dass die Reiseleistungen auch in S… an den Standorten angeboten und dort auch die den Reiseleistungen zugrundeliegenden Verträge geschlossen werden können, hat die Klägerin zumindest nicht vorgetragen (FG Hessen, Urteil vom 06.04.2006 – 6 V 1776/05, juris). Diese organisatorischen Leistungen sind jedoch gegenüber den für das Reiseerlebnis tatsächlich relevanten Umsätzen, wie die Überlassung von Fahrzeugen, Ausrüstungsgegenständen und Verpflegung, die Betreuung vor Ort und die Einweisung und Anleitung bei der Benutzung der Fahrzeuge, die komplett in S… ausgeführt werden, von untergeordneter Bedeutung. Weiterhin werden grundsätzlich auch in S… Verträge geschlossen, da die Klägerin unter anderem vor Ort einen Laden für Lebensmittel und Ausrüstungsgegenstände besitzt.

III. Selbst wenn man davon ausgeht, dass keine einheitliche Leistung vorliegt, wäre der Ort der verschiedenen, einzeln zu betrachtenden Leistungen in S….

1. Die Bereitstellung der Kanus, Kajaks und Flöße stellt eine Hauptleistung dar. Da die Bereitstellung von Ausrüstung für die Wasserfahrzeuge das Mittel darstellt, um die Hauptleistung in Anspruch zu nehmen, stellt sie eine Nebenleistung zur Überlassung der Wasserfahrzeuge dar. Die Nebenleistung teilt steuerlich das Schicksal der Hauptleistung (Bunjes/Leonard, UStG, 18. Auflage 2019, § 3 Rn. 22, m. w. N.).

Der Ort der Leistungen für die Bereitstellung der Wasserfahrzeuge und der Ausrüstung ist gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG der Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Das ist vorliegend in S….

2. Die Bereitstellung der Übernachtungsmöglichkeiten stellt ebenfalls eine Hauptleistung dar. Die Überlassung der für die Übernachtung notwendigen Ausrüstung stellt eine Nebenleistung dar, die der Ermöglichung der Hauptleistung dient.

Der Ort der Leistung befindet sich gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UStG in S…, da es sich um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück handelt.

Soweit die Überlassung der Ausrüstung nicht im Zusammenhang mit der Überlassung einer Übernachtungsmöglichkeit steht, befindet sich der Ort der Leistung gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG am Ort der Betriebsstätte in S…, da die Leistung durch eine Betriebsstätte in S… erbracht wurde (Wäger in Sölch/Ringleb, UStG, 88. EL März 2020, § 3a Rn. 60).

3. Die Bereitstellung der Verpflegung erfolgt gemäß § 3 Abs. 7 UStG ebenfalls in S…, da die Ware nicht befördert oder versendet wurde.

4. Die in S… ausgeführte Planung und Organisation wird ebenfalls gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG an der Betriebstätte in S… ausgeführt.

Soweit ein Teil der Planung in Deutschland erfolgt ist, hat die Klägerin bei der Berechnung der Eigenleistungen die dafür aufgewendeten Ressourcen in Deutschland jedenfalls nicht mit einbezogen. Die Klägerin hat der Ermittlung des Aufwandes für Eigenleistungen gemäß ihrer Berechnung (Bl. 2/2011, 2/2012, 7/2013 USt) die Abschreibung für Wirtschaftsgüter in S…, Lebensmittel S…, Programmkosten S…, Zeltplatzmiete S…, allgemeine Kosten B…, Telefonkosten S…, Energiekosten S… und Lebensmittel S… zugrunde gelegt. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Aufteilung des Gesamtumsatzes im Rahmen der Berechnung der Klägerin grundsätzlich richtig ist. Daher ist davon auszugehen, dass in Bezug auf die Gesamtumsätze der Umsatzanteil, der auf die Eigenleistungen entfällt, nicht als Gegenleistung für die Planung und Organisation in Deutschland zu betrachten ist.

Zudem geht auch die Finanzverwaltung davon aus, dass, bei Beteiligung des Sitzortes und der Betriebsstätte an der Leistungserbringung, auf den Ort der überwiegenden Leistungserbringung abzustellen ist (Abschn. 3a.1 Abs. 2 Satz 4 UStAE). Aus der Berechnung der Klägerin ergibt sich, dass der Anteil der in Deutschland erfolgten Organisation von untergeordneter Bedeutung ist. Dafür spricht auch, dass die tatsächliche Durchführung der Reise, die Betreuung der Reiseteilnehmer, die Wartung der Ausrüstung und Fahrzeuge vor Ort erfolgt und damit anzunehmen ist, dass der überwiegende Teil der Organisation und Planung in S… erfolgt.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung –ZPO–.

Die Revision wird nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da die Entscheidung auf der Anwendung des Rechts auf den Einzelfall beruht, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.