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Entscheidung 22 KLs 6/20


Metadaten

Gericht LG Cottbus 2. Große Strafkammer Entscheidungsdatum 28.05.2020
Aktenzeichen 22 KLs 6/20 ECLI ECLI:DE:LGCOTTB:2020:0528.22KLS6.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 370 Abs 1 Nr 3 AO, § 17 Abs 1 TabStG 2009, § 53 StGB

Tenor

Der Angeklagte AK 1 wird wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von

drei Jahren

verurteilt.

Der Angeklagte AK 2 wird wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von

einem Jahr und acht Monaten

verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Der Angeklagte AK 1 verbrachte in der Zeit vom 8. Februar 2019 bis zu seiner Festnahme am 28. November 2019 in 15 Fällen Zigaretten ohne Steuerbanderolen aus der Republik Polen in die Bundespolitik Deutschland, wo diese in einem Container in ... bis zum Weitertransport an Endabnehmer zwischengelagert wurden. Der Angeklagte AK 2 war Transportfahrer bei der Tat am 28. November 2019 und wurde zusammen mit dem Angeklagten AK 1 festgenommen.

Der Angeklagte AK 1 begleitete als sogenannter „Pilot“ das jeweilige Transportfahrzeug. Er gab über Mobiltelefon Anweisungen an den Fahrer zur Strecke und warnte zugleich vor möglichen Kontrollen. Zugleich hielt der Angeklagte AK 1 telefonisch Kontakt zu einem Verbindungsmann in Polen, der wiederum in telefonischem Kontakt mit den Endabnehmern stand.

Am 28. November 2019 wurden beide Angeklagte beim Ausladen des Transportfahrzeuges in ... durch Beamte des Zollfahndungsdienstes festgenommen. An diesem Tag befanden sich in dem Transportfahrzeug 120 Kartons mit insgesamt 600.000 unversteuerten Zigaretten der Marke Marlboro, die weder mit in- noch mit ausländischen Steuerbanderolen versehen waren. Bei den zuvor durchgeführten Fahrten waren jeweils mindestens 250.000 Zigaretten transportiert worden. Der Angeklagte AK 1 verursachte insgesamt durch seine Taten einen Steuerschaden von 661.138,76 € deutscher Tabaksteuer. Der Angeklagte AK 2 war als Transportfahrer bei der Tat Nr. 15 am 28. November 2019 mit einem Steuerschaden von 96.826,53 € an deutscher Tabaksteuer beteiligt.

Dem Urteil ist eine Verständigung (§ 257c StPO) vorausgegangen. Die Angeklagten haben in der Folge ein pauschales Geständnis abgelegt.

Im Rahmen der Hauptverhandlung ist die Strafverfolgung von ursprünglich 40 Taten auf 15 Taten beschränkt worden, bei denen ein individueller Beitrag der Angeklagten auf Grund der Observationsmaßnahmen des Zollfahndungsamtes und durch weitere Beweismittel nachweisbar war. Soweit die Angeklagten nicht auf die am 28. November 2019 sichergestellten Tatmittel und Taterträge verzichtet haben, ist die Einziehungsentscheidung abgetrennt worden. Bereits vor Anklageerhebung waren Delikte der Steuerhehlerei (polnische Tabaksteuer) von der Strafverfolgung ausgenommen worden.

I. Persönliche Verhältnisse

Der Angeklagte AK 1 absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Sportlehrer, übt diesen Beruf aber nicht aus.

Bereits seit dem 17. Lebensjahr besteht eine feste Verbindung zu seiner nunmehrigen Ehefrau. Beide heirateten im Jahr 2003, in dem der Sohn des Angeklagten geboren wurde. Es folgte im Jahr 2008 die Geburt einer Tochter. Beide Kinder sind schulisch sehr erfolgreich. Ihnen gelang es jeweils als Klassenbeste das Schuljahr abzuschließen. Erst nach Inhaftierung des Angeklagten in dieser Sache verschlechterte sich die schulische Leistung des Sohnes. In der Familie lebt weiterhin die erkrankte Schwiegermutter des Angeklagten.

Der Angeklagte übernahm es, für die finanzielle Absicherung der Familie zu sorgen. Er war zunächst der Einzige mit Einkommen in dem Familienverband. Aufgrund ständiger finanzieller Sorgen übte er unterschiedliche Berufe aus. Er arbeitete unter anderem als Berufskraftfahrer und Handelsvertreter. Im Jahr 2012 war er zudem selbstständig als Gewerbetreibender mit einem Internethandel tätig. Nachdem er zunächst mit acht Angestellten erfolgreich gewesen war, gelang es ihm nicht mehr, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zu zahlen. Das Unternehmen scheiterte und der Angeklagte musste die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen.

Im Zusammenhang mit dieser gewerblichen Tätigkeit machte der Angeklagte im Jahr 2012 gegenüber den polnischen Finanzbehörden unrichtige Angaben, auf Grund derer er wegen einer Steuerstraftat vom Bezirksgericht Zielona Gora am 11. Juni 2019, rechtskräftig seit dem 17. Juli 2019, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 100 Zloty (insgesamt umgerechnet ungefähr 2.500 €) verurteilt wurde. Diese Geldstrafe zahlt der Angeklagte derzeit in Raten ab.

Nunmehr hat sich die Ehefrau des Angeklagten mit einem Handel von Kfz-Ersatzteilen auf deutscher Seite der Grenzstadt ... selbstständig gemacht. Der Angeklagte hilft seiner Ehefrau bei dieser Tätigkeit. Seine Ehefrau hat zudem als Angestellte in einem deutschen Unternehmen eigene Einkünfte, von denen die Familie seit der Inhaftierung des Angeklagten lebt.

In Deutschland ist der Angeklagte AK 1 bisher strafrechtlich nicht auffällig gewesen.

Der Angeklagte AK 2 erlangte ebenfalls das Abitur und schloss danach ein berufsbezogenes Studium auf dem Gebiet der „Logistik“ erfolgreich ab. Er arbeitet als Kraftfahrer für seinen Vater, der selbstständig mit einem Lastkraftwagen Transporte anbietet. Dieser Betrieb befindet sich - verstärkt durch die Einschränkungen auf Grund der „Corona-Pandemie“ - in finanziellen Schwierigkeiten.

Der Angeklagte war bereits kurz für zwei Monate verheiratet, bevor beide Eheleute feststellten, dass die Ehe ein Fehler gewesen war. Er lebt nunmehr mit einer Lebensgefährtin in deren Wohnung zusammen. Es bestehen keine Unterhaltsverpflichtungen.

Der Angeklagte AK 2 ist bisher weder in Polen noch in Deutschland straffällig geworden.

II. Feststellungen zur Sache

Seit einem Aufgriff im Jahr 2014 vermutete das Zollfahndungsamt ...- ..., dass mindestens zwei voneinander unabhängige polnische Gruppierungen Abnehmer in ... und ... mit unversteuerten und unverzollten Zigaretten belieferten, die mit Transportfahrzeugen über die polnische Grenze, dann über die BAB 15 und BAB 13 bis nach ... geliefert wurden. Auf Grund überwachter Telefongespräche bestand weiterhin die Annahme, dass in ... ein Zwischenlager betrieben werde, von dem aus die einzelnen Abnehmer beliefert würden.

Bei zahlreichen Observationen durch das Zollfahndungsamt konnten in den Jahren 2017 und 2018 mutmaßliche Transporte beobachtet werden, bei denen ein polnischer Skoda Octavia als „Pilotfahrzeug“ vorausfuhr. Dieser Skoda Octavia war auf die Ehefrau des Angeklagten AK 1 zugelassen. Bei einer polizeilichen Kontrolle des Skoda Octavia am 27. Februar 2018 wurde der Angeklagte AK 1 als Fahrer dieses Fahrzeuges festgestellt. Als mutmaßliches Transportfahrzeug bei diesen Fahrten diente ein Fiat Dobló. Dieses Fahrzeug wurde mehrfach beobachtet, wie es auf ein verschlossenes Containergelände eines „Self-Storage“ am ... in ...-... fuhr.

Bereits im Jahr 2018 fanden zudem Telefonüberwachungen statt, die sich aus der Überwachung gesondert verfolgter Zigarettenabnehmer ergaben. Dabei wurden auch GPS-Daten der Telefone polnischer Lieferanten ermittelt, welche die vermuteten Lieferungen nach ... bestätigten. Auf Grund der GPS-Daten wurde zudem bekannt, dass die polnischen Lieferanten im März und April 2018 in einem Hotel in ...-... übernachteten. Bei einer Nachfrage durch Beamte des Zollfahndungsamtes in dem betreffenden Hotel ergab sich, dass der Angeklagte AK 1 Gast an den betreffenden Daten war. Das Zollfahndungsamt leitete daraufhin das Ermittlungsverfahren gegen ihn ein.

Ebenfalls durch Telefonüberwachungen eines Abnehmers aus dem Raum ... wurde bekannt, dass ein mutmaßlicher Lieferant auf dem Weg nach ... zum Tanken am 18. Juni 2018 eine Tankstelle aufsuchte. Dabei konnte ein weißer VW Caddy beobachtet werden, der auffällig mit einem „W“ beschriftet war. Eine Halterabfrage ergab, dass dieses Fahrzeug mit gefälschten deutschen Kennzeichen versehen war. Es konnte in der Folge mehrfach wieder beobachtet werden.

Ab dem 23. Januar 2019 entschied sich das Zollfahndungsamt diesen weißen VW Caddy technisch zu überwachen, nachdem er geparkt am Straßenrand in ... aufgefunden worden war. Es wurde ein GPS-Sender angebracht und eine akustische Innenraumüberwachung installiert.

In der Folge konnte die Fahrtroute dieses Fahrzeuges ausgewertet werden. Die akustische Überwachung bestätigte jeweils durch Fahrtgeräusche die Inbetriebnahme des Fahrzeuges und den Umstand, dass der jeweilige Fahrer mit einem „Piloten“ telefonisch in Kontakt stand. Angesichts des Wissens um die genaue Position dieses Fahrzeuges konnte zum einen in der Folge der Container auf dem Gelände des „Self-Storage“ in ...-... identifiziert werden, der als Zwischenlager diente. Zum anderen konnten die Transportfahrten observiert und die eingesetzten Fahrzeuge identifiziert werden.

Auf Grund dieser Erkenntnisse installierten die Beamten der Zollfahndung ab dem 7. März 2019 zudem eine Kameraüberwachung für den betreffenden Container in ...-.... Mit Hilfe technischer Mittel wurden außerdem mehrfach die in dem „Pilotfahrzeug“ und dem Transportfahrzeug genutzten Telefone „gescannt“, um die eingesetzte IMEI und Telefonnummern zu ermitteln. Da die Lieferanten jedoch rasch sowohl die eingesetzten Mobiltelefone als auch die Rufnummern wechselten, konnten jeweils nur wenige Taten „abgehört“ werden.

In den hier zu einer Verurteilung führenden Taten zwischen dem 8. Februar 2019 bis zum 28. November 2019 fuhr stets der Angeklagte AK 1 das „Pilotfahrzeug“ und leitete das ihm folgende Transportfahrzeug. Der Angeklagte AK 1 stand dazu im telefonischen Kontakt mit dem jeweiligen Fahrer des Transportfahrzeuges. Er warnte diesen vor Kontrollen und gab Anweisungen zur Route. Soweit seine Gespräche mit dem Verbindungsmann in Polen durch Überwachungen abgehört werden konnten, sprach der Angeklagte AK 1 mit diesem auch über den Ankauf von Zigaretten in Polen und über benötigte Mengen für nachfolgende Transportfahrten.

Das überwachte Transportfahrzeug VW Caddy reiste jeweils am frühen Morgen aus der Republik Polen kommend über ... in die Bundesrepublik Deutschland ein und fuhr auf der Autobahn nach ... . Zur Tarnung war es mit rotweißen Warnstreifen versehen und trug eine gelbe Rundumleuchte, um den Eindruck eines Fahrzeuges zu erwecken, das für den Straßenbau oder besondere Transporte verwendet wird. Sowohl der Angeklagte als auch der jeweilige Fahrer des Transportfahrzeuges trugen neon-orangefarbene Schutzkleidung. Sie veränderten teilweise ihr Aussehen mit künstlichen Bärten und Perücken.

Nachdem der Transport das Gelände des „Self-Storage“ erreicht hatte, fuhr das Transportfahrzeug allein zu dem betreffenden Container. Der jeweilige Fahrer, in einigen Fällen unterstützt durch den Angeklagten AK 1, entlud die Zigaretten aus dem Transportfahrzeug und stapelte die Ware in dem Container. Später am Tag erschien der ursprüngliche Transportfahrer mit einem neuen Fahrzeug, um die Ware je nach Bestellung in ein anderes Transportfahrzeug zu laden und die Zigaretten an Abnehmer auf deutschem Gebiet auszuliefern. Diese Fahrten wurden ebenso von dem Angeklagten AK 1 begleitet.

Ab 24. Juli 2019 und in der Folge ab dem 8. Oktober 2019 setzten die Lieferanten an Stelle des überwachten VW Caddy für den Transport von der Republik Polen nach ... einen Mercedes Benz Vito ein. Dieses in Polen zugelassene Fahrzeug trug in Deutschland gefälschte deutsche Kennzeichen, war ebenfalls mit gelben Rundumleuchten versehen und trug die auffällige Aufschrift „STRABAG“, um den Eindruck zu vermitteln, es handele sich um ein Baustellenfahrzeug. Dieses Fahrzeug wurde - anders als der VW Caddy - nicht per GPS Sender überwacht. Es wurde jedoch ab seinem Einsatz beim Entladen am Container des „Self-Storage“ in ...-... durch die installierte Videotechnik gefilmt und in der Folge auch bei einzelnen Fahrten observiert.

Die verbrachten Zigaretten waren durchgängig unversteuert und ohne Steuerbanderole. Eine Steuererklärung für die deutsche Tabaksteuer gab keiner der Beteiligten ab.

In welcher Höhe die Angeklagten AK 1 und AK 2 für ihren Beitrag entlohnt wurden, konnte nicht aufgeklärt werden.

Im Einzelnen kam es zu folgenden 15 Taten der Verbringung von Zigaretten:

 Tat   

 Nr. der Anklage

 Datum

 Anzahl/
Tabaksteuer

 Anmerkung

 1     

 2     

 08.02.2019

 250.000/
39.835,16 €

 Am Abend des Tages trafen sich der Angeklagte AK 1 und der gesonderte verfolgte Transportfahrer mit dem VW Caddy in einem McDonald in ..., wo sie von Überwachungskameras gefilmt wurden. Der Angeklagte fuhr an diesem Tag einen Mietwagen Ford, der von seiner Ehefrau angemietet worden war und für den der Angeklagte AK 1 als weiterer Fahrer eingetragen war.

 2     

 7     

 07.03.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Der Angeklagte fuhr an diesem Tag als „Pilotfahrzeug“ einen VW T-Roc, der von seiner Ehefrau angemietet worden war. Der Fahrer des VW Caddy traf sich später mit dem Angeklagten AK 1 als Fahrer des VW T-Roc auf einem Parkplatz, wo sie von Zollfahndungsbeamten beobachtet wurden.

 3     

 10    

 18.03.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Der Angeklagte fuhr an diesem Tag als „Pilotfahrzeug“ einen Ford Kuga, der wiederum von seiner Ehefrau angemietet worden war. Er wurde beim Betanken des Fahrzeuges und dem Bezahlen gefilmt.
An diesem Tag wurden umfangreiche abgehörte SMS und Telefonate zwischen dem Angeklagten AK 1 und dem Fahrer des Transportfahrzeuges ausgetauscht. Der Angeklagte AK 1 telefonierte zudem mit dem Verbindungsmann in Polen über Zigarettenlieferungen, den Ankauf der Ware in Polen und die Miete für den Container.

 4     

 11    

 19.03.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Der Angeklagte fuhr an diesem Tag einen Mietwagen Ford als „Pilotfahrzeug“.
Auch an diesem Tag konnte die Kommunikation zwischen dem Angeklagten AK 1 und dem Fahrer des Transportfahrzeuges abgehört werden. Der Angeklagte AK 1 gab Anweisungen zur Route und warnte vor möglichen Kontrollen.
Der Angeklagte AK 1 telefonierte zudem mit dem Verbindungsmann in Polen über Zigarettenankäufe in Polen.
Am Abend nach der Auslieferung übernachtete der Angeklagte AK 1 in ... und meldete sich und das Fahrzeug bei dem Hotel an.

 5     

 12    

 22.03.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Auch an diesem Tag konnte die Kommunikation zwischen dem Angeklagten AK 1 und dem Fahrer des Transportfahrzeuges VW Caddy abgehört werden. Der Angeklagte AK 1 gab Anweisungen zur Route und warnte vor möglichen Gefahren.
Der Angeklagte AK 1 telefonierte zudem mit dem Verbindungsmann in Polen über mögliche Auslieferungsorte in Deutschland
Der gesonderte verfolgte Fahrer des Transportfahrzeuges VW Caddy wurde am Container beim Ausladen von 57 Kartons mit Zigaretten gefilmt.

 6     

 13    

 26.03.2019

 250.000/
40.344,39 €

 An diesem Tag konnte wiederum die Kommunikation zwischen dem Angeklagten AK 1 und dem Fahrer des Transportfahrzeuges abgehört werden. Der Angeklagte AK 1 gab Anweisungen zur Route und warnte vor möglichen Gefahren.
Nach der Ankunft beim Container in ... wurde der gesondert verfolgte Fahrer des Transportfahrzeuges beim Ausladen der Kisten beobachtet.

 7     

 15    

 04.04.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Der Angeklagte AK 1 fuhr an diesem Tag als „Pilotfahrzeug“ einen Ford Kuga, der von seiner Ehefrau gemietet worden war. Im Mietvertrag wurde als Zweitfahrer der Angeklagte AK 1 eingetragen. Der Angeklagte AK 1 wurde zudem beim Tanken mit diesem Fahrzeug beobachtet und fotografiert.
Über das an diesem Tat abgehörte Mobiltelefon gab der Angeklagte AK 1 dem Fahrer des Transportfahrzeuges Anweisungen zur Strecke und warnte vor möglichen Gefahren.

 8     

 16    

 05.04.2019

 250.000/
40.344,39 €

 An diesem Tag wurde erneut die Kommunikation zwischen dem Angeklagten AK 1 und dem Fahrer des Transportfahrzeuges VW Caddy abgehört. Der Angeklagte AK 1 gab Anweisungen zur Route und warnte vor möglichen Gefahren.
Nach der Ankunft beim Container in ... wurde der gesondert verfolgte Fahrer des Transportfahrzeuges beim Ausladen von 50 Kartons mit Zigaretten beobachtet.

 9     

 18    

 07.06.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Der Angeklagte AK 1 „pilotierte“ in einem Audi Q7, zugelassen auf seine Ehefrau, den observierten VW Caddy und trug dabei eine orangefarbene Oberbekleidung.
Am Nachmittag dieses Tages wurde der Angeklagte AK 1 bei einer polizeilichen Fahrzeugkontrolle als Fahrer des Fahrzeuges Audi Q7 bei …….. bei einer Auslieferungsfahrt festgestellt.HHei

 10    

 27    

 02.07.2019

 250.000/
40.344,39 €

 An diesem Tag fuhren der Angeklagte AK 1 und der gesondert verfolgte Fahrer des VW Caddy gemeinsam auf das Gelände des „Self-Storage“ und luden das Transportfahrzeug aus. Beide trugen auffallend neon-orangefarbene Arbeitskleidung. Sie wurden beim Entladen gefilmt.

 11    

 31    

 24.07.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Der gesondert verfolgte Fahrer des Transportfahrzeuges fuhr an diesem Tag mit einem Mercedes Vito die Zigarettenlieferung zum observierten Container. Er wurde beim Entladen des Fahrzeuges gefilmt.
Kurz vor dem Transportfahrzeug fuhr der Angeklagte AK 1 mit dem Audi Q7, als dessen Halterin seine Ehefrau eingetragen ist, voraus. Bei einer späteren polizeilichen Fahrzeugkontrolle an diesem Tag wurde der Angeklagte AK 1 als Fahrer des Fahrzeuges festgestellt.

 12    

 33    

 28.08.2019

 250.000/
40.344,39 €

 An diesem Tag fuhr der gesondert verfolgte Fahrer des Transportfahrzeuges wieder den überwachten VW Caddy. Er wurde beim Ausladen der Lieferung gefilmt.
Der Angeklagte AK 1 agierte wieder als „Pilotfahrer“ und gab telefonische Anweisungen. Mit der Innenraumüberwachung des VW Caddy wurde ein Gespräch zwischen dem Fahrer und dem Angeklagten AK 1 aufgezeichnet, bei dem er von einer Verurteilung wegen einer Geldstrafe in Polen berichtet und erklärt, dass das Urteil an seine alte Adresse übersandt worden sei. Dafür nennt der Angeklagte AK 1 die Straße „...“ in,...……, die er bei einer früheren Anzeige auch den deutschen Behörden als Wohnanschrift angegeben hatte.

 13    

 35    

 08.10.2019

 250.000/
40.344,39 €

 An diesem Tag fuhr der Angeklagte AK 1 als Beifahrer gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Fahrer des Mercedes Benz Vito auf das Gelände des „Self-Storage“. Sie wurden beim Entladen des Fahrzeuges gefilmt. Beide trugen neon-orangefarbene Arbeitskleidung. Beim Entladen fiel eine Stange „L&M“ aus einem Karton heraus.

 14    

 37    

 18.10.2019

 250.000/
40.344,39 €

 Auch an diesem Tag saß der Angeklagte AK 1 als Beifahrer im Mercedes Benz Vito als dieser vor dem überwachten Container des „Self-Storage“ vorfuhr. Der gesondert verfolgte Fahrer und der Angeklagte AK 1 entluden das Fahrzeug und stapelten die Zigarettenlieferung in dem Container. Beide wurden dabei wieder gefilmt.

Tat Nr. 15 (Nr. 40 der Anklage)

An diesem Tag fuhr der Angeklagte AK 2 den Mercedes Benz Vito aus der Republik Polen kommend nach .... Er wurde zunächst durch den Angeklagten AK 1 als „Pilot“ begleitet. Nachdem beide das Gelände des „Self-Storage“ in ...-... erreicht hatten, setzte sich der Angeklagte AK 1 als Beifahrer in den Mercedes Benz Vito. Beide fuhren zum überwachten Container. Dort wurden sie von Beamten des Zollfahndungsamtes ...-... beim Entladen des Transportfahrzeuges festgenommen.

Mit dem Mercedes Benz Vito transportierten die Angeklagten an diesem Tag insgesamt 600.000 Zigaretten der Marke Marlboro ohne Steuerbanderolen, die mit englischen Warnaufklebern versehen waren. Auf diesen Zigaretten lastete eine deutsche Tabaksteuer in Höhe von 96.826,53 €.

Bei der Durchsuchung des Angeklagten AK 1 fanden die Beamten zudem den Schlüssel eines Mietfahrzeuges Ford Focus, das zuvor von der Ehefrau des Angeklagten AK 1 angemietet worden war. Dieses Fahrzeug befand sich in der Nähe des „Self-Storage“. Die Beamten fanden in diesem Fahrzeug die persönlichen Dokumente des Angeklagten AK 1, vier Handys, ein Ortungsgerät für Funksender, 2.005,- € Bargeld sowie Perücken und einen künstlichen Schnurrbart. In dem „Pilotfahrzeug“ befand sich weiterhin der Schlüssel für einen Mercedes A-Klasse, der zuvor bei der Observierung des Containers als das Fahrzeug festgestellt wurde, das für den Weitertransport der Zigaretten innerhalb Deutschlands genutzt worden war.

III. Beweiswürdigung

Dem Urteil ging eine Verständigung (§ 257c StPO) voraus. Im Rahmen dieser Verständigung räumten beide Angeklagte pauschal die Tatvorwürfe ein, beantworteten aber keine weiteren Fragen zu den Details der Fahrten und etwaigen Strukturen einer Organisation. Beide äußerten sich jedoch - wie festgestellt - zu ihren persönlichen Verhältnissen.

Unabhängig von den pauschalen Geständnissen konnte die Kammer die Überzeugung von der Täterschaft aus den erhobenen Beweismitteln, insbesondere den Zeugenaussagen der Zollbeamten ..., ... und ... sowie der verlesenen Urkunden und der in Augenschein genommenen Lichtbilder gewinnen.

Der Zollbeamte ... war als Ermittlungsführer tätig und schilderte in seiner Aussage die Entwicklung des Ermittlungsverfahrens, die Entstehung eines Anfangsverdachtes gegen den Angeklagten AK 1 und den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung der Transportfahrten. Er nahm teilweise selbst an Observationen teil und fasste im Übrigen die Erkenntnisse aus der technischen Überwachung (Standortermittlung, abgehörte Gespräche und Lichtbildaufnahmen) in seinem Abschlussbericht zusammen. Herr ... berichtete weiterhin davon, dass bei den gewerblichen Vermietern der Kraftwagen, die als „Pilotfahrzeug“ eingesetzt wurden, die entsprechenden Kopien der Mietverträge angefordert wurden. Auf Nachfrage bestätigten Hotelbetreiber zudem die Übernachtungen des Angeklagten AK 1, wie es den Feststellungen zu Grunde liegt.

Der Zollbeamte ... war während des gesamten Ermittlungsverfahrens für die technische Auswertung der Standortbestimmung und der Auswertung der gefertigten Lichtbilder zuständig. Er fertigte für die Fahrten des VW Caddy jeweils ein Bewegungsprofil, das die Route von Polen nach ... wiedergibt. Mit Hilfe des „Scannens“ der mitgeführten Telefone - soweit diese abgehört wurden - konnten ebenfalls die Standorte der Mobiltelefone dieser Route zugeordnet werden. Herr ... fügte diesen Bewegungsrouten die jeweiligen Lichtbildaufnahmen am Container in ... hinzu und ergänzte diese um Aufnahmen von Tank- und Bezahlvorgängen, soweit diese aufgezeichnet wurden. Mit Hilfe der Lichtbildaufnahmen konnte Herr ... auch den bei der Tat Nr. 11 am 24. Juli 2019 und in der Folge eingesetzten Mercedes Benz Vito mit der Aufschrift „STRABAG“ beobachten und die jeweilige Ankunft an dem Container nachvollziehen.

Schließlich war der Zollbeamte ... für die Auswertung der in die deutsche Sprache übersetzten Telefongespräche zuständig, soweit sie abgehört werden konnten. Insoweit konnte er auch über die Gespräche zwischen dem „Piloten“ und dem jeweiligen Transportfahrer berichten.

Alle drei als Zeugen gehörten Zollbeamten waren im Übrigen beim Aufgriff der beiden Angeklagten am 28. November 2019 beteiligt und schilderten diesen wie festgestellt. Der Zollbeamte ... durchsuchte zudem mit dem beim Angeklagten AK 1 aufgefundenen Schlüssel das an diesem Tag genutzte „Pilotfahrzeug“. Er fand dabei das - ausweislich der gefertigten Videoaufnahmen am Container - für den Weitertransport genutzte Fahrzeug Mercedes Benz A-Klasse. Der Zollbeamte ... zählte die im Transportfahrzeug und im Container aufgefundenen Zigaretten der Marke Marlboro. Er sah dabei auch, dass diese nicht über Steuerbanderolen verfügten und englische Warnaufkleber hatten.

Diese Zeugenaussagen sind durch Vorhalt der vorhandenen Mietverträge für Hotel und Mietfahrzeuge bestätigt. Widersprüche in der Darstellung der Zollbeamten konnten dabei nicht erkannt werden. Die Angaben werden zudem durch die Inaugenscheinnahme zahlreicher Lichtbilder aus den Videoaufnahmen ergänzt, die jeweils - wie auch von den Zeugen beschrieben - entweder allein den unbekannten Transportfahrer - oder zusätzlich den Angeklagten AK 1 beim Ausladen von Kisten zeigten.

Die Kammer hat auch keinen Zweifel an der jeweiligen Beteiligung der Angeklagten an den Taten, wie es den Feststellungen zu Grunde liegt.

Diese Überzeugung ergibt sich für die Tat Nr. 15 am 28. November 2019 bereits durch den Aufgriff durch die Zollfahndung. Beide Angeklagten wurden an diesem Tag beim Entladen der Zigaretten am Container des „Self-Storage“ festgenommen. Die unversteuerten Zigaretten befanden sich zum größten Teil noch im Mercedes Benz Vito, weitere Kisten waren bereits in den Container getragen worden. Der Zollbeamte ... erinnerte sich noch daran, dass die bereits ausgeladenen Kisten „genau“ in die vorhandenen Lücken zwischen den verbliebenden Kisten im Transportfahrzeug passten. Der Angeklagte AK 1 war zudem im Besitz des Schlüssels des von seiner Ehefrau gemieteten Transportfahrzeuges. In diesem Fahrzeug befanden sich auch die Ausweispapiere des Angeklagten AK 1.

Auch für die vorhergehenden Taten schließt die Kammer aus der Summe der vorhandenen Beweismittel auf die Beteiligung des Angeklagten AK 1 als „Pilot“ an den jeweilig festgestellten Taten.
Der Angeklagte AK 1 wurde bei den Taten Nr. 1, 2, 3, 7, 10, 13 und 14 beim Entladen oder bei Tankvorgängen mit dem „Pilotfahrzeug“ gefilmt. Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass es sich bei der gefilmten Person um den Angeklagten AK 1 handelte. Sie nahm den Angeklagten - im Wege eines von ihm gefertigten Passfotos - und den aus den Videoaufzeichnungen gefertigten Einzelfotografien in Augenschein. Insoweit besteht nach Kopfform, Gesichtszügen, Haaransatz und Hautfarbe kein Zweifel an der Identität des Angeklagten. Auf den betreffenden Bildern war der Angeklagte zudem nicht „maskiert“. Insoweit bestätigten sich die Wahrnehmungen der Zollbeamten, die ebenfalls bei den zahlreichen Observationen und Aufzeichnungen jeweils den Angeklagten AK 1 wiedererkannten.

Bei den Taten Nr. 1, 2, 3, 4 und 7 wird die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten AK 1 zudem durch den Umstand gestützt, dass das von den Zollbeamten erkannte „Pilotfahrzeug“ jeweils von der Ehefrau des Angeklagten gemietet worden war. Nach dem betreffenden Mietvertrag war bei Taten Nr. 1 und 7 zudem der Angeklagte AK 1 ausdrücklich als „Zweitfahrer“ - neben seiner Ehefrau - eingetragen. Bei den Taten Nr. 9 und 11 nutzte der Angeklagte jeweils als Transportfahrzeug einen Audi Q7, der auf seine Ehefrau zugelassen ist. Bei beiden Taten wurde der Angeklagte bei Fahrzeugkontrollen auf der Transportstrecke als Fahrer festgestellt.

Bei der Tat Nr. 4 übernachtete der Angeklagte zudem in einem Hotel in ... und meldete sich dort mit dem Fahrzeug an, das nach der Observation an diesem Tag als „Pilotfahrzeug“ genutzt worden war.

Darüber hinaus konnten bei den Taten Nr. 3 bis 8 die Telefonate zwischen dem „Pilotfahrzeug“ und dem Fahrer des „Transportfahrzeuges“ überwacht werden. Auch wenn diesen - in polnischer Sprache - geführten Telefonaten selbst nicht entnommen werden kann, dass der Angeklagte AK 1 der jeweilige männliche Sprecher im „Pilotfahrzeug“ war, führt jedoch der Gesamtzusammenhang der objektiven Feststellungen und Indizien zur Überzeugung, dass der Angeklagte AK 1 der jeweilige „Pilot“ war.

So wechselte der „Pilotfahrer“ zwar bei diesen Taten, die zwischen dem 18. März 2019 und dem 5. April 2019 begangen wurden, mehrfach seine Telefonnummer. Bei den Taten Nr. 3 und 4 nutzte er jedoch dieselbe Telefonnummer wie bei der Tat Nr. 5. Zudem hatte der „Pilotfahrer“ bei der Tat Nr. 5 ein zweites Mobiltelefon in Gebrauch, das er wiederum auch bei der Tat Nr. 6 verwendete. Schließlich nutzte der „Pilotfahrer“ auch bei den Taten Nr. 7 und 8 dieselbe Rufnummer.

Dass dieser „Pilotfahrer“ jeweils der Angeklagte AK 1 war, zeigt sich im Gesamtzusammenhang daran, dass dieser bei der Tat Nr. 3 ein von seiner Ehefrau gemietetes Fahrzeug fuhr, und er zudem beim Betanken dieses Fahrzeuges gefilmt wurde. Die an diesem Tag von ihm genutzte Telefonnummer fand wiederum bei der Tat Nr. 4 am Folgetag, an dem er in einem Hotel in ... übernachtete, und bei der Tat Nr. 5 am 22. März 2019 Verwendung. Das bei der Tat Nr. 5 ebenfalls verwendete zweite Telefon nutzte der Angeklagte auch bei der Tat Nr. 6 am 26. März 2019. Schließlich nutzte der Angeklagte bei der Tat Nr. 8 am 5. April 2019 dieselbe Rufnummer wie am Tag zuvor bei der Tat Nr. 7, an dem er nicht nur einen Mietwagen fuhr, der von seiner Ehefrau gemietet wurde, sondern wiederum beim Tanken dieses Fahrzeuges beobachtet und fotografiert wurde.

Aus diesen abgehörten Gesprächen ergab sich zudem auf Grund der Auswertungen durch die als Zeugen gehörten Zollbeamten, dass der „Pilot“ Anweisungen zur Wegstrecke machte und vor möglichen Kontrollen warnte. Zumindest bei den Taten Nr. 3, 4, 5 telefonierte der Angeklagte AK 1 als Fahrer des „Pilotfahrzeuges“ auch mit dem Verbindungsmann in Polen, sprach über Zigarettenmengen und den Ankauf dieser Zigaretten in Polen.

Bei der Tat Nr. 12 am 28. August 2012 konnte schließlich auf Grund der Innenraumüberwachung des VW Caddy ein Gespräch gehört werden, in dem der „Pilot“ gegenüber dem Fahrer des Transportfahrzeuges von einer polnischen Verurteilung zu einer Geldstrafe berichtet. Das Urteil habe ihn zunächst nicht erreicht, da dem Gericht nur seine „alte Adresse“ bekannt gewesen sei. Wie es den Feststellungen entspricht nennt der „Pilot“ dann diese „alte Adresse“. Diese entspricht der Adresse, die der Angeklagte AK 1 am 27. Februar 2018 bei einer Anzeigenaufnahme durch das Hauptzollamt wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz angegeben hatte. Zudem wurde der Angeklagte AK 1 am 11. Juni 2019, rechtskräftig seit dem 17. Juli 2019, vom Bezirksgericht Zielona Gora zu einer Geldstrafe verurteilt.

Es steht für die Kammer weiterhin fest, dass die Angeklagten unversteuerte Zigaretten von Polen nach Deutschland verbrachten. Auch hier ergibt sich diese Gewissheit zunächst aus dem Aufgriff am 28. November 2018, bei dem die Zollfahndung diese Zigaretten wie beschrieben sicherstellen konnte. Aber auch im Übrigen ergeben sich keine Zweifel daran, dass bei den vorgehenden Fahrten ebenfalls Zigaretten geliefert wurden. Zunächst hatten die als Zeugen gehörten Zollbeamten keine Hinweise dafür gefunden, dass der Angeklagte AK 1 auch andere Waren begleitet haben könnte. Die abgehörten Telefonate mit dem polnischen Verbindungsmann handelten grundsätzlich vom Zigarettenhandel, vorhandenen Mengen und anstehenden Bestellungen. Die Lieferungen wurden jeweils in dem Container als Zwischenlager ausgeladen. Die Zigaretten waren in allen Fällen in Pappkartons verpackt, ohne dass sich die Vorgehensweise geändert hätte. Wie bei der Tat Nr. 13 festgestellt, öffnete sich zumindest einmal ein Karton, so dass eine Stange „L&M“ herausfiel. Auch von diesem Vorfall konnte das Lichtbild durch die Kammer in Augenschein genommen werden.

Die Menge der verbrachten Zigaretten steht für den Aufgriff mit 600.000 Stück fest, da diese gezählt werden konnten. Die zuvor verbrachte Menge musste dagegen geschätzt werden, da diese Transporte nicht angehalten wurden. Dabei folgt die Kammer der Schätzung des Zollfahndungsamtes auf eine Mindestmenge von 250.000 Stück. Soweit durch die Videoüberwachung der Inhalt der Transportfahrzeuge beim Ausladen beobachtet werden konnte, waren diese jeweils mit Kisten gefüllt. Bei der Tat Nr. 5 konnte beobachtet werden, wie der gesondert verfolgte Transportfahrer 57 Kartons entlud, bei der Tat Nr. 16 wurden 50 Kartons entladen. Angesichts der Feststellung, dass am 28. November 2019 insgesamt 120 Kartons mit 600.000 Stück Zigaretten aufgefunden wurden, ist es naheliegend, dass sich in einem Karton 5.000 Stück Zigaretten befanden. Die Mindestmenge bei 50 Kartons liegt somit bei 250.000 Stück.

Aus den genannten Gründen hat die Kammer daher insgesamt keinen Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten. Andere Varianten, welche die Feststellungen erklären könnten, drängen sich nicht auf und wurden auch nicht behauptet. Angesichts des jeweiligen Tatablaufs und der damit verbunden Planung besteht auch kein Zweifel daran, dass die Angeklagten vorsätzlich handelten.

IV. Rechtliche Würdigung

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte AK 1 in 15 Fällen der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO, § 17 Abs. 1 TabStG; § 53 StGB schuldig gemacht.

Die Zigaretten wurden entgegen § 17 Abs. 1 TabStG ohne Verwendung von Steuerzeichen aus dem steuerrechtlich freien Verkehr der Republik Polen in das bundesdeutsche Steuergebiet verbracht. Der Angeklagte hatte zwar - abgesehen von den Taten, bei denen er selbst bei dem Entladen des Transportfahrzeuges half - nicht unmittelbaren Besitz an den verbrachten Zigaretten, er bestimmte und überwachte aber als „Pilot“ vom Grenzübertritt bis zur Ablieferung in ... die Route des Transportfahrzeuges und hatte damit auch „Herrschaft“ über die Zigaretten. Der Angeklagte steuerte damit den Ablauf der Handlung und war nicht nur „untergeordnet“ tätig. Er war damit auch Steuerschuldner im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG.

Der Angeklagte AK 2 hat sich der Steuerhinterziehung in einem Fall gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO, § 17 Abs. 1 TabStG schuldig gemacht. Er war bei der Tat Nr. 15 der Transportfahrer. Zusammen mit dem Angeklagten AK 1 entlud er die Zigaretten und hatte damit ebenfalls „Herrschaft“ über die verbrachten Zigaretten.

Der Tarif für die deutsche Tabaksteuer beträgt nach § 2 Abs. 1 und 2 TabStG für den Tatzeitraum 9,82 Cent je Stück zuzüglich 21,69 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 100% der Gesamtsteuerbelastung durch Tabaksteuer und Umsatzsteuer auf den gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreis für Zigaretten abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigaretten.

Für die Berechnung der Höhe des Steuerschadens ist die Schätzung des möglichen Kleinverkaufspreises in der Hauptverhandlung mit den Beteiligten erörtert worden. Es wurden zudem der „gewichtete durchschnittliche Kleinverkaufspreis“ für die Zeit ab dem 15. Februar 2018 bis zum 14. Februar 2019 und für die Zeit ab dem 15. Februar 2019 bekannt gegeben. Dieser betrug für die Tat Nr. 1 (vor dem 15. Februar 2019) 28,1884 Cent, danach 29,1275 Cent pro Stück.

Wie auch die Anklage in Anlehnung an die Berechnung des Hauptzollamtes hat sich die Kammer entschieden, für alle Lieferungen die Tabaksteuer an Hand des gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreises zu berechnen. Dies belastet den Angeklagten nicht, da sich eine niedrigere deutsche Tabaksteuer nicht ergeben kann.

Die Annahme eines höheren tatsächlichen Kleinverkaufspreises hätte auf der einen Seite gemäß § 2 Abs. 1 TabStG eine höhere Tabaksteuer ergeben. Auf der anderen Seite führt nach der Struktur des Tabaksteuertarifs auch die Annahme eines geringeren tatsächlichen Kleinverkaufspreis als dem gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreises nicht zu einer niedrigeren Tabaksteuer, da sich die für die Berechnung des Mindeststeuersatzes gemäß § 2 Abs. 2 TabStG in Abzug zu bringende, im tatsächlichen Kleinverkaufspreis enthaltene Umsatzsteuer entsprechend verringert. Dies führt zu folgender Steuersätzen:

Berechnung

vor dem 15.02.2019

nach dem 15.02.2019

gewichteter KVP

0,2819 €

0,2913 €

Grundbetrag § 2 Abs. 1 TabStG

0,0982 €

0,0982 €

21,69% des KVP

0,0609 €

0,0629 €

Steuersatz Abs. 1

0,1591 €

0,1611 €

Tabaksteuer gewichteter KVP

0,1593 €

0,1614 €

USt im gewichteten KVP

0,0450 €

0,0465 €

Summe Steuerbelastung

0,2043 €

0,2079 €

./. USt im tatsächlichen KVP

0,0450 €

0,0465 €

Mindeststeuersatz

0,1593 €

0,1614 €

Zu Gunsten der Angeklagten und in Ermangelung weiterer Erkenntnisse zu der Sorte der zuvor gehandelten Zigaretten geht die Kammer an Hand dieser Vergleichsrechnung von einem Mindeststeuersatz von 0,1593 Cent/Stück für die Tat Nr. 1 und von 0,1614 Cent/Stück für die Taten Nr. 2 bis 15 aus.

Damit ergibt sich folgender Steuerschaden an deutscher Tabaksteuer:

 Tat   

 Nr. der Anklage

 Datum

 Zigaretten

 Steuerschaden

 1     

 2     

 08.02.2019

 250.000

 39.835,16 €

 2     

 7     

 07.03.2019

 250.000

 40.344,39 €

 3     

 10    

 18.03.2019

 250.000

 40.344,39 €

 4     

 11    

 19.03.2019

 250.000

 40.344,39 €

 5     

 12    

 22.03.2019

 250.000

 40.344,39 €

 6     

 13    

 26.03.2019

 250.000

 40.344,39 €

 7     

 15    

 04.04.2019

 250.000

 40.344,39 €

 8     

 16    

 05.04.2019

 250.000

 40.344,39 €

 9     

 18    

 07.06.2019

 250.000

 40.344,39 €

 10    

 27    

 02.07.2019

 250.000

 40.344,39 €

 11    

 31    

 24.07.2019

 250.000

 40.344,39 €

 12    

 33    

 28.08.2019

 250.000

 40.344,39 €

 13    

 35    

 08.10.2019

 250.000

 40.344,39 €

 14    

 37    

 18.10.2019

 250.000

 40.344,39 €

 15    

 40    

 28.11.2019

 600.000

 96.826,53 €

 Summe Tat Nr. 1 bis 15:

 661.138,76 €

V. Strafzumessung

Die gegen den Angeklagten AK 1 zu verhängenden Einzelstrafen hat die Kammer für die Taten Nr. 1 bis 14 dem Strafrahmen der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO entnommen, die Einzelstrafe für die Tat Nr. 15 dem erhöhten Strafrahmen des besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 und 3 Nr. 1 AO.

Mit der Tat Nr. 15 verkürzte der Angeklagte Steuern in Höhe von 96.826,53 € und damit in einem hohen Ausmaß (zur einheitlichen Wertgrenze von 50.000,00 €: BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015, 1 StR 373/15).

Der erhöhte Strafrahmen für die Tat Nr. 15 vom 28. November 2019 ist in der Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls auch angemessen.

Zwar sind als tragende Zumessungskriterien zu seinen Gunsten insbesondere hervorzuheben, dass der Angeklagte sich mit einem - wenn auch pauschalen - Geständnis zu allen Taten bekannt hat und er bezüglich der Tat Nr. 15 in Deutschland nicht vorbestraft war. Er ist familiär fest eingebunden und erlebte durch die Untersuchungshaft die Trennung von seiner Familie. Die Tat Nr. 15 fand zudem unter der Kontrolle der Ermittlungsbehörde statt, so dass durch deren Zugriff die unversteuerten Zigaretten sichergestellt werden konnten, bevor sie an weitere Abnehmer geliefert wurden. Die Kammer verkennt zudem nicht, dass der Steuerschaden, der durch Hinterziehung deutscher Tabaksteuer entstand, nicht dem finanziellen Vorteil des Angeklagten entsprach und sich der Wert der hinterzogenen Steuern nicht in seinem Vermögen wiederfindet. Der Angeklagte ist darüber hinaus aber Steuerschuldner für die gesamte Tabaksteuer, was angesichts des Gesamtschadens eine erhebliche finanzielle Belastung darstellt. Zu seinen Gunsten ist schließlich auch zu beachten, dass er in der Hauptverhandlung neben gebrauchter Arbeitskleidung und Verkleidungsutensilien auch auf die Rückgabe von Bargeld in Höhe von 2.005,- €, vier gebrauchten Mobiltelefonen und einem Navigationsgerät verzichtet, was ihn ebenfalls finanziell belastet.

Zu seinen Lasten ist bei der Tat Nr. 15 jedoch neben dem deutlich die Grenze von 50.000,- € übersteigenden Schaden auch anzuführen, dass er bereits zuvor in 14 anderen Fällen als „Pilot“ den Transport begleitete und damit in einer Vielzahl von Fällen handelte. Daher reichen auch die zahlreichen mildernden Umstände hier nicht aus, um von dem durch das Regelbeispiel erhöhten Strafrahmen abzuweichen.

Innerhalb der gefundenen Strafrahmen waren erneut die für und gegen den Angeklagten AK 1 bereits genannten Strafzumessungskriterien abzuwägen. Dabei ist insbesondere zusätzlich zu seinen Gunsten zu erwähnen, dass der Angeklagte bis einschließlich der Tat Nr. 11 auch in Polen nicht vorbestraft war. Ausweislich des abgehörten Gesprächs am 28. August 2019 berichtete er seinem Gesprächspartner erst bei der Tat Nr. 12 davon, auf Grund einer „alten Adresse“ erst zu dieser Zeit von der Vorstrafe erfahren zu haben. Auch die Taten Nr. 1 bis 14 fanden zudem grundsätzlich unter der Observation der Zollbehörden statt, auch wenn diese sich aus ermittlungstaktischen Gründen erst am 28. November 2019 für einen Zugriff entschieden.

Zu Lasten des Angeklagten AK 1 waren dagegen wiederum die Vielzahl der begangenen Taten und der entstandene Gesamtsteuerschaden zu berücksichtigen. Soweit der Angeklagte bei den Taten Nr. 12 bis Nr. 15 von seiner polnischen Vorverurteilung wusste, misst die Kammer diesem Wissen keine erhebliche strafschärfende Bedeutung bei. Der zu Grunde liegende Lebenssachverhalt lag mehrere Jahre zurück und stand in keinem Zusammenhang mit den hier zu einer Verurteilung führenden Straftaten. Auch im Übrigen konnten die näheren Umstände dieser Verurteilung und des Verfahrensganges in der Republik Polen ohne weitere Ermittlungen im Wege der Rechtshilfe nicht aufgeklärt werden.

Unter Beachtung des vergleichbaren Steuerschadens für die Taten Nr. 1 bis 14 und des höheren Strafrahmens für die Tat Nr. 15 hat die Kammer daher Einzelstrafen wie folgt verhängt:

 Tat   

 Datum

 Einzelstrafe

 1     

 08.02.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 2     

 07.03.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 3     

 18.03.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 4     

 19.03.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 5     

 22.03.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 6     

 26.03.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 7     

 04.04.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 8     

 05.04.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 9     

 07.06.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 10    

 02.07.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 11    

 24.07.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 12    

 28.08.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 13    

 08.10.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 14    

 18.10.2019

 Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten

 15    

 28.11.2019

 Freiheitstrafe von zwei Jahren

Die Einzelstrafen sind bei einer Einsatzstrafe von zwei Jahren für den Angeklagten AK 1 auf eine

Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren

zusammengeführt worden.

Dabei sind unter erneuter Abwägung der genannten Strafzumessungskriterien zu Gunsten des Angeklagten auch die zeitliche Nähe der Taten und die nahezu identische Vorgehensweise beachtet worden, die für eine maßvolle Erhöhung der Einsatzstrafe sprechen. Im Rahmen eines Härteausgleichs war dabei grundsätzlich auch zu beachten, dass bezüglich der Taten Nr. 1 bis 9 eine etwaige Gesamtstrafenbildung mit der Geldstrafe aus der Verurteilung vom 11. Juni 2019 in Betracht gekommen wäre, wenn es sich um eine inländische Vorverurteilung gehandelt hätte. Der Angeklagte wird damit benachteiligt, dass aus- und inländische Verurteilung nebeneinander stehen, ohne dass diese zu einem Gesamtstrafenausgleich kommen. Im konkreten Einzelfall wird diese Benachteiligung aber dadurch verringert, dass eine Geldstrafe neben fünfzehn Einzelfreiheitsstrafen steht, die zudem auf einen anderen Lebenssachverhalt beruhen. Eine - fiktive - Gesamtstrafenbildung hätte daher dazu geführt, die Gesamtfreiheitsstrafe zu erhöhen, sofern die Geldstrafe nicht neben der Gesamtfreiheitsstrafe gesondert aufrecht erhalten geblieben wäre (§ 53 Abs. 2 StGB).

Auch für den Angeklagten AK 2 hat die Kammer die ausgesprochene Strafe für die Tat Nr. 1 dem Strafrahmen des besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 und 3 Nr. 1 AO entnommen.

Auch für diesen Angeklagten ist der erhöhte Strafrahmen des besonders schweren Falles in der Gesamtwürdigung noch angemessen. Zwar spricht für ihn ebenfalls, dass er sich mit seinem Geständnis zu der Tat bekannte. Er ist in Deutschland nicht vorbestraft und geht einer geregelten Arbeit nach. Die sichergestellten Zigaretten gelangten nicht in den Verkauf. Darüber hinaus entsprach die „ersparte“ Tabaksteuer nicht dem finanziellen Vorteil des Angeklagten, der in der Hierarchie der Lieferkette als Transportfahrer im unteren Bereich anzusiedeln ist. Dabei belastet ihn insbesondere auch der Umstand, dass er als Steuerschuldner für die entstandene deutsche Tabaksteuer einzustehen hat.
Gegen den Angeklagten AK 2 spricht jedoch die Menge der transportierten Zigaretten und die Höhe des Steuerschadens, der deutlich über der Grenze des „großen Ausmaßes“ liegt. Trotz der zahlreichen mildernden Kriterien, sieht die Kammer daher die Indizwirkung des Regelbeispiels noch nicht aufgehoben.

Innerhalb des gefundenen Strafrahmens konnte die verhängte Strafe jedoch im unteren Bereich bemessen werden. Auch hier waren die genannten allgemeinen Kriterien erneut abzuwägen. Es ist auch angemessen, den Angeklagten AK 2, der lediglich eine Tat begangen hat, insoweit milder zu bestrafen, als den Angeklagten AK 1.

Die Kammer hat daher für den Angeklagten AK 2 eine

Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten

für angemessen erachtet.

Die Vollstreckung der Strafe konnte gemäß § 56 Abs. 1 und 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Es ist zu erwarten, dass allein die ausgesprochene Verurteilung und der Eindruck der zunächst verhängten Untersuchungshaft dem Angeklagten als Warnung dienen und er in Zukunft auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird. Besondere Umstände, welche die Aussetzung rechtfertigen sieht die Kammer in der Gesamtschau der bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten sprechenden Umstände. Insbesondere ist zu erwähnen, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und einer geregelten Arbeit nachgeht.

VI. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.